Neu im Kino/Filmkritik: Margarethe von Trotta ist „Auf der Suche nach Ingmar Bergman“

Juli 12, 2018

Ingmar Bergman ist einer der großen Regisseure der Kinogeschichte und etliche renommierte Regisseure bekennen freimütig, wie sehr Bergman sie beeinflusste. Auch Margarethe von Trotta gehört zu seinen Bewunderern. Als Achtzehnjährige sah sie in den frühen sechziger Jahren in Paris „Das siebente Siegel“ und war sofort begeistert. Bergmans Drama unterschied sich vollständig von den Filmen, die normalerweise in deutschen Kinos gezeigt wurden. Sie wurde später wegen diesem Film Schauspielerin und Regisseurin. Ihren Film „Die bleierne Zeit“ nahm Bergman in einer Liste seiner zehn Lieblingsfilme auf.

Heute sind die Filme des am 30. Juli 2007 auf Fårö gestorbene schwedische Regisseur Ingmar Bergman fast unbekannt. Jedenfalls beim breiten Publikum. Im Gegensatz zu den oft im Fernsehen laufenden Filmen von Alfred Hitchcock oder Stanley Kubrick werden Bergmans Filme selten im Fernsehen gezeigt. Auf DVD sind sie zwar erhältlich, aber halt nicht als Stapelware oder Angebot der Woche im nächsten Elektronik-Handel.

Denn Ingmar Bergmans Filme sind schwere Kost. Seine bekanntesten Film – „Das Lächeln einer Sommernacht“ (1956), „Das siebente Siegel“ (1957), „Wilde Erdbeeren“ (1958), „Das Schweigen“ (1963), „Persona“ (1966) und „Die Stunde des Wolfs“ (1968) – entstanden bereits vor über fünfzig Jahren und es sind SW-Filme. „Szenen einer Ehe“ (1973) und „Das Schlangenei“ (1977) waren spätere Erfolge, ehe er mit dem dreistündigen Epos „Fanny und Alexander“ 1982 seinen mit dem Filmstart angekündigten Abschied vom Kino nahm. Er inszenierte danach weitere Filme. Aber für das Kino war er verloren. Es waren TV-Arbeiten, die alle nicht die lange anhaltende Rezeption und Bekanntheit seiner Kinofilme haben.

Seit Mitte der siebziger Jahren inszenierte Bergman vor allem Theaterstücke. Unter anderem arbeitete er viele Jahre am Münchner Residenztheater. Teilweise waren diese Stücke die Grundlage für spätere Filme, wie „Herbstsonate“ (1978) und „Aus dem Leben der Marionetten“ (1980), ein TV-Film mit Robert Atzorn, Rita Russek und Gaby Dohm, die damals zum Ensemble des Residenztheaters gehörten.

Mit Russek und Dohm unterhielt von Trotta sich für ihr Doku-Essay „Auf der Suche nach Ingmar Bergman“. Ihr erster Dokumentarfilm ist formal mit seiner Mischung aus Filmausschnitten, Archivaufnahmen und sprechenden Köpfen ein konventioneller Dokumentarfilm. Allerdings interessiert sie sich nicht dafür, chronologisch und möglichst umfassend Bergmans Werk vorzustellen. Sie geht auch davon aus, dass man Ingmar Bergmans Werk und seine Bedeutung für die Filmgeschichte wenigstens rudimentär kennt. Sonst hätte sie mehr auf Bergmans Klassiker und weniger auf seine Zeit in Deutschland konzentriert, wohin er 1976 nach einer schnell fallengelassenen Klage wegen Steuerhinterziehung floh und die nächsten Jahre vor allem am Theater arbeitete.

Neben Russek und Dohm unterhielt von Trotta sich für den Film mit anderen Filmschaffenden, wie Jean-Claude Carrière, Olivier Assayas, Carlos Saura und Ruben Östland, Menschen, die mit Bergmann arbeiteten, wie die Schauspielerin Liv Ullmann, seine Assistenten Katinka Faragó und Johannes Kaetzler (am Bayerischen Staatsschauspiel), und Bergmans Kindern Daniel und Ingmar. Insgesamt war Bergman fünfmal verheiratet und er hat neun Kinder. In diesen Gesprächen wird auf Bergmans problematische Persönlichkeit, seine Themen und sein Umgang mit seinen Ehefrauen und Kindern eingegangen. Das eröffnet einen intimen Blick auf Bergman und am Ende des Films will man wieder einen Bergman-Film sehen.

Auf der Suche nach Ingmar Bergman (Deutschland 2018)

Regie: Margarethe von Trotta, Felix Moeller (Co-Regie), Bettina Böhler (Co-Regie)

Drehbuch: Margarethe von Trotta, Felix Moeller

mit Ingmar Bergman (Archivaufnahmen), Margarethe von Trotta, Liv Ullmann, Daniel Bergman, Ruben Östlund, Mia Hansen-Love, Carlos Saura, Olivier Assayas, Stig Björkman, Gunnel Lindblom, Jean-Claude Carriére, Ingmar Bergman Jr., Katinka Faragó, Jan Holmberg, Johannes Kaetzler, Gaby Dohm, Rita Russek, Halfdan Ullman Tøndel, Mia Hansen-Løve, Julia Dufvenius

Länge: 99 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Facebook-Seite zum Film

Filmportal über „Auf der Suche nach Ingmar Bergman“

Moviepilot über „Auf der Suche nach Ingmar Bergman“

Rotten Tomatoes über „Auf der Suche nach Ingmar Bergman“

Wikipedia über Ingmar Bergman (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Margarethe von Trottas “Hannah Arendt” (Deutschland 2012; DVD-Besprechung)

Ingmar Bergman im TV

Eigentlich ist ein Geburtstag oder Todestag für die TV-Sender eine willkommene Gelegenheit, noch einmal all die wichtigen und weniger wichtigen Filme des Geehrten zu zeigen. Und wenn das wichtige Datum im Sommer während einer Fußball-WM ist, müssen die Programmplaner sich beim Plündern der Archive auch keine Gedanken mehr über die Quote machen.

Aber bei Ingmar Bergman wird wenig gezeigt und bei einem Sender, von dem man es nicht erwartet hätte, scheint ein fanatischer Ingmar-Bergman-Fan zu sitzen, der sein Wunschprogramm sogar ohne Werbepausen präsentieren darf.

Gezeigt werden

Samstag, 14. Juli

3sat, 20.15: Ingmar Bergman – Herr der Dämonen (Dokumentarfilm, TV-Premiere)

3sat, 21.15: Szenen einer Ehe (Schweden 1973)

Tele 5, 20.15: Das siebente Siegel (Schweden 1956)

Tele 5, 21.45: Wilde Erdbeeren (Schweden 1957)

Tele 5, 23.15: Das Schweigen (Schweden 1963)

Sonntag, 15. Juli

Tele 5, 20.15: Fanny und Alexander (Schweden/Deutschland/Frankreich 1983) (Kinofassung)

Tele 5, 23.10: Fanny und Alexander (Schweden/Deutschland/Frankreich 1983) (Vierteilige TV-Fassung)

Tele 5, 04.10: Das siebente Siegel (Schweden 1956)