
Der Titel „Horror-Kultfilme“ ist ein durchaus verständlicher Etikettenschwindel. Denn in dem von Angela Fabris, Jörg Helbig und Arno Rußegger herausgegebenen Sammelband sind nicht unbedingt Horror-Kultfilme versammelt. Außerdem beschwört der Titel sofort die Diskussion herauf, was ein Kultfilm ist und damit auch die Diskussion, warum so viele Kultfilme nicht besprochen werden (zum Beispiel George A. Romeros „Die Nacht der lebenden Toten“ [Night of the Living Dead]) und warum in dem Sammelband bei den zahlreichen „Dracula“- und „Frankenstein“-Filmen ausgerechnet Francis Ford Coppolas „Bram Stoker’s Dracula“ und Mel Brooks „Young Frankenstein“ einer eingehenden Analyse unterzogen werden.
Analyse ist das Stichwort. Denn „Horror-Kultfilme“ ist die Dokumentation einer unlängst vom „Arbeitskreis Visuelle Kultur“ organisierte Ringvorlesung an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.
Eine solche Vorlesungsreihe ist immer ein Kompromiss zwischen dem Gewünschten und dem Machbaren. An Referenten und Themen. Und aus unterschiedlichen analytischen Perspektiven.
Das hat am Ende immer etwas von einer Wundertüte, die, neben den schon erwähnten Aufsätzen (Susanne Bach über „Bram Stoker’s Dracula“, Arno Rußegger über „Young Frankenstein“), gefüllt ist mit Ausführungen über den Giallo – Marcus Stiglegger über Dario Argentos „Susperia“, Angela Fabris über Dario Argentos „Profondo Rosso“ (und seine intertextuellen Bezüge zu Mario Bavas Filmen) -, Musik im zeitgenössischen Horrorfilm (Frank Hentschel; – nach meiner Meinung ist die Musik meistens viel zu laut; Hentschel geht es wissenschaftlicher und kleinteiliger mit interessanten Ergebnissen an), den US-amerikanischen Tierhorrorfilm (Michael Fuchs über „Jurassic Park“, „Mimic“ und „Shark Night“; eine ziemlich seltsame Auswahl), den ‚drastischen Horrorfilm‘, verstanden als den Horrorfilm, in dem das Grauen, der Terror, aus heiterem Himmel und grundlos in unseren Alltag, unsere heile Welt, hereinbricht (Benjamin Moldenhauer über Filme wie und vor allem den stilbildenden „The Texas Chainsaw Massacre“) und, hier schlägt die Universität gnadenlos zu, Meta-Horror. Jörg Helbig beschäftigt sich mit der fast unbekannten, prominent besetzten Hammer-Hommage und Horrorkomödie „House of the long shadows“ (Das Haus der langen Schatten, Großbritannien 1983) und Sabrina Gärtner mit Jessica Hausners „Hotel“ (gleichzeitig das Titelbild des Sammelbandes).
Auch Coppolas Dracula-Film und Brooks Frankenstein-Komödie passen in dieses Raster, weil sie als Horrorfilme bereits eine distanzierte, analytische Haltung zum Genre haben, die dann von den Wissenschaftlern analysiert wird, die ebenfalls die Tradition und Formen des Genres kennen, die beispielsweise Mel Brooks in seinem Film zitiert und variiert.
Insgesamt ist „Horror-Kultfilme“ ein lesenswerter und informativer Sammelband für Horror- und Filmfans, die kritisch-distanziert gerne etwas tiefer in die Welt eines vor allem bei Jugendlichen populären Genres einsteigen wollen.
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Angela Fabris/Jörg Helbig/Arno Rußegger (Hrsg): Horror-Kultfilme
Schüren, 2017
200 Seiten
24,90 Euro
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Hinweis
Veröffentlicht von AxelB