Magisch verhext? „Mit Abstand!“. „Die Flüsse von London“ haben jetzt „Wassergras“

Mai 17, 2021

Einmal Gegenwart. Einmal zurück in die Vergangenheit, als Detective Constable Peter Grant noch nicht bei der Londoner Metropolitan Police war und seine Eltern noch nicht wussten, dass sie jemals einen Sohn bekommen würden. Wahrscheinlich, weil sie damals noch nicht geboren waren oder, wenn doch, irgendwo zwischen Kinderspielplatz und Erstem Schuljahr herumtobten.

In „Mit Abstand!“ geht es zurück in das Kriegsjahr 1943 und in den Oktober 1957. Es ist der siebte Comicband mit magischen Abenteuern um Peter Grant. Sein Erfinder Ben Aaronovitch schrieb zuerst Romane um den jungen schwarzen Polizisten. Seinen ersten Auftritt hatte er 2011 in dem Roman „Die Flüsse von London“ (Rivers of London). In dem Fantasy-Kriminalroman trifft er Thomas Nightingale. Nightingale ist kein normaler Polizist, sondern ein Magier und Leiter der „Einheit für spezielle Analysen“ (vulgo: frag nicht und lass uns in Ruhe). Die Einheit kämpft gegen übersinnliche Wesen, Zauberer, Geister undsoweiter. Nightingale, der letzte Zauberer Englands, nimmt Grant unter seine Fittiche und fortan erlebt Zaubererlehrling Grant unglaubliche Abenteuer.

Die Romane sind Beststeller. Seit 2015 erscheinen Comicabenteuer mit Grant und seinen Freunden, die neue Geschichten erzählen. Diese werden normalerweise von Aaronovitch und Andrew Cartmel geschrieben. Bis jetzt stand immer Grant im Mittelpunkt der Geschichten und sie spielten in der Gegenwart.

Durch den Tod von Angus Strallen erinnert sich Nightingale in „Mit Abstand!“ an ihre gemeinsamen Abenteuer. Aber anstatt sie Grant zu erzählen, lässt er ihn ins Archiv gehen.

Das erste Mal begegnen Nightinggale und Angus Strallen sich während des Zweiten Weltkriegs. Nightingale kann mit seinen magischen Kräften einen Flugzeugangriff abwehren.

1957 treffen sie sich wieder. Strallen ist inzwischen Constabulary von Cumberland und Westmoreland. Er hat Professor Uwe Fischer verfolgt. Fischer kämpfte im Krieg auf der Seite der Deutschen. Inzwischen arbeitet er in dem Atomkraftwerk Windscale, hat eine hohe Sicherheitsfreigabe und Strallen hält ihn für einen Serienfrauenmörder. Und einen Zauberer.

In „Wassergras“, dem davor erschienenem“Die Flüsse von London“-Comic, jagen Grant und Nightingale eine Angst und Schrecken verbreitende, geheimnisvolle Drogenhändlerin, die sich Hoodette nennt. Weil sie eine Droge verkauft, die auf magische Weise hergestellt wurde, ist es ein Fall für ihre Einheit. Eine solche Droge hat auch andere Nebenwirkungen als eine normale Droge.

Beide Geschichten sind höchst unterhaltsame Ergänzungen zu den vorherigen Geschichten. In „Mit Abstand!“ ist der historische Hintergrund interessant und, zum tieferen Verständnis der Geschichte, wichtig. Deshalb gibt es im Anhang ausführliche Texte zu Jasper Maskelyne, dem britischen Magier, der Hitlers Armee täuschte (wobei auch auf den umstrittenen Wahrheitsgehalt seiner Ausführungen hingewiesen wird), Bluthunde und deren einzigartige Spürnase, die Atomanlage Windscale (heute Sellafield) und das atomare Wettrüsten in der Nachkriegszeit.

Wassergras“ und „Mit Abstand!“ sind zwei unterhaltsame Fantasy-Comics, denen allerdings die Sprachgewalt der Romane fehlt.

Ben Aaronovitch/Andrew Cartmel/Lee Sullivan/Luis Guerrero/Paulina Vassileva: Die Flüsse von London: Wassergras (Band 6)

(übersetzt von Kerstin Fricke)

Panini, 2020

120 Seiten

17 Euro

Originalausgabe

Rivers of London: Water Weed

Titan Comics, 2018

Ben Aaronovitch/Andrew Cartmel/Brian Williamson/Stefani Renne: Die Flüsse von London: Mit Abstand! (Band 7)

(übersetzt von Kerstin Fricke)

Panini, 2021

132 Seiten

17 Euro

Originalausgabe

Rivers of London: Action at Distance

Titan Comics, 2020

Hinweise

Homepage von Ben Aaronovitch

dtv über Ben Aaronovitch

Blog von Andrew Cartmel

Wikipedia über Ben Aaronovitch (deutsch, englisch) und Andrew Cartmel

Meine Besprechung von Ben Aaronovitchs „Schwarzer Mond über Soho“ (Moon over Soho, 2011)

Mein Besprechung von Ben Aaronivitchs „Geister auf der Metropolitan Line“ (The furthest station, 2017)

Meine Besprechung von Ben Aaronovitch/Andrew Cartmel/Lee Sullivan/Luis Guerreros „Die Flüsse von London: Autowahn“ (Rivers of London: Body Work, 2016)

Meine Besprechung von Ben Aaronovitch/Andrew Cartmel/Lee Sullivan/Luis Guerrero: Die Flüsse von London – Die Nachthexe (Rivers of London: Night Witch, 2016)

Meine Besprechung von Ben Aaronovitch/Andrew Cartmel/Christoper Jones/Marco Leskos „Doctor Who – Der siebte Doctor: Tanz auf dem Vulkan“ (Doctor Who – The Seventh Doctor: Operation Volcano, 2018)


„Die Nachthexe“ besucht „Die Flüsse von London“

März 27, 2019

Peter Grant, Polizist bei der Londoner Polizei und angehender Magier im Folly, der Spezialabteilung für magische Ereignisse, ist zurück in der Comicform. Denn Grant-Erfinder Ben Aaronovitch schreibt inzwischen nicht nur Romane mit dem sympathischen Ermittler, sondern auch Comics.

In „Die Nachthexe“, dem zweiten „Die Flüsse von London“-Comic, erzählt Ben Aaronovitch, wieder mit Co-Autor Andrew Cartmel, Zeichner Lee Sullivan und Colorist Luis Guerrero, die Geschichte einer Entführung. Die Tochter des russischen Oligarchen Yakunin ist verschwunden. Ihre Mutter behauptet, dass ihr Kind von einem Leshy, einem Waldgeist, entführt wurde.

Aber Grant ist überzeugt, dass es keinen Leshy gibt. Jedenfalls nicht in England. Und dass diese Entführung eine sehr diesseitige Erklärung hat.

Zur gleichen Zeit verschwindet sein Lehrmeister und Vorgesetzter Nightingale und eine geheimnisvolle Frau mit Maske taucht auf.

Während ich bei dem ersten „Die Flüsse von London“-Comic „Autowahn“ noch bedauerte, dass in der Geistergeschichte der Aaronovitch-Sound aus den Romane fehlt, kann das über „Die Nachthexe“ nicht gesagt werden. Denn die Geschichte kommt fast ohne Geister und übersinnliche Erscheinungen aus. So ist „Die Nachthexe“ eine langsam anlaufende Entführungsgeschichte mit einem Twist. Die ‚magischen Ereignisse‘ sind hier Beiwerk in einer spannenden Kriminalgeschichte.

Den vollen Aaronovitch-Sound gibt es dann wieder in seinem nächsten Peter-Grant-Roman.

Ben Aaronovitch/Andrew Cartmel/Lee Sullivan/Luis Guerrero: Die Flüsse von London – Die Nachthexe

(übersetzt von Kerstin Fricke)

Panini, 2019

140 Seiten

17 Euro

Originalausgabe

Rivers of London: Night Witch

Titan Comics, 2016

Demnächst

Der nächste Roman von Ben Aaronovitch in seiner „Die Flüsse von London“-Romanserie erscheint Ende Mai.

Die Story: Nach seiner Demaskierung verfolgt der gesichtslose Magier einen Plan, der London in den Abgrund stürzen könnte (Brexit???). Um das zu verhindern, muss Grant Mr. Punch, den mörderischen Geist des Aufruhrs und der Rebellion kontaktieren.

Ben Aaronovitch: Die Glocke von Whitechapel

(übersetzt von Christine Blum)

dtv, 2019

416 Seiten

10,95 Euro

(angekündigt für 24. Mai 2019)

Druckfrisch

Co-Autor Andrew Cartmel schrieb Drehbücher für „Doctor Who“ und „Casuality“. 2016 erschien sein erster Kriminalroman mit dem Vinyl-Detektiv. „The Vinyl Detective – Written in Dead Wax“ ist jetzt auf Deutsch als „Murder Swing“ erschienen.

In dem Krimi soll der in London lebende Detektiv (selbstverständlich ein Ich-Erzähler) für einen anonymen Auftraggeber eine sehr wertvolle LP findet. Es handelt sich um eine in den Fünfzigern von einem kurzlebigen kalifornischen Jazz-Label produzierte LP. Auf seiner Suche nach der LP stolpert er über viele Leichen. Schnell vermutet er, dass es einen Zusammenhang zwischen den Morden und der LP gibt.

Die nächsten beiden Vinyl-Detektiv-Romane werden ebenfalls bei Suhrkamp erscheinen. Der vierte Roman mit dem Vinyl-Detektiv erscheint in England im Mai 2019, mit der Option auf eine Veröffentlichung bei Suhrkamp.

Andrew Cartmel: Murder Swing

(übersetzt von Susanna Mende)

Suhrkamp, 2019

528 Seiten

9,95 Euro

Originalausgabe

The Vinyl Detective – Written in Dead Wax

Titan Books, 2016

Hinweise

Homepage von Ben Aaronovitch

dtv über Ben Aaronovitch

Wikipedia über Ben Aaronovitch (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Ben Aaronovitchs „Schwarzer Mond über Soho“ (Moon over Soho, 2011)

Mein Besprechung von Ben Aaronivitchs „Geister auf der Metropolitan Line“ (The furthest station, 2017)

Meine Besprechung von Ben Aaronovitch/Andrew Cartmel/Lee Sullivan/Luis Guerreros „Die Flüsse von London: Autowahn“ (Rivers of London: Body Work, 2016)

Blog von Andrew Cartmel (der gerade auf einer Agatha-Christie-Lesetour über die Bücher schreibt und viele alte Christie-Buchcovers)


„Die Flüsse von London“ sind im „Autowahn“

Oktober 15, 2018

In London fährt ein Auto mit seinen Fahrer in die Themse.

Das kann in der Welt von Peter Grant passieren. Er ist in London Polizist bei der Metropolitan Police. Aber Grant ist kein Streifenpolizist oder Mitglied einer normalen Polizeieinheit. Er gehört zur Folly. Diese Spezialeinheit kümmert sich um Geistererscheinungen, wie halt besessene Autos. Dummerweise ist es nicht das einzige besessene Fahrzeug, das mordend durch London fährt, und solange der Ursprung des Unheils unbekannt ist, haben Grant und seine Kollegen alle Hände voll zu tun.

Im Gegensatz zu Ben Aaronovitchs anderen Urban-Fantasy-Kriminalgeschichten mit Peter Grant ist „Autowahn“ kein Roman, sondern ein Comic. Und das ist in diesem Fall ein Problem. Aaronovitch erzählt seine „Die Flüsse von London“-Romane in der ersten Person aus der Sicht von Peter Grant. Er ist ein junger Polizist, der auch das Magierhandwerk erlernt. Was nicht immer ohne Kollateralschäden abgeht. Die Romane sind lakonisch schwarzhumorige Geschichten, in denen es Geister und übernatürliche Erscheinungen gibt. Wie Grant über sie, seine Arbeit, seine Kollegen und Verwandtschaft erzählt, ist ein großer Teil des Lesevergnügens.

Im Comic wird die Geschichte in Bilder übersetzt und nur an einigen Stellen blitzt Aaronovitchs Humor auf. Dafür sehen wir eine in jeder Hinsicht sehr bunte Polizeitruppe und gleitende Übergänge zwischen der allgemein bekannten Realität, Visionen und der Geisterwelt und zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Lee Sullivan, der auch etliche „Doctor Who“-Geschichten zeichnete, zeichnete die von den ebenfalls „Doctor Who“-erfahrenen Ben Aaronovitch und Andrew Cartmel erfundene Geschichte in präzisen, realistischen Strichen.

Autowahn“ ist eine typische Peter-Grant-Geschichte, der allerdings genau das fehlt, was die Bücher so einzigartig macht. An dem Erfolg des Comics beim englischen Publikum änderte das nichts. Seitdem schrieb Aaronovitch weitere Comics, die in der Welt der „Die Flüsse von London“ spielen.

Ben Aaronovitch/Andrew Cartmel/Lee Sullivan/Luis Guerrero: Die Flüsse von London: Autowahn

(übersetzt von Kerstin Fricke)

Panini Comics, 2018

136 Seiten

17 Euro

Originalausgabe

Rivers of London: Body Work

Titan Comics, London, 2016

Hinweise

Homepage von Ben Aaronovitch

dtv über Ben Aaronovitch

Wikipedia über Ben Aaronovitch (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Ben Aaronovitchs „Schwarzer Mond über Soho“ (Moon over Soho, 2011)

Mein Besprechung von Ben Aaronivitchs „Geister auf der Metropolitan Line“ (The furthest station, 2017)