Fantasy-Filmfest-Sichtungen: Die „Night of the Living Deb“ im „Carnage Park“

September 7, 2016

Das jährliche Fantasy-Filmfest hat Berlin schon vor einigen Tagen verlassen und in meinem virtuellen Notizblock stehen noch die Notizen über zwei Filme, die Tiberius Film demnächst auf DVD veröffentlichen wird.

Beginnen wir mit „Carnage Park“, dem neuen Film von Mickey Keating („POD – Es ist hier…“). Der Film spielt 1978 in Kalifornien in einem einsamen Landstrich. Während eines schief gehenden Banküberfalls nehmen die beiden Räuber die Kundin Vivian als Geisel. Der eine Räuber wird schon während des Überfalls angeschossen und stirbt kurz darauf im Fluchtwagen. Der zweite Räuber wird kurz darauf von Wyatt Moss ermordet. Der betont bieder wirkende Vietnam-Veteran ist ziemlich durchgeknallt. Er lebt allein auf einem riesigen, abgelegenem Wüsten-Grundstück, auf dem sich die Leichen stapeln. Denn er hat ein Hobby: Menschen wie Wild jagen und mit seinem Gewehr erschießen. Jetzt will er Vivian jagen. Aber sie ist nicht so hilflos wie seine vorherigen Opfer.

Mickey Keating lässt seine Geschichte, die auf einem wahren Fall beruhen soll, der für den Film anonymisiert wurde, in den Siebzigern spielen und sie ist deutlich von dem damaligen Horrorfilm inspiriert. So kann, um nur einen Film zu nennen, die Ausstattung und die Musik niemals ihre Inspiration durch „Blutgericht in Texas“ (The Texas Chainsaw Massacre) verleugnen. Exploitation- und Horrorfilmfans können die Liste mit den üblichen Verdächtigen ergänzen.

Die eigentlich einfache Geschichte leidet allerdings unter ihrem Tarantino-Einfluss und den damit verbundenen Zeitsprüngen, die den Erzählfluss immer wieder unnötig unterbrechen und hier eher nerven. Das gleiche gilt für die entsättigten Farben, die dem Film das kränklich-blasses Aussehen einer abgenudelten Filmkopie verleihen.

Und im dritten Akt, wenn Vivian in der prallen Sonne schon ihren Teil an Laufen und Schreien erledigt hat, verliert der Film dann, durch einen ungeschickten Spannungsaufbau, merklich an Tempo.

Carnage Park“ überzeugt vor allem als Stilübung im Grindhouse-Stil.

https://www.youtube.com/watch?v=9Pqm_drZQ44

Kyle Rankin inszenierte 2009 den Horrorfilm „Infestation“, eine spaßige Mutierte-Käfer-Angelegenheit, die damals auch auf dem Fantasy-Filmfest lief. „Night of the Living Deb“ will eine Zombiekomödie sein.

Die schüchterne Deb, die ihre Schüchternheit mit unpassenden Witzen und exaltiertem Gehabe kaschiert, verbringt nach einem Gespräch in einer Bar die Nacht mit dem überaus gutaussehendem Frauenschwarm Ryan. Am nächsten Tag entdecken sie, dass in der Nacht Zombies die Stadt übernommen haben. Nach einigem Kuddelmuddel will Deb Ryan zu seinem Vater, dem das privatisierte Wasserwerk gehört, bringen und dann die Stadt verlassen. Doch dann gibt es weiteren Kuddelmuddel mit Zombies, Ryans Familie und seiner künftigen Ehefrau. Währenddessen verlieben sich Deb und Ryan ineinander.

Die alljährliche Fantasy-Filmfest-Zombiekomödie ist dieses Mal eine laue Angelegenheit, die sich als Abschluss einer langen Videofilmnacht empfiehlt. Das Drehbuch ist unausgegoren. Die Story holpert von Szene zu Szene, ohne auch nur irgendwie auf die Logik zu achten und, wie es sich für ein schlechtes B-Picture (oder eher schon Z-Movie in der Ed-Wood-Tradition) gehört, mit viel zu langen Szenen, in denen die Schauspieler endlos über Gott und die Welt und ihre Befindlichkeiten reden, anstatt sich mit den nahenden Zombies zu beschäftigen. Die Schauspieler chargieren. Das alles ist wohl witzig gemeint, aber wenn man es nüchtern ansieht, nervt es vor allem.

Aber nach dem vierten Bier und wenn man nicht schon wieder „Shaun of the Dead“ oderWarm Bodies“ sehen will, kann „Night of the Living Deb“ eine Funktion erfüllen.

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Carnage Park (USA 2016)

Regie:Mickey Keating

Drehbuch: Michael Keating

mit Ashley Bell, Pat Healy, Darby Stanchfield, Larry Fessenden, James Landry Hébert, Michael Villar

Hinweise

Fantasy Filmfest über „Carnage Park“

Rotten Tomatoes über „Carnage Park“

Wikipedia über „Carnage Park“

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Night of the Living Deb (USA 2015)

Regie: Kyle Rankin

Drehbuch: Kyle Rankin, Andy Selsor

mit Maria Thayer, Michael Cassidy, Ray Wise, Chris Marquette

Hinweise

Fantasy Filmfest über „Night of the Living Deb“

Rotten Tomatoes über „Night of the Living Deb“

Wikipedia über „Night of the Living Deb“ 


Neu im Kino/Filmkritik: „Visions“ – sie sieht schlimme Dinge

April 21, 2016

Für was es nicht alles Preise gibt. Aber andererseits: warum nicht? „Visions“ war in der Kategorie „Location Team of the Year – Independent Feature Film“ 2014 für den California on Location Awards, kurz Cola, nominiert. Und, ja, die Locations gefallen. „Visions“ spielt in den kalifornischen Weinbergen, die Landschaft ist rural, die Sonnenuntergänge fotogen, die Leute, auch die mexikanischen Arbeiter, schön. Traditionsbewusst sind sie alle. Dient natürlich dem Verkauf des alkoholhaltigen Saftes.

Visions“, eine der aktuellen Blumhouse-Productions-Filme (bei dem Output der Firma kann nicht wirklich von dem neuesten Film gesprochen werden), erzählt die Geschichte des jungen, aus der Großstadt kommenden Ehepaares Eveleigh (Isla Fisher) und David Maddox (Anson Mount), die sich gerade ein Weingut zugelegt haben. Er möchte damit endlich seine Träume verwirklichen. Sie ist schwanger. Die Nachbarn sind nett, auch wenn die schon etwas ältere Weinexpertin während ihres Begrüßungsempfangs wunderlich reagiert.

Alles könnte perfekt sein, wenn Eveleigh, die immer noch an den Nachwirkungen eines schweren Autounfalls leidet, nicht Dinge sehen würde, die außer ihr niemand sieht. Ob es sich dabei um Ereignisse aus der Vergangenheit oder Zukunft handelt, ist unklar. Oder ob es sich nur um ein ausgewachsenes Schwangerschaftstrauma handelt. Ich vermutete jedenfalls lange eine Lösung in Richtung „Rosemaries Baby“.

Regisseur Kevin Greutert („Saw VI“, „Saw 3D“, „Jessabelle – Die Vorhersehung“) wählte dann eine andere Lösung, die in ihrem Bemühen wirklich jede ihrer Visionen und jeden Punkt, der irgendwann im Film verbal oder visuell angesprochen wurde, miteinander zu verbinden so hoffnungslos überladen ist, dass die dann präsentierte Lösung, die wirklich alle Teile miteinander verbindet, absolut unglaubwürdig ist.

Bis dahin ist „Visions“ ein milder Grusler, professionell aufgenommen, ordentlich gespielt (Drehbuch und Schauspieler zahlen sich halt aus) und ohne hysterische Blutbäder, aber letztendlich auch ohne große Überraschungen.

Visions (Visions, USA 2015)

Regie: Kevin Greutert

Drehbuch: L.D. Goffigan, Lucas Sussman

mit Isla Fisher, Anson Mount, Gillian Jacobs, Joanna Cassidy, Eva Longoria, Jim Parsons, Michael Villar, Bryce Johnson, John de Lancie

Länge: 83 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Moviepilot über „Visions“

Rotten Tomatoes über „Visions“

Wikipedia über „Visions“