Während Hendrik und Hedvig noch ihrer unlängst verstorbenen Mutter hinterhertrauern, hat ihr Vater schon eine neue Ehefrau gefunden. Victoria heißt sie. Sie ist eine alles mit ihrem Smartphone fotografierende Influencerin. Und sie nervt mit ihren pompösen Plänen für eine Hochzeitsfeier im Sommerhaus am See, neuen Tischsitten und Vorschriften. Ihr Vater ist inzwischen vollständig ins Lager Victoria gewechselt.
Als Victoria die beiden halbwüchsigen Geschwister auf Handy-Entzug setzt, finden sie in einem alten Comic die Lösung für ihr Victoria-Problem: Ein Auftragskiller bringt ihre neue Stiefmutter um. Dummerweise ist Carl, den sie wegen seiner Herkunft für einen erfahrenen Killer halten, kein Killer.
Trotzdem lassen die beiden verwöhnten Reichenkinder nicht ab von ihrem Plan.
Nach einem von ihnen durchgeführtem Mordanschlag, der mit einem kurzen Krankenhausaufenthalt ihre geliebten Großmutter endet, beichten sie ihr ihre Pläne. Die Großmutter ist nicht empört darüber, sondern, ohne auch nur eine Anstandssekunde zu zögern, erklärt sie sich bereit, Hedvig und Hendrik bei ihrem Mordplan tatkräftig zu helfen.
So könnte eine Zusammenarbeit von Ingmar Bergman und einem Nordic-Noir-TV-Regisseur aussehen. Gunnbjörg Gunnarsdóttirs „Victoria muss weg“ ist eine herrlich respektlose, präzise und sehr stilbewusst inszenierte Schwarze Komödie, die ihre weitgehend vollkommen amoralische und unter der harmlosen Oberfläche äußerst gemeine Geschichte so harmlos zwischen skandinavischer Bullerbü-Gemütlichkeit, Spitzen gegen das vermögende Großbürgertum – vor allem die beiden Kinder Hedvig und Hendrik sind ein Ausbund von moralbefreitem „Mir stehen alle Privilegien zu“-Klassenbewusstsein – und dem gelungenem Spiel mit Klischees und Vorurteilen erzählt, dass die Komödie als Kinderfilm beworben wird. Sie lief auf mehreren Kinderfilmfestivals, wie dem SCHLINGEL-Festival, und gewann dort Preise. Beim Kristiansand International Children’s Film Festival erhielt sie den Publikumspreis. Bei den Nordischen Filmtagen Lübeck gab es eine Lobende Erwähnung der Kinderjury.
Dabei ist „Victoria muss weg“, wenn man etwas genauer hinsieht, keine harmlose, kindgerechte Komödie, sondern eine auf exzessiv präsentierte Gewalt verzichtende, sich harmlos-bieder gebende Abrechnung mit der norwegischen Gesellschaft, der Klassengesellschaft und wie Menschen sich fröhlich und höflich gegenseitig das Leben zur Hölle machen.

Victoria muss weg (Victoria må dø, Norwegen 2024)
Regie: Gunnbjörg Gunnarsdóttir
Drehbuch: Gunnbjörg Gunnarsdóttir, Rolf-Magne G. Andersen
mit EIne Marie Wilmann, Leo Ajkic, Morten Svartveit, Agnete Haaland, Mille Sofie Rist Dalhaug, Sverre Thornam
Länge: 86 Minuten
FSK: ab 6 Jahre (vom Verleih ab 8 Jahe empfohlen)
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Hinweise
Moviepilot über „Victoria muss weg“
Veröffentlicht von AxelB 