Art Donaldson (Mike Faist) befindet sich als Tennisprofi – mehrfacher Grand-Slam-Gewinner und einer der fünf besten Tennisspieler weltweit – in einer mentalen Tiefphase. Anstatt zu gewinnen, verliert er. Seine Frau und Managerin Tashi (Zendaya) schickt ihn deshalb zu einem kleinen Turnier an einer Provinzuniversität. Seine Gegner sind Anfänger, die er leicht besiegen kann. Danach sollte er mental wieder fit für die nächsten richtigen Turniere sein.
Dieser Plan kollidiert mit der Wirklichkeit, als Patrick Zweig (Josh O’Connor) auftaucht. Auch er ist ein Tennisprofi. Er zehrt von früheren Erfolgen und ist in einer finanziellen Tiefphase. Mit seiner Kreditkarte kann er noch nicht einmal ein billiges Hotelzimmer bezahlen. Das Preisgeld würde sein Bankkonto aufbessern.
Es ist klar, dass diese beiden Profis, wenn nichts unvorhergesehenes passiert, im Finale gegeneinander antreten werden. Aber es kommt noch schlimmer. Denn Art, Patrick und Tashi kennen sich von früher.
Vor dreizehn Jahren waren die Jugendfreunde Art und Patrick sehr gut miteinander befreundet. Auf der Tennisschule teilen die Schüler ein Zimmer. Auf dem Tennisplatz sind sie ein Team. Das im Profisport übliche und vor allem im Tennis alles dominierende Konkurrenzdenken und der unbedinge Wille zum Gewinnen ist ihnen, wenn sie gegeneinander spielen, fremd. Sogar während des Trainings treten sie äußerst ungern gegeneinander an.
Während eines Turniers lernen die beiden Achtzehnjährigen die gleichaltrige Tashi Duncan kennen. Sie ist ein raketengleich aufsteigendes Talent, in das sie sich bei ihrer ersten Begegnung sofort verlieben. Als sie eines ihrer Spiele besuchen, haben sie nur noch Augen für Tashi. Luca Guadagnino zeigt das wunderschön ökonomisch und überdeutlich: anstatt das Spiel und damit, wie die anderen Zuschauer, die Bewegungen des Tennisballs zu verfolgen, starren Art und Patrick mit offenen Mündern nur auf Tashi. Kurz darauf sprechen sie sie, in dem sicheren Bewusstsein, von ihr eine Abfuhr zu erhalten, an. Sie nimmt die Einladung an, verdreht den beiden verliebten Jungs hoffnungslos den Kopf und manipuliert sie.
Ob sie dies mehr unschuldig-naiv oder eiskalt-berechnend tut, wie sehr ihre Handlungen rein egoistisch motiviert sind und wie sehr sie die beiden Jungs liebt, bleibt dabei bis nach dem Abspann wohltuend diffus. Ähnliches gilt für Art und Patrick, die beide deutlich naiver und manipulierbarer sind. Trotzdem ist immer zumindest etwas unklar, wer hier wen gerade für was benutzt. Weil Guadagnino die wahren Gefühle und Motive von Tashi, Art und Patrick, die sich im Lauf der Zeit auch ändern, durchgehend in der Schwebe lässt, gelingt es ihm einerseits komplexe Figuren und ein komplexes Beziehungsgeflecht zu schaffen, und andererseits, in schönster trashiger Pulp-Tradition, munter drauflos zu delirieren. Hier ist alles immer eine Spur zu offensichtlich, zu grell, zu laut (die Musik ist von Trent Reznor und Atticus Ross) und jede Szene ist länger und intensiver als nötig inszeniert. Dafür verzichtet er auf Psycholigisierungen. Hier ist alles Oberfläche. In seiner Inszenierung schielt Guadagnino mit seiner im Profitennismilieu spielenden Dreiecksgeschichte , die sich für Tennis herzlich wenig interessiert, eindeutig in Richtung Werbe- oder Musikvideo.
Während des gesamten Films springt er, mit vielen bewussten Lücken und Auslassungen, zwischen Gegenwart und Vergangenheit hin und her und erzählt dabei die Liebes-Dreiergeschichte zwischen Tashi, Patrick und Art als Delirium zwischen Traum und Alptraum.
Das macht „Challengers – Rivalen“ zu einem Trip, der einem, wie mir, gerade wegen seinem hemmungslosem Flirten mit und zwischen Trash und Pulp gefällt. Oder man hält das Drama für prätentiöse Scheiße, in der ein Nichts an Handlung mit exaltierter Kameraarbeit, hoffnungslosen Übertreibungen, einer konfusen Erzählung und dröhnend lauter Techno-Musik überdeckt werden soll, Zwischen diesen polarisierenden Meinungen dürfte es bei Guadagninos neuem Film nichts geben. Und das ist gut so.

Challengers – Rivalen (Challengers, USA 2024)
Regie: Luca Guadagnino
Drehbuch: Justin Kuritzkes
Musik: Trent Reznor, Atticus Ross
mit Zendaya, Mike Faist, Josh O’Connor, Darnell Appling, Bryan Doo, Nada Despotovich, Joan Mcshane
Länge: 132 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
–
Hinweise
Moviepilot über „Challengers – Rivalen“
Metacritic über „Challengers – Rivalen“
Rotten Tomatoes über „Challengers – Rivalen“
Wikipedia über „Challengers – Rivalen“ (deutsch, englisch)
Meine Besprechung von Luca Guadagninos „A bigger Splash“ (A bigger Splash, Italien/Frankreich 2015) und der DVD
Meine Besprechung von Luca Guadagninos „Call me by your Name“ (Call me by your Name, USA 2017)
Meine Besprechung von Luca Guadagninos „Suspiria“ (Suspiria, Italien/USA 2018)
Meine Besprechung von Luca Guadagninos „Bones and All“ (Bones and All, Italien/USA 2022)
Veröffentlicht von AxelB