Neu im Kino/Filmkritik: Willkommen in der „Polite Society“

August 24, 2023

Das kann doch nicht wahr sein. Da verliebt sich die große, coole Schwester in so einen stinkreichen Schönling, der auch noch überaus charmant und schlau ist. Der noch bei seiner Mutter lebende Arzt ist auf den ersten Blick so sehr der perfekte Traumprinz, dass da irgendetwas nicht stimmen kann. Außerdem soll die große Schwester nicht heiraten. Nie niemals.

Das denkt sich Ria Khan. Gemeinsam mit ihren besten Freundinnen Clara und Alba versucht sie das zu verhindern. Und weil sie Stuntwoman werden will (auch wenn ihr Idol Eunice Huthart nicht auf ihre Nachrichten reagiert), kann sie kämpfen, klettern und Schläge einstecken. Vor allem Schläge einstecken muss Ria. Sie ist halt doch nicht so gut, wie ihre Idole aus dem Kino. Dafür hat sie ein Talent, fröhlich und voller Teenager-Energie von einem Fettnapf zur nächsten hochnotpeinlichen Situation zu springen.

Nennen wir Nida Manzoors „Polite Society“ ein nerviges Vergnügen mit zahlreichen filmischen Anspielungen. Denn Ria und ihre Freundinnen sind hyperaktive, ständig plappernde und hysterisch kreischende Teenager. Manzoor inszeniert oft hektisch, effekthascherisch und für ein aus Teenagern bestehendes Publikum.

Und, jetzt sind wir schon bei den Punkten, die für ihr Spielfilmdebüt sprechen. Denn Manzoor liefert mit ihrer rotzfrechen Heldin mit Migrationshintergrund ein gelungenes Identifikationsangebot für Mädels, die Jungsfilme sehen wollen, aber halt nicht schon wieder einen Film, in dem ein muskelbepackter Mann andere Männer verkloppt. Eine Frau, vor allem eine gleichaltrige Frau, ist da schon besser. Außerdem sollten die Hauptpersonen und die Geschichte etwas mit ihrem Leben zu tun haben. Das ist, neben alltäglichen und universellen Schul- und Pubertätsproblemen, in diesem Fall das heutige Multi-Kulti-England und der Culture Clash zwischen den aus ihrer pakistanischen Heimat stammenden Werten und Traditionen und der Moderne. Denn Rias Eltern lassen ihren beiden Töchtern viele Freiheiten, mischen sich aber auch in die Partnerwahl ein und freuen sich über eine große traditionelle Hochzeit.

Manzoor macht in ihrem „Tale of two Sisters“ (so der Titel des ersten Kapitels desin Kapiteln erzählten Films) einen atemberaubenden, ziemlich durchgedrehten, witzigen und durchgehend selbstironischen Mash-up aus Bollywood, Martial Arts, Italo-Western, gut abgehangenen B-Actionfilmen, Science-Fiction/Horror-Pulp und, natürlich, Tarantino.

Polite Society (Polite Society, Großbritannien 2023)

Regie: Nida Manzoor

Drehbuch: Nida Manzoor

mit Priya Kansara, Ritu Arya, Nimra Bucha, Akshay Khanna, Seraphina Beh, Ella Bruccoleri, Shona Babayemi, Shobu Kapoor, Jeff Mirza, Akshay Khanna

Länge: 106 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Moviepilot über „Polite Society“

Metacritic über „Polite Society“

Rotten Tomatoes über „Polite Society“

Wikipedia über „Polite Society“