Für Jazzfans genügt die Information, dass in Jørgen Leth und Andreas Koefoeds Dokumentarfilm „Music for black Pigeons“ Jakob Bro, Lee Konitz, Bill Frisell, Paul Motian (ja, die Dreharbeiten zogen sich über einige Jahre hin), Joe Lovano, Palle Mikkelborg, Andrew Cyrille, Jon Christensen, Mark Turner, Thomas Morgan, Midori Takada und Manfred Eicher befragt werden und improvisieren.
Für Nicht-Jazzfans gibt es jetzt noch einige erklärende Worte.
Diese eben genannten Musiker sind seit teils seit Jahrzehnten Stars in der zeitgenössischen Jazzszene. Sie sind improvisierende Musiker zwischen Modern Jazz, Free Jazz und Avantgarde und sie sind fast alle ECM-Musiker. Wie auf den Platten des von Manfred Eicher 1969 gegründete Labels ECM geben auch die beiden Regisseure Jørgen Leth und Andreas Koefoed den Musikern viel Zeit, ihre Gedanken zu formulieren. Das gilt für ihre Improvisationen und die Interviews mit ihnen. Anstatt, wenn der Befragte ein, zwei Sekunden schweigt, sofort die nächste Frage zu stellen, warten sie ab. Besonders bei Thomas Morgan dauert es ewig, bis er langsam versucht eine Antwort zu formulieren, die ihn befriedigt und die Frage beantwortet. Und Manfred Eicher versucht zu erklären, was eine Pause ist und warum ihn die Musik, die er gerade gehört hat, so sehr berührt.
Die ersten Aufnahmen für die Dokumentation „Music for black Pigeons“ entstanden 2008. Damals trafen sich Andreas Koefoed und der deutlich ältere Jørgen Leth, der in den 1960ern über Lee Konitz geschrieben hatte, in New York im Avatar Studio bei den Aufnahmen für Jakob Bros erste internationale Aufnahme. Bei „Balledeering“ wurde der dänische Gitarrist Bro von Lee Konitz (Altsaxophon), Bill Frisell (Gitarre), Ben Street (Bass) und Paul Motian (Schlagzeug) begleitet. In den kommenden Jahren dokumentierten Koefoed und Leth, auf Veranlassung von Bro, weitere Aufnahmen und Live-Auftritte von ihm.
Trotzdem steht Jakob Bro bei diesem Dokumentarfilm nicht im Zentrum. Der Gitarrist wirkt eher wie Randfigur, die zufällig immer wieder im Bild ist. Die anderen Musiker, wie Bill Frisell, der Bassist Thomas Morgan und der 2020 verstorbene Lee Konitz, der bis zum Schluss nie seinen Humor und seine Neugierde verliert, scheinen wichtiger. Von Konitz ist auch der Titel des Films. Konitz habe sich, so erzählt Bro, gefragt, was für Musik sie aufgenommen hatten. Als er sich in seiner Wohnung die Aufnahme anhörte, setzte sich eine schwarze Taube auf seine Fensterbank und hörte sich die gesamte Aufnahme an. Danach flog sie weg und Konitz wusste, dass sie Musik für schwarze Tauben machten.
In der zweiten Hälfte wird die Doku etwas episodischer. Einige Musiker, wie Bill Frisell, verschwinden. Andere Musiker tauchen nur kurz auf und die beiden Regisseure verzichten darauf, den Film erkennbar an Jakob Bros Leben entlang zu erzählen oder ihm eine andere klar erkennbare narrative Struktur zu geben. Wichtiger ist ihnen, auch wenn sie nur Ausschnitte aus den Songs präsentieren, die improvisierte Musik und die Begegnungen mit den Musikern.

Music for black Pigeons (Music for black Pigeons, Dänemark 2022)
Regie: Jørgen Leth, Andreas Koefoed
Drehbuch: Jørgen Leth, Andreas Koefoed, Adam Nielsen
mit Jakob Bro, Lee Konitz, Thomas Morgan, Paul Motian, Bill Frisell, Mark Turner, Joe Lovano, Andrew Cyrille, Palle Mikkelborg, Jon Christensen, Manfred Eicher, Midori Takada
Länge: 92 Minuten
FSK: ab 0 Jahre
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Hinweise
Moviepilot über „Music for black Pigeons“
Rotten Tomatoes über „Music for black Pigeons
Wikipedia über Jakob Bro (deutsch, englisch)
AllMusic über Jakob Bro (er hat den Film ja initiiert)
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und jetzt dürfen Jørgen Leth und Andreas Koefoed (und später Jakob Bro) über ihren Film reden
Veröffentlicht von AxelB