„The Boys: Liebe Becky“, das ist das Ende

Juli 23, 2025

Zwölf Jahre nach dem äußerst blutigen Ende der Superhelden – – Hm, hier muss ich eine Erklärung einschieben. Denn nicht jeder weiß, dass Autor Garth Ennis und Zeichner Darick Robertson 2006 ihre Superheldenserie „The Boys“ starteten. In dieser Comicserie sind Superhelden ein von der Industrie gepushtes Produkt, mit dem sie viel Geld verdienen. Die Superhelden haben zwar einige Superkräfte, aber im Kern sind sie unverantwortliche Teenager, die durch ihre Selbstüberschätzung und Inkompetenz immer wieder Katastrophen verursachen oder befördern. Die Werbeabteilung des multinationalen Konzerns Vought-American, denen die Superhelden gehören, präsentiert dann heroische Geschichten für ihre Taten. Verantwortung für ihre Taten müssen sie nicht übernehmen. Hier kommen Billy Butcher und seine „Boys“ ins Spiel. Sie sind eine von der CIA gegründete klandestine Einheit, die die Superhelden immer wieder in ihre Schranken verweist. Der Einsatz übermäßiger Gewalt ist okay. Neuester Zugang im Team ist Hughie Campbell. Seine von ihm über alles geliebte Freundin wurde von einem durch die Straße rasenden Superhelden zerstückelt. Während Hughie noch versucht, seinen Verlust zu verarbeiten, bietet ihm Butcher eine Mitarbeit bei den Boys und die damit verbundene Möglichkeit, den Tod seiner Freundin zu rächen, an.

In den folgenden insgesamt zweiundsiebzig regulären Serienheften und achtzehn ergänzenden Sonderheften, die von Oktober 2006 bis November 2012 bei Wildstorm und, ab dem siebten Heft, bei Dynamite Entertainment erschienen, erzählen Ennis und Robertson in oft expliziten Bildern und Worten, eine überaus gewalttätige und in jeder denkbaren Beziehung expliziten Serie von diesem Kampf.

Als Amazon Prime Video am 26. Juli 2019 die erste Staffel ihrer auf den Comics basierenden Streamingserie „The Boys“ veröffentlichte, schrieb Garth Ennis so etwas wie einen ausführlichen, acht Hefte umfassenden Epilog. Russ Braun zeichnete die auf mehreren Zeitebenen spielende Geschichte, die zwölf Jahren nach dem Ende der Superhelden spielt (nachzulesen in dem „The Boys“-Sammelband „Vergeltung hat ihren Preis“).

Hughie lebt mit seiner neuen großen Liebe ‚Starlight‘ Annie January (als er sie kennen lernte, wusste er nicht, dass sie eine Superhelden-Novizin war) ein ruhiges und friedliches Leben in Schottland in seinem Geburtsort Auchterladie. Eines Tages erhält er ein Paket mit dem Tagebuch von Billy Butcher. Er beginnt es zu lesen.

Liebe Becky“ ist für die Fans der Serie ein gelungener Epilog, der einige echte und vermeintliche Lücken ausfüllt und der zeigt, wie sehr Hughie immer noch von den damaligen Ereignissen traumatisiert ist.

Garth Ennis/Russ Braun: The Boys – Liebe Becky (Band 7)

(übersetzt von Bernd Kronsbein)

Panini, 2025

192 Seiten

17 Euro

enthält

The Boys: Dear Becky (2020) # 1 – 8

April – Dezember 2020

Hinweise

Wikipedia über „The Boys“ (deutsch, englisch) und über Garth Ennis (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Will Simpson/Steve Dillons “Hellblazer – Gefährliche Laster” (Dangerous Habits, 1991)

Meine Besprechung von Garth Ennis (Autor)/Leandro Fernandez (Zeichner) „The Punisher – Garth Ennis Collection 7“ (Up is Down and Black is White, The Slavers, 2005/2006)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Goran Parlov/Leandro Fernandezs “The Punisher – Garth-Ennis-Collection 8″ (Barracuda, Part 1 – 6 (Punisher [MAX] 31 – 36), Man of Stone, Part 1 – 6 (Punisher [MAX] 37 – 42), 2006/2007)

Meine Besprechung von Garth Ennis‘ „The Punisher – Garth-Ennis-Collection 9“ (Widowmaker, Part 1 – 7 [Punisher (MAX) Vol. 43 – 49], Long Cold Dark, Part 1 – 5 [Punisher (MAX) Vol 50 – 54], 2007/2008)

Meine Besprechung von Garth Ennis‘ „The Punisher – Garth-Ennis-Collection 10“ (Valley Forge, Valley Forge, Part 1 – 6 [Punisher (MAX) Vol. 55 – 60], 2008)

Meine Besprechung von Garth Ennis (Autor)/Adriano Batista/Marcos Marz/Kewber Baal (Zeichner) „Jennifer Blood – Selbst ist die Frau (Band 1)“ (Garth Ennis’ Jennifer Blood: A Woman’s Work is Never Done, 2012)

Meine Besprechung von Garth Ennis und Mike Wolfers „Stitched: Die lebenden Toten“ (Band 1) (Stitched # 1 – 7, 2011/2012)

Meine Besprechung von Garth Ennis/John McCreas „Dicks – Band 1“ (Dicks # 1 – 4, 2013)

Meine Besprechung von Garth Ennis‘ „Crossed – Monster Edition“ (enthält „Crossed“ und „Crossed Band 2: Familienbande“)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Steve Dillons „The Punisher: Frank ist zurück“ (The Punisher # 1 – 12, 2000/2001)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Goran Sudzukas „A Walk through Hell: Das verlassene Lagerhaus (Band 1)“ (A Walk through Hell # 1 – 5, 2018)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Goran Sudzukas „A Walk through Hell: Die Kathedrale (Band 2)“ (A Walk through Hell # 6 -12, 2019)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Russ Brauns „Jimmys Bastarde: Getriggert (Band 1)“ (Jimmy’s Bastards Volume 1: Trigger Warning, 2018)

Meine Besprechung von Garth Ennis//Russ Brauns „Jimmys Bastarde: Wie war das?! (Band 2)“ (Jimmy’s Bastards Volume 2: What did you just say?, 2018)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Jacen Burrows‘ „Punisher: Mission Fury“ (Get Fury (2024) # 1- 6, Juli 2024 – Dezember 2024)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Darick Robertsons „The Boys 1: Das wird sehr weh tun“ (The Boys (2006) # 1 – 14, Oktober 2006 – Januar 2008)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Darick Robertsons „The Boys 2: Es wird blutig“(The Boys (2006) # 15 – 30, Februar 2008 – Mai 2009)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Darick Robertsons „The Boys 3: Sagen wir mal so“ (The Boys: Herogasm (2009) # 1 – 6; The Boys (2006) # 31 – 38, Mai 2009 – Januar 2010)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Darick Robertsons „The Boys 4: Nimm’s nicht so schwer“ (The Boys (2006) # 39 – 47, Highland Laddie (2010) # 1 – 6, Februar 2010 – Januar 2011)

Meine Besprechung von Gareth Ennis/Darick Robertsons „The Boys 5: Der Sohn des Bäckers“ (The Boys (2006) # 48 – 59, The Boys: Butcher, Baker, Candlestickmaker (2011) # 1 – 6, November 2010 – Dezember 2011)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Darick Robertsons „The Boys – Vergeltung hat ihren Preis (Band 6)“ (The Boys (2006) # 60 – 72, November 2011 – November 2012)


„Vergeltung hat ihren Preis“ – fast das Ende für „The Boys“

Juni 25, 2025

Dass Superhelden nicht immer die freundlichen Helfer aus der Nachbarschaft sind, konnte man sich schon bei einigen normalen Superheldencomics denken. Wenn der Held bei seiner Verbrecherjagd mal wieder eine halbe Stadt zerstört und dabei, außerhalb der Bilder, auch etliche Einwohner tötet, kommt das bei den Betroffenen und ihren Freunden und Bekannten nicht gut an. Und das mit großer Macht große Verantwortung komme, stimmt zwar, aber es heißt nicht, dass Menschen mit großer Macht auch verantwortungsvoll mit dieser Macht umgehen. Wahrscheinlich eher nicht.

Jedenfalls ging Garth Ennis von dieser Idee aus, als er 2006 zusammen mit Zeichner Darik Robertson seine erfolgreiche Superheldenserie „The Boys“ startete. In der Comicserie sind Superhelden eine Bande präpotenter Teenager, die bei ihren unverantwortlichen, nicht durchdachten und normalerweise aus dem Ruder laufenden Aktionen nur Unheil anrichten. Ihre Fähigkeiten erhielten sie von dem Konzern Vought-American, der seit Ewigkeiten für das US-Militär arbeitet und ihm ihre Fehlschläge als Erfolge verkaufte. Seit längerem sorgen lukrative Werbeverträge für Einnahmen und ein positives Image in der Öffentlichkeit.

Gegen diese Superhelden kämpfen, im Auftrag der CIA, Billy Butcher und sein grenzwertiges Team „The Boys“. Sie verstehen ihre Aufgabe als Freischein, ab und an Superhelden zu verprügeln.

Ende 2012 endetete die von Ennis und Robertson erfundene Comicserie mit dem 72. Heft. In dem jetzt erschienenen sechsten Sammelband sind die Hefte 60 bis 72 enthalten.

Die ersten Seiten versprechen dann auch einen zünftigen, sich über den gesamten Sammelband von über dreihundert Seiten erstreckenden Showdown. Nachdem vorher immer wieder unklar war, wohn sich die Geschichte entwickeln könnte, stellen sich jetzt Homelander und seine Superhelden gegen die US-Regierung. Sie besetzten das Weiße Haus.

In dem Moment erhält Billy Butcher die Erlaubnis, die Supies zu eliminieren. Er kann also endlich tun, was er schon seit Ewigkeiten tun möchte. Er darf dabei auch nach eigenem Ermessen Gewalt anwenden. Es wird sehr blutig und, wie der Titel des Sammelbandes verrät, emotional. Denn „Vergeltung hat ihren Preis“.

Dieses Ende der Boys wirkt eher pflichtschuldig als inspiriert. Lose Fäden werden zusammengefügt, aber so richtig überzeugend oder überraschend ist nichts. Auch die Idee, dass die Superhelden ein Produkt der Zusammenarbeit von Privatwirtschaft und Militär, dem Militärisch-Industriellen-Komplex (MIK), sind, ist hier mehr eine für etwas Amüsement sorgende Idee als eine Negativutopie oder eine Zustandsbeschreibung der damaligen US-Außenpoltiik nach 9/11.

Im Gegensatz zu Brian Azzarello und Eduardo Risso, die ab 1999 in „100 Bullets“, oder zu James Ellroy, der ab 1996 in seiner „Underworld USA“-Trilogie (und seinen anderen Romanen), eine alternative Geschichte der USA schrieben, interessieren Ennis und Robertson sich nicht für irgendwelche groß angelegten Verschwörungstheorien. Sie wollen nur die Superheldenmythologie als eine einzige große Lüge entlarven. Das gelingt ihnen bereits in den ersten Heften. Einige sich über mehrere Geschichten erstreckenden Einzelgeschichten, wie das Treiben der Supies bei ihrem Herogasm (dagegen ist Spring Break ein harmloser Kindergarten), bestätigten die Prämisse gelungen.

Trotzdem bleibt nach 72 Heften die Erkenntnis, dass „The Boys“ niemals das Potential seier Prämisse vollständig ausschöpft. Es bleibt bei der immer wieder nicht jugendfreien und oft sehr brutalen Demystifizierung des Superheldentums.

Nach dem Ende der Serie erschien 2020, begleitend zur Streaming-Adaption des Comics, der auf 8 Hefte beschränkte Nachschlag „Dear Becky“. Die deutsche Neuausgabe ist für Ende des Monats angekündigt.

Garth Ennis/Darick Robertson: The Boys – Vergeltung hat ihren Preis (Band 6)

(übersetzt von Bernd Kronsbein)

Panini, 2025

330 Seiten

17 Euro

Originalausgabe/enthält

Over the Hill with the Swords of a Thousand Men

The Boys (2006) # 60 – 65

November 2011 – April 2012

The Bloody Doors off

The Boys (2006) # 66 – 71

Mai 2012 – Oktober 2012

You found Me

The Boys (2006) # 72

November 2012

Hinweise

Wikipedia über „The Boys“ (deutsch, englisch) und über Garth Ennis (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Will Simpson/Steve Dillons “Hellblazer – Gefährliche Laster” (Dangerous Habits, 1991)

Meine Besprechung von Garth Ennis (Autor)/Leandro Fernandez (Zeichner) „The Punisher – Garth Ennis Collection 7“ (Up is Down and Black is White, The Slavers, 2005/2006)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Goran Parlov/Leandro Fernandezs “The Punisher – Garth-Ennis-Collection 8″ (Barracuda, Part 1 – 6 (Punisher [MAX] 31 – 36), Man of Stone, Part 1 – 6 (Punisher [MAX] 37 – 42), 2006/2007)

Meine Besprechung von Garth Ennis‘ „The Punisher – Garth-Ennis-Collection 9“ (Widowmaker, Part 1 – 7 [Punisher (MAX) Vol. 43 – 49], Long Cold Dark, Part 1 – 5 [Punisher (MAX) Vol 50 – 54], 2007/2008)

Meine Besprechung von Garth Ennis‘ „The Punisher – Garth-Ennis-Collection 10“ (Valley Forge, Valley Forge, Part 1 – 6 [Punisher (MAX) Vol. 55 – 60], 2008)

Meine Besprechung von Garth Ennis (Autor)/Adriano Batista/Marcos Marz/Kewber Baal (Zeichner) „Jennifer Blood – Selbst ist die Frau (Band 1)“ (Garth Ennis’ Jennifer Blood: A Woman’s Work is Never Done, 2012)

Meine Besprechung von Garth Ennis und Mike Wolfers „Stitched: Die lebenden Toten“ (Band 1) (Stitched # 1 – 7, 2011/2012)

Meine Besprechung von Garth Ennis/John McCreas „Dicks – Band 1“ (Dicks # 1 – 4, 2013)

Meine Besprechung von Garth Ennis‘ „Crossed – Monster Edition“ (enthält „Crossed“ und „Crossed Band 2: Familienbande“)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Steve Dillons „The Punisher: Frank ist zurück“ (The Punisher # 1 – 12, 2000/2001)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Goran Sudzukas „A Walk through Hell: Das verlassene Lagerhaus (Band 1)“ (A Walk through Hell # 1 – 5, 2018)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Goran Sudzukas „A Walk through Hell: Die Kathedrale (Band 2)“ (A Walk through Hell # 6 -12, 2019)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Russ Brauns „Jimmys Bastarde: Getriggert (Band 1)“ (Jimmy’s Bastards Volume 1: Trigger Warning, 2018)

Meine Besprechung von Garth Ennis//Russ Brauns „Jimmys Bastarde: Wie war das?! (Band 2)“ (Jimmy’s Bastards Volume 2: What did you just say?, 2018)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Jacen Burrows‘ „Punisher: Mission Fury“ (Get Fury (2024) # 1- 6, Juli 2024 – Dezember 2024)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Darick Robertsons „The Boys 1: Das wird sehr weh tun“ (The Boys (2006) # 1 – 14, Oktober 2006 – Januar 2008)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Darick Robertsons „The Boys 2: Es wird blutig“(The Boys (2006) # 15 – 30, Februar 2008 – Mai 2009)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Darick Robertsons „The Boys 3: Sagen wir mal so“ (The Boys: Herogasm (2009) # 1 – 6; The Boys (2006) # 31 – 38, Mai 2009 – Januar 2010)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Darick Robertsons „The Boys 4: Nimm’s nicht so schwer“ (The Boys (2006) # 39 – 47, Highland Laddie (2010) # 1 – 6, Februar 2010 – Januar 2011)

Meine Besprechung von Gareth Ennis/Darick Robertsons „The Boys 5: Der Sohn des Bäckers“ (The Boys (2006) # 48 – 59, The Boys: Butcher, Baker, Candlestickmaker (2011) # 1 – 6, November 2010 – Dezember 2011)


Neues und Altes von Garth Ennis: „Punisher: Mission Fury“ und „The Boys“

April 16, 2025

Punisher killt das Marvel-Universum“ hieß 1995 der Einstand von Garth Ennis in die Welt von Frank ‚Punisher‘ Castle und angesichts des aktuellen Zustands des Marvel Cinematic Universe wäre eine Fortsetzung sicher eine tolle Sache.

Bis Garth Ennis das vielleicht (Gut, realistisch betrachtet, wahrscheinlich eher nicht.) erzählen darf, schickt er Castle auf die „Mission Fury“. Garth Ennis veröffentlichte diese von Jacen Burrows gezeichnete Geschichte im Original in sechs Einzelheften von Juli bis Dezember 2024. Jetzt sind sie bei uns als Buch erschienen.

1971 wird Frank Castle, damals noch Soldat in Vietnam, beauftragt den vom Vietcong entführten und im Dschungel versteckten Colonel Nick Fury zu finden – und zu töten.

Dass die Mission nicht wie von Castles Vorgesetzten geplant verläuft, dürfte niemand überraschen. Und auch nicht, dass Garth Ennis einige überraschende Wendungen präsentiert, Gegenwart und Vergangenheit interessant miteinander verschränkt, die dunkle Seite der Geschichte des Vietnamkriegs anspricht und es in punkto Gewalt drastisch zugeht. Panini Comics empfiehlt die in sich abgeschlossene Geschichte „Mission Fury“ ab 18 Jahre.

Die Geschichte selbst, die ohne weiteres Vorwissen gelesen werden kann, ist Ennis und Burrows at their best. Eine unbedingte Leseempfehlung.

Bei „The Boys“ tue ich mich damit schwerer.

Aktuell veröffentlicht Panini alle „The Boys“-Comics für Menschen mit großen Taschen in einer günstigen Pocket Edition. Denn die seitenstarken Bände sind nur unwesentlich kleiner als die normalen Panini Comics. Die ersten fünf von sechs Bänden sind bereits erschienen. Der sechste Band ist für den 22. April angekündigt.

The Boys“ ist eine etwas andere Superheldenserie. Das erste Heft erschien im Oktober 2006 in dem DC-Sublabel WildStorm. Nachdem, so die Legende, ein DC-Redakteur entsetzt von der Geschichte, der drastischen Darstellung von Sex und Gewalt und wohl der allumfassenden Respektlosigkeit gegenüber Superhelden war, wurde die Serie bei WildStorm eingestellt. Fünf Monate später wurde sie bei Dynamite fortgesetzt. 2012 endete sie nach 72 Heften und drei Spin-Offs. 2020 folgte mit „Dear Becky“ ein aus acht Heften bestehender Serienepilog.

Noch heute verkauft sich „The Boys“ prächtig. Ein Grund ist sicher die 2019 bei Amazon Prime Video gestartete erfolgreiche, nicht jugendreie Streamingserie. Sie endet voraussichtlich nächstes Jahr mit der fünften Staffel.

Das Team Garth Ennis (Story) und Darick Robertson (Zeichnungen) bemühte sich in „The Boys“, möglichst schnell möglichst viele Superheldenfans zu provozieren, indem sie überbordend viel Sex und Gewalt zeigten und die Superhelden als eine Combo von Idioten ohne jegliches Verantwortungsbewusstsein zeigten. Ihre Aktionen, bei denen sie sich regelmäßig überschätzen, verursachen meist mehr Schäden und Chaos als der ursprüngliche Täter plante. Manchmal sind die von ihnen bekämpften Böswichter auch einfach eine Erfindung für die Öffentlichkeit. Sie benehmen sich wie verwöhnte Teenager, die Narrenfreiheit haben. Ihr „Herogasm“ ist eine Party, gegen die Spring-Break-Exzesse ein harmloser Kindergeburtstag sind.

Und hier kommen Billy Butcher und seine Boys ins Spiel. Im Auftrag der CIA sollen sie aufpassen, dass die Superhelden nicht über die Stränge schlagen. Wie sie es tun, ist egal, solange sie es tun.

Als ein Superheld im Vorbeiflug Wee Hughies Frau zerfetzt, ist er am Boden zerstört. Da macht ihm Billy Butcher ein Angebot, das er vielleicht besser abgelehnt hätte. Aber Hughie nimmt an und er wird ein Mitglied von Butchers geheimer Einheit zur Bekämpfung von Superheldenuntaten.

Nach dieser Rekrutierung, mit der „The Boys“ beginnt, erzählen Ennis und Robertson in den folgenden Hefte von einigen dieser Aktionen, wie Hughie sich unwissentlich in eine Superheldin verliebt, wie sich die Superhelden abseits der Öffentlichkeit verhalten, wie sehr das Superheldentum ein blühendes Geschäft ist und wie sehr Konzerne in das Superheldengeschäft involviert sind. In sich weitgehend abgeschlossene Miniserien, in denen es um die Anfänge der Superhelden, Hughies Besuch in seiner alten Heimat bei seiner Familie und Butchers Erinnerungen am Sarg seines Vaters, ergänzen im Lauf der Zeit das Bild.

Diese Geschichten sind auch nicht das Problem von „The Boys“. Es ist der Konflikt zwischen den Boys und den Superhelden, der sich weitgehend in episodischen Scharmützeln verliert. Das in Teilen ausgemalte Bild einer Verbindung von Wirtschaft und Militär und ökonomischer Interessen und des Einflusses mächtiger Firmen auf die Politik, bleibt eher im Hintergrund.

Einzelne geschichtenübergreifende Erzählstränge oder interessante Ideen werden nicht konsequent weitergeführt. So stellt sich zunehmend das Gefühl eines mit Gewalt, Sex und Obszonitäten garnierten Stillstands ein.

Dazu kommt, dass das Feld von problematischen Superhelden und Superheldenfamilien inzwischen in verschiedenen mehr oder weniger kurzlebigen Serien und Miniserien besser von Mark Millar beackert wird.

So wird „The Boys“ nach einem sehr guten Anfang zunehmend zu einer Serie, die ihr Potential nie ausschöpft und oft erstaunlich altmodisch wirkt. Aber vielleicht ändert sich das noch im sechsten „The Boys“-Sammelband.

Garth Ennis/Jacen Burrows: Punisher: Mission Fury

(übersetzt von Bernd Kronsbein)

Panini Comics, 2025

136 Seiten

18 Euro

Originalausgabe

Get Fury (2024) # 1- 6

Marvel, Juli 2024 – Dezember 2024

Garth Ennis/Darick Robertson: The Boys 1: Das wird sehr weh tun

(übersetzt von Bernd Kronsbein)

Panini Comics, 2024

336 Seiten

15 Euro

Originalausgabe/enthält

The Boys (2006) # 1 – 14

Wildstorm, Oktober 2006 – Februar 2007

Dynamite Entertainment, Juni 2007 – Januar 2008

Garth Ennis/Darick Robertson: The Boys 2: Es wird blutig

(übersetzt von Bernd Kronsbein)

Panini Comics, 2024

376 Seiten

17 Euro

Originalausgabe/enthält

The Boys (2006) # 15 – 30

Dynamite Entertainment, Februar 2008 – Mai 2009

Garth Ennis/Darick Robertson: The Boys 3: Sagen wir mal so

(übersetzt von Bernd Kronsbein)

Panini Comics, 2024

336 Seiten

17 Euro

Originalausgabe/enthält

The Boys: Herogasm (2009) # 1 – 6

The Boys (2006) # 31 – 38

Dynamite Entertainment, Mai 2009 – Januar 2010

Garth Ennis/Darick Robertson: The Boys 4: Nimm’s nicht so schwer

(übersetzt von Bernd Kronsbein)

Panini Comics, 2024

360 Seiten

17 Euro

Originalausgabe/enthält

The Boys (2006) # 39 – 47

Highland Laddie (2010) # 1 – 6

Dynamite Entertainment, Februar 2010 – Januar 2011

Gareth Ennis/Darick Robertson: The Boys 5: Der Sohn des Bäckers

(übersetzt von Bernd Kronsbein)

Panini Comics, 2025

424 Seiten

17 Euro

Originalausgabe/enthält

The Boys (2006) # 48 – 59

The Boys: Butcher, Baker, Candlestickmaker (2011) # 1 – 6

Dynamite Entertainment, November 2010 – Dezember 2011

Hinweise

Wikipedia über „The Boys“ (deutsch, englisch) und über Garth Ennis (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Will Simpson/Steve Dillons “Hellblazer – Gefährliche Laster” (Dangerous Habits, 1991)

Meine Besprechung von Garth Ennis (Autor)/Leandro Fernandez (Zeichner) „The Punisher – Garth Ennis Collection 7“ (Up is Down and Black is White, The Slavers, 2005/2006)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Goran Parlov/Leandro Fernandezs “The Punisher – Garth-Ennis-Collection 8″ (Barracuda, Part 1 – 6 (Punisher [MAX] 31 – 36), Man of Stone, Part 1 – 6 (Punisher [MAX] 37 – 42), 2006/2007)

Meine Besprechung von Garth Ennis‘ „The Punisher – Garth-Ennis-Collection 9“ (Widowmaker, Part 1 – 7 [Punisher (MAX) Vol. 43 – 49], Long Cold Dark, Part 1 – 5 [Punisher (MAX) Vol 50 – 54], 2007/2008)

Meine Besprechung von Garth Ennis‘ „The Punisher – Garth-Ennis-Collection 10“ (Valley Forge, Valley Forge, Part 1 – 6 [Punisher (MAX) Vol. 55 – 60], 2008)

Meine Besprechung von Garth Ennis (Autor)/Adriano Batista/Marcos Marz/Kewber Baal (Zeichner) „Jennifer Blood – Selbst ist die Frau (Band 1)“ (Garth Ennis’ Jennifer Blood: A Woman’s Work is Never Done, 2012)

Meine Besprechung von Garth Ennis und Mike Wolfers „Stitched: Die lebenden Toten“ (Band 1) (Stitched # 1 – 7, 2011/2012)

Meine Besprechung von Garth Ennis/John McCreas „Dicks – Band 1“ (Dicks # 1 – 4, 2013)

Meine Besprechung von Garth Ennis‘ „Crossed – Monster Edition“ (enthält „Crossed“ und „Crossed Band 2: Familienbande“)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Steve Dillons „The Punisher: Frank ist zurück“ (The Punisher # 1 – 12, 2000/2001)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Goran Sudzukas „A Walk through Hell: Das verlassene Lagerhaus (Band 1)“ (A Walk through Hell # 1 – 5, 2018)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Goran Sudzukas „A Walk through Hell: Die Kathedrale (Band 2)“ (A Walk through Hell # 6 -12, 2019)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Russ Brauns „Jimmys Bastarde: Getriggert (Band 1)“ (Jimmy’s Bastards Volume 1: Trigger Warning, 2018)

Meine Besprechung von Garth Ennis//Russ Brauns „Jimmys Bastarde: Wie war das?! (Band 2)“ (Jimmy’s Bastards Volume 2: What did you just say?, 2018)