Die High School haben sie überstanden und jetzt wollen die fünf Schulfreunde zum letzten Mal die Freiheit genießen, bevor, so sagen sie am Filmanfang vollkommen unironisch, der Ernst des Lebens beginne. In einem alten Transporter wollen sie von ihrem Heimatdorf Wiley, Oregon, zum Pazifik fahren. Es handelt sich dabei um eine Strecke von 513 Meilen, was nach US-amerikanischen Maßstäben ein Katzensprung ist. Für dem Ausflug müssen sie noch nicht einmal ihren Heimatstaat verlassen. Trotzdem ist dieser Kurztrip für sie ein großes Abenteuer und möglicherweise das letzte Mal, dass sie als Clique über einen längeren Zeitraum zusammen sind.
Die Ross Brothers Bill und Turner schildern in ihrem neuesten Independent-Film „Gasoline Rainbow“ diese Fahrt indem sie Fotos, Handy-Aufnahmen und professionelle Aufnahmen munter und mit vielen Schnitten zu einem in sich geschlossenem Werk machen. Auch wenn die wackeligen Handyaufnahmen am Anfang nerven, überzeugt dieser Teil des Films. Die Story schwächelt dagegen.
In dem Road-Movie bewegen sich die fünf Jugendlichen, drei Jungen und zwei Mädchen, meistens von einer Party zur nächsten Party, die sich kaum von der vorherigen Party unterscheidet. Auf ihrem Weg treffen sie einige Partygäste öfter. Die Begegnungen erschöpfen sich dann vor allem im gemeinsamen Tanzen und Konsum aller möglichen legalen und illegalen Drogen.
Nur aufgrund der zurückgelegten Entfernungen zwischen den Party-Orten unterscheidet sich das Party-Hopping der Reisenden von einem hiesigen Party-Hopping, bei dem an einem Samstagabend von Kneipe zu Kneipe, Party zu Party, getrunken wird.
Dabei entsteht ein ziemlich deprimierendes Bild der USA. Es gibt, abseits fotogener Sonnenuntergänge, keinen Mythos USA mehr. Die fünf Jugendlichen suchen auch nicht, wie die beiden Motorradfahrer in „Easy Rider“, danach. Sie wollen nur möglichst schnell und ohne erkennbaren Widerstand einen Job bekommen. Für sie ist der Kurztrip zur Party am Ende der Welt das letzte große Abenteuer. Und dabei sind sie noch zu jung um in Oregon legal Bier zu trinken, Bars zu besuchen oder Zigaretten zu kaufen. Dafür müssten sie 21 Jahre alt sein. Mehr Anpassung an die Gesellschaft und deren Ideale gibt es wohl nicht.
Im Film erfahren wir arg wenig über die fünf Jugendlichen. Sie werden von Laienschauspielern gespielt, die hier ihre erste Filmrolle hatten. Die Ross Brothers gaben ihnen kein ausgearbeitet Drehbuch, sondern nur Notizen, die die Grundlage für Improvisationen bildeten. Auch nach gut zwei Stunden kennen wir nicht ihre Namen und können sie nicht voneinander unterscheiden. Sie sind ganz normale Jugendliche ohne besondere Eigenschaften, Interessen, Fähigkeiten – und mit einem für Teenager erstaunlich altmodischem Musikgeschmack. So singen sie im Van „Yellow Submarine“ und „Don’t worry, be happy“, hören Ice Cube und Guns N‘ Roses.
Während in „Easy Rider“ die beiden Motorradfahrer auf ihrer Fahrt durch die USA, musikalisch begleitet von einigen Songs, die zu Klassikern wurden, nach der Seele Amerikas suchten und von einem anderen Amerika träumten, suchen die Reisenden in „Gasoline Rainbow“ nur nach dem nächsten Bier; – was dann auch eine Aussage über das heutige Amerika ist.

Gasolne Rainbow (Gasoline Rainbow, USA 2023)
Regie: Bill Ross IV, Turner Ross (aka The Ross Brothers)
Drehbuch: Bill Ross IV, Turner Ross
mit Makai Garza, Micah Bunch, Nichole Dukes, Nathaly Garcia, Tony Aburto
Länge: 108 Minuten
FSK: ?
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Ab 31. Mai auf Mubi verfügbar.
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Hinweise
Moviepilot über „Gasoline Rainbow“
Metacritic über „Gasoline Rainbow“
Rotten Tomatoes über „Gasoline Rainbow“
Wikipedia über „Gasoline Rainbow“ und die Ross Brothers
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Zwei Gespräche mit den beiden Ross-Brüdern über ihren neuen Film
Veröffentlicht von AxelB