Mut, Schuld, Sühne, Rache, Vergebung. Große Themen, die Srdan Golubovic in seinem neuen Film „Circles“ (Krugovi) vor dem Hintergrund des Bosnienkrieges behandelt.
Der Film beginnt an einem sonnigen Tag während des Bosnienkrieges, als ein serbischer Offizier und drei weitere Soldaten auf dem Marktplatz in Trebinje einen muslimischen Kioksbesitzer bedrohen und attackieren. Ein junger serbischer Soldat greift deeskalierend ein und bevor wir erfahren, wie der Streit endet, springt der Film zwölf Jahre in die Zukunft und Golubovic verfolgt das Leben von einigen Männern, die etwas mit dem damaligen Ereignis zu tun haben.
Ranko, ein älterer Mann, will eine Kirche wieder aufbauen. Dabei will ihm ein Jugendlicher helfen. Aber Ranko lehnt diese Hilfe – zunächst – wegen des früheren Ereignisses ab.
Haris lebt inzwischen als Arbeiter und glücklich verheirateter Vater in Deutschland. Er will einer Frau helfen, die vor ihrem gewalttätigen Mann aus Serbien flüchtete.
Nebojsa ist inzwischen Arzt. Er soll Todor operieren, aber aufgrund des Ereignisses fragt er sich, ob er die Operation machen soll.
Das klingt jetzt alles etwas nebulös, aber im Gegensatz zum Presseheft, das die Hintergründe und Motive verrät, enthüllt der Film nur langsam die moralischen Dilemma der Charaktere und erst ganz am Ende des Films erfahren wir, was damals geschah. Wir können es uns zwar denken, aber weil wir es nicht wissen, bleiben bis zu den letzten Minuten unklar, warum die Männer sich so verhalten, wie sie sich verhalten. Wir wissen nicht, warum Ranko gegenüber dem Jungen so ablehnend reagiert. Wir wissen nicht, warum Nebojsa sich fragt, ob er die Operation leiten soll. Wir wissen nicht, warum Haris der Frau hilft. Wir wissen nur, dass es etwas ist, worüber sie nicht sprechen wollen.
Deshalb und weil die Männer weitgehend schweigsam mit ihrem Schicksal hadern, betrachtet man sie auch immer sehr distanziert. Denn es geht um etwas Wichtiges, aber es ist nicht wirklich greifbar, weil Golubovic die Hintergründe erst viel zu spät enthüllt. Jedenfalls für ein Publikum, das nicht im ehemaligen Jugoslawien lebt und von dem Bürgerkrieg betroffen ist.
Das ist schade, denn davon abgesehen findet Golubovic, der auch „Klopka – Die Falle“ inszenierte, einprägsame Bilder aus dem heutigen Serbien, Bosnien und Herzegowina und einem anonymen Deutschland. Gedreht wurde in Halle. Die Schauspieler sind gut. Aber alles in „Circles“ bleibt zu abstrakt und thesenhaft. Es ist ein spröder Film, der grundlos zu viel von seinem Potential verschenkt; – jedenfalls beim ersten Ansehen.
Wenn man allerdings weiß, was damals auf dem Dorfplatz geschah, man die Motive und Gefühle der Charaktere kennt und weiß, wie ihre Beziehungen zueinander sind, dann ist „Circles“ eine sehr interessante Meditation über Schuld, Sühne, Rache und Vergebung, die auf der Berlinale den Preis der Ökomenischen Jury erhielt und der Vorschlag Serbiens für den Oscar als bester fremdsprachiger Film war.
Nur: wer sieht sich einen Film zweimal an?
Circles (Krugovi, Serbien/Slowenien/Kroatien/Frankreich/Deutschland 2012)
Regie: Srdan Golubovic
Drehbuch: Melina Pota Koljevic
mit Aleksander Bercek, Leon Lucev, Nebojsa Glogovac, Nikola Rakocevic, Hristina Popovic, Boris Isakovic, Vuk Kostic
Länge: 112 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
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Hinweise
Homepage zum Film
Film-Zeit über „Circles“
Moviepilot über „Circles“
Rotten Tomatoes über „Circles“
Wikipedia über „Circles“

Veröffentlicht von AxelB