Stash und seine Kumpels sind jugendliche Kleinkriminelle, die in ihrem Treffpunkt abhängen, Flipper spielen und VHS-Kopien von Pornos herstellen, die sie dann unter der Hand verkaufen. Stash ist auch ein begeisterter Skater. Bei einer Wette – es geht um die Verfolgung eines Busses – sieht er zum ersten Mal Becky. Er verliebt sich sofort in sie und baut einen Unfall, der ihn für die nächsten Tage an einen Rollstuhl fesselt. Auch sie verliebt sich in ihn und sie will nicht auf ihren Vater Katev hören, der, durchaus verständlich, etwas gegen ihre Liebe zu dem jugendlichen Hallodri hat.
Dummerweise ist Katev ein hoher Polizist und weil die Geschichte 1989 in Sofia beginnt, hat er auch die gesamte Macht eines korrupten Staatsapparats hinter sich, der Stash und seine Freunde lebenslang in einem bulgarischen Gefängnis einsperren kann. Außerdem gibt es einen Verräter in Stashs Freundeskreis, der der Polizei ihr Versteck verrät.
Nach der Wende scheint sich alles zu ändern. Stash und seine beiden besten Freunde fahren nach Deutschland, um dort das Geld für ihren Traum, eine Bar namens „Tilt“, zu verdienen. Becky wird an der Grenze von ihrem Vater aus dem Zug geholt und Stash soll nie wieder zurück nach Bulgarien kommen.
In Deutschland versuchen sie mit schlechtbezahlten Jobs über die Runden zu kommen. Aber Stash ist immer noch in Becky verliebt.
1991 kehrt Stash zurück nach Sofia und, wie es sich für einen Gangsterfilm gehört, sieht er, dass er verraten wurde. Ein Kumpel hat jetzt die von ihnen erträumte Bar „Tilt“ eröffnet, aus den Kleingangstern wurden Großkriminelle und Katev hat immer noch gute Beziehungen. Auch wenn ein Regime weggefegt wurde, hat sich wenig geändert.
„Tilt“, der in Bulgarien enorm erfolgreiche Debütfilm von Victor Chouchkov Jr., beginnt als Jugendgangsterdrama, wird dann zu Romeo und Julia, zu einem Auswandererdrama und am Ende zu einem Gangsterdrama, das deutlich von den westlichen Gangsterfilmen beeinflusst ist und die Story, immer auch mit einem Hauch Nouvelle Vague, weitgehend entlang der Konventionen entfaltet. Aber weil er in Bulgarien während der Wendejahre spielt, zeigt er auch ein Land im Umbruch und so gewinnt die Geschichte eine Dimension, die entsprechende US- und britische Gangsterfilme nicht haben.
Der Blick aus der bulgarischen Perspektive auf das damalige Deutschland ist sicher der für uns ungewöhnlichste Teil des Films. Denn langweiliger und deprimierender, aber ohne die biedere Larmoyanz, die wir aus deutschen Filmen kennen, kann der gelobte Westen zwischen Friedhof (wo sie jobben) und Kleinstadtdisco (wo sie feiern) wohl kaum aussehen. Gedreht wurde in der ostdeutschen Kleinstadt Heiligenstadt, die in „Tilt“ die archetypische deutsche Provinzstadt im Purgatorium ist.
Da ist es nachvollziehbar, dass Stash nicht mehr im Westen als Friedhofsgärtner arbeiten will, sondern zurück in seine alte Heimat will. Auch wenn Becky keinen seiner Briefe beantwortete.
Tilt (Tilt, Bulgarien/Deutschland 2011)
Regie: Victor Chouchkov Jr.
Drehbuch: Victor Chouchkov Jr., Barislav Chouchkov
mit Yavor Baharoff, Radina Kardzhilova, George Staykov, Ovanes Torosyan, Ivaylo Dragiev, Alexander Sano
Länge: 97 Minuten
FSK: ab 16 Jahre
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Veröffentlicht von AxelB