Neu im Kino/Filmkritik: „22 Bahnen“ schwimmen. Und dann?

September 5, 2025

Die Mutter ist Alkoholikerin. Ihre älteste Tochter Tilda (Luna Wedler) kümmert sich um sie und ihre elfjährige Schwester Ida, studiert an einer nahe gelegenen Universität Mathematik und jobbt an der Kasse des Supermarktes. In einem Gedankenspiel versucht sie anhand der gekauften Lebensmittel zu erraten, wer sie kauft. Sie ist nur mäßig erfolgreich bei diesem Ratespiel. Zur Ruhe kommt sie im Freibad beim Schwimmen von 22 Bahnen.

22 Bahnen“ ist auch der Titel von Caroline Wahls Bestseller-Debütroman „22 Bahnen“, der jetzt von Mia Maariel Meyer, nach einem Drehbuch von Elena Hell, mit Luna Wedler und Jannis Niewöhner in den Hauptrollen verfilmt wurde.

Nachdem die Grundpfeiler von Tildas Leben schnell etabliert sind, gerät ihr chaotisches, aber durchgeplantes Leben etwas in Unordnung. Im Freibad trifft sie auf Viktor (Jannis Niewöhner), den älteren, geheimnisumwitterten Bruder einer fünf Jahre zurückliegenden Beziehung, und ihr Lehrer informiert sie über eine Promotionsstelle in Berlin, die sie mühelos bekommen könnte. Aber dann müsste Tilda die Kleinstadt verlassen und ihre schutzbedürftige Schwester mit ihrer Mutter zurücklassen.

Als Charakterstudie und feinfühlige Beschreibung einer jungen Frau und ihres allernächsten Umfelds ist „22 Bahnen“ durchaus gelungen. Aber vieles bleibt oberflächlich und wird eher angedeutet als auserzählt. Dazu gehört auch der Plot, in dem Tilda versucht, das Selbstvertrauen ihrer jüngeren Schwester zu stärken. Er wird mit einem Voice-Over-Satz angedeutet. Es gibt später ein, zwei entsprechend interpretiertbare Szenen und dann, viele Filmminuten später, das Ergebnis ihrer Bemühungen.

Letztendlich ist „22 Bahnen“ eine weitere deutsche Coming-of-Age-Geschichte, in der die Hauptperson während des gesamten Films darüber räsoniert, dass das Leben im Dorf furchtbar sei und sie eigentlich in die große Stadt ziehen möchte. Über neunzig Minuten dreht sich die Geschichte im Kreis. Dann passiert ein Unglück, beispielsweise ein Autounfall, und die Hauptfigur verlässt das Dorf, ihre Familie und Freunde. Niemand hindert sie daran, das zu tun, was sie schon vor langer Zeit hätte tun können.

Meyer variiert diesen Grundplot an einigen Stellen. Aber die meiste Zeit des Films wird nur eine statische Situation beschrieben.

P. S.: Keine Ahnung, warum Tilda immer 22 Bahnen schwimmt.

P. P. S.: Es gibt verschiedene Hilfsangebote, die von Betroffenen und deren Umfeld in Anspruch genommen werden können und sollten.

22 Bahnen (Deutschland 2025)

Regie: Mia Maariel Meyer

Drehbuch: Elena Hell

LV: Caroline Wahl: 22 Bahnen, 2023

mit Luna Wedler, Zoë Baier, Laura Tonke, Jannis Niewöhner, Zoe Fürmann, Eleanor Reissa, Kosmas Schmidt, Ercan Karacayli

Länge: 102 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „22 Bahnen“

Moviepilot über „22 Bahnen“

Wikipedia über „22 Bahnen“