Kurzes vom „Tatort Deutsche Weinstraße“

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Neunzehn Kurzgeschichten sind in dem mehr oder weniger offiziellen Begleitband zur diesjährigen Criminale. „Tatort Deutsche Weinstraße“ heißt das von Angela Eßer herausgegebene Buch. Die Autoren sind teils bekannter, teils weniger bekannt. Die Qualität der Geschichten ist unterschiedlich und jeder wird seine eigene Lieblingsgeschichte finden. Gut ist es, wenn man als Leser kein eingefleischter Krimifan ist. Denn in dieser bestenfalls durchwachsenen Sammlung haben sich die Autoren in stiller Eintracht darauf verständigt, schwarzhumorige Schnurren abzuliefern, die sich in erster Linie an Nicht-Krimifans richten, die bei einem Glas Wein nett unterhalten werden wollen.

Wirklich überzeugend ist nur die zweiseitige Geschichte (genauso genommen eine Druckseite) „Ohne Kohle in der Südpfalz“ von Wolfgang Burger. Setting, Aufbau der Spannung, überraschende Pointe. Chapeau.

Aber die anderen? Nun, die beiden Gaunerkomödien „Oleg, die Navis und ich“ von Niklaus Schmied und „Des Kanzlers Kreditkarte“ von Jürgen Ehlers sind ebenfalls gut. Beide Male versucht ein Verbrecher seinen Schnitt zu machen. Auch Peter Dells „Familienbande“ mit seinem Privatdetektiv Philipp Sturm ist als traditionelle PI-Story okay.

Doch die anderen Geschichten sind entweder Ideen ohne eine Pointe oder letztendlich sehr ähnliche Geschichten mit einer ebenfalls sehr ähnlichen Pointe. So sind die von den gar nicht so alten Autoren erfundenen Charaktere oft ältere oder früh vergreiste Menschen. Sie sind Rentner, Witwer, auf Kur oder haben zwanzig Jahre nach der Schule die Gelegenheit sich zu rächen (Yeah, liebe Schulkameraden, die Zeit der Rache nähert sich!). Oft werden sie als verschrobene Einzelgänger gezeichnet, die sich selbst im Weg stehen. Das führt zu dem nächsten Problem: Kein Mensch sieht in den Spiegel und sagt ‚Ich bin ein komischer Kauz.’. Nein. Jeder sieht in den Spiegel und sagt ‚Ich bin ein grundvernünftiger Mensch.’. Entsprechend unklar sind sie gezeichnet. Oft sind ihre Handlungen schlichtweg unglaubwürdig. Verstärkt wird dies in vielen Geschichten durch die Sprache. So haben wir eloquente Ich-Erzähler, die allerdings, das zeigen ihre Aktionen und die Reaktionen ihrer Mitmenschen, Trottel sind.

Weil dann in der Geschichte der Aufbau von Spannung, also dem Schüren einer Erwartung und der Auflösung, nicht funktioniert, ist das Ende im negativen Sinn überraschend. Es interessiert nicht. Es ergibt sich nicht aus den vorherigen Handlungen. Es ist, eine andere Erklärung fällt mir nicht ein, der Tropfen der das Fass zum Überlaufen brachte und dann zu einer plötzlichen Aktion führt. Halt ein Schock. Doch Geschichten ohne Suspense (Denken Sie an Hitchcock!) sind langweilig.

Angela Eßer (Hrsg.): Tatort Deutsche Weinstraße

Grafit, 2007

240 Seiten

9,50 Euro

Enthält folgende Kurzgeschichten:

Wolfgang Burger: Ohne Kohle in der Südpfalz

Peter Dell: Familienbande

Klaus Dewes: Herxi II

Jürgen Ehlers: Des Kanzlers Kreditkarte

Angela Eßer: Schweigen in Schweigen

Kathrin Heinrichs: Paradiesisch tot

Carsten Sebastian Henn: Tod in der Mandelblüte

Andreas Izquierdo: In Schleusen

Ralf Kramp: Der Nachtmahr von Neustadt

Tatjana Kruse: Killer-Kerwe in Klingenmünster

Paul Lascaux: Die Eselei auf der Madenburg

Richard Lifka: Es war einmal in Wachenheim

Sandra Lüpkes: Gehörnt in Lambrecht

Udo Marquardt: Ciconia Ciconia

Olaf Paust: Der richtige Mann

Niklaus Schmied: Oleg, die Navis und ich

Jürgen Siegmann: Das Lama von Bockenheim

Ingeborg Struckmeyer: Letzte Kur?

Sabine Thomas: Löwenherz-Serenade

Die Criminale: http://www.die-criminale.de/

Tatort Deutsche Weinstraße: http://tatort-deutscheweinstrasse.de/

Meine Besprechung von Wolfgang Burgers „Ausgelöscht“:

http://www.alligatorpapiere.de/spurensuche-zwanzigneun.html

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