Diese Meldung der Edition Nautilus kommt nicht wirklich überraschend:
„Wir freuen uns sehr, Ihnen mitteilen zu können, dass „Kalteis“, der neue
Roman von Andrea Maria Schenkel, am kommenden Montag auf Platz 4 der
SpiegelBestsellerliste stehen wird.
Nur zwei Wochen nach Erscheinen gesellt sich der neue Roman also zu seinem
Vorgänger „Tannöd“, der nachwievor Platz 3 behaupten kann.
Eine solche Doppelbelegung ist wahrlich ungewöhnlich – für Autorin und
Verlag ist es eine wunderbare Angelegenheit!“
Ebenfalls nicht sehr überraschend ist, dass vor einigen Tagen Hans Nüsslein, der Anwalt des Journalisten Peter Leuschner, erneut eine Plagiatsklage gegen Andrea Maria Schenkels Debüt „Tannöd“ ankündigte. Leuschner sagt, Schenkel habe ganze Passagen aus seinen Sachbüchern über den sechsfachen Mord auf dem Einöd-Hof Hinterkaifeck 1922 abgeschrieben. Das Pikante bei diesem Vorwurf ist, dass Leuschner sagt, Schenkel habe aus seinen Büchern nicht die bekannten und allgemein zugänglichen Fakten, sondern die von ihm erfundenen Stellen, abgeschrieben. Das wirft jetzt natürlich auf Leuschner als Sachbuchautor ein, nun sagen wir mal, eigenwilliges Licht.
Roger Schawinski war von 2003 bis 2006 Sat.1-Chef. In diese Zeit fällt eine vom Publikum nicht akzeptierte Qualitätsoffensive. Jetzt hat er ein Buch darüber geschrieben. „Die TV-Falle – Vom Sendungsbewusstsein zum Fernsehgeschäft“ (Kain & Aber Verlag) erschien vor einigen Tagen. Im aktuellen Magazin der Wochenzeitung „Die Zeit“ ist ein Auszug abgedruckt. In ihm schildert er, wie sie große Hoffnungen in den Mehrteiler „Blackout“ (ursprünglicher Titel „Eight Days“) setzten, welchen Knatsch es hinter den Kulissen gab und welche Lehren er aus dem Quotendesaster zog. Das ist ein interessanter, aber für uns Autoren nicht besonders ermutigender Artikel. Sein Fazit: „Wir hatten gehofft, dass der Köder diesmal dem Fisch und dem Angler zugleich schmecken würde, aber wir Macher hatten den Schmaus vorwiegend mit unserem eigenen Gaumen abgeschmeckt. Das war eine Falle.“
Die von Schawinski aufgeführten Schlüsse aus der Sat.1-Zentrale reflektieren letztendlich das mit guten Quoten gesegnete Elend des deutschen Fernsehens:
„Fernsehproduktionen funktionieren bei einem breiten Publikum nur dann, wenn die Helden moralisch klar zugeordnet werden können. (…) Serien mit komplexen, verschachtelten Erzählstrukturen schrecken ab. Die Zuschauer lieben es, wenn sie sich schnell in der Handlung zurechtfinden. (…) Auch ein dramatischer Inhalt darf nicht allein als düster erlebt werden. (…) Dazu gehören zum einen die Ansprüche an die Farbgebung, zum anderen verlangt der Zuschauer jedes mal eine spannende Liebesgeschichte und dabei vorzugsweise den ewig gleichen Klassiker: die Dreiecksbeziehung. (…) Bei Mehrteilern sollten existenzielle Konfliktsituationen von epochaler Bedeutung gezeigt werden, wie Kriege oder Katastrophen, in denen die Kraft der Liebe alle Hindernisse überwinden hilft. (…) Da Bildungsbürger in ihren Verhaltensmustern besonders konservativ sind – am Sonntag schaut man immer den Tatort, und das seit Jahrzehnten -, sind sie für neue Angebote nur sehr schwer zu gewinnen, wie die verheerende Quote der Abiturienten und Hochschulabsolventen bei Blackout zeigt.“
Schawinskis Fazit ist natürlich aus der Sicht eines privaten TV-Senders, der von seinen Werbeeinnahmen lebt. Serien mit folgenübergreifenden Handlungen sind in Deutschland inzwischen eine Garantie für schlechte Quoten. „Die Sopranos“, „The Shield“, „24“, „Prison Break“ und die Miniserie „Rom“ sind alle keine Quotenknüller. Aber dafür verkaufen sich die DVD-Boxen ausgezeichnet. Einige Serien wie „Deadwood“ erleben ihre Premiere für ein breites Publikum als DVD-Box. Auch hier scheinen die Verkäufe ganz ordentlich zu sein. Immerhin sind diese Boxen im Preis immer noch nicht gefallen.
Insofern ist es schade, dass „Blackout“ immer noch nicht auf DVD erschienen ist.
Aber auch das kennen wir von deutschen TV-Filmen und TV-Serien. Sie werden teils nicht, teils nur in Teilen („Die besten Folgen von…“), teils – nein, eigentlich immer – sehr lieblos veröffentlicht. Oft gibt es kein Bonusmaterial. Keine Audiokommentare. Keine entfallenen Szenen. Keine informativen Berichte über verschiedene Aspekte der Produktion. Fast immer erinnert das Cover an eine schnell hingeschluderte Heimarbeit auf einem alten PC mit einem noch älteren Grafikprogramm.