Übersetzen? Sean Chercover: Big City, Bad Blood

chercover-big-city-bad-blood

Vergangenes Jahr war Sean Chercovers Debüt “Big City, Bad Blood” für den ITW Thriller Award, Anthony Award, Arthur Ellis Award und Barry Award nominiert und gewann, in der Kategorie „Bestes Debüt“, den Shamus Award, Gumshoe Award, Crimespree Award und Lovey Award. Zahlreiche Kollegen, wie Steve Hamilton, G. M. Ford und Ken Bruen, lobten das Buch. Bei soviel Vorablob steigen die Erwartungen natürlich ins unermessliche und, sicher auch um nicht enttäuscht zu werden, lag „Big City, Bad Blood“ lange auf dem Zu-Lesen-Stapel.

Nachdem ich in der lesenswerten, von Lee Child herausgegebenen Anthologie „Killer Year“ Sean Chercovers Kurzgeschichte „One Serving of Bad Luck“ gelesen hatte, nahm ich mir ohne auch nur noch eine Sekunde zu zögern seinen Debütroman „Big City, Bad Blood“ vor. In ihm soll der Chicagoer Privatdetektiv Ray Dudgeon den Hollywood-Location-Scout Bob Loniski beschützen. Loniski mietete von Frank DiMarco für einen Filmdreh Räume. Während des Drehs tauchte der rechtmäßige Besitzer auf und der von DiMarco eingefädelte Schwindel flog auf. Es wurde Anklage erhoben. Loniski erklärte sich bereit vor Gericht auszusagen. Loniski erhielt eine Morddrohung und wenn DiMarco nicht lose Verbindungen zur heimischen Mafia (die sich in Chicago Outfit nennt) hätte, würde Ray Dudgeon den Auftrag, einen Hollywoodtypen vor einem drittklassigem Gauner zu schützen, sofort annehmen.

Nachdem der wichtige Mafiaboss Johnny Greico Ray Dudgeon versichert, dass DiMarco nicht von der Mafia beschützt wird, übernimmt Dudgeon den Auftrag. Zu spät erkennt er, dass er zufällig zwischen die Fronten eines beginnenden Krieges innerhalb der Mafia geraten ist.

In „Big City, Bad Blood“ betritt mit Ray Dudgeon ein Privatdetektiv die Bühne, der in weiten Teilen dem bekannten Bild des Privatdetektivs entspricht. Er verdient nicht viel, seine Wohnung ist retro, er liebt Jazz, schöne Frauen und Autos (was bei seinem Besuch in Hollywood und der Nacht mit Virginia Lane eine sehr feuchte Verbindung eingeht) und er hat einen starken Sinn für Gerechtigkeit. Deshalb gab er seine Karriere als Reporter auf. Neuer ist dagegen, dass er Probleme mit seiner Freundin hat und, nachdem Loniski ermordet wird, alles für eine Flucht vorbereitet. Auf den Gedanken, vor der Mafia zu flüchten, wären Marlowe, Hammer und Spenser niemals gekommen. Aber genau wie seine literarischen Vorbilder beginnt Dudgeon die verschiedenen Verbrecher und sie beobachtenden staatlichen Institutionen gegeneinander auszuspielen und moralisch fragwürdige Koalitionen einzugehen.

Chercover erzählt diesen verwickelten Plot mit ruhiger Hand, präzisen Beobachtungen der in Chicago und Hollywood lebenden Menschen und einem fast nicht vorhanden Rätselteil. Dafür ist „Big City, Bad Blood“ dann zu sehr ein Thriller, bei dem Menschen, ihre Probleme und realistische Lösungen im Vordergrund stehen. Denn Ray Dudgeon ist kein Spenser-Klon, der unerschrocken einer Hundertschaft bewaffneter Mafiosi gegenübertritt und den Kampf ohne eine Schramme überlebt.

Sean Chercovers „Big City, Bad Blood“ ist er gelungene Einstand eines neuen Privatdetektivs auf der literarischen Bühne. Vor kurzem erschien in den USA der zweite Ray-Dudgeon-Roman „Trigger City“. Auch dieser Roman wurde in der amerikanischen Krimiszene breit abgefeiert.

„Big City, Bad Blood“ sollte unbedingt übersetzt und Sean Chercover deutschen Krimifans nicht länger vorenthalten werden.

Sean Chercover: Big City, Bad Blood

Harper, 2008

352 Seiten

7,99 $

Erstausgabe

William Morrow, 2007

Hinweise

Homepage von Sean Chercover

The Outfit (Blog von mehreren in Chicago lebenden Autoren)

One Response to Übersetzen? Sean Chercover: Big City, Bad Blood

  1. […] Trigger City, von Sean Chercover […]

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..