TV-Tipp für den 23. Juli: Machtlos

Das hätten die Typen von den ÖR-Sendern nicht geschafft: ein hochkarätig besetzter Politthriller feiert zu einer normalen Uhrzeit seine TV-Premiere:


Pro 7, 20.15

Machtlos (USA 2007, R.: Gavin Hood)

Drehbuch: Kelley Sane

Der arabischstämmige, in den USA lebender, glücklich verheiratete Ingenieur Anwar El-Ibrahimi verschwindet auf einem Flug spurlos. Seine schwangere Frau sucht ihn. Er wird währenddessen in einem nordafrikanischem Land, unter der Aufsicht eines jungen Geheimdienstlers, gefoltert. Denn die Amis glauben, dass er Kontakt zu einem gefährlichen Terroristen hat.

Die Besetzung ist hochkarätig. Das Anliegen, auf die menschenrechtsverachtende Praxis der Extraordinary Renditions und die damit verbundene Folterpraxis aufmerksam zu machen, ist ehrenwert.

Aber dennoch enttäuscht „Machtlos“. Denn Hood verirrt sich in diversen Subplots, nie wird das Verhältnis zwischen den einzelnen Plots geklärt (Was ist Hauptplot? Was ist Subplot?) und das Ende ist lächerlich. Jedenfalls das Ende für den Gefolterten. Die „geniale Konstruktion“ (jedenfalls dachten die Macher das, als sie uns die Auflösung der Geschichte des jungen Liebespaares präsentieren) ist eine ziemliche Verarschung des Zuschauer.

Auf der Habenseite kann „Machtlos“ letztendlich nur das Ensemble und die Bilder verbuchen. Oh, die Musik ist auch nicht schlecht.

Ansonsten, wenn man keine Doku sehen will, sollte man sich besser noch einmal einen der legendären Politthriller von Constantin Costa-Gavras ansehen. Zum Beispiel „Das Geständnis“ mit Yves Montand in der Hauptrolle.

Oder einen der neuen und wesentlich gelungeneren Politthriller wie „Sturm“, „Green Zone“, „Operation Kingdom“ und „Syriana“. Bei denen ist Folter allerdings, falls überhaupt, nur ein Randthema.

Wahrscheinlich läuft um 20.15 Uhr eine heftig gekürzte Version des FSK-16-Streifens.

mit Jake Gyllenhaal, Reese Witherspoon, Peter Sarsgaard, Omar Metwally, Yigal Naor, Alan Arkin, Meryl Streep, J. K. Simmons

Wiederholung: Samstag, 24. Juli, 01.45 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Wikipedia über „Machtlos“ (deutsch, englisch)

Film-Zeit über „Machtlos“

Variety über Kelley Sane (Ten Screenwriters to watch, 22. Juni 2006)

Coming Soon: Interview mit Kelley Sane (18. Oktober 2007)

Nachtrag (27. Juli 2010): Das Bonusmaterial der DVD ist allerdings sehr gelungen. Es gibt einen Audiokommentar von Regisseur Gavin Hood, in dem er auf die realen Hintergründe für den Film und etliche Überlegungen bei der Gestaltung des Films und bestimmter Szenen eingeht. Dazu gehören die Farbpalette, die Aufnahmen in Washington, die Entscheidung die Schauspieler in ihrer Muttersprache spielen zu lassen und wie es ihnen gelang, ein gutes halbes Dutzend Geschichten (Hood spricht mehrmals von „vier bis fünf kurzen Filmen“) in einem knapp zweistündigem Film unterzubringen.

Es gibt die gut halbstündige Dokumentation „Geächtet“ über die wahren Fälle, die „Machtlos“ inspirierten (unter anderem der Deutsche Khaled El-Masri), das ebenfalls halbstündige Making-of, das sich ausführlich mit dem Dreh des Bombenattentat auf dem Marktplatz, beschäftigt und einige geschnittene Szenen (insgesamt über eine Viertelstunde). Auch hier ist der Audiokommentar von Gavin Hood, in dem er erklärt, warum zwei Subplots gestrichen und das Ende anders geschnitten wurde, hörenswert.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..