DVD-Kritik: „Shank“ sucks

Das ‚Clockwork Orange‘ unserer Generation“ steht auf dem Cover von Mo Alis Debütfilm „Shank“. Mit dem Werbespruch wird eine Fallhöhe aufgebaut, an der der Film nur scheitern kann. Doch auch ohne diesen hochstehenden Vergleich von der Werbeabteilung ist „Shank“ ein schlechter Film. Jedenfalls für alle, die nicht zum von den Machern anvisiertem Zielpublikum gehören. Das, ungefähr Fünfzehnjährige (aus Südlondon oder einer strukturell ähnlichen Gegend), mag das vielleicht anders sehen.

Dass „Shank“ für Ältere so ziemlich auf ganzer Linie scheitert, liegt nicht unbedingt an dem Miniplot (Junior will den Tod seines Bruders rächen, er macht sich auf den Weg, muss einige Prüfungen überstehen, findet neue Freunde, steht am Schluss dem Mörder seines Bruders gegenüber und muss sich entscheiden, ob er weiterhin den gewaltlosen Weg seiner Gang gehen oder sich rächen will) und dem Willen der Macher, in erster Linie einen Actionfilm mit Musik und Humor zu machen, sondern an der Inszenierung. Mo Ali drehte vorher einige Musikvideos und „Shank“ wirkt über weite Strecken, unterlegt mit der richtigen Musik, wie ein Video für einen Rap-Song.

Die Kamera wackelt, es wird oft geschnitten und es wird reichlich unmotiviert ständig zwischen normaler Geschwindigkeit, Zeitlupe und trendigem Zeitraffer gewechselt. Sparsam eingesetzt können solche Tempoverschiebungen das Gesehene intensivieren. Aber gerade weil Mo Ali diese Stilmittel so wahllos und häufig benutzt, nutzen sie sich schnell zu ärgerlichen Manierismen ab.

Das ganze wird mit schlecht verstandenem Standbild-und-Erklärung-Guy-Ritchie, aber ohne dessen Humor, und etwas „Kill Bill“-Quentin-Tarantino verschnitten. Denn wie in „Kill Bill“ wird auch mal, weil man es kann, der Stil gewechselt. In „Shank“ hin zu einem altmodischen Computerspiel, so „Tron“ auf dem Fahrrad, und Anime.

Die Action-Szenen werden, wie es heute üblich ist, so zerschnitten, dass die Arbeit der Stuntmänner kaum noch erkennen ist.

Die krude Geschichte von „Shank“ spielt 2015 in einem von Gangs regiertem London. Die Macher entschieden sich für das Verlegen der Geschichte in die Zukunft allerdings nicht, weil sie, wie man es aus Science-Fiction-Filmen gewohnt ist, so ihre Botschaft und Kritik an der Gegenwart besser formulieren konnten, sondern aus finanziellen Erwägungen. Denn so mussten sie in Südlondon keine Straßen sperren lassen, sondern konnten auf nicht befahrenen Nebenstraßen und verlassenen Industriegeländen drehen. Die Location-Scouts und Set-Designer gaben ihr bestes, möglichst verfallene Gebäude und Straßen zu finden und diese dann mit einigen Ladungen Müll weiter zu vermüllen.

Allerdings bleibt die negative Zukunftsutopie blass. Es wird kein Grund für den rapiden Verfall der Gesellschaft genannt. Es wird auch keine Kritik an der Gesellschaft oder an bestimmten Werten geübt und selbstverständlich wird auch nichts, wie in Kubricks genialem „Clockwork Orange“ satirisch überspitzt. Denn dafür müsste man eine politische Forderung oder eine Gesellschaftsutopie haben. In „Shank“ geht es nur um Action und eine eher banale moralische Botschaft.

Shank“ ist ein Michael-Bay-Film mit Mini-Budget: Stil über Substanz und bitte nicht nach der Logik fragen.

Die DVD

Das Bonusmaterial ist für einen kleinen Film erfreulich umfangreich und informativ. Die Interviews sind das Rohmaterial für das halbstündige „Making of“, das einige interessante Einblicke in die Produktion gewährt. „Beim Dreh“ und „Outtakes“ sind verschiedene, mehr oder weniger witzige Szenen von den Dreharbeiten. Einmal gesehen und vergessen. Ebenso die kurze, eindeutig als Werbung gedachten Reportage von der Premiere. „Der Dodger Gate Skandal“ ist eine Pseudo-Doku über einen „Shank“-Schauspieler, der ausrastet, weil ihm seine Wünsche nicht erfüllt werden.

Shank (Shank, GB 2010)

Regie: Mo Ali

Drehbuch: Paul van Carter

mit Kedar Williams-Stirling, Adam Deacon, Ashley Bashy Thomas, Michael Socha, Jan Uddin, Kaya Scodelario, Jennie Jacques, Rheanne Murray, Jerome Holder, Colin Salmon, Terry Stone, Robbie Gee, Luke de Woolfson, Robert Fucilla

DVD (Two Disc Extreme Edition)

Ascot Elite

Bild: 2.4:1 (16:9)

Ton: Deutsch (DTS, Dolby Digital 5.1), Englisch (Dolby Digital 5.1)

Untertitel: Deutsch

Bonusmaterial: Interviews (mit Mo Ali, Kedar Williams-Stirling, Adam Deacon, Ashley Thomas, Kaya Scodelario, Jan Uddin, Michael Socha [12 Minuten]), Outtakes (8:20 Minuten), Beim Dreh (3:40 Minuten), Der Dodger Gate Skandal (8 Minuten), Making of (30 Minuten), Die Premiere (3:20 Minuten), Original Trailer (1:20 Minuten)

Länge: 90 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Englische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Facebook-Seite von Mo Ali

MTV: Interview mit Mo Ali über „Shank“

Wikipedia über „Shank“

Rotten Tomatoes über „Shank“

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