DVD-Kritik: „Lange Nacht“ oder Der Versuch, einen deutschen Horrorfilm zu drehen

Wenn „Lange Nacht“ ein Amifilm wäre, wäre der Film ein Kandidat für einen Totalverriss. Die Tricks sind schlecht. Die raren Actionszenen sind lächerlich. Für einen Horrorfilm gibt es zu wenig Blut und Gore. Immerhin orientiert sich „Lange Nacht“ mehr an den Teen-Horrorfilmen à la „Freitag, der 13.“ als ein psychologischen Thrillern, in denen die Dynamik innerhalb der Gruppe im Mittelpunkt steht. Dafür sind die einzelnen Charaktere zu blass gezeichnet und es gibt kaum Konflikte zwischen ihnen.

Auch die Story ist aus diesen Slasher-Filmen sattsam bekannt: eine Gruppe Jugendlicher fährt in den Wald und wird dann flugs von irgendjemand dezimiert. In „Lange Nacht“ sind das zuerst die jungen Dorfnazis und später irgendwelche Viecher, die an deformierte Gorillas erinnern, und anscheinend aus der Erde kommen.

Die Schauspieler sind; – nun, wahrscheinlich alles Laien. Die Dialoge funktional und banal, aber dadurch oft auch, im Gegensatz zu den TV-Film-Dialogen, ziemlich lebensnah. Einige Monologe tendieren ins Pseudophilosophische. Also alles nicht so toll.

Aber es darf nicht vergessen werden, dass „Lange Nacht“ nicht in nordamerikanischen Wäldern oder einem unserer Nachbarländer, sondern im benachbarten Brandenburg spielt und die Macher den Versuch unternommen haben, einen geradlinigen Horrorfilm zu inszenieren. Einen Film, der weitab von den Fördergremien und TV-Produktionen entstanden ist. Einen Film, der sich weigert, ein weiteres langatmiges Beziehungs- und Selbstfindungsdrama zu sein, in dem die jugendlichen Protagonisten sich stundenlang über ihre Befindlichkeiten unterhalten. Der Preis für diesen Mut ist das in jeder Sekunde sichtbare, viel zu geringe Budget, das nicht durch ein gutes Drehbuch ausgeglichen wird.

Lange Nacht“ ist wahrlich kein guter Film. Es ist auch kein Film der versteckten Qualitäten. Aber es ist ein Versuch, aus dem deutschen Konsenskino auszubrechen und einfach einen geradlinigen Horrorfilm zu drehen, ohne in eine Blutorgie (die anschließend bei den Prüfgremien zu einer Schnittorgie führt) auszuweichen.

Und dafür muss man schon dankbar sein.

Lange Nacht – Der Anfang der Nacht ist das Ende der Welt (D 2009)

Regie: Till Kleinert

Drehbuch: Till Kleinert, Aaron Craemer

mit Isabelle Höpfner, Sarah Baumann, Volkram Zschiesche, Markus Staab-Poncet, Sebastian Stielke, Ulf Peter Schmidt, Sascha Kölzow, Mandy Rudski, Ketel Weber, Leo Solter

DVD

Bronson Entertainment

Bild: 1.78:1 (16:9)

Ton: Deutsch (DTS, Dolby Digital 5.1)

Untertitel: Englisch, Italienisch

Bonusmaterial (angekündigt): Originaltrailer, Audiokommentare, Making of

Länge: 91 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film

Film International: Interview mit Till Kleinert über seinen Kurzfilm „Cowboy“

Bonus: Zwei Kurzfilme von Till Kleinert

 

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