Bei den Alligatorpapieren (Danke, Alfred, für die schönen Bilder) sind meine TV-Krimi-Buch-Tipps online. Hier das Intro:
Hallo liebe Krimifreunde,
zu zwei sehr ruhigen Wochen. Es gibt zwar viele Wiederholungen, aber wenige sehenswerte Filme. Dazu gehören Francis Ford Coppolas Mario-Puzo-Verfilmung „Der Pate“ (in der TV-Version), Erik van Looys Jef-Geeraerts-Verfilmung „Mörder ohne Erinnerung“, Roger Donaldsons Kenneth-Fearing-Verfilmung „No way out“, Michael Hodges‘ Ted-Lewis-Verfilmung „Get Carter“ (natürlich mal wieder mitten in der Nacht), Don Coscarellis Joe-R.-Lansdale-Verfilmung „Bubba Ho-Tep“, Claude Chabrols Stanley-Ellin-Verfilmung „Schritte ohne Spur“, Jean-Luc Godards Lionel-White-Verfilmung „Elf Uhr nachts“ (ebenfalls mit Jean-Paul Belmondo), Sidney Lumets John-Hopkins-Verfilmung „Sein Leben in meiner Gewalt“ und, als TV-Premiere James Mangolds Elmore-Leonard-Verfilmung „Todeszug nach Yuma“.
Mörder ohne Erinnerung (NL/B 2003, R.: Erik van Looy)
Drehbuch: Carl Joos, Erik van Looy
LV: Jef Geeraerts: De zaak Alzheimer, 1985
Ein Auftragsmörder wendet sich gegen seine Auftraggeber, einen Pädo-Ring, und bringt sie um. Zunehmend gehemmt ist er dabei von seinem fortschreitenden Alzheimer.
In Deutschland erlebte der spannende Thriller seine Premiere auf dem Fantasy-Filmfest und wurde anschließend nur als DVD veröffentlicht.
„Geheimtipp“ (Fantasy Filmfest)
„Düsterer, realistisch anmutender Soziokrimi von überraschender Qualität.“ (Just: Film-Jahrbuch 2005)
Jef Geeraerts schrieb seinen Roman lange vor dem Belgien und Europa erschütternden Fall Dutroux.
Auf dem diesjährigen Fantasy-Filmfest läuft „Dossier K. – Das Recht auf Rache“. Die beiden Drehbuchautoren Joos und van Looy schickte, wieder nach einem Roman von Geeraerts, die beiden Polizisten aus „Mörder ohne Erinnerung“ wieder auf die Jagd. Die ersten Kritiken sind vielversprechend.
Mit Jan Decleir, Koen de Bouw, Wernder de Smedt, Jo de Meyere
Auch bekannt als „Totgemacht – The Alzheimer Case“
Als Mitveranstalter freue ich mich auf diesen Abend:
Am Samstag, den 4. September 2010, präsentieren das Filmkunst 66, die Humanistische Union, One World Berlin/realeyz.tv und Turbine Medien um 22.30 Uhr im Berliner Kino Filmkunst 66 Tobe Hoopers Debütfilm „The Texas Chainsaw Massacre“ nach vielen Jahren wieder auf der großen Leinwand. Die ungekürzte Fassung des Filmes ist seit 1985 aufgrund einer Indizierung und einem Verbot nicht in Deutschland zu sehen.
René Bahns (wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität, Promotion zum Thema „Indizierung von Filmen“)
über die filmhistorische und gesellschaftliche Bedeutung von „Texas Chainsaw Massacre“ und die bundesdeutsche Verbotspolitik bei Kunstwerken.
Die Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union, das Menschenrechtsfilmfestival One World Berlin, die Independent Film Onlineplattform realeyz.tv und der DVD-Verlag Turbine Medien möchten mit dieser Filmvorführung den Weg zu einer Wiederaufnahme des Falls und zeitgemäßen Diskussion über den Film ebnen.
Einmal verboten, für immer im Giftschrank?
Eine Strafe ist irgendwann vorüber.
Ein Verbot besteht dagegen ewig.
Das musste die DVD-Firma Turbine Medien feststellen, als sie zum 35. Geburtstag des bahnbrechenden Horrorfilms „The Texas Chainsaw Massacre“ (Blutgericht in Texas, Das Texas Kettensägen-Massaker) eine filmhistorisch umfassende Edition für die deutschen Filmfans veröffentlichen wollte.
Denn das Original ist seit dem 23. Dezember 1985 verboten. Im Beschlagnahmebeschluss des Münchner Landgerichts 1 steht: „Der Film ‚Ketten-Sägen-Massaker‘ ist sicher kein Werk der Kunst, so dass bereits aus diesem Grunde auf die Bedeutung des Kunstvorbehalts des Art. 5 Abs. 3 GG nicht eingegangen zu werden braucht. Nach alledem stellt der Film weder eine Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte dar (§ 131 Abs. 2 StGB) noch zielt er auf das kritische Bewusstsein des Betrachters ab. Er liefert auch keinen Denkanstoß hinsichtlich der Problematik der Ursachen von grausamer Gewalt, sondern er versteht sich als Horrorfilm, der von brutalen und geschmacklosen Szenenfolgen lebt.“
Tobe Hooper und Kim Henkel erzählen in „The Texas Chainsaw Massacre“ eine typische Urbanoia-Fantasie: eine Gruppe Jugendlicher gerät in die Fänge einer Hinterwäldler-Familie, die sie umbringen und essen wollen. Was Hoopers billig gedrehtes Debüt von anderen Horrorfilmen unterscheidet, ist der erkennbare Bezug zu gesellschaftlichen Problemen, wie dem Vietnam-Krieg und der Massentierhaltung, die alptraumhafte, schwer zu ertragende Atmosphäre, die formale Geschlossenheit und das geschickte Spiel mit der Vorstellungskraft des Zuschauers. In den Kinos war der Film ein Hit. Die Einnahmen haben das Budget um das Fünfhundertfache übertroffen.
Inzwischen ist der Film Teil der ständigen Ausstellung des Museums of Modern Art in New York. Er wird allgemein als ein moderner Klassiker des Horrorfilms angesehen, Leatherface ist einer der legendärsten Filmbösewichte und die zahlreichen Fortsetzung, Parodien und Hommagen bestätigen immer wieder seinen Einfluss auf die Popkultur. Außerdem haben sich nach einem viertel Jahrhundert die Sehgewohnheiten geändert.
„Wir hatten sogar Angst, dass der Film, wenn er von der FSK geprüft wird, eine Ab-16-Freigabe erhält und jeder glaubt, dass es sich um eine gekürzte Version handelte“, sagt Christian Bartsch, Produktmanager bei Turbine Medien. Dem war nicht so. Denn, so mussten sie feststellen, wenn in Deutschland ein Film, ein Lied oder ein Buch wegen Gewaltdarstellungen (§ 131 StGB), Pornographie (§ 184 StGB), Volksverhetzung (§ 130 StGB) oder der Verletzung von Persönlichkeitsrechten (wie der Roman „Mephisto“ von Klaus Mann, der erst nach jahrelangen Gerichtsverhandlungen 1980 gedruckt werden durfte) verboten wird, dann ist es für immer verboten.
Die einzige Möglichkeit, ein solches Verbot aufzuheben ist, dass jemand den Film wieder veröffentlicht, jemand gegen diese Veröffentlichung klagt und dann ein Gericht die Klage ablehnt. Falls das Verbot bestätigt wird, muss der Verlag die DVDs abschreiben und auf den Müll werfen. Dieses Risiko wird natürlich – Ausnahmen bestätigen die Regel – nicht eingegangen und so bleiben in Deutschland verbotene Werke für immer verboten.
In Österreich und der Schweiz kann der Film dagegen ganz legal gekauft werden. Auch in anderen europäischen Ländern ist „The Texas Chainsaw Massacre“ legal und ungekürzt teilweise schon für Vierzehn- (Italien) und Fünfzehnjährige (Schweden, Dänemark) erhältlich. In Kanada dürfen Dreizehnjährige den Film sehen. Nur in Deutschland dürfen sogar Erwachsene den Film nicht sehen.
Einige Meinungen zum Film
„Hemmungslos sadistischer Horrorfilm mit nervtötendem Soundtrack, technisch wie inhaltlich gleichermaßen niveaulos.“ (Lexikon des internationalen Films)
„Dieser ekelhafte Kotzbrocken, den auch abgebrühte Zuschauer nur schwer verkraften können, ist in den USA zum Kultfilm geworden. (…) eine perfide Schlächterorgie.“ (Ronald M. Hahn/Volker Jansen: Lexikon des Horrorfilms, 1985/1989)
„The Texas Chainsaw Massacre thematisiert Gewalt nicht, sondern macht sie spürbar. Tobe Hooper analysiert nicht ihre Ursachen, sondern vermittelt die sinnliche Erfahrung mit ihr zu kollidieren.“ (Ulrich von Berg: Besondere Kennzeichen: Schlechter Geschmack – Tobe Hooper, das Genie des neuen Horrorfilms, in Michael Farin/Hans Schmid, Hrsg.: Ed Gein – A quiet man, 1996)
„Hoopers Debüt als universeller Albtraum ist bisher unübertroffen. (…) eine Unvermeidlichkeit, die sich in Hoopers Anwendung einer albtraumhaften Logik spiegelt, die Raum und Zeit in einem geschlossenen Kreis bildet; Leatherface ist ewig auf Sally Fersen, ohne sie jedoch auf ihrer Flucht einzuholen, und Sally entkommt bloß, um zu ihnen zurückgebracht zu werden. Trotz dieser umgedrehten Märchenmotive sieht das Ganze realistisch aus. Die vorgefundenen Locations und das körnige Filmmaterial (…) verleihen dem Film eine harte Glaubwürdigkeit, die von dem manchmal nervösen Schnitt noch unterstrichen wird. Der Humor – der Koch tadelt Leatherface wegen seines Vandalismus mit der Kettensäge – verstärkt nur den Horror, besonders in der makabren Essensszene. Der rhythmische Soundtrack und das immer präsente Kettensägengeheul hält die Spannung am Kochen bis zu Leatherfaces letztem Tanz. Ein Meisterwerk, leider nur mit eingeschränkter Freigabe.“ (James Marriott & Kim Newman: Horror – Meisterwerke des Grauens von Alien bis Zombie, 2006)
„Die filmhistorische Bedeutung von Tobe Hoopers Erstlingswerk kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. (…) Er bildet das Bindeglied zwischen Serienmörder- und Slasher-Film, tradiert Motive des einen, inauguriert Motive des anderen. Darüber hinaus ist er – das zeigt sich nicht zuletzt an den drei Sequels, dem Remake und dem Prequel, die ihm folgten – ein zentrales Werk des Serienmörderfilms bis heute, ein gleichermaßen erfolgreicher wie verabscheuter Film.“ (Stefan Höltgen: Schnittstellen – Serienmord im Film, 2010)
„Noch heute übt Tobe Hoopers The Texas Chainsaw Massacre aus dem Jahre 1974 einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf das Horrorgenre aus. (…) Aus heutiger Sicht wirkt sein Film auch wie ein zorniges Mahnmal, das sich mit den Vietnamkriegsängsten der zeitgenössischen Jugend auseinandersetzt. Der Film zeigt ein Amerika, das sich in eine Mordmaschine verwandelt hat, das seine eigenen Kinder frisst. (…) Endlich eine dem filmhistorischen Status entsprechende Veröffentlichung dieses bisher im deutschen Sprachraum nur verstümmelt erhältlichen Films.“ (Jörg Buttgereit: Der Mann mit der Säge [zur 35th Anniversary Edition des Films von Turbine Medien, epd Film 6/2010)
LV: Joe R. Lansdale: Bubba Ho-Tep (Kurzgeschichte, Erstausgabe in Paul M. Sammon, Hrsg.: The King Is Dead: Tales of Elvis Post-Mortem, 1994)
Elvis und John F. Kennedy (Okay, er ist ein Schwarzer. Aber das beweist doch nur, wie perfide die Mörder von JFK sind, oder?) vegetieren in einem drittklassigen texanischen Altersheim. Das Personal hält sie natürlich für altersbedingt normal-durchgeknallt. Als eine ägyptische Mumie die Heimbewohner dezimiert, rüsten sich Elvis und JFK zu ihrem letzen Kampf. Denn, so Elvis: „Ask not what your rest home can do for you. Ask what you can do for your rest home.“
Wer bis jetzt nicht gemerkt hat, dass „Bubba Ho-Tep“ eine ziemlich durchgeknallte Horrorkomödie ist, wird an dem Film keinen Spaß haben. Ich hatte ihn beim Fantasy-Filmfest gesehen und von der ersten Sekunde an lagen wir in dem vollen Kinosaal gröhlend auf dem Boden. Anschließend erzählte jeder seinen Freunden, er habe einen wahnsinnig guten Film gesehen. Leider kam „Bubba Ho-Tep“ nie in die deutschen Kinos und die DVD-Veröffentlichung ließ ungewöhnlich lange auf sich warten.
Das Drehbuch von Coscarelli erhielt den Bram-Stoker-Award.
Mit Bruce Campbell, Ossie Davies, Ella Joyce, Bob Ivy
Eine Gruppe von unschuldig verurteilten Elite-Soldaten, das A-Team, will seine Unschuld beweisen und verursacht dabei beträchtliche Kollateralschäden.
Die Kinoversion der gleichnamigen 80er-Jahre-Serie „Das A-Team“ ist natürlich in jeder Beziehung einige Nummern größer als das Original und passt sich den zeitgenössischen Sehgewohnheiten an.
Carnahan, der zuvor den düsteren Cop-Thriller „Narc“ und das krachige Jungskino „Smokin‘ Aces“ inszenierte, nahm den Job an, weil er mit seinen beiden anderen Projekten, dem Pablo-Escobar-Biopic „Killing Pablo“ und der James-Ellroy-Verfilmung „White Jazz“, nicht weiterkam. „Das A-Team“ richtet sich, wenig überraschend, vor allem an die „Smokin‘ Aces“-Fans.
Ebenfalls wenig überraschend ist, dass „Das A-Team“ jahrelang in Hollywood entwickelt wurde und wahrscheinlich jeder bekannte Regisseur und Schauspieler irgendwann im Gespräch war.
mit Liam Neeson, Bradley Cooper, Jessica Biel, Quinton ‚Rampage‘ Jackson, Sharlto Copley, Patrick Wilson, Gerald McRaney
Wer bei den Hardcover-Ausgaben zögerte, kann jetzt die, teilweise überfälligen Taschenbuch-Ausgaben von einigen guten Büchern kaufen. Beginnen wir ohne bestimmte Reihenfolge in Berlin:
Sein bereits 2003 erschienener, hauptsächlich in Berlin, oft im Untergrund, spielender, mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichneter Thriller ist jetzt endlich als Taschenbuch erschienen. Unbedingt lesen!
Sein dritter Krimi erschien zuletzt bei Rotbuch als Hardcover. Jetzt gibt es das brüllend komische Abenteuer von Privatdetektiv Kristof Kryszinski als Taschenbuch. Im Anhang gibt es ein dreiseitiges Interview, eine Bio- und eine Bibliografie.
Ein Debüt aus Spanien: Inspektor Leo Caldas soll den Mörder eines bestialisch ermordeten Saxofonisten finden. Ihre Ermittlungen führen sie in Szenebars und Schwulenclubs – und mit etwas über 200 Seiten kann das Buch in einem Rutsch gelesen werden.
Der zweite Krimi mit dem in Helsinki lebendem, russischstämmigem Privatdetektiv Viktor Kärppä. Als einige Jugendliche an verunreinigtem Heroin sterben, wird Kärppä von der Polizei gezwungen, seine alten Kontakte zu benutzen. Guter PI-Krimi, der nicht wallandert, sondern sich an amerikanischen Vorbildern orientiert.
Nach „Die Macht des Mr. Miller“ ein weiterer Thriller mit dem Unternehmensberater Michael Bellicher, dessen Leben wieder aus den geordneten Bahnen gerät. Dieses Mal soll er einen Unfall mit Todesfolge verursacht haben (er erinnert sich nicht daran) und er besitzt plötzlich marode Treibhäuser (die er niemals gekauft hat). „Die Zelle“ erhielt den Goulden Strop.
Max Bronski: München Blues (Heyne, 7,95 Euro)
Drei Jahre nach der Hardcover-Ausgabe erscheint der zweite Krimi von Max Bronski endlich als Taschenbuch. Amateurdetektiv Gossec stolpert während des Oktoberfestes über eine Bierleiche und in den schönsten bayerischen Amigofilz.
Nun, die Taschenbuch-Ausgabe eines Hard-Case-Crime-Taschenbuches. Mir gefällt das originale Pulp-Cover besser. Der Inhalt bleibt gleich und ist nichts für zartbesaitete Gemüter.
Lincoln Rhyme ermittelt wieder und wir erfahren einiges über die Möglichkeiten der Überwachung und Datenmanipulation. Da hat Deaver wieder ein halbes Sachbuch in seinen Krimi geschmuggelt.
Lansdales Debüt erschien 1999 bei pulp master, ist schon seit Ewigkeiten nicht mehr erhältlich und Antiquare verlangen ziemlich viel Geld dafür. Daher ist die, anhand einer kursorischen Überprüfung nur wenig überarbeitete Neuausgabe für alle Lansdale-Fans (neue und alte) die Gelegenheit, einen Klassiker des Serienkillerthrillers (wieder) zu lesen. Immerhin erschien „Akt der Liebe“ in den USA 1981; was uns schmerzlich daran erinnert, dass Lansdale auch schon einige Jahrzehnte auf dem Planeten wandelt.
Lasst euch nicht von dem nichtssagendem Cover, das eher an eine Liebesschnulze in tropischen Hütten erinnert, und dem harmlosen Titel abschrecken.
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Und wer doch nicht auf sein geliebtes Hardcover verzichten kann:
Laura Thompson: Agatha Christie (Scherz, 24,95)
Eine fünfhundertseitige Biographie über die enorm produktive Schriftstellerin (15. September 1890 – 12. Januar 1976). In England wurde das Buch gemischt aufgenommen. Denn Thompson, die auch einen exclusiven Zugang zum Archiv von Agatha Christie hatte, schreibt nicht besonders kritisch über die heute immer noch erfolgreiche Krimiautorin. Und das ist wahrscheinlich das größte Rätsel um Agatha Christie.
Der letzte Scharfschütze (USA 1976, R.: Don Siegel)
Drehbuch: Scott Hale, Miles Hood Swarthout
LV: Glendon Swarthout: The Shootist, 1975 (Der Superschütze)
Revolverheld Books will seine letzten vom Krebs gekennzeichneten Tage in Ruhe verbringen. Aber so einfach ist das nicht.
Einer der besten Spätwestern – und John Waynes letzter Film.
„Don Siegel unterzog in ‚The Shootist – Der Scharfschütze’ den Mythos einer distanzierten Würdigung, die noch einmal dem Western zurückgab, was ihm in den letzten Jahren abhanden gekommen war: Ruhe. Und vielleicht exakt diese Botschaft ist es, die endgültig dem Genre ein friedvolles Ende bescheren hätte können: nämlich, die, dass der Western tot, die Grenze erschlossen, die Gesellschaft korrupt ist und dass man sich darüber nicht besonders aufregen muss.“ (Georg Seesslen: Western)
Die Western Writers of America verliehen Swarthouts Buch den Spur-Award als bester Western-Roman des Jahres 1975. Später nahmen sie „The Shootist“ in die Liste der 21 besten Western, Swarthout in die Liste der besten Western-Autoren und die Verfilmung in die Liste der zehn besten Western des zwanzigsten Jahrhunderts auf.
Mit John Wayne, Lauren Bacall, James Stewart, Ron Howard, Richard Boone, John Carradine
Drehbuch: Ross Thomas, Dennis O´Flaherty, Thomas Pope
LV: Joe Gores: Hammett, 1975 (Dashiell Hammetts letzter Fall, Hammett)
Dashiell Hammett will sein Geld als Schriftsteller verdienen. Da wird er von seinem Ex-Kollegen Jimmy um Hilfe bei der Suche nach einer chinesischen Prostituierten gebeten. Kurz darauf befindet sich Hammett in einem mörderischen Komplott, bei dem sein Leben keinen Cent mehr wert ist.
Joe Gores mischte in seinem sehr gelungen Buch Hammetts Biographie mit historischen Gegebenheiten und Fiktion.
Die Produktion des Filmes für Francis Ford Coppolas Zoetrope Studios war für Wenders eine ernüchternde Erfahrung: mehrere verschiedene Drehbücher (u. a. schrieb Joe Gores die erste Fassung), ein exzessiver Nachdreh anderthalb Jahre nach dem ersten Dreh, in Farbe statt in Schwarzweiß, mit einem fremden Team und Auseinandersetzungen mit dem Produzenten über die Konzeption des Films. So hatte sich der in Deutschland hochgelobte Regisseur seine Ankunft in Hollywood nicht vorgestellt.
„Hammett ist vor allem ein Film der Zitate, der ironischen Verweise. Er ist eine Erinnerung an den Film Noir, dessen Atmosphäre er evoziert, aber auch ironisiert. Die Kulissen sehen immer ein wenig wie Kulissen aus, das Tempo ist enorm gedrosselt, fast ritualisiert. Alle ästhetischen Mittel der Vorgänger aus den 40er Jahren sind benutzt: die extreme Dunkelheit, die scharfen Kontraste, die Lichtstreifen, die Kameraposition aus der Vogelperspektive.“ (Stefan Kolditz in Wim Wenders, Hanser Verlag Reihe Film Band 44).
Hammett ist – so ein heute immer noch gültiges Urteil der damaligen Kritik – Wenders bester und unpersönlichster Film.
Mit Frederic Forrest, Peter Boyle, Marilu Henner, Elisha Cook, R. G. Armstrong, Samuel Fuller, Ross Thomas (einer der Männer im Sitzungszimmer)
„Ein Fall für Malcolm Fox“ steht groß auf dem Cover von Ian Rankins neuem Roman „Ein reines Gewissen“ und damit ist die Botschaft eindeutig: Malcolm Fox soll der neue Seriencharakter von Ian Rankin werden. Seinen vorherigen, sehr erfolgreichen Inspector John Rebus musste er altersbedingt in Pension schicken. Danach probierte Ian Rankin einiges aus: eine Oper, ein Comic, ein Kurzromane und einen Fortsetzungskrimi für die New York Times. Diese Geschichte überarbeitete er für die Buchveröffentlichung gründlich. Der so entstandene Heist-Krimi „Der Mackenzie-Coup“ war eine unterhaltsame Geschichte über den großen Coup. Es war allerdings auch eindeutig ein Zwischenwerk. Ein tiefes Durchatmen vor neuen, großen Taten.
Mit „Ein reines Gewissen“ soll ein neues Kapitel aufgeschlagen werden. DI Malcolm Fox ist jünger. Er arbeitet bei den Internen Ermittlern. Er ist ein Teamspieler. Er lebt zwar auch allein, aber er hat eine Schwester, die er öfters sieht und einen Vater, der in einem Altersheim lebt und den er noch öfters sieht. Er ist ein Ex-Alkoholiker. Und, sicher auch weil Ian Rankin Malcolm Fox zu einem Gegenentwurf von John Rebus machen wollte, hat er einen ziemlichen Langweiler entworfen. Denn auch nach fünfhundert Seiten ist einem dieser nette Malcolm Fox immer noch ziemlich egal.
Auch der Fall verläuft in den gewohnten Bahnen. Malcolm Fox soll der Abteilung für Kinderschutz helfen. Sie glauben, dass DS Jamie Breck sich Kinderpornos auf seinen Computer runtergeladen und mit seiner Kreditkarte bezahlt hat. Fox und sein Team sollen ihnen die nötigen Informationen beschaffen. Schnell findet Fox Breck sympathisch und, je mehr er über ihn erfährt, umso weniger glaubt er, dass der Verdacht richtig ist.
Parallel erzählt Ian Rankin wie Malcolm Fox seinen Vater Mitch in einem Altersheim besucht und wie er sich über Vince Faulkner, den neuen Freund seiner Schwester Jude, ärgert. Denn Faulkner schlägt sie und sie ist nicht bereit ihn zu verlassen. Was auch daran liegt, dass sie selbst, nun, keine unproblematische Person ist.
Als Faulkner ermordet wird, Fox in Verdacht gerät und suspendiert (Gähn!) wird, verbündet er sich mit Breck. Sie wollen den Mörder fangen und herausfinden, wer Breck wegen Kinderpornographie anschwärzen will. Tja, und irgendwann verschwindet der Bauunternehmer Charlie Brogan, der Chef von Faulkner war und verheiratet mit der Tochter von einem Gangsterboss ist, spurlos während eines Segeltörns. Ein Unfall, Selbstmord (denn auch in Edinburgh sind die Immobilienpreise im Keller) oder Mord?
Spätestens ab diesem Moment erzählt Ian Rankin „Ein reines Gewissen“ wie auf Autopilot fertig.
Denn „Ein reines Gewissen“ beginnt unglaublich holprig. Man hat den Eindruck, dass Rankin nachdem er im ersten Viertel des Buches mit viel zu viel Privatgedöns langweilt, irgendwann feststellte, dass er einen Abgabetermin hat und bis dahin eben fünfhundert Seiten gefüllt haben muss.
Das macht „Ein reines Gewissen“ noch nicht zu einem wirklich schlechtem Buch. Es ist aber ein enttäuschendes Ian-Rankin-Werk, das den eher schwachen „Mackenzie-Coup“ (es ist, weil die Genrekonventionen so stark sind, einfach schwer, einen guten Heist-Roman zu schreiben) zu einem besseren Roman macht. Rankin scheint immer noch keinen Plan für seine nächsten Romane zu haben.
Vielleicht sollte er sich in seinem nächsten Malcolm-Fox-Roman wirklich auf die internen Ermittlungen der Polizei konzentrieren oder einfach die Seiten wechseln und einige Gangsterromane schreiben. Da würde dann auch der Vergleich mit dem übermächtigen John Rebus wegfallen. Immerhin sind in England die Rebus-Romane, wie bei uns, Bestseller und zwei Schauspieler verliehen John Rebus für das Fernsehen ihr Gesicht.
À propos Fernsehen: Die Verfilmungen von „Der Mackenzie-Coup“ und „Ein reines Gewissen“ sind für 2011 von ITV und BBC geplant und Rankin darf bei der Besetzung mitreden.
Auf Wunsch des korrupten Politikers Jack Benyon wird Doc McCoy vorzeitig aus der Haft entlassen. Er soll eine Bank ausrauben. Der Überfall gelingt, aber danach geht alles schief.
Die gelungene und kommerziell sehr erfolgreiche Verfilmung des Krimis, mit Steve McQueen und Ali MacGraw – obwohl das letzte Drittel des Buches fehlt. Und das ist noch nicht alles, wie der französische Regisseur Alain Corneau meint: „Im Gegensatz zu Hammett und Chandler sind die Amerikaner nicht dazu in der Lage, Thompson zu verfilmen. Nehmen wir zum Beispiel Getaway. Die Figuren werden für die Verfilmung um 180 Grad gedreht, das Buch um mindestens ein Drittel gekürzt. Die Personen und das Thema des Romans wurden an die Seite gedrängt. Doc McCoy ist im Buch ein viel düsterer Charakter als Steve McQueen, und die philosophischen Dimensionen gingen völlig verloren.“ – Trotzdem ist „Getaway“ ein kalter, düsterer und amoralischer Film.
Mit Steve McQueen, Ali MacGraw, Ben Johnson, Al Lettieri, Slim Pickens, Bo Hopkins
LV: Charles Williams: Dead calm, 1963 (Tödliche Flaute)
Das Ehepaar Ingram fischt einen Mörder aus dem Wasser. Aus Dankbarkeit will er sie umbringen.
Spannender Drei-Personen-Thriller mit Nicole Kidman, Sam Neill, Billy Zane
Stellvertretend für die vielen euphorischen Stimmen: Todesstille „bewegt sich vielmehr auf der differenzierten, fast altmodischen Ebene einer Gattung von Filmen, die seit Jahren nahezu ausgestorben schien, jener kalkulierten Spannungsstücke, die mit einem Minimum an Konfliktstoff auskommen und deren Effekt sich vornehmlich aus der Machart ableitet.“ (film-dienst)
Erin Grant verdient das Geld für einen Sorgerechtsprozeß in einer Striptease-Bar. Dort verliebt sich Senator Dilbeck in sie und verteidigt sie mit einer Champagnerflasche gegen einen Verehrer. Jerry fotografiert dies und erpresst Dilbeck. Kurz darauf ist er tot und Erin sieht das Sorgerecht gefährdet.
Bis auf die Hauptrolle (Demi Moore, die auch beim Striptease nicht sonderlich erregend wirkt) gelungene Verfilmung eines satirischen Hiaasen-Buches, mit einer grandios aufspielenden Schar Nebendarsteller: Ving Rhames, Burt Reynolds, Armant Assante, Paul Guilfoyle
Wenn der Film zum Lesen des Buches (und der anderen Hiaasen-Werke!) führt, dann kann der Film gar nicht genug gelobt werden
Ganz dunkel erinnere ich mich an einen Artikel aus den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts in einer schnell eingestellten Lizenzausgabe eines amerikanischen Science-Fiction-Magazins über parapsychologische Experimente von US-Soldaten. Damals wusste ich nicht, wie glaubwürdig die Reportage war. Vielleicht erinnere ich mich auch vollkommen falsch an den Text. In jedem Fall dachte ich, dass er wahrscheinlich Unfug war.
Vor sechs Jahren veröffentlichte Jon Ronson ein Buch über seine Recherchen über das erste Erdbataillon und wir erfuhren, dass die US-Army in den Siebzigern und Achtzigern in diese Richtung forschte. Sie wollten bessere Soldaten werden und friedlichere Formen des Krieges finden. Nach dem 11. September wurden einige Ideen in die Praxis umsetzt. Einmal dürfen Sie raten, welche.
Jetzt inszenierte Grant Heslov eine durchgeknallte, starbesetzte Schwarze Komödie, die sich, trotz der von Drehbuchautor Peter Straughan für den Film erfundenen Geschichte, erstaunlich genau an Ronsons Buch hält. Straughan (er schrieb auch das Drehbuch zur neuen John-le-Carré-Verfilmung „Tinker, Tailer, Soldier, Spy“) übernahm viele Szenen wortgenau und hielt sich an Jon Ronsons gewöhnungsbedürftige Struktur. Ronson erzählt die Geschichte der Psychosoldaten als eine Abfolge von Interviews, die in der Chronologie hin und herspringen. Dabei ist es schwer, auch weil Ronson vor allem den naiven, Fragen stellenden Journalisten spielt, den Wahrheitsgehalt der einzelnen Aussagen zu überprüfen. Beim Lesen ergibt sich jedenfalls nur langsam ein halbwegs vollständiges Bild von den Experimenten des Militärs. Am Ende seines Buches erzählt Ronson von der dunklen Seite der Psychoexperimente. Denn während die Psychosoldaten mit Musik für eine friedliche Stimmung sorgen wollten, wurde im Krieg gegen den Terror Musik als Folterinstrument eingesetzt.
Diese Struktur von aktueller Recherche, die mit Rückblenden illustriert wird, funktioniert im Film wesentlich besser als im Buch. Und die neu erfundene Geschichte (ein Journalist begleitet einen ehemaligen Psychosoldaten, der seine reaktivierte Einheit sucht) zeigt ebenfalls die Aktualität der Ideen von Oberstleutnant i. R. Jim Channon, dem Initiator des First Earth Battalion. Channon suchte nach dem Vietnam-Krieg nach neuen Wegen der Kriegsführung. Er fragte sich, inwiefern man die Ideen der verschiedenen in Kalifornien existierenden Esoterik-Zirkel und das Gedankengut der Hippies für die Armee nutzen könne. Er suchte nach Möglichkeiten, wie Soldaten ihr Potential besser nutzen können und wie man Kriege anders führen könnte. Diese von ihm im „Handbuch des Ersten Erdbataillons“ niedergelegten Gedanken zirkulierten dann im Militär, fanden Anhänger und wurden weitergedacht.
Außerdem folgt der Film den beiden im Buch angelegten emotionalen Reisen. Die eine ist die der Psychosoldaten von den überbordenden Hoffnungen am Anfang hin zur Enttäuschung über die sinnentstellende Verwendung ihrer Ideen – und ihrem Versuch im Irak eine positive Stimmung zu verbreiten. Die andere ist die des Journalisten vom Skeptiker, der die Psychosoldaten für Spinner hält hin zu einer positiveren Einstellung ihnen gegenüber. Im Film ergreift der Journalist am Ende sogar Partei für die Psychosoldaten und in der letzten Filmminute, nachdem er seine Reportage über die „Männer, die auf Ziegen starren“ geschrieben hat, läuft er durch die Wand. Es ist, immerhin ist es ein Film, vor allem ein Aufruf auch das Undenkbare zu denken und zu probieren. In seinem Audiokommentar betont Jon Ronson, dass er immer ein Skeptiker geblieben sei – und auch der Film gibt dieser Skepsis reichlich Nahrung.
Ein Film über die wahren Jedi-Krieger
Kleinstadtjournalist Bob Wilton (Ewan McGregor) wurde gerade von seiner Freundin verlassen. Jetzt sitzt er in Kuwait City und wartet auf die große Story vom Kampf der amerikanischen Soldaten gegen die bösen Iraker. Aber die Topjournalisten meiden ihn und er ist hier nicht näher an der großen Story als in Ann Arbor, Michigan. Eines Abends sieht er Lyn Cassady (George Clooney). Von ihm hat er, als er eine Reportage für die “Vermischtes“-Seiten schrieb, schon einmal gehört: Cassady soll ein begnadeter Psychokrieger sein, der mit der Kraft seiner Gedanken Ziegen töten kann. Wilton hielt die Geschichte damals für offensichtlichen Unfug. Aber jetzt könnte es eine Story sein.
Nachdem Cassady sich von der Vertrauenswürdigkeit des Journalisten überzeugte (eine Zeichnung spielt dabei eine wichtige Rolle), nimmt er ihn mit in den Irak. Denn Cassady ist reaktiviert und auf dem Weg zu seiner Einheit.
Diese Suche nach Cassadys wiederbelebter Einheit ist eine Folge absurder Abenteuer, die von Cassadys Erinnerungen unterbrochen wird. Er erzählt Wilton, wie Bill Django (Jeff Bridges) in jeder Hippie-Kommune und jedem Esoteriker-Treffen in Kalifornien in den Siebzigern Feldstudien betrieb, die New Earth Army gründete, sie ausbildete und Cassady eine Ziege totstarrte.
Das ist pointiert erzählt, zeigt einiges vom Wahnsinn militärischen Denkens und schon von der Grundidee, obwohl sie und alle Rückblenden auf Tatsachen basieren, komisch. Denn allein die Bilder von Djangos Reise durch die kalifornischen Selbstverwirklichungsgruppen, die zu Hippie-Musik tanzenden Soldaten in Uniform oder die todernsten Vorträge von Bill Django, dem Initiator der New Earth Army, über die neue, friedliche Form des Kampfes und die ausdruckslosen Gesichter der ihm zuhörenden Soldaten, sind grandios. Ein weiterer Pluspunkt sind die Schauspieler, die erkennbar ihren Spaß haben und den gesamten Unfug absolut glaubhaft präsentieren.
Aber dennoch hat man immer den Eindruck, dass „Männer, die auf Ziegen starren“ unter seinen Möglichkeiten bleibt. Vielleicht liegt es an dem assoziativen Plot, vielleicht an der mangelnden satirischen Schärfe, vielleicht an der unentschiedenen Haltung zwischen Spaß mit und Spaß über die Soldaten, vielleicht an dem fantastischen und unbefriedigendem Ende im Irak oder dem etwas banalen Aufruf am Filmende, dass wir jetzt mehr Jedi-Krieger (wie sich die Psychosoldaten selbst nennen) brauchen.
Dabei, und in diesem Punkt haben die Macher absolut recht, braucht die Gesellschaft Menschen, die auch außerhalb der gewohnten Konventionen denken und neues probieren. Auch wenn sie, wie Generalmajor Albert Stubblebine III (in der Realität) oder Dean Hopgood (im Film) beim Durch-die-Wand-Gehen immer wieder scheitern und die Erlebnisse von Wilton und Cassady im Irak mehr als einmal Zweifel an Cassadys paranormalen Fähigkeiten wecken. Immerhin versuchen sie es.
Außerdem ist allein der konsternierte Blick von Ewan McGregor auf die todernste Eröffnung von George Clooney, er sei ein Jedi-Krieger, das Ansehen wert. McGregor sieht ihn an, als habe er als einziger Mensch im Universum noch nie etwas vom „Krieg der Sterne“ gehört. Im Trailer ist diese Szene gar nicht so witzig.
Das Bonusmaterial
Das Bonusmaterial für die DVD ist auf den ersten Blick mit geschnittenen Szenen, B-Roll, zwei Hintergrundberichten und zwei Audiokommentaren sehr umfangreich ausgefallen. Aber beim Ansehen bleibt dann, wie bei dem Film, das Gefühl zurück, dass mehr möglich gewesen wäre. Die geschnittenen Szenen sind erfreulich kurz ausgefallen. Hier haben die Macher wirklich das gefilmt, was dann auch in den Film kam. Die B-Roll ist, nun ja, die B-Roll. Die beiden Hintergrundberichte sind viel zu kurz. Das siebenminütige Making-of beschränkt sich hauptsächlich auf Lobhuddeleien. Das zwölfminütige Featurette über die wahren Hintergründe von „Männer, die auf Ziegen starren“ ist informativ, aber man hätte den wahren Psychosoldaten Lieutenant Colonel i. R. Jim Channon (dem Gründer des Ersten Erdbataillons), Colonel i. R. Dr. John Alexander (der Channons Ideen benutzte, um über den Einsatz nicht-tödlicher Waffen nachzudenken), Major i. R. Ed Dames und Sergeant First Class i. R. Glenn Wheaton gerne länger zugehört und genauer erfahren, wie deren Traum von einem friedlichen Militär (was ein Widerspruch in sich ist) in der Entwicklung von nicht-tödlichen Waffen, die teilweise nicht harmloser als tödliche Waffen sind, und neuen Foltermethoden endete.
In Teilen befriedigt der Audiokommentar von Jon Ronson dieses Bedürfnis. Er erzählt ausführlich aus welchen realen Vorbildern die Filmcharaktere zusammengefügt wurden, was von seinem Buch teilweise wortwörtlich übernommen wurde und von seinen Recherchen, wozu auch viele Informationen gehören, die er nicht in seinem Buch verarbeitete.
Der Audiokommentar von Regisseur Grant Heslov erschöpft sich dagegen weitgehend in einer letztendlich langweiligen Aufzählung der verschiedenen Drehorte, der dort herrschenden Temperaturen (Hinweis: Auch wenn Sie in die Wüste fahren, brauchen Sie unter Umständen Winterkleidung.) und der benutzten visuellen Effekte.
Männer, die auf Ziegen starren (The men who stare at goats, USA 2009)
Regie: Grant Heslov
Drehbuch: Peter Straughan
mit George Clooney, Ewan McGregor, Jeff Bridges, Kevin Spacey, Stephen Lang, Robert Patrick, Waleed Zuaiter, Stephen Root, Glenn Morshower
–
DVD
Kinowelt
Bild: 2,35:1 (anamorph)
Ton: Deutsch, Englisch (5.1 DD)
Untertitel: Deutsch
Bonusmaterial: Audiokommentar von Grant Heslov, Audiokommentar von Jon Ronson, Geschnittene Szenen, Goats Declassified: Die wahren Männer des 1. Bataillons (Featurette), Projekt „Hollywood“: Ein Geheimbericht vom Set (Featurette), B-Roll, Trailer (deutsch, englisch), Bildergalerie, interactivevideo™ (exklusiver Zugang zur Online-Lounge), Wendecover
Nach „Knight and Day“, der diesjährigen Variante von „Ein Vogel auf dem Drahtseil“ für die ältere Generation, gibt es mit „Kiss & Kill“ die „Ein Vogel auf dem Drahtseil“-Variante für die jüngere Generation. Für uns alte Säcke bleibt immerhin noch Tom Selleck als Papa.
Die Kritiker (eher Mitglieder der älteren Generation) schlachteten den Film: bei Rotten Tomatoes gibt es elf Prozent; bei dem normalerweise für meinen Geschmack zu positiv gewichtenden Metacritic gibt es einundzwanzig Prozent.
Mit Ashton Kutcher, Katherine Heigl, Tom Selleck, Katherine O’Hara
Drehbuch: Eun-kyo Park, Bong Joon-ho, Wun-kyo Park
„Mother“ (ein wunderschöner deutscher Titel) ist der neue Film von Bong Joon-ho, dem Regisseur des erfolgreichen Amphibien-Horrorfilms „The Host“ (toller deutscher Titel) und des Krimis „Memories of Murder“ (unglaublich poetischer deutscher Titel).
Es geht um eine Mutter, die nicht glaubt, dass ihr geistig behinderter Sohn ein Mädchen umbrachte. Sie sucht den Mörder.
Die Kritiker lieben den düsteren Thriller mit Slapstick-Elementen. In Berlin läuft er in drei Kinos.