TV-Tipp für den 19. Oktober: Neues aus der Anstalt

Oktober 19, 2010

ZDF, 22.15

Neues aus der Anstalt

Ein Bettenwechsel wird vollzogen. Georg Schramm will raus, Erwin Pelzig will rein, Helmut Schleich, Andreas Rebers und Jürgen Becker wollen nur schnell „Hallöchen“ sagen und wir dürfen darauf spekulieren, wer den ersten „Stuttgart 21“-Witz macht.

Hinweise

ZDF über „Neues aus der Anstalt“ (mit der Möglichkeit, in der Mediathek alte Folgen anzusehen)

Meine Besprechung von Georg Schramms „Lassen Sie es mich so sagen“


DVD-Kritik: „Der Ghostwriter“ – Roman Polanski ist zurück

Oktober 18, 2010

Ewan McGregor spielt, nach „Männer, die auf Ziegen starren“, wieder einen Schreiber. Und wieder stolpert er in eine Geschichte hinein, die er die meiste Zeit nur ungläubig staunend erlebt – und bei der Ähnlichkeiten mit der Wirklichkeit beabsichtigt sind. In der Komödie „Männer, die auf Ziegen starren“ war es die wahre Geschichte der us-amerikanischen Psycho-Soldaten und wie deren Ideen im „war on terror“ pervertiert wurden. In „Der Ghostwriter“ geht es ebenfalls um den „war on terror“ und um Tony Blair. Auch wenn Autor Robert Harris und Regisseur Roman Polanski im Bonusmaterial der DVD betonen, dass ihr britischer Premierminister Adam Lang nicht Tony Blair sei. Aber schon optisch erinnert Pierce Brosnan an Tony Blair. Und gute Polit-Thriller, wie „Der Ghostwriter“, verzerren die Wirklichkeit zur Kenntlichkeit, zeigen, was in den Hinterzimmern der Macht geschieht und regen zum Denken an.

Daher ist Roman Polanskis fulimanter Polit-Thriller „Der Ghostwriter“ viel mehr als ein billiges Blair-Bashing. In dem Film wird Adam Lang, wie Tony Blair, vorgeworfen, den Kampf der USA gegen den internationalen Terrorismus nach dem 11. September 2001 zu bedingungslos unterstützt und sich so auch wissentlich an Kriegsverbrechen beteiligt zu haben.

Neben der fast schon tagespolitisch aktuellen Filmgeschichte waren auf der Berlinale auch die persönlichen Probleme von Roman Polanski zwischen dem Dreh und der Premiere auf der diesjährigen Berlinale das Gesprächsthema Nummer 1. Aber schon jetzt interessiert das immer weniger.

(Daher eine kurze Zusammenfassung: Polanski stand in der Schweiz unter Hausarrest. Er sollte an die USA ausgeliefert werden, weil er 1977 eine Dreizehnjährige vergewaltigte. Er gestand damals die Tat und flüchtete nach Europa. Der Internationale Haftbefehl wurde dann sehr überraschend vollstreckt und die alte Geschichte wieder aufgewühlt. Dabei gab es auf der einen Seite von Künstlern viele Solidaritätserklärungen und auf der anderen Seite eine bigotte Aufregung, dass ein Kinderschänder für seine Taten bestraft werden müsse. Diese Aufregung wäre halbwegs nachvollziehbar, wenn Polanski sich in den vergangenen Jahrzehnten vor der Justiz versteckt hätte [tat er nicht] oder sein Privatleben einen wichtigen Bestandteil bei der Rezeption seiner Filme gespielt hätte [tat es nicht] oder er diesen Teil seines Lebens verschwiegen hätte [hatte er nicht; aus meiner Erinnerung erfuhr ich zuerst diese Geschichte und lernte danach seine Filme kennen]. Jedenfalls musst er den Endschnitt aus seinem Hausarrest machen und daher war es auch zunächst unklar, ob der Film fertig gestellt würde und und er zur Berlinale gezeigt werden könne.

Bei vielen Berlinale-Kritiken wurde dann auch ein Vergleich zwischen der Situation von Adam Lang und der von Roman Polanski, die sich in diesem Moment verdächtig glichen, gezogen und vermutet, dass Polanski deshalb „Der Ghostwriter“ drehen wollte. Das ist natürlich Unfug, weil Polanski bei den Vorbereitungen und dem Dreh nicht ahnen konnte, dass der Internationale Haftbefehl gegen ihn vollstreckt würde.

Soviel zur Historie und der Rezeption bei der Premiere.)

Schon mit etwas zeitlichem Abstand fällt auf, was für einen gelungenen Paranoia-Thriller Roman Polanski drehte und wie stark er an seine Meisterwerke, wie „Chinatown“ und „Der Mieter“, anknüpfte. Denn Polanski letzte Filme waren oft nicht unbedingt Filme, die man gesehen haben muss. Aber mit dem kammerspielartigem „Der Ghostwriter“ ist er wieder zurück.

Ewan McGregor spielt den namenlosen Ghostwriter, der nachdem sein Vorgänger im Meer ertrank, innerhalb weniger Wochen die Memoiren des ehemaligen britischen Premierministers Adam Lang schreiben soll. Der Ghostwriter hat keine Ahnung von Politik, aber viel Ahnung vom Schreiben verkäuflicher Biographien. Deshalb ist er der geeignete Mann, in Langs Haus auf der Insel Martha’s Vineyard zusammen mit Lang die Biographie zu schreiben. Die lange Reise verbringt er größtenteils schlafen (Aber im Gegensatz zu modernen Spielereien, in denen der Film dann den Traum des Helden erzählt, hält Polanski sich strikt an die Filmrealität. Polanski erzählt nämlich die Geschichte des politischen Erwachens des Ghostwriters.).

Auf der Insel darf der Ghostwriter das Manuskript nur in dem am Meer gelegenen Haus lesen. Als Lang als Kriegsverbrecher angeklagt wird, wittert der Ghostwriter einen guten Aufhänger für die Biographie. Außerdem beginnt er sich zu fragen, was sein Vorgänger in Langs Vergangenheit entdeckte, das zu seiner Ermordung führte. Und er fragt sich, ob er als nächster sterben soll.

Gleichzeitig fragt man sich, was für ein Bohei um Langs Memoiren gemacht wird. Das Manuskript darf nur in Langs Villa bearbeitet werden. Es wird immer in eine Schachtel gelegt, die im Schreibtisch eingesperrt wird, und es dürfen keine Kopien gemacht werden. Weil die meisten bekannten Politikermemoiren absolut harmlos sind und die Memoiren sowieso demnächst veröffentlicht werden sollen, ist das ein etwas seltsames Gebaren von Lang und seiner Vertrauten.

Es könnte also auch sein, dass der Ghostwriter nicht auf der Spur einer großen Verschwörung ist, wie J. J. Gittes in „Chinatown“, sondern sich langsam, wie Trelkovsky in „Der Mieter“, in eine ausgewachsene Paranoia und damit verbundene Wahnwelt hineinsteigert.

Diesen Zwiespalt löst Polanski erst in den letzten Minuten auf. Bis dahin liefert er perfektes, vielschichtiges Spannungskino, das von den Schauspielern, den Dialogen, dem gelungenen Spiel mit Andeutungen lebt.

Die DVD

Das Bonusmaterial ist zeitlich nicht so umfangreich, aber dafür sehr informativ und pointiert geschnitten. Laurent Bouzereau, der in den vergangenen Jahren zahlreiche Features für DVDs erstellte, stellte die richtigen Fragen. Dabei gewährt er Robert Harris, der die Vorlage und, zusammen mit Polanski, das Drehbuch schrieb, erfreulich viel Zeit, um über die Hintergründe zum Roman und seiner Zusammenarbeit mit Roman Polanski zu erzählen. Auch Roman Polanski und die Schauspieler liefern interessante Einblicke in den Dreh und die Geschichte des Films.

Allerdings sollte das Bonusmaterial erst nach dem Film angesehen werden. Denn fasst alle Interviewten äußern sich zum Ende des Films.

Der Ghostwriter (The Ghost Writer, Fr/D/GB 2010)

Regie: Roman Polanski

Drehbuch: Robert Harris, Roman Polanski

LV: Robert Harris: The Ghost, 2007 (Ghost, Der Ghostwriter)

mit Ewan McGregor, Pierce Brosnan, Olivia Williams (die eigentlich viel zu jung für ihre Rolle ist), Kim Cattrall, Tom Wilkinson, James Belushi, Timothy Hutton, Eli Wallach (die letzten drei haben nur Kleinstrollen)

DVD

Arthaus (Kinowelt)

Bild: 2,35:1 (anamorph)
Sprache: Deutsch, Englisch (5.1 DD), Deutsch (Stereo DD)
Untertitel: Deutsch

Bonusmaterial „Der Ghostwriter: Die Besetzung“, „Der Ghostwriter: Fiktion oder Realität?“, Interviews mit Ewan McGregor, Olivia Williams, Pierce Brosnan, Robert Harris und Roman Polanski; Fotogalerie; Trailer; Wendecover

Länge: 123 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Amerikanische Homepage zum Film

Film-Zeit über „Der Ghostwriter“

Tagesspiegel: Kurzes Interview mit Robert Harris zum Film (13. Februar 2010)

Die Welt: Interview mit Robert Harris zum Film (12. Februar 2010)

Krimi-Couch über Robert Harris

Wikipedia über Robert Harris (deutsch, englisch)

Drehbuch „The Ghostwriter“ (aka The Ghost“ von Robert Harris und Roman Polanski (nach dem Roman von Robert Harris)

Die Berlinale-Pressekonferenz zu „Der Ghostwriter“ (12. Februar 2010)


TV-Tipp für den 18. Oktober: Mr. Brooks – Der Mörder in dir

Oktober 17, 2010

ZDF, 22.15

Mr. Brooks – Der Mörder in dir (USA 2007, R.: Bruce A. Evans)

Drehbuch: Bruce A. Evans, Raynold Gideon

Mr. Brooks ist ein geachteter Unternehmer mit einem dunklen Geheimnis: er ist auch ein Serienkiller. Als er bei seiner letzten Tat von Mr. Smith beobachtet wird, erpresst dieser ihn. Er wird schweigen, wenn Mr. Brooks ihn in die Kunst des perfekten Mords einweiht. Und dann ist da noch eine hartnäckige Polizistin.

Köstlich-schwarzhumoriger Krimi, der etwas unter seinen vielen Subplots leidet, aber das Zusammenspiel von Kevin Costner (als Mr. Brooks) und William Hurt (als sein mordgieriges Alter Ego) macht das mehr als wett.

„Raffiniert konstruierter Neo-Noir-Thriller“ (Lexikon des internationalen Films)

Weil der Film „frei ab 18 Jahre“ (Keine Ahnung warum.) ist, dürfte eine gekürzte Fassung laufen.

mit Kevin Costner, Demi Moore, Dane Cook, William Hurt, Marg Helgenberger, Danielle Panabaker, Ruben Santiago-Hudson, Lindsay Crouse, Reiko Aylesworth

Hinweise

Drehbuch „Mr. Brooks“ von Bruce A. Evans und Raynold Gideon

Amerikanische Homepage zum Film

Film-Zeit über „Mr. Brooks“

„Mr. Brooks“ in der Kriminalakte (zum Kinostart)

Nachtrag (22. Oktober 2010): Schnittberichte dokumentiert die vom ZDF gemachten Schnitte (fast 3 Minuten).


Preisregen auf der Bouchercon 2010: Anthony Award, Shamus Award, Barry Award, Macavity Award

Oktober 17, 2010

Ohne große Vorrede: die Gewinner der verschiedenen dieses Jahr auf der Bouchercon verliehenen Krimipreise:

Die Anthony Awards

Best Novel

The Brutal Telling, von Louise Penny (Minotaur)

nominiert

The Last Child, von John Hart (Minotaur)

The Mystic Arts of Erasing All Signs of Death, von Charlie Huston (Ballantine Books)

The Girl Who Played with Fire, von Stieg Larsson (Quercus/Knopf)

The Shanghai Moon, von S.J. Rozan (Minotaur)

Best First Novel

A Bad Day for Sorry, von Sophie Littlefield (Minotaur)

nominiert

The Sweetness at the Bottom of the Pie, von Alan Bradley (Delacorte)

Starvation Lake, von Bryan Gruley (Touchstone)

The Ghosts of Belfast (aka The Twelve), von Stuart Neville (Soho Press/Harvill Secker)

In the Shadow of Gotham, von Stefanie Pintoff (Minotaur)

Best Paperback Original

Starvation Lake, von Bryan Gruley (Touchstone)

nominiert

Bury Me Deep, von Megan Abbott (Simon & Schuster)

Tower, von Ken Bruen und Reed Farrel Coleman (Busted Flush Press)

Quarry in the Middle, von Max Allan Collins (Hard Case Crime)

Death and the Lit Chick, von G.M. Malliet (Midnight Ink)

Air Time, von Hank Phillippi Ryan (Mira)

Best Short Story

“On the House” von Hank Phillippi Ryan (aus Quarry: Crime Stories von New England)

nominiert

“Last Fair Deal Gone Down” von Ace Atkins (aus Crossroad Blues; Busted Flush Press)

“Femme Sole” von Dana Cameron (aus Boston Noir, herausgegeben von Dennis Lehane; Akashic Books)

“Animal Rescue” von Dennis Lehane (Boston Noir)

“Amapola” von Luis Alberto Urrea (aus Phoenix Noir, herausgegeben von Patrick Millikin; Akashic Books)

Best Critical Non-fiction Work

Talking About Detective Fiction, von P.D. James (Bodleian Library/Knopf)

nominiert

The Line Up: The World’s Greatest Crime Writers Tell the Inside Story of Their Greatest Detectives, herausgegeben von Otto Penzler (Little, Brown)

Haunted Heart: The Life and Times of Stephen King, von Lisa Rogak (Thomas Dunne Books)

Dame Agatha’s Shorts: An Agatha Christie Short Story Companion, von Elena Santangelo (Bella Rosa Books)

The Talented Miss Highsmith: The Secret Life and Serious Art of Patricia Highsmith, von Joan Schenkar (St. Martin’s Press)

Die Shamus Awards, verliehen von den Private Eye Writers of America

Best Hardcover P.I. Novel

Locked In, von Marcia Muller (Grand Central)

nominiert

The Silent Hour, von Michael Koryta (Minotaur)

Where the Dead Lay, von David Levien (Doubleday)

Schemers, von Bill Pronzini (Forge)

My Soul to Take, von Yrsa Sigurdardottir (William Morrow)

Best First P.I. Novel

Faces of the Gone, von Brad Parks (Minotaur)

nominiert

Loser’s Town, von Daniel Depp (Simon & Schuster)

The Last Gig, von Norman Green (Minotaur)

The Good Son, von Russel D. McLean (Minotaur)

Chinatown Angel, von A.E. Roman (Minotaur)

Best Paperback Original P.I. Novel

Sinner’s Ball, von Ira Berkowitz (Three Rivers Press)

nominiert

Dark Side of the Morgue, von Raymond Benson (Leisure)

Red Blooded Murder, von Laura Caldwell (Mira)

Vengeance Road, von Rick Mofina (Mira)

Body Blows, von Marc Strange (Dundurn)

Best P.I. Short Story

“Julius Katz” von Dave Zeltserman (Ellery Queen Mystery Magazine, September/October 2009)

nominiert

“The Dark Island” von Brendan DuBois (aus Boston Noir, herausgegeben von Dennis Lehane; Akashic)

“Deadline Edition” von S.L. Franklin (Alfred Hitchcock Mystery Magazine, April 2009)

“Blazin’ on Broadway” von Gary Phillips (aus Phoenix Noir, herausgegeben von Patrick Millikin; Akashic)

“Suicide Bonds,” von Tim L. Williams (Ellery Queen Mystery Magazine, March/April 2009)

Lifetime Achievement Award

Robert Crais

Die Barry Awards

Best Novel

The Last Child, von John Hart (Minotaur)

nominiert

The Gates, von John Connolly (Atria)

The Hidden Man, von David Ellis (Putnam)

Spade & Archer, von Joe Gores (Knopf)

Locked In, von Marcia Muller (Grand Central)

Shanghai Moon, von S.J. Rozan (Minotaur)

Best First Novel

The Sweetness at the Bottom of the Pie, von Alan Bradley (Delacorte)

nominiert

Beat the Reaper, von Josh Bazell (Little, Brown)

A Trace of Smoke, von Rebecca Cantrell (Forge)

A Bad Day for Sorry, von Sophie Littlefield (Minotaur)

Black Water Rising, von Attica Locke (Harper)

The Ghosts of Belfast, von Stuart Neville (Soho Crime)

Best British Novel

If the Dead Rise Not, von Philip Kerr (Quercus)

nominiert

Awakening, von S. J. Bolton (Bantam Press)

The Lovers, von John Connolly (Hodder & Stoughton)

Midnight Fugue, von Reginald Hill (HarperCollins)

Still Midnight, von Denise Mina (Orion)

The Ignorance of Blood, von Robert Wilson (HarperCollins)

Best Paperback Original

Starvation Lake, von Bryan Gruley (Touchstone)

nominiert

Bury Me Deep, von Megan Abbott (Simon & Schuster)

Quarry in the Middle, von Max Allan Collins (Hard Case Crime)

The Weight of Silence, von Heather Gutenkauf (Mira)

Fatal Lies, von Frank Tallis (Mortalis)

The Herring-Seller’s Apprentice, von L.C. Tyler (Felony & Mayhem)

Best Thriller

Running from the Devil, von Jamie Freveletti (Morrow)

nominiert

No Survivors, von Tom Cain (Viking)

The Gray Man, von Mark Greaney (Jove)

Columbus, von Derek Haas (Pegasus)

House Secrets, von Mike Lawson (Atlantic Monthly)

Walking Dead, von Greg Rucka (Bantam)

Mystery/Crime Novel of the Decade

The Girl with the Dragon Tattoo, von Stieg Larsson (Knopf)

nominiert

The Guards, von Ken Bruen (Minotaur)

The Lincoln Lawyer, von Michael Connelly (Little, Brown)

Mystic River, von Dennis Lehane (Morrow)

Still Life, von Louise Penny (Minotaur)

The Shadow of the Wind, von Carlos Ruiz Zafón (Penguin Press)

Best Short Story

“The High House Writer” von Brendan DuBois (AHMM, July-August 2009)

nominiert

“My Mother’s Keeper” von Barbara Callahan (Ellery Queen Mystery Magazine [EQMM], June 2009)

“Erin’s Journal” von David Dean (EQMM, December 2009)

“Real Men Die” von John H. Dirckx (Alfred Hitchcock Mystery Magazine [AHMM], September 2009)

“A Hollywood Ending” von Melodie Johnson Howe (EQMM, July 2009)

“Hard Blows” von Morley Swingle (from The Prosecution Rests: New Stories About Courtrooms, Criminals, and the Law, herausgegeben von Linda Fairstein; Little, Brown)

Don Sandstrom Award for Literary Achievement in Mystery Fandom

Len & June Moffatt

Captain Bob Napier

Die Macavity Awards

Best Mystery Novel

Tower, von Ken Bruen and Reed Farrel Coleman (Busted Flush Press)

nominiert

Bury Me Deep, von Megan Abbott (Simon & Schuster)

Necessary as Blood, von Deborah Crombie (William Morrow)

Nemesis, von Jo Nesbø (HarperCollins)

The Brutal Telling, von Louise Penny (Minotaur)

The Shanghai Moon, von S.J. Rozan (Minotaur)

Best First Mystery Novel

The Sweetness at the Bottom of the Pie, von Alan Bradley (Delacorte)

nominiert

Running from the Devil, von Jamie Freveletti (William Morrow)

A Bad Day for Sorry, von Sophie Littlefield (Minotaur)

The Ghosts of Belfast, von Stuart Neville (Soho Crime)

A Beautiful Place to Die, von Malla Nunn (Picador)

Best Mystery Non-Fiction

Talking About Detective Fiction, von P.D. James (Alfred A. Knopf)

nominiert

L.A. Noir: The Struggle for the Soul of America’s Most Seductive City, von John Buntin (Random House: Harmony Books)

Rogue Males: Conversations & Confrontations About the Writing Life, von Craig McDonald (Bleak House Books)

The Line Up: The World’s Greatest Crime Writers Tell the Inside Story of Their Greatest Detectives, herausgegeben von Otto Penzler (Little, Brown & Company)

Provenance: How a Con Man and a Forger Rewrote the History of Modern Art, von Laney Salisbury and Aly Sujo (Penguin Press)

Dame Agatha’s Shorts: An Agatha Christie Short Story Companion, von Elena Santangelo (Bella Rosa Books)

Best Mystery Short Story

“On the House” von Hank Phillippi Ryan in Quarry: Crime Stories von New England Writers (Level Best Books)

nominiert

“Last Fair Deal Gone Down” von Ace Atkins in Crossroad Blues (Busted Flush Press)

“Femme Sole” von Dana Cameron in Boston Noir (Akashic Books)

“Digby, Attorney at Law” von Jim Fusilli (AHMM, May 2009)

“Your Turn” von Carolyn Hart in Two of the Deadliest (Harper)

“The Desert Here and the Desert Far Away” von Marcus Sakey in Thriller 2: Stories You Just Can’t Put Down (Mira)

“Amapola” von Luis Alberto Urrea in Phoenix Noir (Akashic Books)

Sue Feder Historical Mystery

A Trace of Smoke, von Rebecca Cantrell (Forge)

nominiert

In the Shadow of Gotham, von Stefanie Pintoff (Minotaur)

A Duty to the Dead, von Charles Todd (William Morrow)

Serpent in the Thorns, von Jeri Westerson (Minotaur)

Among the Mad, von Jacqueline Winspear (Henry Holt)

Herzlichen Glückwunsch an alle Gewinner!

Einige Bücher sind schon übersetzt (Ich bin jetzt zu faul, die deutschen Titel herauszusuchen), einige werden noch übersetzt und einige liegen auf meinem Zu-Lesen-Stapel (und werden dann auch gebührend besprochen).

(via The Rap Sheet)


TV-Tipp für den 17. Oktober: In der Glut des Südens

Oktober 17, 2010

SWR, 23.35

In der Glut des Südens (USA 1978, R.: Terrence Malick)

Drehbuch: Terrence Malick

USA 1916: Nach einem tödlichen Streit in einer Fabrik fliehen Bill und seine Freundin Abby aus Chicago in den Süden. Dort verliebt sich der reiche, todkranke Farmbesitzer in Abby und Bill wittert das Geschäft seines Lebens.

Selten gezeigtes, beeindruckend gefilmtes Südstaatendrama von Terrence Malick, der bereits mit seinem Debüt „Badlands“ einen Klassiker schuf und nach „In der Glut des Südens“ sich zwanzig Jahre aus Hollywood zurückzog. Mit dem poetischen Kriegsfilm „The Thin Red Line“ (ein starbesetztes Stück Kino, das man entweder liebt oder todsterbenslangweilig findet) kehrte er 1998 zurück.

Kameramann Nestor Almendros erhielt für seine Bilder einen Oscar.

Ennio Morricone schrieb die Musik.

mit Richard Gere, Brooke Adams, Sam Shepard, Linda Manz, Stuart Margolin

Wiederholung: Montag, 18. Oktober, 02.05 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Wikipedia über „In der Glut des Südens“ (deutsch, englisch) und über Terrence Malick (deutsch, englisch)

Slant Magazine: Nick Schager über „Days of Heaven“ („greatest film ever made“, 22. Oktober 2007)


Ein bisschen Serienmord – oder „Schnittstellen“ in der „Killer/Culture“

Oktober 16, 2010

Schon der Titel „Killer/Culture“ des von Stefan Höltgen und Michael Wetzel herausgegebenen Sammelbandes über eine wissenschaftliche Tagung zum „Serienmord in der populären Kultur“ regt zum Nachdenken an. Dass in einer Tagung, vor allem wenn es eine eintägige Kurztagung mit fünf Wissenschaftlern und einem Künstler ist, und einem darauf basierendem Buch mit dreizehn Aufsätzen nur einige Punkte des Forschungsfeldes angerissen werden, dürfte jedem intuitiv einleuchten.

Daher ist „Killer/Culture“ als erste deutschsprachige, wissenschaftliche Bestandsaufnahme, trotz aller Kritik, eine gewinnbringende Lektüre. Dass die meisten Aufsätze sich mit dem Film beschäftigen ist, angesichts der Bedeutung von Filmen in der populären Kultur und der weltweiten Verständlichkeit (vor allem wenn die Filme synchronisiert werden), nachvollziehbar. Auch der von den überwiegend jungen Autoren gewählte Fokus auf aktuelle Entwicklungen und Werke ist aus dem gleichen Grund nachvollziehbar. Darunter leidet allerdings die historische Betrachtung von frühen Serienmörderfilmen (wie „The Lodger“/“Der Mieter“ und „M – Eine Stadt sucht den Mörder“), Liedern und Romanen. Ebenso wird nicht auf die schon immer vorhandene Popularität von Verbrechern und Serienmördern in der amerikanischen Popkultur eingegangen, die einen Erklärungsansatz für den Erfolg der Gangstersaga „The Sopranos“ (ein Mafiosi als Held), der Polizeiserie „The Shield“ (ein korrupter Cop als Held) und der Polizeiserie „Dexter“ (ein Serienmörder als Held; – und keiner dieser Helden hat, weil er seine Gemeinschaft beschützt, ein übermäßig schlechtes Gewissen) bietet. Denn diese Serien waren und sind in den USA Hits und hier Flops. Der Unterschied in den Sehgewohnheiten zwischen Amerika (und auch England) und Deutschland wäre deshalb eine eigene Betrachtung wert.

Hendrik Seither konzentriert sich in seinem Aufsatz über „Dexter“ auf den Aspekt der Wiederholung in der Serie und der Ritualisierung bei einem Serienmörder. Das ist wissenschaftlich in Ordnung, ignoriert aber die Produktionsbedingungen von TV-Serien, deren Kennzeichen ist, dass sie jede Woche das gleiche, aber anders liefern, und dass in einer TV-Serie innerhalb der ersten Minuten alle wichtigen Elemente für die kommenden Folgen etabliert werden. Das gilt für jede Serie.

Joachim Linder analysiert die beiden Romane „Tannöd“ und „Kalteis“ von Andrea Maria Schenkel und kommt zu dem zutreffendem Ergebnis: „Im Grunde lassen die beiden Texte alles beim Alten. Die Risikobereitschaft, die sich in der erzählerischen Präsentation auf genreuntypische Weise andeutet, findet in den Deutungsperspektiven keine Entsprechung. Darin mag man den Hauptgrund für den Erfolg sehen.“

Ivo Ritzer bespricht einige Songs über Serienmörder, Stefan Höltgen skizziert knapp und informativ das Verhältnis von Serienmördern und Videospielen von 1983 bis heute und Stephan Harbort bietet eine Kurzfassung seiner in zahlreichen Sachbüchern publizierten Arbeit über die wahren Serienmörder.

Die anderen Aufsätze befassen sich, teils in einzelnen Filmanalysen oder Überblicksartikeln, mit verschiedenen Aspekten des Phänomens Serienmörder in Spielfilmen. Es gibt Analysen von „Peeping Tom“ und „Se7en“. Michaela Wünsch thematisiert in ihrem aufgrund des überbordenden wissenschaftlichen Jargons sehr schwer zu lesendem Aufsatz anhand der „Halloween“-Filme den Serienmörder als Herrensignifikant und wendet die whiteness-Forschung auf die Filmanalyse an.

Christian Hoffstadt bleibt mit seinem „Zum Tod lachen“ eher im anekdotischen stecken, weil er sich zu sehr auf neue Filme zum Thema, wie „Scream“ und „Mann beißt Hund“, konzentriert, und auf Klassiker, wie „Arsen und Spitzenhäubchen“ (die beiden alten Damen haben ein beeindruckendes Sündenregister), verzichtet.

Oliver Nöding zeigt anhand einiger 80-er Jahre Actionfilme, wie sich in dem Genre in diesem Jahrzehnt ein tiefgreifender Wandel vollzog. Denn die neuen Serienmörderfilme haben nichts mit den alten Action-Filmen und den Macho-Helden zu tun: „Es wird recht deutlich sichtbar, dass der ‚Siegeszug‘ des Serienmörderfilms und der Niedergang des Actionfilms Hand in Hand gingen. (…) Der Actionfilm der 1980er zelebrierte ein Kino der Körperlichkeit: Doch im Konflikt mit dem Serienmörder musste diese Körperlichkeit letztlich vor dem Geist kapitulieren.“

Marcus Stiglegger nimmt diesen Faden auf, indem er sich dem Serienmörder als dunklem, amoralischem Souverän im zeitgenössischen Thriller (mehr) und Horrorfilm (viel weniger) widmet und mit „Untraceable“ im World Wide Web landet. In der zweiten Hälfte seines Aufsatzes widmet er sich Col. Kurtz und „Apocalypse Now“, der schon 1979 die Zuschauer verführte.

Roland Seim verknüpft in seiner Analyse der „The Texas Chainsaw Massacre“-Horrorfilmen und ihrer Wirkung auf das Genre mit der deutschen Zensurgeschichte, die derzeit ihren traurig-absurden Höhepunkt erlebt. Denn weil Tobe Hoopers „The Texas Chainsaw Massacre“ in Deutschland verboten ist, gibt es derzeit keine Möglichkeit, ihn legal ungekürzt zu veröffentlichen. Dass das eine unbefangene Diskussion über den Film erschwert, muss wahrscheinlich nicht besonders erwähnt werden.

Insgesamt werden alle, die sich schon länger für Serienmörder in der populären Kultur interessieren, in dem umfangreichen Buch (die Seitenzahl täuscht) wenig neues erfahren, aber einige Anregungen zum Nachdenken finden. Einsteiger dürften in „Killer/Culture“, vor allem bei den Einzelanalysen, teilweise Probleme mit dem für einen Tagungsband unvermeidlichen wissenschaftlichen Duktus (ich sage nur „Herrensignifikanten“) haben. Für die deutschsprachige Wissenschaft ist „Killer/Culture“ allerdings ein sehr guter Aufschlag, der nach einigen weiteren Studien verlangt.

Mit „Schnittstellen – Serienmord im Film“ (Schüren) hat Stefan Höltgen, einer der beiden Herausgeber von „Killer/Culture“, bereits eine erste Lücke geschlossen. Es ist die fein illustrierte, überarbeitete Buchausgabe seiner Dissertation, die anhand 37 ausgewählter Filme zeigt, wie sich das Bild des Serienmörders im Film von 1924 („Das Wachsfigurenkabinett“) bis 2004 („The last horror movie“) veränderte. Bei den vorgestellten Filmen rekonstruiert Höltgen auch immer die damaligen und, wenn nötig, späteren Diskurse und Verbotsbeschlüsse zu den einzelnen Filmen. So entsteht auch eine kleine Kultur- und Sittengeschichte des Films, in der einige zeitgenössische Bewertungen aus heutiger Sicht verwundern und einige Vorwürfe wurden immer wieder gegen Serienmörderfilme erhoben.

Stefan Höltgen/Michael Wetzel (Hrsg.): Killer/Culture – Serienmord in der populären Kultur

(Medien/Kultur 1)

Bertz + Fischer, 2010

160 Seiten

19,90 Euro

enthält

Michael Wetzel: M. O. R. D. – Die unberechenbare Größe

Joachim Linder: Männer, die morden – Zu zwei Romanen von Andrea Maria Schenkel

Manfred Riepe: Wenn Blicke töten – Anmerkungen zu Michael Powells ‚Peeping Tom‘

Michaela Wünsch: Sehen – Toten – Ordnen – Der Serienkiller in der Funktion des Herrensignifikanten

Marcus Stiglegger: Der dunkle Souverän – Zur Faszination des allmächtigen Serial Killers im zeitgenössischen Thriller und Horrorfilm

Stephan Harbort: Wie entkommt man einem Serienmörder?

Hendrik Seither: Die Serialität des Tötens – Zur Homologie zwischen Serienmord und Fernsehserie am Beispiel ‚Dexter‘

Ivo Ritzer: Hip to Be Square – Serienmörder in der Pop-Musik

Arno Meteling: Eine Poetik der Liste – Serienmord und Apokalypse in David Finchers ‚Se7en‘

Oliver Nödling: Krankheit und Heilmittel – Die Serienmörder im Actionfilm der 1980er Jahre

Christian Hoffstadt: Zum Tod lachen?

Roland Seim: Schnitt-Stellen – Die Zensurgeschichte des Serienmörderfilms in Deutschland am Beispiel von ‚The Texas Chainsaw Massacre‘

Stefan Höltgen: Killer-Spiele – Serienmord und Serienmörder im Videospiel

Stefan Höltgen: Schnittstellen – Serienmord im Film

Schüren, 2010

420 Seiten

29,90 Euro

Hinweise

Bertz + Fischer über „Killer/Culture“

Schüren über „Schnittstellen

Homepage/Blog von Michael Wetzel

Homepage/Blog von Stefan Höltgen

Blog „F-lm“ von Stefan Höltgen und anderen


TV-Tipp für den 16. Oktober: James Bond – Moonraker

Oktober 16, 2010

Kabel 1, 20.15

JAMES BOND: Moonraker – Streng geheim (GB 1979, R.: Lewis Gilbert)

Drehbuch: Christopher Wood

LV: Ian Fleming: Moonraker, 1955 (Mondblitz)

Buch zum Film: Christopher Wood: James Bond and Moonraker, 1979 (Moonraker – Streng geheim)

Der stinkreiche Hugo Drax hält wenig von seinen Mitmenschen. Deshalb will er sie umbringen und mit einigen Auserwählten einen neuen Start machen. James Bond macht ihm einen Strich durch die Rechnung.

Natürlich hat der Film mit dem Buch eigentlich nichts mehr gemeinsam und das Ende – im Orbit – ist – auch heute – reinste Zukunftsmusik. Aber die bekannten Bond-Elemente wurden locker-flockig über den Globus verteilt. Das Ergebnis ist eine vergnügliche Mischung aus Action, leichtbekleideten Frauen, Witzen und einem glänzend aufgelegten Roger Moore. „Moonraker“ ist einer der guten Moore-Bonds.

Mit Roger Moore, Lois Chiles, Michael Lonsdale, Richard Kiel, Corinne Clery

Wiederholung: Sonntag, 17. Oktober, 17.55 Uhr

Hinweis

Meine Besprechung von Sebastian Faulks’ James-Bond-Roman „Der Tod ist nur der Anfang“ (Devil may care, 2008)


Parnell Hall will King of Kindle werden

Oktober 15, 2010

Krimiautor Parnell Hall hat ein neues Musikvideo veröffentlicht:

Viel Spaß beim Erraten der auftretenden Krimiautoren und der Bildzitate.


TV-Tipp für den 15. Oktober: Vom Ende der Eiszeit

Oktober 15, 2010

Arte, 20.15

Vom Ende der Eiszeit (D 2006, R.: Friedemann Fromm)

Drehbuch: Christian Jeltsch

LV: Horst Bieber: Schnee im Dezember, 1990

Nach zwölf Jahren wird die Leiche von Lena Jörnings Schwester gefunden. Zwei Großstadtpolizisten beginnen in der Provinz zu ermitteln.

Schön, dass ein Buch von Horst Bieber verfilmt wird. Nicht schön, dass bereits im Pressematerial steht „nach Motiven von“ und dass in den meisten Ankündigungen Biebers Roman verschwiegen wird.

Aber das ist nach der Inhaltsangabe auch nicht weiter wild. Denn Biebers Buch erzählt eine ganz andere Geschichte. Christian Jeltsch meint im Presseheft dazu: „Die frostige Atmosphäre in dem Roman hatte mich sofort angesprochen. Weniger dagegen die Story, die ich völlig neu gestaltet habe, wie auch den Titel. Und aus einer Nebenfigur bei Bieber habe ich meine Hauptfigur, die Polizistin Lena Jörning, entwickelt.“

Hm, und warum wird dann ein Buch als Vorlage genommen, wenn doch alles verändert wird?

Der Film selbst ist gut, aber halt keine Romanverfilmung.

Mit Veronica Ferres, August Schmölzer, Detlev Buck, Martin Feifel

Hinweise

Pressemappe zu „Vom Ende der Eiszeit“

Meine Besprechung von Horst Biebers „Sein letzter Tresor“

Meine Besprechung von Horst Biebers „Anna verschwindet“


Kurzkritik: James Sallis „Dunkle Vergeltung“

Oktober 14, 2010

„Dunkle Vergeltung“, der zweite Turner-Roman von James Sallis, beginnt wie ein gewöhnlicher Krimi. Nachdem Turner, der inzwischen in dem ruhigen, in der Nähe von Memphis gelegenem Kaff, in dem er schon in „Dunkle Schuld“ als zurückgezogener Eremit lebte, als Sheriff arbeitet, von einem Gefangenentransport zurückkehrt, erfährt er, dass sein Kollege Don Lee einen betrunkenen Autofahrer verhaftet hat. Im Kofferraum seines Mustangs entdecken sie eine Sporttasche mit zweihunderttausend Dollar. Kurz darauf wird der Gefangene befreit, Don Lee dabei schwer verletzt und Turner, der glaubt, dass der Flüchtling ein Geldkurier für die Mafia ist, macht sich auf den Weg nach Memphis.

Diesen Krimiplot entkernt James Sallis in „Dunkle Vergeltung“ immer mehr. Dagegen rücken, noch mehr als im ersten Turner-Roman, der Ich-Erzähler Turner, seine Freunde und das Leben im ländlichen Amerika in den Mittelpunkt. Im dritten und letzten Turner-Roman „Salt River“ wird der Krimiplot noch unwichtiger. Dafür gibt es noch tiefere Einblicke in Turners pessimistische Weltsicht.

Ein feiner Roman für alle, die Kriminalroman nicht mit Detektivgeschichte übersetzen.

James Sallis: Dunkle Vergeltung

(übersetzt von Kathrin Bielfeldt und Jürgen Bürger)

Heyne, 2010

240 Seiten

8,95 Euro

Originalausgabe

Cripple Creek

Walker Publishing Company, 2006

Hinweise

Homepage von James Sallis

Thrilling Detective über Turner

Eindrücke vom Berlin-Besuch von James Sallis

Meine ‘Besprechung’ von James Sallis’ „Deine Augen hat der Tod“ (Death will have your eyes, 1997)

Meine Besprechung von James Sallis’ „Driver“ (Drive, 2005)

Meine Besprechung von James Sallis‘ „Dunkle Schuld“ (Cypress Groove, 2003)


TV-Tipp für den 14. Oktober: Jesse Stone: Alte Wunden

Oktober 14, 2010

ZDF, 00.35

Jesse Stone: Alte Wunden (USA 2007, R.: Robert Harmon)

Drehbuch: Ronni Kern

LV: Robert B. Parker: Sea Change, 2006

Ex-Großstadtcop Jesse Stone langweilt sich in der malerischen Kleinstadt Paradise. Also rollt er einen 15 Jahre alten Mordfall wieder auf.

Vierter Jesse-Stone-TV-Krimi, der das Niveau der vorherigen Stone-Filme hält: gutes altmodisches Schauspielerkino, das vom ZDF (wie die vorherigen Stone-Filme) zu einer indiskutablen Uhrzeit ausgestrahlt wird.

Tom Selleck erhielt für seine Darstellung von Jesse Stone eine Emmy-Nominierung

mit Tom Selleck, Viola Davis, William Devane, Kathy Baker, William Sadler, James Gammon, Saul Rubinek

Wiederholungen

Sonntag, 17. Oktober, ZDFneo, 20.15 Uhr

Montag, 18. Oktober, ZDFneo, 01.55 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Homepage von Robert B. Parker

Mein Porträt der Spenser-Serie und von Robert B. Parker

Meine Besprechung von Robert B. Parkers „Die blonde Witwe“ (Widow’s walk, 2002)

Meine Besprechung von Robert B. Parkers “Alte Wunden” (Back Story, 2003)

Meine Besprechung von Robert B. Parkers „Der stille Schüler“ (School Days, 2005)

Meine Besprechung von Robert B. Parkers „Der gute Terrorist“ (Now & Then, 2007)

Meine Besprechung von Robert B. Parkers “Hundert Dollar Baby” (Hundred Dollar Baby, 2006)

Mein Nachruf auf Robert B. Parker

Robert B. Parker in der Kriminalakte


DVD-Kritik: „Gegen jeden Zweifel“ ist überraschend gut

Oktober 13, 2010

Aus dem Kino verschwand der Film schneller, als ich „Buh“ sagen konnte.

Bei Rotten Tomatoes kommt der Film auf einen desaströsen Frischegrad von 4 Prozent (von 100 Prozent). Alle anderen Arbeiten von Regisseur Peter Hyams und Schauspieler Michael Douglas erhalten bessere Frischegrade; sind also besser.

Und in fast jeder Kritik stand, dass das Original besser sei. Das Original dürfte allerdings kaum jemand kennen. Denn Fritz Langs Noir „Jenseits allen Zweifels“ (Beyond a reasonable doubt, USA 1956) lief schon seit Ewigkeiten nicht mehr im Fernsehen und auf DVD wurde der Film auch noch nicht veröffentlicht.

Sollte Peter Hyams, der bei „Gegen jeden Zweifel“ wieder einmal neben der Regie auch den Part des Drehbuchautors und Kameramanns übernahm, dieses Mal so richtig daneben gegriffen haben?

Das wäre schon erstaunlich. Denn bisher hat er fast immer ordentliche Unterhaltung, oft sogar mit einer gesellschaftskritischen Note, abgeliefert. „Unternehmen Capricorn“, „Outland – Planet der Verdammten“, „Ein Richter sieht rot“ (ebenfalls mit Michael Douglas), „2010 – Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen“ (die Fortsetzung von „2001“), „Diese zwei sind nicht zu fassen“, „Time Cop“, „Sudden Death“, „Das Relikt“ und „End of Days“ gehen auf sein Konto.

 

Ein Noir

 

Dass „Gegen jeden Zweifel“ ein totales Desaster ist, ist daher kaum zu glauben und, sicher auch aufgrund der vielen negativen Besprechungen und der damit verbundenen drastisch reduzierten Erwartungen („4 Prozent“! Sogar das aseptische „Basic Instinct 2“ hat bei Rotten Tomatoes 7 Prozent und das grottige „Catwoman“ hat überragende 10 Prozent erhalten.), unterhält Peter Hyams neuer Film ganz gut. „Gegen jeden Zweifel“ ist nicht ohne Fehler. Die beiden Actionszenen (Peter Hyams hat da in der Vergangenheit immer Gutes geliefert) sind unmotiviert und, vor allem die zweite, ist auch reichlich absurd. Denn da darf die Damsel in Distress in einem leeren Parkhaus minutenlang vor einem Auto weglaufen, ohne auch nur einmal von diesem Auto berührt zu werden. Die wenigen Suspense-Momente, wie das Besorgen der Originaldateien aus der Asservatenkammer der Polizei, sind eher lieblos heruntergekurbelt. Vom Drehort, immerhin wurde vor Ort in Louisiana gedreht, gibt es kaum Außenaufnahmen. Die meisten Szenen spielen in geschlossenen Räumen ohne ein Fenster nach außen – und tragen damit zur klaustrophobischen Atmosphäre, die Hyams allerdings nicht konsequent nutzt, bei. Die Story ist ordentlich verwickelt, aber für Noir-Fans auch erschreckend vorhersehbar (Oder habe ich mich zu gut an die Lektüre einer vor Ewigkeiten gelesenen Inhaltsangabe für den Lang-Film erinnert? Oder habe ich die Hinweise auf die Lösung unbewusst zu gut erkannt?). Jedenfalls dürften Noir-Fans das Ende schon sehr früh (und ich meine sehr früh) ahnen.

Im Mittelpunkt des Films steht der junge, leicht arrogante und karrierebewusste TV-Journalist C. J. Nicholas (Jesse Metcalfe, „John Tucker must die“, „Desperate Housewives“). Er hatte eine tolle investigative TV-Reportage über eine vor der Ausstrahlung verstorbene Obdachlose gemacht und dafür die Stelle bei einem TV-Sender in Louisiana bekommen. Dort will er den Staatsanwalt Mark Hunter (Michael Douglas mit sehr wenig Filmzeit) als Betrüger, der, um Verurteilungen zu erreichen, Beweise manipuliert, entlarven. Hunter ist sogar als künftiger Gouverneur im Gespräch. Für ihn spricht immerhin seine eindrucksvolle Bilanz an Verurteilungen. Zu eindrucksvoll meint Nicholas. Vor allem weil es immer Indizienprozesse waren.

Als er von seinem Chef zurückgepfiffen wird, verfällt er auf einen abenteuerlichen Plan. Er will selbst als Mörder für ein Verbrechen angeklagt werden, das er nicht begangen hat und dann Hunter im Gerichtssaal entlarven.

Ein toller Plan, der nachdem sein Freund Corey Finley (Joel David Moore, „Avatar“, „Bones“) mit den Videoaufnahmen, die seine Unschuld beweisen, bei einem Autounfall stirbt, gnadenlos den Bach hinuntergeht. Nicholas wird zum Tod verurteilt und nur seine Freundin Ella Crystal (Amber Tamblyn, „Die himmlische Joan“), die Assistentin von Hunter, kann ihn vielleicht retten.

„Gegen jeden Zweifel“ ist ein überraschend gelungener Noir, der die vielen Verrisse nicht verdient hat. Die beiden Hauptcharaktere Nicholas und Hunter sind reichlich unsympathische Karrieristen, die die Welt nur als Spielbrett benutzen. Die Story selbst ist mehr an Stimmungen und dem Zeigen der verschiedensten Arten von Verführung, als an Logik und Plausibilität (zwei Dinge, die auch für Noir-Fans nicht an erster Stelle stehen) interessiert. Denn der Plan von Nicholas ist so gewagt wie bescheuert. Vor allem, wenn man sieht, wie einfach Crystal später die Beweise für seine Unschuld findet. Auch dass es keine Kopien der ihn entlastenden Videoaufnahmen gibt, ist heute, im Zeitalter der unendlichen Reproduzierbarkeit, unglaubwürdig. Vor allem weil Nicholas ein investigativer Journalist ist. Aber in diesem Moment verhält er sich eher wie ein Teenager beim Räuber-und-Gendarm-Spiel

Die Bilder liefern oft ein angenehmes Retro-Feeling. Das mag auch daran liegen, dass vor Ort in Louisiana gedreht wurde und Gefängnisse und Polizeistationen nicht im Jahrestakt renoviert werden, sondern oft über viele Jahre einfach nur ausgebessert werden.

 

Das Original und das Remake: Gemeinsamkeiten und Unterschiede

 

Peter Hyams übernahm vieles von Fritz Langs Film und passte es teils nur geringfügig an die Gegenwart an. Aber er veränderte die Beziehungen der Hauptcharaktere und er ließ die Langs Film beherrschende Diskussion über die Todesstrafe links liegen.

In seinem Film diskutierte Fritz Lang das Für und Wider zur Todesstrafe und, damit verbunden, ob ein Mensch nur aufgrund von Indizien zum Tod verurteilt werden darf. Diese Botschaft steht dabei der Story immer etwas im Weg. Das liegt auch daran, dass „Jenseits allen Zweifels“ reichlich unplausibel ist. So lässt sich der Schwiegersohn in spe von dem Zeitungsherausgeber überreden, sich freiwillig als Verdächtiger ins Gespräch zu bringen. Doch warum sollte ein Unschuldiger das tun? Deren Plan und auch die Lösung hängen essentiell von der schlampigen Arbeit der Polizei ab. Denn der Staatsanwalt ist zwar an Verurteilungen interessiert, aber er bricht dafür – im Gegensatz zum Remake – keine Gesetze. Und die Enttarnung des Mörders erfolgt in Langs Film absolut überraschend, fast schon nach der „Der Gärtner ist der Mörder“-Methode.

Egal wie man es betrachtet, Fritz Langs letzter in den USA gedrehter Film gehört nicht zu seinen besten Werken. Als Spielfilm ist „Jenseits allen Zweifels“ sogar reichlich missraten. Als Folge von „Alfred Hitchcock zeigt“ wäre die Geschichte sicher okay gewesen.

Peter Hyams will dagegen in erster Linie in seinem angenehm altmodischem Film nur unterhalten. Denn abgesehen von den forensischen Teilen (DNA-Analyse und Manipulation von Bildern am Computer), hätte „Gegen jeden Zweifel“ so auch vor dreißig Jahren entstehen können. Hyams thematisiert immer wieder, in jeder Szene, die verschiedene Formen von Verführung, Vertrauen, Macht und Machtmissbrauch. Dabei glauben seine jungen Charaktere, dass sie die Regeln des Spiels bestimmen. Und, weil Nicholas und Hunter für ihre persönlichen Ziele skrupellos die Regeln manipulieren, ist Hyams Remake sogar erheblich düsterer als Langs doch sehr durchschnittliches Original.

 

Die DVD

 

Das Bonusmaterial gehört in die Abteilung „mehr Schein als Sein“. Denn die drei Interviews sind Rohmaterial für das Making-of. Hinter „Behind the Scenes“ verbirgt sich eine Mischung aus B-Roll und Dokumentation der Explosion eines Autos am Ende einer Verfolgungsjagd. Der Hintergrundbericht zur forensischen Arbeit der Polizei ist höchstens für Menschen, die in den vergangenen Jahren nicht eine „CSI“-Folge gesehen haben, von geringfügigem Interesse. Insgesamt ist das Bonusmaterial in weniger als dreißig Minuten angesehen und, weil es reines Werbematerial ist, auch sofort vergessen.

Der Audiokommentar von Peter Hyams und Jesse Metcalfe ist durchwachsen. Metcalfe sagt wenig und auch Peter Hyams gehört nicht zu den Dauerrednern. Aber wenn Hyams etwas sagt, ist es sehr interessant. So erklärt er, warum er bestimmte Szenen so und nicht anders filmte, an welchen Stellen es Hinweise auf die Lösung gibt, welche Funktion bestimmte Szenen haben und er liefert einige Hintergründe zum Stil und den Dreharbeiten. Insgesamt vermisst man aber, gerade weil Hyams als sehr nachdenklicher und uneitler Filmemacher rüberkommt, einen Interviewer, der Hyams die wichtigen Fragen gestellt und zum Reden animiert hätte.

 

Gegen jeden Zweifel (Beyond a reasonable doubt, USA 2009)

Regie: Peter Hyams

Drehbuch: Peter Hyams

Vorlage: Drehbuch „Beyond a reasonalbe doubt“ von Douglas Morrow (1956)

mit Jesse Metcalfe, Amber Tamblyn, Michael Douglas, Joel David Moore, Orlando Jones, Lawrence Beron

DVD

Koch-Media

Bild: 1,85:1 (anamorph/16:9)

Ton: Deutsch (Dolby Digital 5.1; DTS), Englisch (Dolby Digital 5.1)

Untertitel: Deutsch

Bonusmaterial: Audiokommentar von Peter Hyams und Jesse Metcalfe, Interviews mit Michael Douglas, Amber Tamblyn und Peter Hyams, Behind the Scenes, Criminal Forensics, Making of, Orginaltrailer, Wendecover

Länge: 101 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Gegen jeden Zweifel“

Noir of the Week über das Original „Jenseits allen Zweifels“ (es handelt sich um eine kritische Nacherzählung der Geschichte. Wer also die Lösung nicht wissen möchte…)

Bonusfilm

Fritz Langs „Jenseits allen Zweifels“ im englischen Original

 

 


Neue TV-Krimi-Buch-Tipps online

Oktober 13, 2010

Urlaubsbedingt (hier in Berlin sind Herbstferien) gibt es meine  TV-Krimi-Buch-Tipps bei den Alligatorpapieren etwas später:

Mit einer Orson-Welles-Nacht („Der dritte Mann“ und „Im Zeichen des Bösen“) beginnt die Woche vielversprechend. Weiter geht’s mit Buddy Giovinazzos Wilsberg-Filmen „Schuld und Sühne“ und „Todesengel“, Philip Noyces Charles-Williams-Verfilmung „Todesstille“, Roger Donaldsons Kenneth-Fearing-Verfilmung „No way out- Es gibt kein zurück“, Friedemann Fromms sehr freie Horst-Bieber-Verfilmung „Vom Ende der Eiszeit“, Martin Scorseses John-D.-MacDonald-Verfilmung „Kap der Angst“ und, als TV-Premiere, Robert Harmons Robert-B.-Parker-Verfilmung „Jesse Stone: Alte Wunden“ (nachdem die Erstausstrahlung im ZDF nach Mitternacht ist, zeigt ZDFneo den Film wenige Tage später zu einer vernünftigen Uhrzeit).


TV-Tipp für den 13. Oktober: Im Auftrag des Terrors

Oktober 13, 2010

Arte, 20.15

Im Auftrag des Terrors (Fr 2007, R.: Barbet Schroeder)

Drehbuch: Barbet Schroeder

Spielfilmlange Doku über den französischen Anwalt Jacques Vergès, der als Jugendlicher gegen die Nazis kämpfte, in den 1950ern algerische Freiheitskämpfer (ähem, Terroristen) verteidigte, zu einer Ikone der Linken wurde und später den Terroristen Carlos, Diktatoren, wie Slobodan Milosevic und Saddam Hussein, und bekannte Nazis, wie Klaus Barbie, verteidigte. Schroeder porträtiert in seiner hochgelobten Dokumentation den umstrittenen Anwalt.

Die Doku gewann einen Étoiles d’Or und war für einen César nominiert.

Mit Jacques Vergés, Bassam Abu Sharif

Auch bekannt als „L’avocat de la terreur“

Hinweise

Wikipedia über Jacques Vergès (deutsch, englisch)

Arte über die Doku


Cover der Woche

Oktober 12, 2010


TV-Tipp für den 12. Oktober: Mogadischu

Oktober 12, 2010

SWR, 23.00

Mogadischu (D 2008, R.: Roland Suso Richter)

Drehbuch: Maurice Philip Remy

Buch zum Film: Timo Kortner: Mogadischu – Das Entführungsdrama der Landshut, 2008

Nach Heinrich Breloers hochgelobtem Zweiteiler „Todesspiel“ (auch schon über zehn Jahre alt) über den Deutschen Herbst 1977, diversen Dokumentationen (zum Beispiel letztes Jahr ein Zweiteiler) über die RAF, dem noch im Kino laufendem „Baader Meinhof Komplex“ mutet „Mogadischu“ etwas akademisch an. Denn die Fakten sind bekannt. Am 13. Oktober 1977 entführt ein palästinensisches Kommando die Lufthansa-Maschine Landshut. Nach einem mehrtägigen Irrflug landet das Flugzeug in Mogadischu und die GSG 9 beendet die Geiselnahme.

Neue Erkenntnisse, wie die Beteiligung des KGB an der Entführung und was Lufthansa-Pilot Jürgen Schumann machte, als er nach einer Notlandung in Aden zwanzig Minuten verschwand, ändern nichts an dem großen Bild.

Aber Autor Remy und Regisseur Richter verarbeiteten diese Geschichte jetzt zu einem die damaligen Ereignisse konzentriert nacherzählendem TV-Spielfilm, der auch im Kino überzeugt hätte. Einziger Kritikpunkt ist die derzeit angesagte Wackelkamera

„Es ist ein ernsthafter Versuch der Annäherung (an die Wahrheit, A. d. V.). Wir bemühen uns, mit Verantwortung an ein Thema heranzugehen. Die Menschen, die das erlebt haben, sollen nicht davor sitzen und sagen: Was machen die denn da? Was erzählen die da?“ (Remy in der FAZ)

Das gleichnamige „Begleitbuch zum Film ‚Mogadischu’“ von Timo Kortner nimmt eine seltsame Zwischenstellung zwischen einem traditionellem Buch zum Film, also einer höchstens sparsam erweiterten Romanfassung des Drehbuchs, und einem Sachbuch über die Entführung ein. Denn Kortner führt relativ ausführlich in das gesellschaftliche Klima während der Schleyer-Entführung ein und er fügt immer wieder erklärende Passagen ein. Dabei gibt es im Buch und im Film eine Verschiebung der Perspektive von den Tätern zu den Opfern. Der Tatsachenroman „Mogadischu“ erzählt von Menschen in einer Ausnahmesituation und wie sie versuchen, diese zu überleben. Die Entführer bleiben dagegen, bis auf den durchgeknallten Captain Martyr Mahmud, blass. Und die Ideologie der Terroristen wird höchstens in einem Nebensatz gestreift; – was sie als Bösewichter noch bedrohlicher macht.

Kortners „Mogadischu“ ist ein packendes Drama, das auch eine gehörige Portion historisches Wissen vermittelt. Ein feines Buch.

Mit Nadja Uhl, Thomas Kretschmann, Christian Berkel, Said Tagmaqoui, Herbert Knaup, Simon Verhoeven, Jürgen Tarrach

Hinweise

ARD zum Film

FAZ: Interview mit Maurice Philip Remy über “Mogadischu” (24. November 2008)

FAZ (Michael Hahnfeld), Die Welt (Eckhard Fuhr), Spiegel Online (Christian Buß), Süddeutsche Zeitung (Christopher Keil), taz (René Martens), Die Zeit (Margit Gerste) über den Film „Mogadischu“

Kortner - Mogadischu

Das Buch zum Film

Timo Kortner: Mogadischu – Das Entführungsdrama der ‚Landshut’

Knaur, 2008

272 Seiten

9,95 Euro


Neu im Kino/Filmkritik: „Im Schatten“

Oktober 12, 2010

Im Schatten (D 2010, R.: Thomas Arslan)

Drehbuch: Thomas Arslan

mit Mišel Matičević, Karoline Eichhorn, Uwe Bohm, Rainer Bock, Hanns Zischler, Petr Kurth, David Scheller

Länge: 85 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Manchmal sind die Reaktionen der Kritiker erhellender als das besprochene Werk. Auch Thomas Arslans neuer Film „Im Schatten“ wird breit abgefeiert und weil er auf der Berlinale neben Benjamin Heisenbergs „Der Räuber“ und Dominik Grafs zehnteiliger TV-Serie „Im Angesicht des Verbrechens“ gezeigt wurde, machten einige Kritiker schon eine Wiedergeburt des Genrekinos in Deutschland aus und die Deutsche Kinemathek organisierte die Tagung „Die Lust am Genre“, die vor allem ein Abfeiern von „Im Schatten“ und „Im Namen des Verbrechens“, mit kleinen Seitenschritte zu „Der Räuber“, „Jerichow“ und „KDD – Kriminaldauerdienst“, war.

Da fragte ich mich als Gast der Tagung mehr als einmal, ob hier nicht aus einer Mücke ein Elefant gemacht wird und vermutete, dass die Kritiker diese Filme auch deshalb so überschwänglich lobten, weil sie selbst in ihrem tiefsten Herzen Genrejunkies sind und sich freuten, neben den unzähligen, oft in mehrfacher Hinsicht quälenden deutschen Filmen endlich einmal einfach nur neunzig Minuten originäres Kino zu erleben.

Denn aus Genreperspektive ist „Im Schatten“ nicht mehr und nicht weniger als ein guter Hardboiled-Gangsterfilm, der eindeutig vom französischen Kriminalfilm (Melville!) und den harten amerikanischen Krimis beeinflusst ist. So ist der Einfluss von Richard Starks Parker und seinen Epigonen Nolan (von Max Allan Collins) und Wyatt (von Garry Disher) unübersehbar.

Denn Arslans Held Trojan ist ein prototypischer Profiverbrecher. Er ist gerade aus dem Knast entlassen worden, will sich seinen Anteil von der Beute aus einem früheren Verbrechen abholen, wird um diesen Anteil betrogen, will sich an einem Überfall auf einen Juwelier beteiligen, lässt diese Sache aber wegen der unzuverlässigen Partner sausen und plant mit einem früheren Kollegen, der sich inzwischen zur Ruhe gesetzt hat, den Überfall auf einen Geldtransporter. Der Tipp kommt von einer Anwältin. Bei den Vorbereitungen werden sie von einem korrupten Polizisten beobachtet und nach dem Überfall geht alles schief.

Für Genrefans ist das eine vertraute Geschichte, die von Arslan bewundernswert ökonomisch, ohne überflüssige Psychologisierungen und Nebengeschichten, erzählt wird. Die Dialoge sind teilweise etwas zu künstlich knapp gehalten. Die Schauspieler überzeugen. Hauptdarsteller Mišel Matičević erinnert an Alain Delon. Und Berlin zeigt sich von seiner tristen Seite, die jeder kennt, aber in Filmen zugunsten von Postkartenansichten ignoriert wird. „Im Schatten“ ist, wie ein Zuschauer auf der Tagung der Deutschen Kinemathek nach dem Film zutreffend meinte, ein erfrischend undeutscher Film.

Wahrscheinlich gefällt er deshalb den Kritikern so gut.

Und Krimifans sollten definitiv einen Blick riskieren. „Im Schatten“ ist einer der raren deutschen Gangsterfilme, der ohne Fremdschäm-Anfälle gesehen werden kann. Wenn wir die im Kleingangstermilieu spielenden Jugenddramen „Kanak Attack“ (2000) und „Knallhart“ (2006) ignorieren, müssen wir bis 1995 zurückgehen. Damals lief Lars Beckers deutlich vom französischen Gangsterfilm beeinflusster, heute trotz der Besetzung (Peter Lohmeyer, Til Schweiger) nahezu unbekannte Krimi „Bunte Hunde“ im Kino.

Hinweise

Homepage zum Film

Film-Zeit über „Im Schatten“

taz: Interview mit Thomas Arslan über „Im Schatten“ (6. Oktober 2010)

Film-Dienst: Interview mit Thomas Arslan über „Im Schatten“

 


TV-Tipp für den 11. Oktober: Der andere Blick

Oktober 11, 2010

WDR, 23.15

Der andere Blick – Fotografen und der Krieg (D 2010, R.: Huw Talfryn Walter)

Drehbuch: Huw Talfryn Walters

45-minütige Doku in der sechs bekannte Kriegsfotografen, wie Philip Jones Griffiths, Ashley Gilbertson und Anastasia Taylor-Lind, porträtiert werden.


Und die Dagger 2010 gehen an

Oktober 10, 2010

Ohne weitere Kommentare: die diesjährigen Dagger-Gewinner der CWA (Crime Writers‘ Association) sind:

CWA Gold Dagger 2010

Blacklands, von Belinda Bauer (Corgi)

nominiert

Blood Harvest, von S.J. Bolton (Bantam Press)

Shadowplay, von Karen Campbell (Hodder & Stoughton)

The Way Home (Kein Weg zurück), von George Pelecanos (Orion)

CWA Ian Fleming Steel Dagger 2010 (sponsored by Ian Fleming Publications Ltd.)

A Loyal Spy, by Simon Conway (Hodder & Stoughton)

nominiert

The Dying Light, von Henry Porter (Orion)

Innocent, von Scott Turow (Macmillan)

The Gentlemen’s Hour (Pacific Paradise), von Don Winslow (Heinemann)

CWA John Creasey (New Blood) Dagger 2010

Acts of Violence, von Ryan David Jahn (Pan)

nominiert

The Pull of the Moon, von Diane Janes (Robinson)

Rupture, von Simon Lelic (Picador)

The Holy Thief, von William Ryan (Mantle)

The Film Dagger

Inception (Warner Bros.)

nominiert

District 9 (Sony Pictures)

Sherlock Holmes (Warner Bros.)

The Girl with the Dragon Tattoo (Verblendung) (Momentum Pictures)

The TV Dagger

Sherlock (BBC)

nominiert

Ashes to Ashes, Series 3 (Kudos)

Luther (BBC)

Wallander, Series 2 (Left Bank Pictures)

The International TV Dagger

Wallander, Series 2 (Yellow Bird Films)

nominiert

Damages, Season 3 (Sony Pictures)

The Good Wife, Season 1 (CBS)

The Best Actress Dagger

Maxine Peake (Criminal Justice)

nominiert

Glenn Close (Damages)

Hermione Norris (Spooks)

Keeley Hawes (Ashes to Ashes und Identity)

Sue Johnston (Waking the Dead)

The Best Actor Dagger

Benedict Cumberbatch (Sherlock)

nominiert

Idris Elba (Luther)

Kenneth Branagh (Wallander)

Philip Glenister (Ashes to Ashes)

The Best Supporting Actor Dagger

Matthew Macfadyen (Criminal Justice)

nominiert

Laurence Fox (Lewis)

Rupert Graves (Sherlock)

Tom Hiddleston (Wallander)

The Best Supporting Actress Dagger

Dervla Kirwan (The Silence)

nominiert

Gina McKee (The Silence)

Saskia Reeves (Luther)

Sophie Okonedo (Criminal Justice)

People’s Detective Dagger (beliebtester TV-Seriencharakter, gewählt von den Lesern und Zuschauern)

Christopher Foyle (Foyle’s War [die Serie lief nie in Deutschland])

Hall of Fame (sponsored by Sprecsavers)

Frederick Forsyth

George Pelecanos

Special Recognition Award

14 Schauspieler von „The Bill“ (eine englische Polizeiserie, die bei uns nie und in England 26 Jahre lief)

(via The Rap Sheet)

 


TV-Tipp für den 10. Oktober: Jesse Stone – Totgeschwiegen

Oktober 10, 2010

ZDFneo, 20.15

Jesse Stone – Totgeschwiegen (USA 2006, R.: Robert Harmon)

Drehbuch: J.T. Allen, Tom Selleck, Michael Brandman

LV: Robert B. Parker: Death in Paradise, 2001

Dritter Jesse-Stone-Film nach dem dritten Jesse-Stone-Roman. Dieses Mal muss Kleinstadtcop Jesse Stone den Mord an einer 14-jährigen aufklären. Seine Ermittlungen führen ihn in die besseren Kreise von Boston.

Ein weiterer feiner Polizeifilm.

Mit Tom Selleck, Edward Edwards, Viola Davis, John Diehl, William Devane

Wiederholung: Montag, 11. Oktober, 02.50 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Homepage von Robert B. Parker

Mein Porträt der Spenser-Serie und von Robert B. Parker

Meine Besprechung von Robert B. Parkers „Die blonde Witwe“ (Widow’s walk, 2002)

Meine Besprechung von Robert B. Parkers “Alte Wunden” (Back Story, 2003)

Meine Besprechung von Robert B. Parkers „Der stille Schüler“ (School Days, 2005)

Meine Besprechung von Robert B. Parkers „Der gute Terrorist“ (Now & Then, 2007)

Meine Besprechung von Robert B. Parkers “Hundert Dollar Baby” (Hundred Dollar Baby, 2006)

Mein Nachruf auf Robert B. Parker

Robert B. Parker in der Kriminalakte