Kurzkritik: Jürgen Brater: Keine Ahnung, aber davon viel

Zugegeben, das Problem mit der Zukunft ist, dass wir noch nicht wissen, was demnächst geschehen wird. Danach weiß man, was geschehen ist und kann man nur noch sagen: „Damals hielt ich es für eine gute Idee.“

Aber es gibt auch einige Leute, die es besser wissen müssten, weil sie sich beruflich mit bestimmten Fragen beschäftigen. Doch auch sie, wie Jürgen Brater in seinem neuen Buch „Keine Ahnung, aber davon viel – Die peinlichsten Prognosen der Welt“ zeigt, irren sich immer wieder. Teils aus Betriebsblindheit, teils aus Eigeninteresse.

So meinte der US-amerikanische Bischof Milton Wright 1903: „Menschen werden niemals fliegen, denn Fliegen ist den Engeln vorbehalten.“ Oder der US-Präsident Grover Cleveland sagte 1905: „Vernünftige und verantwortungsbewusste Frauen wollen gar nicht wählen.“

Tja, nun, da war wohl eine gehörige Portion Eigeninteresse dabei.

Vollkommen übertrieben fortschrittsgläubig war Alex Lewyt, Chef der US-Staubsagerfirma Lewyt Corporation, 1955, als er sagte: „Nuklear-getriebene Staubsauger werden innerhalb der nächsten zehn Jahre wahrscheinlich Realität sein.“ Auch der Nobelpreisträger Herbert Simon irrte sich, als er 1957 meinte: „Innerhalb der nächsten zehn Jahre wird ein Computer Schachweltmeister.“

Tja, damals war man doch sehr fortschrittsgläubig.

Politikexperten sind auch immer gut für eine Fehlprognosen. So meinte Larry C. Johnson, Anti-Terrorismus-Experte des US-Außenministeriums, am 10. Juli 2011 in der New York Times: „Amerikaner sind von Phantasien über Terrorismus besessen. Sie scheinen zu glauben, dass der Terrorismus die größte Bedrohung der Vereinigten Staaten sei und dass er sich ausbreiten und tödlicher wird. Keine dieser Annahmen basiert auf Fakten.“

Und, wenn wir die Fehlprognosen von Steve Jobs und Bill Gates mal links liegen lassen, hat Steve Chen, Mitbegründer von YouTube, sich 2005 kräftig geirrt, als er sagte: „YouTube wird ein Reinfall. Es gibt einfach nicht so viele Videos, die ich anschauen möchte.“

Brater hat zu jeder Prognose mehr oder weniger ausführlich geschrieben, in welchem Zusammenhang sie gemacht wurde, wer sie gemacht hat, wie die damalige und wie die heutige Realität ist. Das liest sich sehr kurzweilig und ist auch informativ. Allerdings drängt sich bei der Häufung von Fehlprognosen auch mit der Zeit der Eindruck auf, dass die Experten eine Ansammlung von Trotteln sind. Das stimmt aber nicht. Schon Voltaire wusste: „Man kann von Propheten nicht verlangen, dass sie immer irren.“

Denn, so Dan Rather: „Irren ist menschlich. Aber wenn man richtig Mist bauen will, braucht man einen Computer.“

Jürgen Brater: Keine Ahnung, aber davon viel – Die peinlichsten Prognosen der Welt

Ullstein, 2011

304 Seiten

8,99 Euro

Alle Zitate sind aus „Keine Ahnung, aber davon viel“.

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