„High Life“ beginnt tagsüber mitten in der Stadt mit einem Schusswechsel bei einem vor einer Bank stehendem Geldtransporter. Dann kommt in einem Auto ein unrasierter Mann mit Strickmütze und Revolver ins Bild. Es friert ein und jemand sagt „Solang ich denken kann, wollt ich schon immer Anwalt werden.“
Schon jetzt ist klar, dass der Typ dieses Ziel wohl nicht erreichen wird. Er nennt sich Dick (Timothy Olyphant) und sein gerade aus dem Knast entlassener Kumpel Bug (Stephen Eric McIntyre) bringt ihn auch gleich wieder auf die schiefe Bahn. Bug ist ein ziemlich durchgeknallter Psychopath, der keine zehn Sekunden vorausplant, seine Probleme vor allem mit Gewalt löst, dabei über Leichen geht und immer den anderen die Verantwortung zuschiebt. So meint er: „Nur weil du jemand schlägst und der stirbt, dann heißt das noch in keinem Fall ‚du hast ihn umgebracht‘.“
Bug will auch gleich mit einem Überfall etwas Kleingeld verdienen. Aber Dick hat die Idee für einen großen Coup: sie wollen, – wir schreiben 1983 und Geldautomaten waren damals gerade brandneu -, einen Geldautomat ausrauben. Dabei sollen ihnen Dicks hypochondrischer Bruder Donnie (Joe Anderson) und der junge Schönling Billy (Rossif Sutherland), den Dick auf einem Treffen von Drogensüchtigen aufgegabelt hat, helfen. Denn, so Dick: „Er war echt schon im großen Stil dabei. – Er war eben noch nicht sehr erfolgreich. Naja, was Gefängnisse angeht.“
Der nur in ihren drogenumnebelten Hirnen genial geplante und durchdachte Coup geht dann doch nicht so glatt über die Bühne, wie die vier Drogensüchtigen es sich gedacht haben, und Bug improvisiert.
„High Life“ ist eine schwarze, auf einem Theaterstück basierende Gangsterkomödie, die vor allem von den guten Dialogen, den Schauspielern (Hab ich schon gesagt, dass Olyphant mir dieses Mal richtig gut gefallen hat?) und dem pointiertem Schnitt lebt.
Timothy Olyphant überzeugt hier nach „Stirb langsam IV“ und „Hitman“ als Verbrecher. In den USA wird er gerade für seine Rolle als U. S. Marshals Raylan Givens, einem von Elmore Leonard erfundenem Charakter, den er in der TV-Serie „Justified“ spielt, von Krimifans und Kritikern abgefeiert. „Justified“ soll auch demnächst im deutschen TV laufen.
Stephen Eric McIntyre trat unter anderem in Scott Franks „Die Regeln der Gewalt“ (The Lookout) auf. Scott Frank schrieb auch, weil wir gerade bei Elmore Leonard sind, die Drehbücher für die grandiosen Leonard-Verfilmungen „Out of Sight“ und „Schnappt Shorty“ (Get Shorty).
Joe Anderson (Control, Across the Universe, The Ruins, The Crazies) und Rossif Sutherland (wir ahnen es bei dem Nachnamen, ist ein Sohn von Donald Sutherland und damit ein Halbbruder von Kiefer Sutherland) komplettieren das Verbrecherquartett und an ihrem Spiel ist nichts auszusetzen.
Außerdem ist der Film mit knapp siebzig Minuten (mit dem Abspann werden es dann 75 Minuten) so kurz, dass er vorbei ist, ehe es langweilig werden kann.
„High Life“ ist somit definitiv ein Film, den sich Genrejunkies ansehen können, der auch 2009 auf der Berlinale im „Panorama“ lief und ganz gut ankam.
Und, nachdem ich jetzt schon Elmore Leonard so oft erwähnt habe: ja, ein kräftiger Touch Elmore Leonard findet sich auch in „High Life“.
Das Bonusmaterial ist mit einem zehnminütigem „Making of“, zwei geschnittenen Szene und dem deutschen Trailer arg überschaubar. Immerhin ergeht sich das „Making of“ nicht nur in der üblichen Lobhuddelei, sondern es gibt auch einige interessante Informationen zu den Veränderungen des nur an zwei Orten spielenden Theaterstücks zum an mehreren Orten spielenden Film, den Vorbereitungen der Schauspieler und dem optischem Konzept.
High Life – Vier Gangster und ein todsicheres Ding (High Life, Kanada 2008)
Regie: Gary Yates
Drehbuch: Lee MacDougall (nach seinem Theaterstück)
mit Timothy Olyphant, Stephen Eric McIntyre, Joe Anderson, Rossif Sutherland, Brittany Scobie, Mark McKinney
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DVD
Koch Media
Bild: 1.78:1 (16:9)
Sprachen: Deutsch(Dolby Digital 5.1, DTS), Englisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch
Bonusmaterial: Making of, Geschnittene Szenen, Deutscher Trailer
Länge: 75 Minuten
FSK: ab 16 Jahre
(auch als Blu-ray)
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Hinweise
Moviefone interviewt Timothy Olyphant
Tribute interviewt Timothy Olyphant
Eye for film hat „High Life“ auf der Berlinale gesehen
