DVD-Kurzkritik: Mex-Horror mit „Wir sind was wir sind“

Ein Film, bei dem die für die Zuschauer große Überraschung im Film lange verschwiegen, aber in jeder Ankündigung verraten wird, hat ein Problem. Dabei ist das Problem nicht, dass, wie in „Wir sind was wir sind“, verraten wird, dass die im heutigen Mexiko City ärmlich lebende vierköpfige Familie, um die sich die Geschichte dreht, Menschenfleisch isst, sondern dass der Film neben dieser Idee keine andere Idee hat.

Denn mit diesem Wissen, fragt der aufmerksame Zuschauer sich beim Ansehen von „Wir sind was wir sind“ nicht mehr „Wie überlebt die Familie?“, sondern „Wie überlebt die Kannibalenfamilie?“. Aber bis es darauf eine Antwort gibt, wird endlos lange deren ärmliches Leben gezeigt, sich angeschwiegen und geheimnisvoll-bedeutungsschwanger von einem Ritual gemunkelt, für dessen ordnungsgemäßen Ablauf, nach dem Tod des Vaters, der älteste Sohn sorgen soll. Doch er hat nicht die Nerven dazu, unauffällig Menschenfleisch zu besorgen. Entsprechend hilflos sind seine ersten Versuche und wenn dann am Ende das schändliche Treiben der Familie auffliegt, wird das so krude zusammengepappt, dass man sich wirklich nicht fragen sollte, wie eine so dusselige Familie so lange unerkannt ihr verbrecherisches Tun verfolgen konnte und woher plötzlich alle in dem Viertel Lebenden davon wissen.

Ohne die Idee, die Familie zu einer Kannibalenfamilie zu machen, wäre „Wir sind was wir sind“ einfach nur ein zäher, deprimierender Film über den täglichen Überlebenskampf der Armen in einer südamerikanischen Großstadt. Mit der Idee, dass Menschen Menschen essen, um zu überleben, wird die Sozialkritik dann halt noch offensichtlicher als sie eh schon ist. Wobei das schon lange nicht mehr besonders originell ist. Denn in jedem zweiten Zombie-Film wird dem geneigten Publikum diese gesellschaftskritische Interpretation angeboten.

Aber weil in Jorge Michesl Graus Spielfilmdebüt die Familie das schon so lange macht, dass es zu einem Familienritual werden konnte, ist es vielleicht auch einfach nur deren ‚way of life‘, zu dem fressen und gefressen werden dazu gehört und die Opfer gerne noch eine Stufe tiefer auf der sozialen Leiter gesucht werden. Denn wer, so sagen sich die Kannibalen, vermisst schon eine Prostituierte?

Wir sind was wir sind (Somos lo que hay, Mexiko 2010)

Regie: Jorge Michel Grau

Drehbuch: Jorge Michel Grau

mit Francisco Barreiro, Alan Chávez, Paulina Gaitán, Carmen Beato, Jorge Zárate, Esteban Soberánes

DVD

Alamode

Bild: 2,35:1

Ton: Deutsch, Spanisch (Dolby Digital 5.1)

Untertitel: Deutsch

Bonusmaterial (angekündigt): Kurzfilm „Mi Hermano“, Making of, Behind the Scenes, Trailer

Länge: 90 Minuten

FSK: ab 18 Jahre

Hinweise

Englische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Wir sind was wir sind“

Rotten Tomatoes über „Wir sind was wir sind“

Wikipedia über „Wir sind was wir sind“ (englisch, spanisch)

 

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