TV-Tipp für den 25. Juli: Tödliche Versprechen – Eastern Promises

Juli 24, 2011

HR, 23.45

Tödliche Versprechen – Eastern Promises (GB/USA/Can 2007, Regie: David Cronenberg)

Drehbuch: Steven Knight

Eine Hebamme gerät zwischen die Fronten der Russenmafia. Denn sie besitzt ein Tagebuch, das einige Verbrecher belastet. Ein Killer soll sie umbringen.

Hartes, in London spielendes, top besetztes Gangsterdrama von David Cronenberg.

Steven Knight schrieb unter anderem das Oscar- und BAFTA-nominierte und mit dem Edgar Allan Poe-Preis ausgezeichnete Drehbuch zum Stephen Frears-Film „Kleine schmutzige Tricks“ (Dirty Pretty Things, GB 2002).

„Eastern Promises“, wurde, oft in den Kategorien, bester Film, beste Regie, beste Hauptrolle und bestes Drehbuch, für zahlreiche Preise nominiert und erhielt auch einige. Knights Drehbuch war für den Edgar nominiert.

Im Moment arbeiten Steven Knight, David Cronenberg und Viggo Mortensen an einer Fortsetzung von „Eastern Promises“.

mit Viggo Mortensen, Naomi Watts, Armin Müller-Stahl, Vincent Cassel

Hinweise

Steven Knight: Eastern Promises (Drehbuch)

Englische Homepage zum Film (umfangreich; mit Hintergrundtexten und Filmausschnitten)

Deutsche Homepage zum Film (die Readers Digest-Version; dafür mit einem Cronenberg-Interview)

Film-Zeit über den Film

Die „taz“ redet mit David Cronenberg über „Tödliche Versprechen“

Wikipedia über „Tödliche Versprechen“ (deutsch, englisch)


Kleinkram: Scribe Award verliehen, „Skandalfilme“ und Interviews

Juli 24, 2011

Auf der Comic-Con in San Diego wurden die diesjährigen Scribe Awards der International Association of Media Tie-In Writers (IAMTV; also der Autoren, die „Das Buch zum Film“ oder neue Geschichten mit bekannten Film- und Seriencharakteren schreiben) verliehen. Lee Goldberg (der Autor der tollen „Monk“-Romane) kennt die Gewinner:

Author Peter David was honored as this year’s Grandmaster, and engaged in a lively discussion about his career, and tie-in writing, at the ceremony, which was hosted by Max Allan Colins and drew a packed house.

Nancy Holder won the award for best original novel in the general fiction category for Saving Grace: Tough Love.  The honors for best original novel in speculative fiction went to Nathan Long for Warhammer: Bloodborn: Ulrika the Vampire. This is the second time Long has won a Scribe for his work in the Warhammer franchise.

The Wolfman by Jonathan Maberry snagged the Best Adaptation/Novelization award while  Nathan Meyer won for Best Novel, Original or Adapted, in the Young Adult category with Dungeons and Dragons: Aldwyns Academy. 

Bei Heise gibt es ein Interview mit Stefan Volk über sein Buch „Skandalfilme“.

Der Africa Book Club unterhält sich mit Roger Smith (und ich sollte mal sein neuestes Werk „Staubige Hölle“ lesen. Sein Debüt „Kap der Finsternis“ hat mir ja gefallen.)

Matt Hilton beantwortet in den „Mean Streets“ einige Fragen. Seine Bücher erscheinen bei Heyne.

Und „Crime Always Pays“ stellt David Peace (zuletzt „Tokio, besetzte Stadt“)einige Fragen.


TV-Tipp für den 24. Juli: Sherlock: Ein Fall von Pink

Juli 24, 2011

ARD, 21.45

Sherlock: Ein Fall von Pink (GB 2010, R.: Paul McGuigan)

Drehbuch/Erfinder: Steven Moffat, Mark Gatiss

LV: Charakter von Sir Arthur Conan Doyle

Die Idee war wohl ganz einfach: Was wäre, wenn Sherlock Holmes im heutigen London leben würde?

Die Skepsis der Krimifans auf der Insel über diese bescheuerte Idee wich, schon während sie den ersten Holmes-Film sahen, nackter Begeisterung, die sich in zahlreichen Jubelarien, Nominierungen und Preisen, unter anderem dem BAFTA für die beste Drama Series, niederschlug. Denn Steven Moffat und Mark Gatiss haben nur wenig im Holmes-Universum geändert. Sie haben Sherlock Holmes, Dr. Watson und all die anderen aus den Geschichten von Sir Arthur Conan Doyle bekannten, wichtigen Charaktere und deren Beziehungsgeflecht einfach aus der Vergangenheit in die Gegenwart versetzt, das ganze erzählerisch ordentlich beschleunigt (jedenfalls im Vergleich zu den vielen bekannten Film- und TV-Interpretationen) und neue Holmes-Geschichten erfunden, die auch von Doyle hätten stammen können.

So jagt Sherlock Holmes in „Ein Fall von Pink“ einen Serienmörder, der seine Opfer, die augenscheinlich keinen Grund für einen Selbstmord hatten, so vergiftet, dass es nach einem Selbstmord aussieht.

Der Fall und wie Holmes den Täter enttarnt, ist zwar etwas schwach, aber dafür lernen wir alle Charaktere kennen und Holmes darf mehrmals zeigen, wie gut er kombinieren kann; wenn er zum Beispiel Dr. John Watson nach einer kurzen Begrüßung dessen Biographie erklärt oder Holmes und Watson zu Fuß ein Taxi verfolgen und, weil Holmes London in und auswendig kennt, sie es auch erwischen.

Dass die ARD die geniale BBC-Serie „Sherlock“ im Sommerloch versteckt wird, ist natürlich gut geplant. Denn da schalten weniger Menschen die Glotze ein. Andererseits ist es schon gemein, dass „Sherlock“ direkt nach dem „Tatort“ läuft. Denn da fällt der Vergleich zwischen den mediokren deutschen Krimis (britisches Understatement) mit den überragenden britischen Krimis so leicht.

Und für Nachschub ist auch schon gesorgt. Im Herbst zeigt die BBC drei weitere „Sherlock“-Filme, die dann auch auf Geschichten von Sir Arthur Conan Doyle basieren.

Mit Benedict Cumberbatch (Sherlock Holmes), Martin Freeman (Dr. John Watson), Rupert Graves (DI Lestrade), Una Stubbs (Mrs. Hudson), Louise Brealey (Molly Hooper),Vinette Robinson (Sgt Sally Donovan), Phil Davis (Jeff), Mark Gatiss (Mycroft)

Hinweise

The Science of Deduction (Homepage von Sherlock Holmes)

John Watson’s Blog

Molly Hooper’s Diary

BBC über „Sherlock“

BBC Germany über „Sherlock“

ARD über „Sherlock“

Hartswood Film über „Sherlock“

 

YouTube-Kanal „Sherlock“

Wikipedia über „Sherlock“ (deutsch, englisch)

Homepage von Sir Arthur Conan Doyle (Erben)

Krimi-Couch über Sir Arthur Conan Doyle

Kirjasto über Sir Arthur Conan Doyle

Wikipedia über Sir Arthur Conan Doyle (deutsch, englisch)

Sherlockian.net (Einstiegsseite mit vielen Links)

Thrilling Detective über Sherlock Holmes

Meine Besprechung von Arthur Conan Doyles “Sherlock Holmes Geschichten”, “Sherlock Holmes Kriminalgeschichten” und “The Adventures of Sherlock Holmes” (und hier eine Auflistung der in diesen Werken enthaltenen Geschichten)

Meine Besprechung von Ian Edginton (Autor)/Davide Fabbris (Zeichner): Victorian Undead: Sherlock Holmes vs. Zombies! (Victorian Undead: Sherlock Holmes vs. Zombies, 2010)

Sherlock Holmes in der Kriminalakte

 


Dagger-Preisträger, Runde 1 – und einige neue Dagger-Longlists

Juli 23, 2011

Die britische Autorenvereinigung Crime Writers’ Association (CWA) hat auf dem Theakstons Old Peculier Crime Writing Festival in Harrogate die Daggers in folgenden Kategorien verliehen:

International Dagger

Three Seconds, von Anders Roslund und Börge Hellström

Non-Fiction Dagger

The Killer of Little Shepherds, von Douglas Starr

Dagger in the Library

Mo Hayder

Short Story dagger

Homework, von Phil Lovesey

Debut Dagger (noch unveröffentlicht)

What Hidden Lies, von Michele Rowe

Und einige Dagger-Longlists veröffentlicht:

CWA Gold Dagger

Crooked Letter, Crooked Letter, von Tom Franklin

Hanging Hill, von Mo Hayder

Snowdrops, von A.D. Miller

The Cypress House, von Michael Koryta

The End of the Wasp Season, von Denise Mina

The Lock Artist, von Steve Hamilton

The Villa Triste, von Lucretia Grindle

White Heat, von M.J McGrath

CWA Ian Fleming Steel Dagger

An Agent of Deceit, von Chris Morgan Jones

Before I Go to Sleep, von S.J. Watson

Cold Rain, von Craig Smith

Savages, von Don Winslow

The Cobra, von Frederick Forsyth

The Good Son, von Michael Gruber

The Lock Artist, von Steve Hamilton

The Trinity Six, von Charles Cumming

CWA John Creasey (New Blood) Dagger

Before I Go to Sleep, von S.J. Watson

Into the Darkest Corner, von Elizabeth Haynes

Kiss Me Quick, von Danny Miller

Or the Bull Kills You, von Jason Webster

Sister, von Rosamund Lupton

The Dead Woman of Juárez, von Sam Hawken

The Dogs of Rome, von Conor Fitzgerald

The Poison Tree, von Erin Kelly

ITV3 People’s Bestseller Dagger

The Sixth Man, von David Baldacci

Worth Dying For, von Lee Child

Good As Dead, von Mark Billingham

Dead Man’s Grip, von Peter James

Before the Poison, von Peter Robinson

Am 22. August werden die Shortlists für die Daggers veröffentlicht und am 7. Oktober ist die Preisverleihung in London.

 


TV-Tipp für den 23. Juli: Engelsgesicht

Juli 23, 2011

ZDFkultur, 22.40

Engelsgesicht (USA 1953, R.: Otto Preminger)

Drehbuch: Frank Nugent, Oscar Millard, Ben Hecht (ungenannt) (nach einer Geschichte von Chester Erskine)

Krankenwagenfahrer Frank Jessup verliebt sich in Diane Tremayne, als er ihre reiche Stiefmutter in letzter Sekunde rettet. Dass Diane sie umbringen wollte, stört den verliebten Jüngling nicht.

Toller, selten gezeigter Noir von Otto Preminger, der auch „Laura“, „Anatomie eines Mordes“ und „Bunny Lake ist verschwunden“ (um nur seine bekanntesten Krimis zu nennen und seine anderen Filme galant ignorierend) inszenierte.

Preminger’s finest noir after ‚Laura’“ (Alexander Ballinger/Danny Graydon: The Rough Guide to Film Noir)

mit Robert Mitchum, Jean Simmons, Mona Freeman, Herbert Marschall, Leon Ames, Barbara O’Neill

Wiederholung: Sonntag, 24. Juli, 03.05 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Wikipedia über „Engelsgesicht“ (deutsch, englisch)

Turner Classic Movies über „Angel Face“

Noir of the Week über „Angel Face“

DVD Talk über „Angel Face“

Der Film Noir über „Engelsgesicht“

Meine Besprechung von Ben Hechts „Von Chicago nach Hollywood – Erinnerungen an den amerikanischen Traum“


Jürgen Kehrer meint „Fürchte dich nicht!“ vor Zecken

Juli 22, 2011

Es ist ein Kreuz mit den deutschen Polit-Thrillern. Eigentlich gäbe es, wie ein Blick in die Tageszeitung und etwas kriminelle Fantasie (was jeder Krimiautor haben sollte) zeigt, viel zu erzählen. Aber was ich in den vergangenen Jahren von deutschen Krimiautoren gelesen hatte, war dann doch, bis auf wenige Ausnahmen, enttäuschend, teils sogar ärgerlich. Und das liegt nicht daran, dass man bestimmte Geschichten in Deutschland nicht erzählen kann, sondern daran, wie die Geschichte erzählt wird.

Auch Jürgen Kehrers „Fürchte dich nicht!“ bleibt weit unter den Möglichkeiten, die die Prämisse bietet.

Ein Unbekannter hat den durch Zecken übertragenen FSME-Virus genetisch so verändert, dass die Infizierten keine Angst mehr verspüren und teilweise durch den Zeckenbiss auch sterben. Auf Norderney und an einigen anderen Orten gab es mehrere Fälle. Das ist besonders deshalb schlimm, weil auf Norderney in einigen Wochen ein Treffen der EU-Regierungschefs stattfinden soll. Einige werden sich schon jetzt fragen, warum der Bösewicht den Feldversuch mit seinen Zecken ausgerechnet an dem Ort durchführt, an dem er später zuschlagen will.

Aber irgendwo muss der Bösewicht ja mit seinen Untaten beginnen und so lernen wir auch den dorthin versetzte Kommissar Martin Geis kennen. Der erfüllt alles Bedingungen des Klischee-Kommissars: ein Superbulle, der strafversetzt wurde, nachdem er den Liebhaber seiner Frau (gleichzeitig sein Vorgesetzter) verprügelte, inzwischen allein lebend und mit einer ordentlichen Abneigung gegen die da oben ausgestattet; vor allem, wenn sie auf seiner Insel eine hoch gesicherte Tagung durchführen wollen. Dass er ziemlich schnell suspendiert wird und auf eigene Faust ermittelt, überrascht nicht.

Ihm zur Seite steht die Mikrobiologin Viola de Monti vom Bundesinstitut für Infektionskrankheiten (in der profanen Realität das Robert-Koch-Insitut), die als Wissenschaftlerin brillant, als Privatperson aber hoffnungslos verkorkst ist. Dennoch kommen die beiden sich näher (Liebesgeschichte muss sein). Auch sie wird in den Urlaub geschickt (Uhuh, warum schicken die Chefs ihre besten Angestellten immer dann in Urlaub, wenn sie sie doch gerade am Nötigsten brauchen?) und sie sucht auf eigene Faust weiter (Klar, was denn auch sonst?). Gemeinsam suchen die beiden Zwangsurlauber die Quelle. Ihre Ermittlungen führen sie nach Münster (aber sie treffen dort nicht auf den Kehrer erfundenen Privatdetektiv Wilsberg).

Das folgt alles brav den Konventionen des biederen deutschen TV-Krimis und der dort herrschenden Technikphobie. Denn obwohl „Fürchte dich nicht!“ heute spielt und auch Computer und Handys vorkommen, könnte die Geschichte genau so vor zwanzig Jahren, als Laptops noch exotisch waren, Mobiltelefone die Größe eines Reisekoffers hatten und das Internet die Phantasie durchgeknallter Science-Fiction-Autoren war, spielen.

Nachdem unsere beiden tapferen Helden das Haus des Bösewichts mit der Zeckenfarm entdeckt haben (so kurz vor Seite 200), gibt es einige überraschende Wendungen, die die Geschichte in eine episodenhafte Und-dann-Abfolge abgleiten lassen, die sich nicht mehr groß um einen schlüssigen Aufbau kümmert und, auch weil vom Autor nichts davon längerfristig vorbereitet wurde, zunehmend langweilt.

Denn nachdem Geis und de Monti die Zeckenfarm entdeckt haben, bewegt die Handlung sich nicht zielstrebig auf die Konfrontation zwischen den Guten und dem Bösewicht zu, sondern verirrt sich auf Nebenkriegsschauplätzen, das Tempo wird möglichst vollständig gedrosselt und auch die Gefahr vor dem tödlichen Virus ist vor der Tagung bereits gebannt (Nebenbei bemerkt sind Zecken ganz schlechte Krankheitsüberträger, weil sie passiv warten, bis ihr Opfer auftaucht.). Es ist für die Guten auch unklar, ob der Bösewicht wirklich auf der Tagung zuschlagen will (Ja! Immerhin haben wir den Prolog gelesen.), was das Ziel seines Angriffs und was sein Motiv ist. So bleibt der Bösewicht ein blasser Geselle. Und genau das sollte der Bösewicht nicht sein.

Kurz gesagt wurde in der zweiten Hälfte ungefähr alles, was die Spannung hätte steigern können, fast schon zwanghaft vermieden.

Jürgen Kehrer: Fürchte dich nicht!

Grafit, 2011

336 Seiten

9,99 Euro

Erstausgabe

Grafit, 2009

18,90 Euro

Hinweise

Homepage von Jürgen Kehrer

Wikipedia über Jürgen Kehrer

Meine Besprechung von Jürgen Kehrers „Wilsberg und die dritte Generation“

Jürgen Kehrer in der Kriminalakte

Bonusmaterial

 


TV-Tipp für den 22. Juli: Shine a Light

Juli 22, 2011

Phoenix, 22.50

Shine a Light (USA/GB 2008, R.: Martin Scorsese)

In seinen Filmen hat Martin Scorsese bereits öfter Songs der Rolling Stones verwandt. Bei „Shine a Light“ drehte er einen Film mit ihnen. Einen Konzertfilm, der ihre beiden 2006er-Konzert im New Yorker Beacon Theater dokumentiert.

Als Gäste waren Buddy Guy, Christina Aguilera und Jack White auf der Bühne dabei. Im Publikum kann man auch einige bekannte Gesichter sehen.

Shine a Light“ ist natürlich mehr ein „Rolling Stones“-Konzertfilm als ein Martin-Scorsese-Film, obwohl Scorses mit „The Last Waltz“ bereits einen legendären, im TV schon lange nicht mehr gezeigten Konzertfilm über das letzte Konzert der Rockband „The Band“ drehte.

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Shine a Light“

Berlinale 2008: Pressekonferenz zum Film mit Martin Scorsese und den Rolling Stones

Wikipedia über „Shine a Light“ (deutsch, englisch)

Homepage der Rolling Stones

Wikipedia über Martin Scorsese (deutsch, englisch)

Martin-Scorsese-Fanseite

Martin Scorsese in der Kriminalakte


Neu im Kino/Filmkritik: Arschkalt, Win Win

Juli 21, 2011

Es kommen zwar eine Sachbeschädigung und ein Einbruch („Arschkalt“) und ein Betrug („Win Win“) in den beiden Kinoneustarts vor, aber Kriminalfilme sind es nicht. Es sind beides typische Feelgood-Filme, die mit einem guten Hauptdarsteller punkten können. Denn Herbert Knaup sieht man viel zu selten, vor allem in einer Hauptrolle, auf der großen Leinwand und Paul Giamatti, nun, haben wir erst letzte Woche in „Barney’s Version“ gesehen.

Rainer Berg (Herbert Knaup) arbeitet als „Mr. Frost“-Lieferant für Tiefkühlfisch in Norddeutschland. Seine Verkäufe sind zwar gut, aber beliebt ist der Stinkstiefel nicht. Und er hat auch allen Grund mit dem Leben zu hadern: ein schlechter Job, eine weggelaufene Frau und ein Vater, der in einem Nobelaltersheim auf seine Kosten lebt und immer noch glaubt, dass Rainer den Familienbetrieb von einem Geschäftserfolg zum nächsten führt. Dabei ist das Unternehmen schon lange pleite und die Fabrikhalle verfällt langsam.

Als „Mr. Frost“ von einem internationalem Konzern übernommen wird und die Holländerin Lieke van der Stock (Elke Winkens) den Betrieb restrukturieren soll, ist er davon selbstverständlich überhaupt nicht begeistert. Aber es kommt noch schlimmer. Lieke hält es in einem Anfall kindischer Bosheit für eine gute Idee, dem Stinkstiefel als Beifahrer den immer fröhlichen und schwatzhaften Betriebstrottel Tobias Moerer (Johannes Allmayer), der gerne mal eine Palette Tiefkühlfisch gegen die Wand fährt und einen Kurzschluss produziert, zu geben. Rainer soll ihn als Verkäufer einarbeiten.

Wie die Geschichte über den emotional erkalteten Stinkstiefel, der im Laufe von neunzig Filmminuten auftaut, weitergeht, kann man sich an zwei Fingern abzählen und weil Regisseur und Drehbuchautor André Erkau dies mit so viel norddeutsch-unterkühltem Humor und einer Prise Kaurismäki erzählt, gibt es auch keine falschen Sentimentalitäten.

Aber es gibt auch, immer wieder, vollkommen unpassende Szenen, die sich vor allem in der „Mr. Frost“-Tiefkühlhalle abspielen und zwischen Satire und Comedy der platten Art schwanken. Vor allem wenn Elke Winkens als neue Chefin ihren holländischen Akzent übertreibt und ihr Gesicht immer wieder durchaus beeindruckend verzieht oder sich diebisch über ihre aus heiterem Himmel (auch bekannt als der Wille des Autors) kommende Idee, Rainer und Tobias als Team loszuschicken, freut.

So lässt „Arschkalt“ einen dann doch etwas kalt zurück. Oder in der Sprache der Tiefkühlkost: nur halb aufgetaut.

Arschkalt (D 2011)

Regie: André Erkau

Drehbuch: André Erkau

mit Herbert Knaup, Johannes Allmayer, Elke Winkens, Peter Franke, Thorsten Merten

Länge: 90 Minuten

Hinweise

Homepage zum Film

YouTube-Kanal zum Film (mit einigen Filmausschnitten)

Film-Zeit über „Arschkalt“

Eine Woche nach „Barney’s Version“ spielt Paul Giamatti in „Win Win“ einen gänzlich anderen Charakter und wieder ist an seinem Spiel nichts auszusetzen.

In „Win Win“ ist er der New-Jersey-Anwalt Mike Flaherty. Ein gutherziger Mittelständler, der als Anwalt, wie viele seiner Kollegen, gerade so über die Runden kommt. Dafür ist er allgemein beliebt, gutherzig, hilfsbereit, glücklich verheiratet, hat zwei liebe Kinder und trainiert das chronisch erfolglose Ringkampfteam der Schule. Er versucht, wie so viele andere Menschen, über die Runden zu kommen, ohne jemand zu verletzten. Auch dass er sich spontan vor Gericht entschließt, die Vormundschaft für einen an Alzheimer erkrankten Mandanten zu übernehmen entspringt mehr der eigenen finanziellen Not, gekoppelt mit einer ordentlichen Portion Mitgefühl für den ihm vom Gericht zugewiesenen Mandanten, als wirklich bösem Willen. Immerhin hat er sich vorher wochenlang bemüht, die Tochter von Leo Poplar (Burt Young) zu finden. Außerdem will Leo auch nichts mehr mit ihr zu tun haben. Somit, so denkt sich Mike, schadet er niemandem und das monatliche Pflegegeld von 1500 Dollar, die er dringend braucht, würden ihm aus der aktuellen finanziellen Klemme helfen.

Es läuft alles gut, bis eines Abends Leos Neffe Kyle (Debütant und Ringer Alex Shaffer) vor seiner Tür sitzt. Mike und seine Frau Jackie (Amy Ryan) nehmen ihn eher widerwillig für eine Nacht auf. Aus der einen Nacht werden mehrere Nächte und der wortkarge Kyle integriert sich langsam in die Familie und die Schule. Dass er ein Ringkampftalent ist, ist nicht schädlich. Im Gegenteil: die Schulmannschaft gewinnt endlich einmal einen Kampf.

Aber dann taucht Kyles drogensüchtige Mutter (Melanie Lipsky) auf. Sie möchte die Pflege ihres Vaters aus rein finanziellen Motiven übernehmen. Zuerst ist es die anvisierte Erbschaft, später das Pflegegeld, das sie gut gebrauchen kann und Mike hat Leo schließlich auch, gegen Leos ausdrücklichen Wunsch und gegen Mikes vor Gericht gegebene Zusage, in ein Altersheim abgeschoben. Dieses gebrochene Versprechen könnte Mike die Zulassung kosten.

Schon der Titel „Win Win“ gibt einen deutlichen Hinweis auf das Ende. Denn „Win Win“ bezeichnet in der Spieltheorie eine Situation, die dazu führt, dass am Ende alle besser dastehen als am Anfang (deshalb reden Politiker heute auch so gerne von Win-Win-Situationen, während Wissenschaftler gerne die ganze Welt als ein Gefangenendilemma sehen).

Daher ist, wer diesen Wink mit dem Zaunpfahl versteht und weil es sich für ein Feelgood-Movie so gehört, das Ende von „Win Win“ vorgezeichnet. Auch den Weg dorthin beschreitet Tom McCarthy in seinem Independent-Film größtenteils auf den vertrauten Pfaden von Sport- und Familienfilm. Aber wie McCarthy dann in vielen kleinen Szenen und präzisen Beobachtungen, die so scheinbar mühelos und leicht, fast als seien sie zufällig aufgenommen worden, daherkommen, seine Geschichte erzählt, ist sehenswert. Denn sie spielt vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Finanzkrise, die dazu führt, dass auch Mittelständler um ihr ökonomisches Überleben kämpfen müssen und auch die heile Welt von Mike ist brüchig.

Außerdem hat McCarthy alle seine Charaktere in der Grauzone zwischen Gut und Böse, Heldentum und Feigheit angesiedelt. Sie sind eben, auch dank der tollen Schauspieler, normale Menschen mit all ihren Fehlern und ihrer Menschlichkeit.

So ist „Win Win“ ein angenehm unkitschiges Feelgood-Movie mit einigen kritischen Untertönen, präzisen Beobachtungen und guten Schauspielern über einen Mann, der etwas Geld wollte und eine zweite Familie findet. Das erinnert natürlich an die Filme von Frank Capra. Aber Tom McCarthy verzichtet in seinem zutiefst humanistischem Film auf die damals übliche Schlussansprache. Dafür ist der Glaube an das Gute im Menschen in jedem Bild präsent.

Bei „Win Win“ können sich auch die Zuschauer zu den Gewinnern zählen.

Win Win (Win Win, USA 2011)

Regie: Tom McCarthy

Drehbuch: Tom McCarthy (nach einer Geschichte von Tom McCarthy und Joe Tiboni)

mit Paul Giamatti, Amy Ryan, Bobby Cannavale, Jeffrey Tambor, Burt Young, Melanie Lynskey, Alex Shaffer

Länge: 106 Minuten

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Win Win“

San Francisco Chronicle: Interview mit Tom McCarthy


TV-Tipp für den 21. Juli: Frost/Nixon

Juli 21, 2011

ZDF, 22.15

Frost/Nixon (USA 2008, R.: Ron Howard)

Drehbuch: Peter Morgan (nach seinem Theaterstück von 2006)

Vor dem Interview hielt Richard Nixon es für eine gute Idee: 1977, drei Jahre nach seinem Rücktritt als Präsident der USA wegen der Watergate-Affäre, gab er dem britischen TV-Journalisten David Frost ein Interview, in dem er seine Sicht der Ereignisse erzählen wollte. Aber Frost war gut vorbereitet und das Interview nahm einen anderen Verlauf.

Grandioses Schauspielerkino.

Frost/Nixon“ war für fünf Oscars, fünf Golden Globes und sieben BAFTA-Awards, immer auch in den KategorienBester Film, Beste Regie, Bestes Drehbuch, nominiert.

mit Michael Sheen, Frank Langella, Kevin Bacon, Rebecca Hall, Matthew Macfadyen, Oliver Platt

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Drehbuch „Frost/Nixon“ von Peter Morgan

Film-Zeit über „Frost/Nixon“

Wikipedia über „Frost/Nixon“ (deutsch, englisch)


TV-Tipp für den 20. Juli: Let’s make Money

Juli 20, 2011

Eins Festival, 20.15

Let’s Make Money – machen wir Geld (Österreich 2008, R.: Erwin Wagenhofer)

Drehbuch: Erwin Wagenhofer

Spielfilmlange Doku über globale Finanzströme und was unsere Rente mit der Ausbeutung in Ghana und Indien und millionenteuren sinnlosen Hotels und Wohnsiedlungen in Spanien zu tun hat. Einige Aussagen von Investoren und Fondsmanagern sind schön entlarvend, aber letztendlich bestätigt „Let’s Make Money“ nur, hübsch bebildert, eigene Vorurteile gegen die Globalisierung.

Denn bei seiner Hatz um den halben Globus kratzt Wagenhofer (We feed the world) immer nur an der Oberfläche.

„Ein aufwändig recherchierter, über weite Strecken erhellender Film, der sich nahtlos in die Reihe der dokumentarischen Globalisierungskritik der letzten Jahre fügt.“ (Lexikon des internationalen Films)

Wiederholung: Donnerstag, 21. Juli, 00.15 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Homepage zum Film

Film-Zeit über „Let’s Make Money“

Wikipedia über „Let’s Make Money“ (deutsch, englisch)

Tagesspiegel über „Let’s Make Money“ (26. Juli 2010)


DVD-Kritik: Sam Peckinpahs Krieg: „Steiner – Das eiserne Kreuz“

Juli 19, 2011

Was es bedeutet als Soldat an der Front zu stehen, zeigt Sam Peckinpah in seinem Hohelied auf den einfachen Soldaten „Steiner – Das eiserne Kreuz“, das damals einer der größten Kinohits der siebziger Jahre war. Dabei waren anscheinend schon die Dreharbeiten des 15 Millionen D-Mark teuren Films in Jugoslawien der reinste Krieg und standen finanziell immer wieder auf der Kippe. Denn Wolf C. Hartwig, der mit seiner Produktionsgesellschaft Rapid für die „Schulmädchen-Report“-Filme verantwortlich war, wollte jetzt einen ernsten Film mit Hollywood-Beteiligung produzieren. Die Verfilmung von Willi Heinrichs Debütroman „Das geduldige Fleisch“ über den deutschen Soldaten Steiner und seine Erlebnisse an der Ostfront während des Rückzugs, sollte, wie später die Produktionen von Bernd Eichinger, ein deutscher Kriegsfilm für den Weltmarkt werden. Für die Bestsellerverfilmung wurden die Stars James Coburn, James Mason, David Warner und Maximilian Schell für die Hauptrollen und eine Riege bekannter deutscher Schauspieler, wie Vadim Glowna, Klaus Löwitsch, Arthur Brauss und Burkhardt Driest, verpflichtet. Die Regie sollte Sam Peckinpah übernehmen – und wahrscheinlich erhielt man damals noch nicht so viele Informationen aus Hollywood. Denn Sam Peckinpah verwandelte die Dreharbeiten in Jugoslawien, wenig überraschend für alle, die ihn kannten, in ein Schlachtfeld. Vor und hinter der Kamera. In dem Bonusmaterial der jetzt veröffentlichten, restaurierten und erstmals ungekürzten Veröffentlichung des Films gibt es dazu zahlreiche Geschichten der damals Beteiligten. Sie erzählen auch, wie Hartwig (der nicht interviewt wurde) sich immer wieder Geld besorgte und kurz vor dem Ruin stand. Er versprach auch Unmengen an Statisten und Material und lieferte dann nicht. So musste ein Großangriff mit drei Panzern gedreht werden. Und Sam Peckinpah inszenierte den Film, den er im Kopf hatte.

Dabei hatte er bei „Steiner – Das eiserne Kreuz“ sogar den Endschnitt und das Ergebnis ist ein auch heute noch überwältigender Kriegsfilm. Die Geschichte, der Kampf zwischen Feldwebel Steiner (James Coburn) und Hauptmann Stransky (Maximilian Schell), ist dabei nur die dramaturgische Klammer für einen illusionslosen Blick auf das Soldatenleben, ein komplexes Beziehungsgeflecht zwischen den einzelnen Charakteren und ihrer widerstreitenden Weltanschauungen.

Die Offiziere organisieren den Rückzug und sehen das Kriegsende und die Niederlage nur als Vorbereitung für den nächsten Krieg an. Neu an der Front ist Stransky. Er hat sich an die Ostfront versetzen gelassen, um dort das Eiserne Kreuz zu erhalten. Für den preußischen Adligen wäre das Eiserne Kreuz die Krönung seiner militärischen Laufbahn und bei seiner Familie und Freunden die endgültige Auszeichnung. Für Steiner ist die Auszeichnung dagegen nur noch ein Stück Blech – und er hat keine Lust seine Männer für die Ambitionen eines Endsieg-gläubigen Feiglings sterben zu lassen.

Diese Geschichte packt Peckinpah in Bilder und Szenen, die im Gedächtnis bleiben. Bei den Kampfszenen, die oft im Nebel oder Rauch stattfinden, ist es die Art, wie er die Zeitlupe verwendet und die ihn sehr deutlich von den vielen glücklosen Nachahmern unterscheidet. Bei den intimen Szenen ist es das Spiel der Schauspieler, ihre Dialoge, ihre Gesten und, wie in den Kampfszenen, der Schnitt.

Gleichzeitig unterläuft Peckinpah von der ersten bis zur letzten Sekunde, obwohl er auf den ersten Blick die Erwartungen eines Kriegsfilms erfüllt, die Konventionen des Kriegsfilms.

 

Die „Special Edition“ auf Blu-ray

 

Digital restauriert, uncut und mit gut zwei Stunden Bonusmaterial. Da bekommt der Peckinpah-Fan schon bei der Ankündigung feuchte Augen. Denn die bisherigen deutschen Ausgaben von „Steiner – Das eiserne Kreuz“ waren gekürzt, enthielten nur die deutsche Tonfassung und kein nennenswertes Bonusmaterial.

Das Bonusmaterial für die „Special Edition“ wurde von Peckinpah-Fan Mike Siegel, der auch die wunderschöne Doppel-DVD „Passion & Poetry – The Ballad of Sam Peckinpah“ (Kaufbefehl!) veröffentlichte, erstellt. Dabei griff er auf Interviews, die er für „Passion & Poetry“ führte (und dort nur in Ausschnitten veröffentlichte), und seine eigene umfangreiche Peckinpah-Sammlung zurück. Das Kernstück ist dabei die 45-minütige Doku „Leidenschaft & Poesie: Sam Peckinpahs Krieg“. Dazu gibt es weitere Ausschnitte aus dem Interview mit Vadim Glowna und viel historisches Material, wie O-Töne der Stars, einige geschnitte Szenen (wozu auch eine Szene mit James Coburn und Senta Berger gehört) und Werbespots, die Sam Peckinpah mit James Coburn in Japan drehte.

Da fehlt nur noch die 48-minütige Super-8-Fassung für das Heimkino. Aber das dürfte, obwohl manche Super-8-Fassungen eine gute Kurzfassung des Films sind, der einzige Wermutstropfen sein.

Insgesamt ist das jetzt die definitive Ausgabe von Sam Peckipahs Kriegsfilmklassiker „Steiner – Das eiserne Kreuz“.

Hinweise zur Blu-ray- und DVD-Veröffentlichung: In der Erstauflage ist in der deutschen Tonspur zwischen Minute 41 und 47 der Ton asynchron zum Bild. Weil in den Minuten gekämpft wird, ist es nicht so schlimm (vor allem wer sich die Originalfassung ansieht), aber Kinowelt tauscht die Blu-rays auch um (einfach Mail an info[@]kinowelt.de bzw. fehlerhafte Blu-ray mit Zustelladresse an Kinowelt schicken).

In der für Mitte Juli angekündigten korrigierten Auflage ist der Fehler behoben.

Am 8. September 2011 erscheint der Kriegsfilmklassiker auf DVD.

Steiner – Das eiserne Kreuz (Cross of Iron, D/GB 1977)

Regie: Sam Peckinpah

Drehbuch: Julius J. Epstein, Walter Kelley, James Hamilton

LV: Willi Heinrich: Das geduldige Fleisch, 1955

mit James Coburn, Maximilian Schell, James Mason, David Warner, Klaus Löwitsch, Vadim Glowna, Fred Stillkrauth, Roger Fritz, Dieter Schidor, Durkhard Driet, Michale Nowka, Senta Berger, Arthur Braus, Véronique Vendell, Mikael Slavco Stimac

Blu-ray (Special Edition)

Kinowelt

Bild: 1,85:1 1080/24p Full HD

Ton: Deutsch Mono (DTS-HD Master Audio), Englisch (Mono LPCM)

Untertitel:Deutsch, Englisch

Bonusmaterial: Leidenschaft und Poesie: Sam Peckinpahs Krieg, On Location (Interviews mit Sam Peckinpah, James Coburn, David Mason, Maximilian Schell, David Warner), Krüger küsst Kern, Briefe von Vadim & Sam, Vadim & Sam: Vater & Sohn, Schnittreste, Steiner in Japan, Mikes Homemovies: Steiner trifft Kiesel wieder, Trailer Deutschland, TV-Spot USA, Trailer USA/England

Länge: 133 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Wikipedia über „Steiner – Das eiserne Kreuz“ (deutsch, englisch)

DVD Beaver: Bildvergleich der verschiedenen Veröffentlichungen des Films

Homepage von Willi Heinrich

Meine Besprechung von Mike Siegels „Passion & Poetry: The Ballad of Sam Peckinpah“

Meine Besprechung von Sam Peckinpahs „Gefährten des Todes“

Sam Peckinpah in der Kriminalakte

 

 


Cover der Woche

Juli 19, 2011


TV-Tipp für den 19. Juli: Leben und Sterben in L. A.

Juli 19, 2011

Das Vierte, 20.15

Leben und Sterben in L. A. (USA 1985, R.: William Friedkin)

Drehbuch: William Friedkin, Gerald Petievich

LV: Gerald Petievich: To live and die in L. A., 1984 (Leben und Sterben in L. A.)

Zwei Polizisten jagen einen Geldfälscher. Dabei sind sie in der Wahl ihrer Mittel nicht gerade zimperlich.

Nihilistischer Polizei- und Gangster-Thriller mit rasanten Action-Szenen. Unterschätzt!

Aufgrund der Uhrzeit könnte eine gekürzte Version gezeigt werden.

Mit William L. Petersen, Willem Dafoe, John Pankow, John Turturro, Dean Stockwell, Gerald Petievich (in einer Minirolle als „Special Agent“)

Wiederholung: Mittwoch, 20. Juli, 03.00 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Homepage von Gerald Petievich

Wikipedia über „Leben und Sterben in L. A.“ (deutsch, englisch)

Noir of the Week über „To Live and Die in L. A.“

Combustible Celluloid: Ein kurzes Interview mit William Friedkin über „To Live and Die in L. A.“  (21. November 2003)

MovieWeb: Ein Gespräch mit William Friedkin anläßlich der Blu-Ray-Veröffentlichung von „To Live and Die in L. A.“ (19. Februar 2010)

Yahoo/Associated Content: William Friedkin, William L. Petersen und Darlanne Fluegel über „To Live and Die in L. A.“ (31. Januar 2011)


Kleinkram

Juli 18, 2011

Bei Complex könnt ihr die Kurzgeschichte „Naked Angel“ von Joe R. Lansdale lesen. Sie erschien in dem Sammelband „L. A. Noire“ (yep, zum abgefeierten PC-Game) und auf der „L. A. Noire“-Seite gibt es noch einige weitere Geschichten zum kostenlosen Download.

Die „L. A. Noire“-Geschichte „See the Woman“ von Lawrence Block gibt es bei Mulholland Books.

Lawrence Block ist jetzt auch ein Blogger.

Tom Piccirilli schreibt, schon vor dem Erscheinungstermin, lobende Worte über das neue alte Lawrence-Block-Buch „Getting Off“ (erscheint September) und über „Choke Hold“ von Christa Faust (erscheint Oktober).

Beide Bücher erscheinen bei Hard Case Crime, das nach einer Pause mit neuer Kraft weitermacht. Schaut euch einfach die Vorschau an.

Max Allan Collins schreibt über „Target Spillane“:

I can’t imagine MYSTERY SCENE publishing a piece about any other major writer in the field that takes the approach of this one. “Agatha Christie wrote tripe, but she was a fun old gal at parties.” Who was it that said, “Pfui?”

Sixty-four years later, and the attacks on Mickey just never end, this one published in a magazine I admire and respect, from a writer I have long admired and respected.

Aber dieser neue Artikel über Mickey Spillane hat Max Allan Collins gefallen.

Crimefactory Magazine hat sich mit Duane Swierczynski (aka Duane Louis) unterhalten.

Der Trailer für den neuen „Sherlock Holmes“-Film „A Game of Shadows“ sieht toll aus:

Der Trailer für „Contagion“, den neuen Film von Steven Soderbergh, sieht ebenfalls vielversprechend aus:

Auch wenn es nicht so aussieht: die neue Version von „The Thing“ soll die Vorgeschichte zu John Carpenters „The Thing“ (Das Ding aus einer anderen Welt, USA 1982) erzählen und kein Remake sein.

Also: Gääähn.

Mark Billinghams, Tom Thorne, sein neuer Krimi „Bloodline“ (gerade in den USA erschienen) und die Verfilmungen:

Central-Crime-Zone-Ruth gefällt „Bloodline“ und zu den Thorne-Filmen meint sie:

Tom Thorne is an over the top every man cop with layers and baggage. He is Jimmy Smit’s Simone from NYPD Blues. He is Timothy Olyphant in Justified. He is Rudy Carazzo from the 57th Precinct series. He is Lucas Davenport without the cash. He is Harry Bosch with all the bad political savy.
Mark Billingham and Tom Thorne are the best of reads. There’s a depth of character and plot written with the pacing of an airport best seller.

Bei Mulholland Books gibt es die Kurzgeschichte „The Walls“ von Mark Billingham (Teil 1, Teil 2) und Lee Child unterhält sich mit Mark Billingham (Teil 1, Teil 2).

Die Verfilmung des ersten Thorne-Krimis „Sleepyhead“, „Der Kuss des Sandmanns“, erscheint am 28. Juli (Verleih; Verkauf ab dem 11. August) bei Eurovideo. David Morrissey spielt Detective Inspector Tom Thorne:

Eine mysteriöse Mordserie, bei der mehrere Frauen getötet wurden, beschäftigt Ermittler Tom Thorne (David Morrissey). Seine Aufklärungsarbeit verläuft schleppend, bis plötzlich eine Überlebende (Sara Lloyd-Gregory) auftaucht und schwer verletzt ins Krankehaus eingeliefert wird. Thorne hofft auf eine Zeugin, doch er muss mit Erschrecken feststellen, dass sie am Locked-In-Syndrom leidet: einer Krankheit, bei der ihr wacher Geist in einem vollständig gelähmten Körper steckt. Dann erreicht Thorne eine grausame Nachricht des Mörders und die Ermittlung wird für ihn zu einer persönlichen Angelegenheit. Als ein weiterer Mord geschieht, ist ihm jedes Mittel recht, den Täter zur Strecke zu bringen.

Hier ein Ausschnitt aus dem Film:

Die Verfilmung des zweiten Tom-Thorne-Romans „Sacredy Cat“, „Die Tränen des Mörders“ (Eurovideo) gibt es ab dem 8. August im Verleih und dem 15. September im Verkauf.

Und von Ken Bruen gibt es inzwischen Teil XXV von „Black Lens“.


TV-Tipp für den 18. Juli: Verdict Revised – Unschuldig verurteilt: Mauer des Schweigens

Juli 17, 2011

ZDFneo, 23.30

Verdict Revised – Unschuldig verurteilt: Mauer des Schweigens (Schweden 2008, R.: Molly Hartleb)

Drehbuch: Inger Scharis, Johann Zollitsch

Erfinder: Johann Zollitsch

Einer der angenehmen Nebeneffekte der ÖR-Spartenkanäle ist, dass auch ungewöhnliche TV-Serien (jedenfalls für alle, deren Horizont bei „CSI“ endet), gerne auch nicht aus den USA, nach Deutschland kommen. Ich sage nur „Breaking Bad“, „Hustle“, „Mad Men“, „Spooks“, „Suite Noire“ und „Xanadu“. Auch „Verdict Revised“ kommt, trotz des englischen Titels, nicht aus den USA, sondern aus Schweden.

Mikael Presbandt (Kommissar Beck, Codename: Medizinmann, In einer besseren Welt) spielt Markus Haglund, einen Professor für Strafrecht, der sich lieber in der Kneipe als im Hörsaal aufhält und jetzt mit vier Studenten für die Rechte von unschuldig Verurteilten kämpft.

In Schweden wurden bis jetzt 24 Folgen gedreht. ZDFneo zeigt die aus zwölf Folgen bestehende erste Staffel.

Mit Mikael Persbrandt, Sofia Ledarp, Helena af Sandeberg, Francisco Sobrado, Leonard Terfelt

Hinweise

ZDFneo über „Verdict Revised – Unschuldig verurteilt“

Wikipedia über „Verdict Revised – Unschuldig verurteilt“


TV-Tipp für den 17. Juli: Verdacht

Juli 17, 2011

BR, 23.45

Verdacht (USA 1941, Regie: Alfred Hitchcock)

Drehbuch: Samson Raphaelson, Joan Harrison, Alma Reville

LV: Francis Iles (Pseudonym von Anthony Berkeley): Before the fact, 1932 (Vor der Tat)

Hals über Kopf verknallt sich die schüchterne, vermögende Lina McLaidlaw in den Playboy Johnny Aysgarth. Nach ihrer Heirat erfährt sie, dass ihr Mann ein Spieler ist und dringend Geld braucht. Deshalb glaubt sie, dass er sie umbringen will.

Klassiker.

Zur Einordnung: Das ist der Hitchcock, in dem Grant mit einem Glas Milch auf einem Tablett eine Treppe hochgeht.

“Durchaus spannend, aber auch humorvoll, ist ‘Verdacht’ eine Kriminalgeschichte ohne ein Verbrechen.” (Meinolf Zurhorst: Lexikon des Kriminalfilms)

mit Joan Fontaine, Cary Grant, Sir Cedric Hardwicke, Nigel Bruce

Hinweise

Wikipedia über „Verdacht“ (deutsch, englisch)

Wikipedia über Alfred Hitchcock (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von „Alfred Hitchcock präsentiert – Teil 1“

Meine Besprechung von „Alfred Hitchcock präsentiert – Teil 2“

Meine Besprechung von „Alfred Hitchcock zeigt – Teil 1“

Meine Besprechung von „Alfred Hitchcock zeigt – Teil 2“

Meine Besprechung von Alfred Hitchcocks „Mr. und Mrs. Smith“

Meine Besprechung von Thilo Wydras „Alfred Hitchcock“

Alfred Hitchcock in der Kriminalakte


TV-Tipp für den 16. Juli: Im Schatten der Nacht

Juli 16, 2011

ZDFkultur, 00.00

Im Schatten der Nacht (USA 1949, R.: Nicholas Ray)

Drehbuch: Nicholas Ray, Charles Schnee

LV: Edward Anderson: Thieves like us, 1937

Drei Häftlinge flüchten aus dem Gefängnis. Der Jüngste verliebt sich auf dem Land in eine Frau und will ein ehrliches Leben beginnen. Aber die Polizei jagt das Liebespaar erbarmungslos weiter.

Das extrem selten gezeigte Regiedebüt von Nicholas Ray „schildert die beiden als Ausgestoßene, deren Liebe gegen die Welt der Gewalt keine Chance hat.“ (Paul Werner: Film Noir)

Nicholas Ray’s first feature is one of the great ‚couple on the run‘ movies, given an added poignancy by the pair’s genuine love for each other.“ (Alexander Ballinger/Danny Graydon: The Rough Guide to Film Noir, 2007)

Robert Altman verfilmte Edward Andersons Krimi 1973 als „Diebe wie wir“ wieder.

Mit Farley Granger, Cathy O’Donnell, Howard Da Silva, Jay C. Flippen, Helen Craig, Will Wright , William Phipps

auch bekannt als „Sie leben bei Nacht“ (Titel der OmU-TV-Fassung; denn einen Kinostart erlebte der Film bei uns nicht)

Wiederholung: Sonntag, 17. Juli, 02.20 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Wikipedia über Nicholas Ray (deutsch, englisch) und „They live by night“

Noir of the Week über „They live by night“

Mordlust über „They live by night“

Rays Kino Film-Klassiker über „Im Schatten der Nacht“

 


DVD-Kritik: Sam Fullers Noir „Der nackte Kuss“

Juli 15, 2011

Sam Fullers für wenig Geld gedrehter und damals wegen seines In-your-face-Stils sicher schockierender Film „Der nackte Kuss“ ist eine irritierende, teils packende, teils langweilende, letztendlich nicht überzeugende Mischung aus Noir, Melodrama der Douglas-Sirk-Schule und Klippschuldidaktik, die gerade wegen ihrer Machart einlädt, die Geschichte und einzelne Szenen in die verschiedensten psychologischen, psychoanalytischen, sozialen und politischen Richtungen zu interpretieren – und so mehr in dem Film zu sehen, als wirklich vorhanden ist. Denn die ziemlich absurde Story plätschert eher vor sich hin, als dass sie von Sam Fuller, der auch das Drehbuch schrieb und den Film produzierte, zielstrebig in eine Richtung getrieben wird.

Das erste Mal begegnen wir Kelly (Constance Towers), als sie wütend einen betrunkenen Mann zusammenschlägt und sich von ihm die ihr zustehenden 75 Dollar nimmt. Das nächste Mal, zwei Jahre später, taucht sie in einer lauschigen All-American-Kleinstadt auf, springt mit dem Stadtpolizisten ins Bett, beschließt nach einem Blick in den Spiegel ihr Leben zu ändern, nimmt sich in einer Pension ein Zimmer und nimmt einen Job als Krankenschwester für verstümmelte Kinder an. Sie ist schnell allseits beliebt, trifft sogar den Finanzier der örtlichen orthopädischen Klinik, einen jungen, gut aussehenden Millionär, Junggesellen und Nachfahren des Stadtgründers, der sich auch sofort in sie verliebt und sie trotz ihrer Vergangenheit als Prostituierte (hm, das hieß damals wohl noch Freudenmädchen und heute Sex-Arbeiterin) heiraten will.

Die Hochzeit platzt, als Kelly entdeckt, dass ihr Zukünftiger ein Pädophiler ist und ihr einreden will, dass sie beide Ausgestoßene aus der Gesellschaft und daher füreinander bestimmt seien. Sie erschlägt ihn und muss sich im letzten Drittel des Films gegen eine Armada zweifelhafter Belastungszeugen wehren.

Ernst nehmen kann man die Geschichte dieses B-Picture nicht. Dafür ist sie zu sehr schlechte Kolportage. Sam Fuller badet zu sehr im Klischee der Hure mit dem goldenen Herzen und kinderliebenden Übermutter. Sie ist eine Über-Doris-Day. Nur um Kelly dann Sekunden später in typischer Tough-Guy-Manier agieren zu lassen. Die Schauspieler spielen oft zu theatralisch. Die Dialoge sind oft gruselig. Einzelne Szenen dauern viel zu lange, andere sind erkennbar Füllmaterial um die Laufzeit zu strecken. Die Gewalt, die Verstümmelungen der Kinder und der Sex, vulgo nackte Haut und Bilder aus dem Bordell, sind zu sehr auf den Effekt beim damaligem vergnügungssüchtigem Publikum hin inszeniert. So schlägt in den ersten Minuten eine wütende Frau endlos auf einen Mann ein – und die Kamera übernimmt die Perspektive des Mannes, was dazu führt, dass die Furie uns, die nichtsahnenden Zuschauer, schlägt. In diesem Moment wird ein Ton vorgegeben, der nicht zu den späteren teils süßlichen, teils dokumentarischen Szenen passt.

Der nackte Kuss“ wäre ein krudes, nicht besonders interessantes B-Movie, wie es tausend andere gibt, wenn Sam Fuller nicht von Anfang an die Kleinstadt als bigotte Vorhölle zeigen würde. Da springt ein anständiger und geachteter Polizist sofort mit Kelly ins Bett. Da gibt es ein gut funktionierenden, von einer Frau geleitetes Bordell, in dem auch die ehrbaren Bürger verkehren und die Aussage der Puffmutter hat bei der Polizei mehr Gewicht als die Aussage der zugezogenen, auf ihrer Arbeit äußerst beliebten, großherzigen und kinderliebenden Kelly. Es gibt ein Krankenhaus für verstümmelte Kinder und Sam Fuller, der im zweiten Weltkrieg Soldat war und seine Kriegserfahrungen in dem Spielfilm „The Big Red One“ verarbeitete, zeigt exzessiv, nach dem Koreakrieg und kurz vor dem Beginn der offenen US-Intervention in Vietnam, ihre künstlichen Gelenke und wie sie sich mühsam mit ihnen bewegen. Der Zukünftige, ein gutaussehender Junggeselle und Frauenschwarm, ist ein Pädophiler; was Kelly nach dem ersten Kuss wusste. Denn es war ein ’nackter Kuss‘, was, so erklärt sie uns, das Kennzeichen eines Perversen sei. Und er will eine ehemalige Prostituierte heiraten.

Heute fällt in diesen Momenten vor allem auf, wie hanebüchen vieles in dem Film ist. Aber 1964 liefen „Das war der wilde Westen“, „Alexis Zorbas“, „My Fair Lady“ (mt Audrey Hepburn), „Mary Poppins“ (mit Julie Andrews), „Cleopatra“ (mit Elizabeth Taylor), „Schick mir keine Blumen“ (mit Doris Day), und „Marnie“ (mit Tippi Hedren) im Kino. Dagegen ist „Der nackte Kuss“ aus einer vollkommen anderen Welt.

Insofern ist „Der nackte Kuss“ als wütender Blick hinter die saubere Fassade des Kleinstadt-Amerikas und der dort herrschenden Doppelmoral interessant. Denn Sam Fuller greift in „Der nackte Kuss“ die gesellschaftlichen Konventionen ständig an, demaskiert und unterläuft sie. Als psychologische Zeitdiagnose ist der Noir höchst aufschlussreich. Denn, es ist eine Binsenweisheit, dass man aus den kleinen, schnell gedrehten Werken, den B-Pictures in denen die Macher, solange sie einen billig produzierten Film, der sein Geld einspielen würde, ablieferten, ihre Botschaft kompromisslos formulieren konnten, mehr über die wahren Verhältnisse in einem Land lernen kann, als aus den hochbudgetierten Filmen.

Aber ein guter Film ist „Der nackte Kuss“ nicht. Ein bizarrer, ein irritierender, ein teils langweilender, teils beunruhigender und polarisierender Film ist „Der nackte Kuss“ schon, der jetzt in der „Arthaus Retrospektive“ als sparsam ausgestatte DVD mit gutem Bild und Ton erschien.

 

Andere Stimmen

 

The one who maintained the highest noir profile in the 1960s was Sam Fuller with a trio of startingly brash movies – ‚Underworld USA‘ (1961), ‚Shock Corridor‘ (1963) and ‚The Naked Kiss‘ (1964). All three were forthright attacks on bourgeois hypocrisy and suburban values and the closest in feel to the noirs of the classic era. In Fuller’s uncompromising vision, the cynicism, pessimism and dark existentialism of film noir were far from dead.“ (Alexander Ballinger/Danny Graydon: The Rough Guide to Film Noir, 2007)

 

Weitgehend einfühlsamer und zurückhaltender Kriminalfilm mit melodramatischen Akzenten. Hervorragend: das sensible Spiel der Hauptdarstellerin.“ (Lexikon des internationalen Films)

 

Fuller demontiert in diesem Film, der von vielen Kritikern als sein bösartigstes und beunruhigendstes Werk angesehen wird, so ziemlich alle Ideale, die den Amerikanern hoch und heilig sind.“ (TV Spielfilm: Das große Filmlexikon, 2006)

 

Die deutsche Premiere war am 30. September 1982 im WDR.

Der nackte Kuss (The naked kiss, USA 1964)

Regie: Sam Fuller

Drehbuch: Sam Fuller

mit Constance Towers, Anthony Eisley, Michael Dante, Virginia Grey, Patsy Kelly, Marie Devereux

DVD

Arthaus/Kinowelt

Bild: 1,33:1 (4:3 Vollbild)

Ton: Deutsch, Englisch (Mono Dolby Digital)

Untertitel: Deutsch

Bonusmaterial: Trailer, Wendecover

Länge: 87 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Wikipedia über „Der nackte Kuss“

Der Film Noir über „Der nackte Kuss“

Film-Rezensionen über „Der nackte Kuss“

Turner Classic Movies: Sean Axmaker über „Der nackte Kuss“

The Last Drive In: Monstergirl über „Der nackte Kuss“ (Teil 1, Teil 2, Teil 3)

Criterion: Michael Dare über „Der nackte Kuss“

You Tube: der gesamte Film in bescheidener Bildqualität


TV-Tipp für den 15. Juli: König der Spione – John le Carré

Juli 14, 2011

Phoenix, 23.45

König der Spione – John le Carré (D 2008, R.: André Schäfer, Werner Köhne)

Drehbuch: André Schäfer, Werner Köhne

Spielfilmlanges Dokuporträt über John le Carré, das man sich auch auf Veoh ansehen kann.

Hinweise

Homepage von John le Carré

Meine Besprechung von John le Carrés „Geheime Melodie“ (The Mission Song, 2006)

Meine Besprechung von John le Carrés “Marionetten (A most wanted man, 2008)

Meine Besprechung von John le Carrés „Verräter wie wir“ (Our Kind of Traitor, 2010)

John le Carré in der Kriminalakte


Neu im Kino/Filmkritik: Paul Giamatti erzählt „Barney’s Version“

Juli 14, 2011

Nein, auf den ersten Blick ist Barney Panofsky (gewohnt grandios: Paul Giamatti) kein netter Mensch. Er ist Filmproduzent. Seine Firma heißt „Totally Unneccessary Productions“ und das produziert er auch. Am erfolgreichsten ist eine langlebige TV-Soap. Gegenüber seinen Angestellten benimmt er sich ziemlich rücksichtslos. Er ist ein Choleriker. Ein Egozentriker. Ein reicher Mann. Und dann wird er noch von einem Polizisten gejagt, der ihn für einen Mörder hält. In einem breit beworbenem Hardcover-Buch beschreibt er ausführlich, wie Barney seinen besten Freund Boogie, umbrachte, nachdem er ihn mit der zweiten Frau Panofsky im Bett erwischte und warum es keine Leiche gibt.

In einem normalen Film würden wir natürlich auf der Seite des Polizisten stehen und hoffen, dass dieser Panofsky überführt wird.

Aber als Barney Panofsky in dem Buch blättert, beginnt er sich an sein Leben zu erinnern. Von den fröhlichen Boheme-Tagen in den Siebzigern in Rom. Seiner selbstlosen Freundschaft zu dem erfolglosen Künstler Boogie. Seiner ersten Frau, die von ihm ein Kind erwartete und dem Schock, als er das Baby zum ersten Mal sah. Von seiner zweiten Frau, einer ständig plappernden reichen Jüdin und wie er auf ihrer Hochzeit seine Traumfrau erblickte und sie sofort heiraten wollte. Wie er seine zweite Frau mit Boogie im Bett erwischte, er sich mit ihm stritt und Boogie dann spurlos verschwand. Und wie er mit seiner dritten Frau glücklich zusammenlebte, bis sie Blair kennenlernte und wieder als Radiomoderatorin zu arbeiten anfing.

In diesen Momenten wird deutlich, dass Barney auch andere Seiten hat. Er ist treu und er kümmert sich liebevoll-selbstlos um seine Freunde. Aber er sieht nicht wie Adonis aus. Also muss er um seinen Platz kämpfen. Mal mehr, mal weniger rücksichtsvoll, aber immer mit seiner ganzen Energie. Und er weigert sich erwachsen zu werden.

Paul Giamatti legt die Rolle von Barney Panofsky wie die des Gangsters Hertz in dem Actionkracher „Shoot ‚Em Up“ an: cholerisch, egomanisch, wie ein kleines Kind, das nur seine eigenen Bedürfnisse kennt und keine Rücksicht auf Verluste nimmt.

Aber in die Komödie schleichen sich dunkle Töne. Denn Barney verliert sein Gedächtnis und das ist jetzt die letzte Gelegenheit, seine Version seines Lebens zu erzählen. Und daher sehen wir in dem anekdotischem, sich über vier Jahrzehnte erstreckendem Film auch nur Barneys Version von sich und der Welt. Das ist ein Blick, der geprägt ist vom jüdischen Humor, einem tiefen Verständnis für menschliche Schwächen und einem genauen Blick auf das Absurde in jeder Situation. Dieser Blick ist aber auch eher der der Anekdote und der kunstvollen Abschweifung und nicht der der großen, mit einer klaren Botschaft endenden Erzählung. „Barney’s Version“ endet mit einem Grabstein.

Barney’s Version“ ist aber nicht „Die wahre Geschichte meines verschwendeten Lebens“, wie Barney Panofsky sagt, sondern eher eine „Totally Unneccessary Productions“: nicht unbedingt der historischen Wahrheit verpflichtet, wahrscheinlich ohne eine tiefere Botschaft, aber sehr kurzweilig und voller Weisheiten und Bonmots.

Ob es Regisseur Richard J. Lewis (der inzwischen vor allem als Regisseur und Produzent von „C. S. I. – Den Tätern auf der Spur“ bekannt ist) und Drehbuchautor Michael Konyves (Nun, unter anderem „Solar Attack – Der Himmel brennt“ und „Wenn der Mond auf die Erde stürzt“.) gelungen ist, Mordecai Richlers Roman angemessen zu modernisieren (immerhin erschien der Roman 1997 und der Film endet in der Gegenwart) und adäquat zu verfilmen, weiß ich nicht. Denn noch kenne ich den Roman, der bei uns im Moment nur antiquarisch erhältlich ist, nicht.

Barney’s Version (Barney’s Version, Kanada/Italien 2010)

Regie: Richard J. Lewis

Drehbuch: Michael Konyves

LV: Mordecai Richler: Barney’s Version, 1997 (Wie Barney es sieht)

mit Paul Giamatti, Dustin Hoffman, Rosamund Pike, Minnie Driver, Rachelle Lefevre, Scott Speedman, Bruce Greenwood, Jake Hoffman, Saul Rubinek, Paul Gross, David Cronenberg, Atom Egoyan, Ted Kotcheff, Denys Arcand, Richard J. Lewis (die fünf letztgenannten sind alles Regisseure und haben nur Cameos, zum Beispiel als Regisseur)

Länge: 135 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Barney’s Version“

Wikipedia über Mordecai Richler (deutsch, englisch)