TV-Tipp für den 18. Oktober: Nachtblende

Oktober 18, 2011

ZDF Kultur, 22.10

Nachtblende (Fr/I/D 1974, R.: Andrzej Zulawski

Drehbuch: Christopher Frank, Andrzej Zulawski

LV: Christopher Frank: La nuit americaine, 1972 (Nachtblende)

Ein Fotograf verliebt sich in eine Schauspielerin, die sich inzwischen mit Pornos über Wasser hält. Er verschuldet sich bei der Mafia für eine Theaterproduktion mit ihr als Star. Das Stück wird allerdings kein Erfolg.

Selten gezeigtes, düsteres Meisterwerk, das von den Kritikern entweder zutiefst gehasst oder in den Himmel gelobt wurde und das ein Kassenhit war. Romy Schneider erhielt einen Cesar als beste Schauspielerin.

mit Romy Schneider, Fabio Testi, Jacque Dutronc, Klaus Kinski, Claude Dauphin

Wiederholung: Mittwoch, 19. Oktober, 02.25 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Arte über „Nachtblende“

Wikipedia über „Nachtblende“ (deutsch, englisch)

 


Die Daggers 2011 – die restlichen, ähem, die wichtigsten Gewinner

Oktober 17, 2011

Inzwischen sind auch die letzten Daggers der englischen „Crime Writers‘ Association“ (CWA) vergeben. Während eines festlichen Abends im Grosvenor House Hotel in London wurden, mit Cactus TV and ITV3 als Partner (was auch die vielen TV-Preise erklärt und zu einer ordentlichen Berichterstattung im Fernsehen führte) die diesjährigen Specsavers Crime Thriller Awards vergeben. Die Gewinner sind

 

CWA Gold Dagger

Crooked Letter, Crooked Letter, von Tom Franklin (Pan)

nominiert

Snowdrops, von A.D. Miller (Atlantic Books)

The End of the Wasp Season, von Denise Mina (Orion)

The Lock Artist, von Steve Hamilton (Orion)

CWA Ian Fleming Steel Dagger

The Lock Artist, von Steve Hamilton (Orion)

nominiert

Before I Go to Sleep, von S.J. Watson (Doubleday)

Cold Rain, von Craig Smith (Myrmidon)

The Good Son, von Michael Gruber (Corvus)

CWA John Creasey (New Blood) Dagger

Before I Go to Sleep, von S.J. Watson (Doubleday)

nominiert

Kiss Me Quick, von Danny Miller (Robinson)

The Dead Woman of Juárez, von Sam Hawken (Serpent’s Tail)

The Dogs of Rome, von Conor Fitzgerald (Bloomsbury)

ITV3 People’s Bestseller Dagger

Dead Man’s Grip, von Peter James (Macmillan)

nominiert

The Sixth Man, von David Baldacci (Macmillan)

Worth Dying For, von Lee Child (Bantam)

Good As Dead, von Mark Billingham (Little, Brown)

Dead Man’s Grip, von Peter James (Macmillan)

Before the Poison, von Peter Robinson (Hodder)

The Film Dagger

True Grit (Paramount Pictures)

nominiert

The Girl Who Kicked the Hornet’s Nest (Momentum Pictures)

Brighton Rock (Optimum Releasing)

Source Code (Optimum Releasing)

The TV Dagger

Case Histories (Ruby Films, BBC One)

nominiert

Luther (BBC One)

The Shadow Line (Company Pictures, BBC Two)

Zen (Left Bank Pictures, BBC One – eine Verfilmung der Aurelio-Zen-Romane von Michael Dibdin)

Vera (ITV Studios, ITV1)

The International TV Dagger

The Killing (Arrow Films, BBC4)

nominiert

Boardwalk Empire (HBO, Sky Atlantic)

Castle (ABC Studios, Alibi)

Dexter (Showtime Networks, FX Channel)

Spiral (Son Et Lumiere, BBC 4)

Best Actor Dagger

Idris Elba für Luther (BBC One)

nominiert

Lars Mikkelsen für The Killing (Arrow Films, BBC4)

Steve Buscemi für Boardwalk Empire (HBO, Sky Atlantic)

Jason Isaacs für Case Histories (Ruby Films, BBC One)

Rufus Sewell für Zen (Left Bank Pictures, BBC One)

Best Actress Dagger

Sofie Gråbøl für The Killing (Arrow Films, BBC4)

nominiert

Brenda Blethyn für Vera (ITV Studios, ITV1)

Maxine Peake für Silk (BBC One)

Olivia Williams für Case Sensitive (Hat Trick Productions, ITV1)

Sue Johnston für Waking the Dead (BBC One)

Kelly Reilly für Above Suspicion (La Plante Productions, ITV1)

Best Supporting Actor Dagger

Rafe Spall für The Shadow Line (Company Pictures, BBC Two)

nominiert

Bjarne Henriksen für The Killing (Arrow Films, BBC 4)

Søren Malling für The Killing (Arrow Films, BBC 4)

John Lithgow für Dexter (Showtime Networks, FX Channel)

Aidan Gillen für Thorne (Stagereel / Cité Amérique, Sky One)

Best Supporting Actress Dagger

Ann Eleonora Jørgensen für The Killing (Arrow Films, BBC 4)

nominiert

Kelly Macdonald für Boardwalk Empire (HBO, Sky Atlantic)

Ruth Wilson für Luther (BBC One)

Amanda Abbington für Case Histories (Ruby Films)

(via The Rap Sheet)

 


TV-Tipp für den 17. Oktober: Convoy

Oktober 17, 2011

Arte, 20.15

Convoy (USA 1978, R.: Sam Peckinpah)

Drehbuch: Bill L. Norton

LV: Song „Convoy“ von C. W. McCall

Zünftige Truckeraction von Sam Peckinpah mit einer hauchdünnen Story (Sheriff Wallace verfolgt Trucker Rubber Duck nach einer Kneipenschlägerei quer durch das Land. Immer mehr Trucker schließen sich Rubber Duck an. Die Polizei rüstet hemmungslos gegen die Gesetzlosen auf.) und vielen Autostunts.

Die Dreharbeiten waren ziemlich chaotisch, die alten Peckinpah-Fans enttäuscht, viele Jüngere (auch ich) wurden durch „Convoy“ zum Peckinpah-Fan und an der Kinokasse war der Film auch erfolgreich.

Fraglos ist dies Peckinpahs lässigster, nettester und harmlosester Film.“ (Ulrich von Berg: Sam Peckinpah – Ein Outlaw in Hollywood, 1987)

action-betontes Popcornkino (…) ein weniger bedeutender Film Peckinpahs“ (Mike Siegel: Passion & Poetry – Sam Peckinpah in Pictures, 2003)

mit Kris Kristofferson, Ali MacGraw, Ernest Borgnine, Burt Young, Madge Sinclair, Seymour Cassel

Hinweise

Arte über „Convoy“

Wikipedia über „Convoy“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Mike Siegels „Passion & Poetry: The Ballad of Sam Peckinpah“

Meine Besprechung von Sam Peckinpahs „Gefährten des Todes“

Meine Besprechung von Sam Peckinpahs „Steiner – Das eiserne Kreuz“

Sam Peckinpah in der Kriminalakte

 


Ein laaanges Interview mit Richard Matheson

Oktober 16, 2011

Gut, das ist vielleicht eher etwas für einen verregneten Sonntag oder mehrere Abende, aber hier ist das „Archive of American Television“-Interview mit Richard Matheson, der als Romanautor (Horror, Science-Fiction, Krimi; – halt alles außer „Anspruchsvoller Literatur“) und Drehbuchautor bekannt ist. Zu seinen bekanntesten Werken gehören die mehrmals verfilmte Negativ-Utopie „Ich bin Legende“ (I am Legend), „Die unglaubliche Geschichte des Mr. C.“, „Der Rabe“, „Ruhe Sanft Gmbh“, „Duell“, „Real Steel“ (demnächst im Kino) und viele Geschichten für die „Twilight Zone“.


TV-Tipp für den 16. Oktober: Human Nature

Oktober 16, 2011

Arte, 20.15

Human Nature (USA/Fr 2001, R.: Michel Gondry)

Drehbuch: Charlie Kaufman

Ein Verhaltensforscher und dessen haarige Freundin wollen einen Affenmenschen zivilisieren. Das ist leichter gesagt, als getan.

Damals, nach dem grandios abgedrehtem „Being John Malkovich“, war Charlie Kaufman Hollywoods Lieblingsautor für schräge Drehbücher und mit „Vergiss mein nicht“ (ebenfalls von Gondry verfilmt), „Adaption“ und „Geständnisse – Confessions of a Dangerous Mind“ festigte er seinen Ruf. Auch das etwas schwächere „Human Nature“ passt vorzüglich in diese Reihe.

mit Tim Robbins, Patricia Arquette, Rhys Ifan, Miranda Otto, Rosie Perez, Robert Forster

Wiederholung: Freitag, 21. Oktober,, 14.45 Uhr

Hinweise

Wikipedia über „Human Nature“ (deutsch, englisch)


TV-Tipp für den 15. Oktober: Eine Stadt wird erpresst

Oktober 15, 2011

Arte, 22.00

Eine Stadt wird erpresst (D 2006, R.: Dominik Graf)

Drehbuch: Dominik Graf, Rolf Basedow

Eigentlich sagt der Titel schon alles: Unbekannte erpressen Leipzig. Die einzige Spur führt Kommissar Kalinke und sein Team in ein Dorf, das dem Tagebau geopfert werden soll.

Auch die neueste Zusammenarbeit des Teams Basedow/Graf gehört zu den TV-Höhepunkten des Jahres: gute Geschichte, gute Inszenierung und Schauspieler, die endlich zeigen dürfen, dass sie mehr als sprechende Kleiderständer sind.

„Es ist ein guter, alter Polizeifilm, ein Thriller, modern inszeniert. Und wie jeder gute Krimi ist es auch ein Sozialdrama.“ (Björn Wirth,Berliner Zeitung, 23. Februar 2007)

Mit Uwe Kockisch, Misel Maticevic, Julia Blankenburg

Hinweise

Meine Besprechung von Dominik Grafs „Schläft ein Lied in allen Dingen“

Meine Besprechung der von Dominik Graf inszenierten TV-Serie  „Im Angesicht des Verbrechens“

Meine Besprechung von Johannes F. Sieverts Interviewbuch „Dominik Graf – Im Angesicht des Verbrechens: Fernseharbeit am Beispiel einer Serie“

Dominik Graf in der Kriminalakte


Sebastian Fitzek erzählt von „Augensammlern“ und „Augenjägern“

Oktober 14, 2011

In seinem neuesten Thriller „Der Augenjäger“ warnt Sebastian Fitzek seine Leser gleich auf der ersten Seite, dass dieser Roman eine Fortsetzung von „Der Augensammler“ ist und, auch wenn man den einen Roman nicht gelesen haben muss, um den anderen zu verstehen, er aber wichtige Handlungsdetails aus dem „Augensammler“ verraten werde und es mehr Spaß mache, die Bücher chronologisch zu lesen. Denn, wie bei einem der inzwischen seltenen Zweiteiler einer TV-Serie (bei „Castle“ gab es vor kurzem einen Zweiteiler, bei „CSI“ gibt es manchmal Zweiteiler und öfter Crossover-Folgen), sind beide Folgen nur lose miteinander verknüpft und in der zweiten Folge werden fast alle Gewissheiten des ersten Teils auf den Kopf gestellt.

In „Der Augensammler“ bringt ein Unbekannter Mütter um, entführt ihre Kinder und gibt dem Vater 45 Stunden und 7 Minuten, sein Kind zu retten. Bis jetzt wurden alle entführten Kinder tot aufgefunden. Immer fehlte das linke Auge. Deshalb nennt ihn die Presse den „Augensammler“.

Da kommt die blinde Physiotherapeutin Alina Gregoriev zu dem Ex-Polizisten und Sensationsreporter Alexander Zorbach. Sie sagt, sie habe, als sie einen ihrer Patienten berührte, eine Vision gehabt, die sie zu dem Augensammler führen könnte. Zorbach hält diese Vision zwar für ausgemachten Quatsch, aber weil seine ehemaligen Kollegen ihn im Moment für den Augensammler halten, beschließt Zorbach, diese Chance, seine Unschuld zu beweisen, wahrzunehmen. Mit ungeahnten Folgen.

Der Augenjäger“ schließt unmittelbar an den „Augensammler“ an, Denn jetzt wird irgendwie (Oh heilige Spoilervermeidung!) die Jagd nach dem „Augensammler“ abgeschlossen.

Einige Monate später bittet die Polizei Alina Gregoriev ihnen bei einem anderen Fall zu helfen. Der begnadete Augenchirurg Dr. Zarin Suker soll Frauen entführen und ihnen die Augenlider entfernen. Eines seiner Opfer überlebte, ist aber verschwunden und wenn Gregoriev mit ihrer Gabe nichts herausfindet, wird Suker aus der Untersuchungshaft entlassen. Gregoriev sieht bei der Behandlung zwar etwas, aber solange sie von der Polizei keine Informationen über Zorbach erhalten hat, will sie nichts sagen.

Kurz darauf wird Suker freigelassen und er entführt Gregoriev. Er will sie operieren. Zuerst will er ihr dabei die Sehfähigkeit zurückgeben.

Und das ist nur eine von vielen überraschenden Wendungen, die den „Augensammler“ und den „Augenjäger“ wie einen Edgar-Wallace-Film wirken lassen. Denn es passiert unglaublich viel, es ist ziemlich unterhaltsam und am Ende sollte man wirklich nicht zu viele Gedanken an die Wahrscheinlichkeit des Gelesenen verschwenden.

Beide Bücher, die auch unabhängig voneinander gelesen werden können, sind eine feine lange Geister- und Achterbahnfahrt, die genau das Richtige für einen langen Sonntagnachmittag oder eine dröge Zugfahrt ist.

Sebastian Fitzek: Der Augenjäger

Droemer, 2011

432 Seiten

19,99 Euro

Sebastian Fitzek: Der Augensammler

Droemer, 2010

448 Seiten

16,95 Euro (Hardcover)

9,99 Euro (Taschenbuch)

Hinweise

Homepage von Sebastian Fitzek

Sebastian Fitzek in der Kriminalakte

Meine Besprechung von Sebastian Fitzeks „Der Seelenbrecher“ (2008)

Meine Besprechung von Sebastian Fitzeks „Das Kind“ (2008)

Meine Besprechung von Sebastian Fitzeks „Splitter“ (2009)

 


TV-Tipp für den 14. Oktober: Mogadischu

Oktober 14, 2011

Arte, 20.15

Mogadischu (D 2008, R.: Roland Suso Richter)

Drehbuch: Maurice Philip Remy

Buch zum Film: Timo Kortner: Mogadischu – Das Entführungsdrama der Landshut, 2008

Nach Heinrich Breloers hochgelobtem Zweiteiler „Todesspiel“ (auch schon über zehn Jahre alt) über den Deutschen Herbst 1977, diversen Dokumentationen (zum Beispiel 2007 ein Zweiteiler) über die RAF, dem zeitgleich im Kino gelaufenem, ziemlich grottigem „Baader Meinhof Komplex“ (die TV-Fassung läuft ab 23.30 Uhr im Ersten) mutet „Mogadischu“ etwas akademisch an. Denn die Fakten sind bekannt. Am 13. Oktober 1977 entführt ein palästinensisches Kommando die Lufthansa-Maschine Landshut. Nach einem mehrtägigen Irrflug landet das Flugzeug in Mogadischu und die GSG 9 beendet die Geiselnahme.

Neue Erkenntnisse, wie die Beteiligung des KGB an der Entführung und was Lufthansa-Pilot Jürgen Schumann machte, als er nach einer Notlandung in Aden zwanzig Minuten verschwand, ändern nichts an dem großen Bild.

Aber Autor Remy und Regisseur Richter verarbeiteten diese Geschichte jetzt zu einem die damaligen Ereignisse konzentriert nacherzählendem TV-Spielfilm, der auch im Kino überzeugt hätte. Einziger Kritikpunkt ist die derzeit angesagte Wackelkamera.

„Es ist ein ernsthafter Versuch der Annäherung (an die Wahrheit, A. d. V.). Wir bemühen uns, mit Verantwortung an ein Thema heranzugehen. Die Menschen, die das erlebt haben, sollen nicht davor sitzen und sagen: Was machen die denn da? Was erzählen die da?“ (Remy in der FAZ)

Das gleichnamige „Begleitbuch zum Film ‚Mogadischu’“ von Timo Kortner nimmt eine seltsame Zwischenstellung zwischen einem traditionellem Buch zum Film, also einer höchstens sparsam erweiterten Romanfassung des Drehbuchs, und einem Sachbuch über die Entführung ein. Denn Kortner führt relativ ausführlich in das gesellschaftliche Klima während der Schleyer-Entführung ein und er fügt immer wieder erklärende Passagen ein. Dabei gibt es im Buch und im Film eine Verschiebung der Perspektive von den Tätern zu den Opfern. Der Tatsachenroman „Mogadischu“ erzählt von Menschen in einer Ausnahmesituation und wie sie versuchen, diese zu überleben. Die Entführer bleiben dagegen, bis auf den durchgeknallten Captain Martyr Mahmud, blass. Und die Ideologie der Terroristen wird höchstens in einem Nebensatz gestreift; – was sie als Bösewichter noch bedrohlicher macht.

Kortners „Mogadischu“ ist ein packendes Drama, das auch eine gehörige Portion historisches Wissen vermittelt. Ein feines Buch.

Mit Nadja Uhl, Thomas Kretschmann, Christian Berkel, Said Tagmaqoui, Herbert Knaup, Simon Verhoeven, Jürgen Tarrach

Hinweise

ARD zum Film

FAZ: Interview mit Maurice Philip Remy über “Mogadischu” (24. November 2008)

FAZ (Michael Hahnfeld), Die Welt (Eckhard Fuhr), Spiegel Online (Christian Buß), Süddeutsche Zeitung (Christopher Keil), taz (René Martens), Die Zeit (Margit Gerste) über den Film „Mogadischu“

Kortner - Mogadischu

Das Buch zum Film

Timo Kortner: Mogadischu – Das Entführungsdrama der ‚Landshut’

Knaur, 2008

272 Seiten

9,95 Euro


DVD-Kritik: „Caged“, oder Was passiert, wenn man irgendwo im Hinterland die Hauptstraße verlässt

Oktober 13, 2011

Inspiriert von wahren Ereignissen“ scheint inzwischen die Formel zu sein, um jede noch so abstruse Geschichte mit etwas „Realität“ zu adeln. Denn auch bei „Caged“ erfährt man nicht, welche wahren Ereignisse die Geschichte inspiriert haben und etwas künstlerische Freiheit geht immer.

Jedenfalls werden in diesem französischem Horrorfilm drei Ärzte (zwei Männer, eine Frau), nachdem sie irgendwo in Ex-Jugoslawien eine Abkürzung genommen haben (Merke: Verlasse niemals die Hauptstraße!), entführt. Ihre Entführer sprechen nur irgendeine fremde Sprache und anstatt das Jungärztetrio gleich zu schlachten, halten sie sie zunächst im Keller gefangen. Ziemlich schnell wird klar, dass sie als Organspender herhalten sollen.

Über die offensichtlichen Vorbilder von „Caged“ muss wohl nicht groß gesprochen werden. Immerhin gab es in den vergangenen Jahrzehnten wahrlich genug Horrorfilme, in denen einige unschuldige, vorwiegend jüngere Menschlein in die Hände einer durchgeknallten Hinterwaldsippe fallen und dann geht das lustige Abschlachten los. Weil die Genrekonventionen so starr sind, ist es schwierig, etwas Neues zu erzählen. Auch „Caged“ folgt brav und überraschend kurz den Genrevorgaben. Denn nach 75 Minuten ist bereits alles vorbei.

Dennoch ist der Mittelteil, die Gefangenschaft der Ärzte, zu lang geraten. Denn die Gefangenen warten, abgesehen von einem Fluchtversuch, nur, dumpf brütend, auf ihr Schicksal.

Wenn’s dann doch mit dem Ausbruch losgeht, muss man die üblichen Idiotien ertragen (Wobei: Warum glaube ich, dass ich in dieser Situation vernünftig handeln würde?). Jedenfalls sucht die Jungärztin Carole (Zoé Felix) nicht nach dem Schlüssel für die Zellen, sondern sie holt in einer supergefährlichen Aktion einen Bolzenschneider. Sie schnappen sich, als Waffen, auch keine Messer aus dem versifftem OP-Raum, sondern laufen einfach über einen vom Haus der Bösewichter gut einsehbaren Feldweg einen gefühlte Ewigkeit los zum schützenden Wald, während gleich neben dem Haus ebenfalls ein Wald ist. Und selbstverständlich versuchen sie nicht, Hilfe herbeizutelefonieren.

Aber das gehört auch irgendwie zum festen Inventar des Genres. Geändert haben sich in den vergangenen Jahrzehnten nur die Bilder. Inzwischen sehen auch schlechte Filme gut aus. Auch die Dialoge und die Schauspieler sind okay.

Caged“ ist wahrlich kein Film, den man sich ansehen muss. Der Gore- und Ekel-Anteil (immerhin hat der Film eine Ab-18-Jahre-Freigabe erhalten) hält sich in sehr überschaubaren Grenzen, wobei Carole ihre Kleider ordentlich mit Blut beschmutzen darf. Aber eine tiefere Botschaft entsteht so nicht und als psychologisches Drama war „Caged“ nie gedacht.

Caged (Captifs, Frankreich 2010)

Regie: Yann Gozlan

Drehbuch: Yann Gozlan, Guillaume Lemans

mit Zoé Félix, Eric Savin, Arié Elmaleh, Ivan Franek, Igor Skreblin, Philippe Krhajac, Margaux Guenier, Goran Kostic

DVD

Koch Media

Bild: 2.35:1 (16:9)

Ton: Deutsch, Französisch (DTS, Dolby Digital 5.1)

Untertitel: –

Bonusmaterial: Originaltrailer

Länge: 84 min

FSK: ab 18 Jahre

Hinweise

Französische Homepage zum Film

Wikipedia über „Caged“

 


TV-Tipp für den 13. Oktober: Duell

Oktober 13, 2011

Arte, 20.15

Duell (USA 1971, R.: Steven Spielberg)

Drehbuch: Richard Matheson

LV: Richard Matheson: Duel (Kurzgeschichte, Playboy, April 1971)

Auf einem Highway irgendwo im Nirgendwo überholt Handelsvertreter David Mann einen Truck. Der König der Landstraße beginnt Mann zu verfolgen.

Steven Spielbergs erster Kinofilm. Naja, fast. Denn „Duell“ war zuerst ein in zwei Wochen gedrehter ABC-TV-Film (es werden mal 12, mal 13, mal 16 Drehtage genannt, wobei anscheinend nur 10 Drehtage geplant waren), der für die Kinoauswertung um einige Szenen erweitert wurde.

Duell“ ist ein kleiner, knackiger Highway-Thriller, bei dem die Geschichte auf das Gerüst reduziert wurde. Mit einer guten Idee und einem guten Drehbuch (Richard Matheson! Von ihm ist auch die Vorlage für den am 3. November startenden, empfehlenswerten SF-Boxerfilm „Real Steel“ [die Kritik gibt’s zum Filmstart]).

Offen gesagt ist der Film voll technischer Spielereien und logischer Brüche. Aber am Ende der neunzig Minuten scheint kaum Zeit vergangen.“ (Fob, Variety)

mit Dennis Weaver, Eddie Firestone, Charles Seel, Lucille Benson

Wiederholungen

Dienstag, 18. Oktober, 14.45 Uhr

Sonntag, 23. Oktober, 02.05 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Arte über „Duell“

Wikipedia über „Duell“ (deutsch, englisch)

Fanseite zum Film

Steven Spielberg in der Kriminalakte


Daniel Depp und die „Nächte in Babylon“

Oktober 12, 2011

In seinem zweiten Auftritt „Nächte in Babylon“ muss der von Daniel Depp erfundene Privatdetektiv David Spandau den alternden Hollywood-Star Anna Mayhew (Sie ist schon über Vierzig!) beschützen. Ein Stalker zerschnitt ihr, ohne dass sie es bemerkte, auf offener Straße mit einem Rasiermesser ihren Schal. Beim nächsten Mal könnte er sich nicht mit dem Schal begnügen und Anna Mayhew umbringen. Nach einem schwierigem Start ernennt Mayhew Spandau zu ihrem persönlichem Bodyguard und er soll sie nach Cannes begleiten, wo sie in der Jury des Filmfestivals sitzt. Mayhews Verehrer mit den Rasierklingen, der Friseur Vincent Perec, der die Schauspielerin umbringen will, und der nette Zuhälter und Opernliebhaber Special, der von Perec wieder gut 150.000 Dollar, die er ihm gestohlen hat, zurückhaben will, machen sich auch auf den Weg nach Cannes.

Das klingt jetzt nach einem zünftigem Privatdetektiv-Krimi mit einer deftigen Portion Hollywood-Klatsch und Cannes-Impressionen, bei der neben dem Aufmarsch von Myriaden von Hollywood-Stars und Sternchen auch unbekannte Hintergrundinformationen zum Filmmarkt in Cannes geliefert werden. Denn bei all dem schönen Schein geht es während des Filmfestivals vielleicht sogar in erster Linie ums Geschäft.

Aber solche Insider-Informationen gibt es nicht. Stattdessen könnte die zweite Hälfte des Romans auch zu einer anderen Zeit und an einem anderen Ort spielen. Über das Filmfestival erfahren wir, außer dass die Juroren auswählen können, welche Vorstellung des Films sie sich ansehen, nichts, was nicht auch in einem einminütigem „Tagesschau“-Beitrag untergebracht werden könnte.

Das reichlich langatmige Katz-und-Maus-Spiel zwischen Spandau und dem Killer unter südfranzösischer Sonne ist ungefähr so originell wie ein mittelmäßiger TV-Krimi. Und das ist „Nächte in Babylon“ dann auch.

Denn obwohl Depp gerade in der ersten Hälfte seine Charaktere in epischer Breite einführt (Müssen wir wirklich alles über Spandaus persönliche Probleme erfahren? Muss er mit seinem Partner Komasaufen?) und er mit dem durchgeknallten Fan (der als Muttersöhnchen immer noch bei seiner Mutter lebt und eine erzreaktionär-christliche Erziehung genießt), dem auf Rache sinnendem Zuhälter und dem Hollywood-Star, der sich mehrere Ampulle mit einem besonders tödlichem Gift besorgt hat, das Personal für einen Highspeed-Thriller aufstellt, macht er nichts daraus. „Nächte in Babylon“ liest sich eher wie ein Thriller, der nicht thrillen will. Die Giftampullen sind letztendlich sogar nicht mehr als ein ärgerlicher Red Herring.

Da liest man besser noch einmal Robert B. Parkers Spenser-Fälle, in denen der Privatdetektiv, manchmal auch in Hollywood, als Bodyguard arbeitete, wie „Bodyguard für eine Bombe“ (Looking for Rachel Wallace, 1980), „Licht für Dunkelmänner“ (A savage place, 1981) und „Starallüren“ (Stardust, 1990). Oder einen Krimi mit den Privatdetektiven Patrick Kenzie und Angela Gennaro von Dennis Lehane. Sogar der schwache letzte Kenzie/Gennaro-Roman „Moonlight Mile“ ist tausendmal besser als die doch arg formelhaften „Nächte in Babylon“.

Daniel Depp: Nächte in Babylon

(übersetzt von Regina Rawlonson)

Carl’s Books, 2011

352 Seiten

14,99 Euro

Originalausgabe

Babylon Nights

Simon & Schuster, London, 2010

Hinweise

Carl’s Books: Special zu Daniel Depp

Süddeutsche Zeitung: Interview mit Daniel Depp (22. Februar 2010)

The Scotsman: Interview mit Daniel Depp (25. März 2009)

Meine Besprechung von Johnny Depps Regiedebüt „The Brave“ (Daniel Depp ist einer der Drehbuchautoren)

 


TV-Tipp für den 12. Oktober: Death Proof – Todsicher

Oktober 12, 2011

SWR, 23.00

Death Proof – Todsicher (USA 2007, R.: Quentin Tarantino)

Drehbuch: Quentin Tarantino

Tarantinos Hälfte des Grindhouse-Double-Features mit Robert Rodriguez (der sich mit „Planet Terror“ richtig austobte): Stuntman Mike bringt in seinem todsicherem Auto Mitfahrerinnen um. Da trifft er in der Einöde auf vier Frauen, von denen zwei Stuntfrauen sind, die sich wehren.

Death Proof – Todsicher“ ist sicher nicht Tarantinos bester Film und der Trailer ist auch besser als der streckenweise arg langatmige Film (es wird geredet, geredet und geredet), aber die Autostunts sind erste Sahne.

mit Kurt Russell, Zoë Bell, Rosario Dawson, Vanessa Ferlito, Sydney Poitier, Tracie Thoms, Rose McGowan, Quentin Tarantino, Eli Roth

Hinweise

Film-Zeit über „Death Proof“

Wikipedia über „Death Proof“ (deutsch, englisch)

Quentin-Tarantino-Film-Forum

Everything Tarantino

The Quentin Tarantino Archives

Deutsche Quentin-Tarantino-Fanseite

Quentin Tarantino in der Kriminalakte


Cover der Woche

Oktober 11, 2011


TV-Tipp für den 11. Oktober: Der Dritte im Hinterhalt

Oktober 11, 2011

WDR, 23.15

Die Dritte im Hinterhalt (USA 1969, R.: Paul Bogart)

Drehbuch: Stirling Silliphant

LV: Raymond Chandler: The little sister, 1949 (Die kleine Schwester)

Im Auftrag einer mysteriösen Blondine soll Marlowe deren Bruder finden.

Ziemlich langweilige Chandler-Verfilmung, aber ein Privatdetektivkrimi mit „Jim Rockford“ kann nicht ganz schlecht sein.

Mit James Garner, Rita Moreno, Jackie Coogan, Bruce Lee (vor allem Stunts)

 Hinweise

Thrilling Detective über Raymond Chandler und Philip Marlowe

Wikipedia über Raymond Chandler (deutsch, englisch)

Raymond Chandler in der Kriminalakte


TV-Tipp für den 10. Oktober: 100.000 Dollar in der Sonne

Oktober 10, 2011

Arte, 20.15

100.000 Dollar in der Sonne (F/I 1963, R.: Henri Verneuil)

Drehbuch: Marcel Jullian, Henri Verneuil

LV: Claude Veillot: Nous n´irons pas en Nigeria, 1962 (100.000 Dollar in der Sonne)

Bebel flüchtet mit einem Laster voller Waffen durch die Wüste. Lino verfolgt ihn wegen des Geldes und der Freundschaft.

Bei der damaligen Kritik kam der Film nicht so gut an: „Etwas rauhe, aber parodistisch gehaltene und recht vergnügliche Abenteuerunterhaltung.“ (Handbuch der katholischen Filmkommission in Österreich); „In der gewalttätigen Gebärde wird der Mensch erst zum Menschen, wird uns verkündet, und im Zuschlagen liegt die Würze des Lebens. Einmal mehr ließe sich an Hand dieses Filmes nachweisen, wie beflissen einseitig die FSK ihre Satzungen auszulegen beliebt. Er beleidigt (mindestens) ein befreundetes Volk. Er verherrlicht die Gewalt. Er spricht eine totalitäre Sprache. Die Freigabe solcher Filme ist empörend, solange andere verstümmelt oder verboten werden.“ (Uwe Nettelbeck, Filmkritik) – Tja, das war lange vor dem FBW-Prädikat „wertvoll“ für „Rambo III“ (wobei Rambos damalige Unterstützung der Freiheitskämpfer gegen die bösen Russen in Afghanistan heute eine ganz neue Note hat).

Mit Jean-Paul Belmondo, Lino Ventura, Bernard Blier, Gert Fröbe

Wiederholungen

Montag, 17. Oktober, 14.45 Uhr

Dienstag, 25. Oktober, 14.45 Uhr

Hinweise

Wikipedia über „100.000 Dollar in der Sonne“

Frankies Filmecke über „100.000 Dollar in der Sonne“

Arte über „100.000 Dollar in der Sonne“

Lino Ventura und Jean-Paul Belmondo in der Kriminalakte


Elmore Leonard langweilt in „Dschibuti“

Oktober 9, 2011

Als eine seiner vielleicht letzten Taten hat der insolvente Eichborn-Verlag (denn der Insolvenzantrag soll eine Sanierung ermöglichen) jetzt die Übersetzung von Elmore Leonards Roman „Dschibuti“ ausgeliefert und von der Covergestaltung erinnert Leonards neuester Krimi „Dschibuti“ an seinen vorherigen „Road Dogs“. Inhaltlich leider auch. „Road Dogs“ war eine mehr als durchwachsene Wiederbegegnung mit dem charmanten Bankräuber Jack Foley, den die meisten inzwischen sicher aus Steven Soderberghs fantastischer Thrillerkomödie „Out of Sight“ mit George Clooney in der Hauptrolle kennen. „Dschibuti“ liest sich wie eine ganz schlechte Elmore-Leonard-Parodie.

Die erste Hälfte ist fast unlesbar, weil Leonard, der schon immer seine Charaktere gerne über ihre Taten reden ließ, auf die bescheuerte Idee verfiel, die Dokumentarfilmerin Dara Barr und ihren Freund Xavier LeBo in einem Hotelzimmer einzusperren. Dort sichten sie die von ihnen in den vergangenen Wochen gemachten Aufnahmen für eine Reportage über die derzeitige Piraterie am Golf von Aden und dem Horn von Afrika. Dabei reden sie über die Ereignisse, die sie sich gerade ansehen und ob sie das Material als Dokumentarfilm schneiden oder als Filmidee an Hollywood verkaufen sollen. Das kann mit viel Wohlwollen als zähe Meditation über die Realität in den Medien und über die Prinzipien des filmischen Erzählens gelesen werden.

In der zweiten Hälfte ist ein zum Islamismus und Terrorismus konvertierten Amerikaner, der jeden, der seinen echten Namen kennt, umbringt, und außerdem ein Attentat plant, die die Geschichte bestimmende Kraft. Diese Jagd nach einem Serienmörder sorgt dann für etwas Krimispannung, ohne das Buch zu retten. Denn die zweite Hälfte hat mit der ersten eigentlich nichts zu tun und der Terrorist ist wahrscheinlich Elmore Leonards langweiligster Charakter. Das mag auch daran liegen, dass Elmore Leonard kein Interesse an einer Serienkiller- oder einer Post-9/11-Terroristenjagd hatte. Denn seine Krimis sind mehr oder weniger gut getarnte Western, in denen Gangster und Polizisten gegeneinander antreten und es, für einen Hardboiled-Kriminalroman, oft erstaunlich wenige Leichen gibt. Diese Verbrecherwelt hat aber nichts mit Serienkillern und Terroristen zu tun.

In den USA ist für Ende Januar 2012 bereits ein neuer Roman von Elmore Leonard angekündigt. „Raylan“ heißt er, Deputy US Marshal Raylan Givens ist der Held und anscheinend besteht das Buch aus drei neuen, kürzeren Geschichten, in denen Raylan Givens Ärger mit drei verschiedenen Frauen hat. Beim amerikanischem Publikum ist Raylan Givens inzwischen auch wegen der erfolgreichen TV-Serie „Justified“ (Uh, wann läuft die endlich bei uns an?) bekannt.

Elmore Leonard: Dschibuti

(übersetzt von Conny Lösch)

Eichborn, 2011

320 Seiten

19,95 Euro

Originalausgabe

Djibouti

William Morrow, New York, 2010

Hinweise

Homepage von Elmore Leonard

Meine Besprechung von Elmore Leonards „Djibouti“ (2010)

Meine Besprechung von Elmore Leonards „Road Dogs“ (Road Dogs, 2009)

Meine Besprechung von Elmore Leonards „Up in Honey’s Room“ (2007)

Meine Besprechung von Elmore Leonards „Gangsterbraut“ (The hot Kid, 2005)

Meine Besprechung von Elmore Leonards „Callgirls“ (Mr. Paradise, 2004)

Mein Porträt „Man nennt ihn Dutch – Elmore Leonard zum Achtzigsten“ erschien im „Krimijahrbuch 2006“

Meine Besprechung der Elmore-Leonard-Verfilmung „Sie nannten ihn Stick“ (Stick, USA 1983)

Meine Besprechung der Elmore-Leonard-Verfilmung „Killshot“ (Killshot, USA 2008)

Elmore Leonard in der Kriminalakte


TV-Tipp für den 9. Oktober: Fargo – Blutiger Schnee

Oktober 9, 2011

Tele 5, 22.05

Fargo – Blutiger Schnee (USA 1996, R.: Joel & Ethan Coen)

Drehbuch: Joel & Ethan Coen

Minnesota, im Winter: Autoverkäufer Jerry Lundegaard will an die Kohle von seinem Schwiegervater gelangen. Er lässt seine Frau von zwei strohdumm-gewalttätigen Verbrechern kidnappen. Selbstverständlich geht alles, was schief gehen kann, schief und die hochschwangere Polizeichefin Marge Gunderson darf Leichen einsammeln.

„Oh, jeez“, was für ein herrlich doppelbödiger, schwarzhumoriger Kriminalfilm. „Fargo“ gehört unbestritten zu den besten Werken der Coen-Brüder.

Mit Frances McDormand, William H. Macy, Steve Buscemi, Peter Stormare, Bruce Campbell (ungenannt)

Wiederholung: Mittwoch, 12. Oktober, 01.45 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Wikipedia über „Fargo“ (deutsch, englisch)

Umfassende Joel & Ethan Coen-Seite (mit dem Drehbuch zu „Fargo“)


TV-Tipp für den 8. Oktober: Papillon

Oktober 8, 2011

ARD, 00.05

Papillon (USA 1973, R.: Franklin J. Schaffner)

Drehbuch: Dalton Trumbo, Lorenzo Semple jr.

LV: Henri Charrière: Papillon, 1969 (Papillon)

Henri Charrière, genannt Papillon, wird 1931 zu lebenslanger Strafarbeit in der Strafkolonie Bagno auf der Teufelsinsel Cayenne in Französisch-Guayana verurteilt. Er soll einen Zuhälter ermordet haben. Kaum angekommen, denkt Papillon nur an eine scheinbar unmögliche Flucht.

Tolle Verfilmung der beeindruckenden und höchst erfolgreichen Autobiographie von Charrière. Das Nachfolgewerk „Banco“ war dann mehr episodisch.

Mit Steve McQueen, Dustin Hoffmann, Dalton Trumbo (Nebenrolle)

Hinweise

Homepage zum Film

Wikipedia über „Papillon“ (deutsch, englisch)

 


DVD-Kritik: Charles Bronson jagt den „weißen Büffel“

Oktober 7, 2011

‚Der weiße Hai‘ im Wilden Westen“ war wohl in Hollywood der Pitch für diese Dino-De-Laurentis-Produktion gewesen. Und mit Charles Bronson, der damals in den Siebzigern einer der großen Stars war, einer Riege verlässlicher Nebendarsteller, „James Bond“-Komponist John Barry für die Musik, „Silent Movie“- und „Buffalo Bill und die Indianer“-Kameramann Paul Lohmann für die Bilder, einem üppigen Budget von gut fünf Millionen Dollar und Action-Routinier J. Lee Thompson („Die Kanonen von Navarone“, „Ein Köder für die Bestie“ und, nach diesem Film, etliche Charles-Bronson-Filme) als Regisseur sah es nach einem guten Geschäft zwischen all den anderen Tierfilmen, die im Gefolge von dem „Weißen Hai“, in den Kinos liefen („King Kong“, „Orca“, „Piranhas“,…), aus.

Dem war aber nicht so. In den USA wurde der Film kaum gezeigt. Die Kritiken waren vernichtend („nur mäßig spannender Monsterfilm…psychedelisch verbrämte Unsinn ist streckenweise von unfreiwilliger Komik.“ [Lexikon des internationalen Films]) und „Der weiße Büffel“ verschwand ohne eine nennenswerte Spur aus dem öffentlichem Bewusstsein. Im TV wurde er auch anscheinend nie gezeigt.

Dabei hat der Film als surrealer Alptraum durchaus seine Qualitäten; wobei unklar ist, ob die Macher das beim Dreh so geplant hatten. Denn in „Der weiße Büffel“ erinnert der Wilde Westen eher an die Studiokulissen aus den 30er-Jahre-Horrorfilmen irgendwo zwischen „Dracula“ und „Frankenstein“ und an Roger Cormans Edgar-Allan-Poe-Adaptionen, die alle in einer künstlichen, nebligen Kulissenwelt gedreht wurden. Vor allem wenn der weiße Büffel ein Indianerdorf ausradiert oder Häuptling Crazy Horse (Will Sampson) in einer verregneten Nacht eine Postkutsche verfolgt oder wenn Wild Bill Hickok (Charles Bronson) sich in einem Wirtshaus, das wie ein raumloses Purgatorium wirkt, mit einigen Bösewichtern duelliert, ist die Stimmung nicht von dieser Welt. Dass Hickok von Alpträumen und Vorahnungen geplagt ist und deshalb den weißen Büffel töten will und, in der zweiten Hälfte des Films, ein großer Teil der Handlung in einer Höhle in den verschneiten Bergen spielt, trägt nur noch zu der surrealen Stimmung bei. Ebenso die schlampig inszenierten Action-Szenen und die extrem billig gemachte Animation des Büffels, der ohne die dramatische Musik ungefähr so bedrohlich wie ein mechanischer Bulle ohne Strom ist.

Da hätte Hickok nicht den halben Film mit einer extrem unförmigen Brille herumlaufen müssen.

Doch gerade diese Fehler tragen zur irrealen Atmosphäre des Films bei, in dem die Hauptpersonen von Schuldgefühlen und Ängsten geplagt sind. Insofern ist der weiße Büffel kein echter weißer Büffel, sondern er symbolisiert Hickoks Urängste und er versucht seine Angst zu bekämpfen indem er gegen seine Angst antritt. Das macht aus „Der weiße Büffel“ dann ein ziemlich paranoides Werk, in dem Hickok und Crazy Horse mit falschen Namen durch die Berge laufen und sich nur aufgrund ihrer Taten kurzzeitig Vertrauen können. Diese Zweckehe von zwei echten Männern ist dann der fragile Gegenpol zu dem allumfassendem Misstrauen und Fatalismus, der in vielen Post-Watergate-Filmen und auch in diesem Western, vorhanden ist.

Als Abenteuerfilm oder als Western ist „Der weiße Büffel“ dagegen ein ziemlicher Totalausfall.

Der weiße Büffel (The white buffalo, USA 1977)

Regie: J. Lee Thompson

Drehbuch: Richard Sale

LV: Richard Sale: The white buffalo, 1975

mit Charles Bronson, Jack Warden, Will Sampson, Kim Novak, Clint Walker, Stuart Whitman, Slim Pickens, John Carradine, Ed Lauter

DVD

Eurovideo

Bild: 1,85:1 (16:9 anamorph)

Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 2.0 Mono)

Untertitel: –

Bonusmaterial: Originaltrailer

Länge: 93 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Wikipedia über „Der weiße Büffel“

Los Angeles Times: Nachruf auf Richard Sale

 Wider Screenings über „Der weiße Büffel“

Creature Features über „Der weiße Büffel“

The League of Dead Films über „Der weiße Büffel“

Meine Besprechung von J. Lee Thompsons „Der gefährlichste Mann der Welt“

Meine Besprechung des Charles-Bronson-Films „Yukon“

 


TV-Tipp für den 7. Oktober: Durchschaut

Oktober 7, 2011

Arte, 21.45

Durchschaut – Das Rätsel der Gesichter (D 2011, R.: Andrea Cross, Luise Wagner)

Drehbuch: Andrea Cross, Luise Wagner

Einstündige Doku über den US-Psychologen Paul Ekman, der die tolle US-Krimiserie „Lie to me“ mit Tim Roth als Lügenexperte Cal Lightman inspirierte und wissenschaftlich begleitete. Der 1934 geborene Psychologieprofessor Ekman forschte über nonverbale Kommunikation, also die kleinen Gesten, Gesichtsausdrücke und Stimmschwankungen die viel über uns verraten.

Auf deutsch erschien vor einigen Monaten bei rororo Paul Ekmans Sachbuch „Ich weiss, dass du lügst – Was Gesichter verraten“ (Telling Lies, 1991/2001/2009)

Wiederholungen

Samstag, 8. Oktober, 10.00 Uhr

Donnerstag, 20. Oktober, 15.40 Uhr

Hinweise

Arte über die Doku

Wikipedia über Paul Ekman (deutsch, englisch)

Homepage von Paul Ekman

Süddeutsche Zeitung: Interview mit Paul Ekman (23. Januar 2009)