Das Mädchen und der Kommissar (F/I 1971, R.: Claude Sautet)
Drehbuch: Claude Sautet, Jean-Loup Dabadie, Claude Néron
LV: Claude Néron: Max et les ferrailleurs, 1968
Ein ehrgeiziger Polizist animiert, mit Hilfe einer Prostituierten, eine Gruppe von Kleingangstern zu einem Banküberfall. Er will sie auf frischer Tat ertappen.
Der vorzügliche französische Kriminalfilm mit Starbesetzung ist eine beklemmende Charakterstudie über einen ehrgeizigen Polizisten und die Annahme, dass der Zweck die Mittel heilige.
Mit Romy Schneider, Michel Piccoli, Bernard Fresson
Ein Frühwerk von Christoph Schlingensief (24. Oktober 1960 – 21. August 2010), das als Experimentalfilm keine wirklich nacherzählbare Geschichte hat, aber in der richtigen Stimmung sehr komisch ist. Jedenfalls geht es in „Menu Total“ um die deutsche Vergangenheit: den Nationalsozialismus und auch den jungen deutschen Film.
„Sein Film ist eine Zumutung. Ob er auch der beanspruchte Neubeginn ist, scheint schon zweifelhafter, aber der Kerl ist ja noch jung, und was immer ihm fehlen mag: Selbstbewusstsein ist es nicht.“ (Fischer Film Almanach 1987)
Damals gab es für solche Filme im Forum der Berlinale einen Platz, viele, unter anderem Wim Wenders, verließen nach wenigen Minuten ihren Platz und es gab, kurz darauf, sogar einen richtigen Kinostart.
Mit „100 Jahre Adolf Hitler – Die letzte Stunde im Führerbunker“, „Das deutsche Kettensägen-Massaker“, „Terror 2000 – Intensivstation Deutschland“ und seinem Afrika-Film „United Trash“ setzte er ziemlich kompromisslos sein filmisches Werk fort.
mit Helge Schneider (auch Musik), Volker Bertzky, Dietrich Kuhlbrodt, Alfred Edel, Anne Fechter, Joe Bausch
Vor hundert Jahren wurde in der auf der Insel Bastøy liegenden Haftanstalt, wo der bedrückende Film „King of Devil’s Island“ spielt, versucht, Jugendlichen mit harter Hand zu wertvollen Mitgliedern der Gemeinschaft zu machen. Dafür wurden sie auf der kleinen Insel uniformiert, mit Nummern angesprochen und nach rigiden Regeln erzogen. Wer sich unterordnete, hatte die Chance, irgendwann die Insel zu verlassen.
Eines Tages trifft Erling (Benjamin Helstad) ein. Er passt nicht wirklich zu den anderen Sträflingen. Denn er ist anscheinend älter als die anderen Jugendlichen, die teilweise noch Kinder sind oder als Kinder auf die Insel kamen, und er arbeitete vorher schon als Seemann. Viel mehr erfahren wir nicht über ihn. Auch nicht, weshalb er, oder irgendein anderer der inhaftierten Jugendlichen, nach Bastøy geschickt wurde.
Er befreundet sich mit Olav (Trond Nilssen), versucht zu fliehen, erkennt schnell, dass das über den Fjord fast nicht möglich ist.
Sein Gegenspieler ist der von Stellan Skarsgård gespielte Anstaltsleiter. Es gelingt ihm, den gläubigen Heimleiter in wenigen Szenen als einen Mann zu zeichnen, der zwar Gutes tun will, der dafür aber die falschen Mittel einsetzt und durch seinen Führungsstil und seine Entscheidungen letztendlich eine Revolte der Jugendlichen provoziert.
In diesen Momenten erinnert er an den von Burghart Klaußner in Michael Hanekes „Das weiße Band“ gespielten Pastor. Sowieso hat Marius Holsts „King of Devil’s Island“ mehr Ähnlichkeiten mit Hanekes fast zeitgleich spielendem Film, als mit Hollywoodfilmen wie „Gesprengte Ketten“, „Papillon“ oder „Flucht von Alcatraz“, die den Kampf des Individuums gegen ein unterdrückerisches System feiern.
Marius Holst erzählt in nüchternen, ruhigen Bildern, die sich den offensichtlichen Dramatisierungen verschließen, von den Bastøy-Jugendlichen. Durch eben diese distanzierte Erzählweise, die auch die meisten Klischees des Gefängnisfilms meidet, ist man allerdings auch immer ein eher objektiver Beobachter des Geschehens. Die in den Bildern liegende Anklage gegen das damalige Bastøy-Regime kann man intellektuell gut nachvollziehen.
Emotional bleibt man allerdings eher unbeteiligt und weil die Geschichte auch keine großen Überraschungen hat, wird „King of Devil’s Island“ auch etwas zäh.
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King of Devil’s Island (Kongen av Bastøy, Norwegen 2010)
Regie: Marius Holst
Drehbuch: Dennis Magnusson, Eric Schmid (nach einer Geschichte von Mette M. Bølstad und Lars Saabye Christensen)
mit Stellan Skarsgård, Benjamin Helstad, Kristoffer Joner, Trond Nilssen, Morten Løvstad, Daniel Berg, Odin Gineson Brøderud, Magnar Botten, Magnus Langlete
Europa (Deutschland/Frankreich/Dänemark 1990, R.: Lars von Trier)
Drehbuch: Lars von Trier, Jean-Paul Meurisse
Deutschland 1945: Ein Schlafwagenschaffner verliebt sich im Zug in die Tochter des Besitzers der Eisenbahngesellschaft. Gleichzeitig bittet ihn ein US-Oberst im Zug nach „Werwölfen“, einer Gruppe von faschistischen Untergrund-Kämpfern, zu suchen.
Lars von Triers dritter Spielfilm ist, nach „Element of Crime“ und „Epidemie“, der Abschluss seiner europäischen Trilogie und er steht schon lange auf meiner Zu-Sehen-Liste.
„In thematischer Anlehnung an die Figurenkonstellation von Franz Kafkas Roman ‚Amerika‘ wirkt ‚Europa‘ trotzt einiger Manierismen wie ein faszinierend bebilderter Alptraum. (…) Wegen seiner Bildphantasie zählt Trier seit ‚Europa‘ zu den Hoffnungsträgern des europäischen Kinos“ (Fischer Film Almanach 1992)
mit Jean-Marc Barr, Barbar Sukowa, Udo Kier, Ernst-Hugo Järegard, Eddie Constantine, Dietrich Kuhlbrodt, Lars von Trier (jüdischer Zeuge), Max von Sydow (Erzähler, im Original)
Der Mann, der niemals lebte (USA 2008, R.: Ridley Scott)
Drehbuch: William Monahan
LV: David Ignatius: Body of Lies, 2007 (Der Mann, der niemals lebte)
CIA-Agent Roger Ferris fahndet im Nahen Osten nach einer islamistischen Terrorzelle. Als sie nicht weiterkommen, hecken Ferris und sein in Washington, D. C., sitzender Chef einen verwegenen Plan aus.
Okayer, schrecklich ausgewogener, realistischer Polit-Thriller, bei dem man nie den Eindruck los wird, dass hier alle unter ihren Möglichkeiten bleiben. Außerdem ist das Ende enttäuschend.
Ein geschasster CIA-Agent will seine Memoiren veröffentlichen. Sie stoßen vor allem in Agentenkreisen auf großes Interesse.
Nette Agentenkomödie, die in Deutschland nur eine Videopremiere erlebte.
„Witzige und größtenteils schwungvolle Agenten-Komödie.“ (Lexikon des internationalen Films)
Der Film war für einen Edgar nominiert, das Drehbuch für den Preis der Writers Guild of America , der Roman erhielt den Edgar als bester Krimi des Jahres und auch Brian Garfield ist mit dieser Verfilmung sehr zufrieden.
mit Walter Matthau, Glenda Jackson, Sam Waterston, Herbert Lom, Ned Beatty, David Matthau, George Baker
Auch bekannt als „Bluff Poker – Ein Schlitzohr packt aus“ (Videotitel)
P. S.: Der Trailer ist “bäh”, aber es gelingt ihm verdammt gut, den Film nicht zu verkaufen.
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BR, 22.00
Der große Coup (USA 1973, R.: Don Siegel)
Drehbuch: Dean Riesner, Howard Rodman
LV: John Reese: The Looters, 1968 (später wegen des Films “Charley Varrick”)
Zufällig klaut Charley Varrick bei einem Überfall auf eine Provinzbank eine dreiviertel Million Dollar. Dummerweise gehört das Geld der Mafia – und die versteht keinen Spaß.
Herrlich amoralischer Gangsterfilm, bei dem ein Einzelner einen scheinbar hoffnungslosen Kampf gegen eine große, skrupellose Organisation aufnimmt.
„In diesem besten von Siegels späten Filmen wird nicht nur mit dem Genre gespielt, bis ein Westernmuster in einem Mafiafilm aufscheint, sondern sein Drehbuch ist auch derart ausgefeilt, dass es seine Wahrheit erst im letzten Moment offenbart.“ (Kevin Gough-Yates, in Frank Arnold/Michael Esser [Hrsg.]: Dirty Harry – Don Siegel und seine Filme)
John Reese schrieb in erster Linie Western.
Mit Walter Matthau, Joe Don Baker, John Vernon, Felicia Farr, Don Siegel (als Tischtennisspieler)
Es dauert zwar noch einige Monate, bis 2013 beginnt (wenn sich vorher nicht die Prophezeiung vom diesjährigen Weltuntergang bewahrheitet), aber die ersten Kalender sind bereits erhältlich. So auch der vom Schüren-Verlag herausgegebene „Filmkalender 2013“, der gut in jede Hosentasche passt. Für jede Woche gibt es eine Doppelseite. Täglich werden die Geburtstage und Todestage von wichtigen Filmschaffenden genannt. Die IMDB-Geburtstagsliste ist zwar umfangreicher, aber letztendlich, weil jeder Geburtstag gelistet wird, auch zu umfangreich. Jim Jarmusch, Constantin Costa-Gavras, Quentin Tarantino, Jean-Paul Belmondo, Coverboy Johnny Depp, Andreas Dresen, Nanni Moretti, Randy Newman, Yasujiro Ozu und Hanna Schygulla, die alle einen runden Geburtstag haben, werden auf zwei bis sechs Seiten ausführlicher porträtiert. Es gibt informativeTexte über Hollywoodstars im Zweiten Weltkrieg, Dinosaurier in Digital (über „Jurassic Park“, der als Blockbuster 1993 zeigte, was digital alles möglich ist), Federico Fellini schreibt über seinen Film „Achteinhalb“ (1963), Hans-Christian Schmid über „Lichter“ (2003) und einen Text über den seit dann siebzig Jahren auf der Leinwand aktiven „Batman“. Im Comic durfte „Batman“ bereits 1939 erstmals zuschlagen.
Es gibt einen großen Anhang mit Adressen von Filmarchiven, Buchhandlungen, DVD-Geschäften, Ausbildungsstätten, Institutionen, Verlagen und Zeitschriften aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Bei den Festivals wurden auch Filmfestivals aus anderen Ländern aufgenommen. Und sogar die Werbung, immerhin geht es um spezielle Werbung für Filmfans, ist einen Blick wert.
Langer Rede kurzer Sinn: der „Schüren Filmkalender 2013“ ist absolut empfehlenswert – und ich weiß jetzt auch, dass heute Mae West, Maureen O’Hara, Robert De Niro und Sean Penn und am Samstag Roman Polanski, Robert Redford, Patrick Swayze, Heino Ferch und Christian Slater Geburtstag haben.
Weil ich nicht schon wieder einen Sherlock-Holmes-Film empfehlen will, auch wenn das grandiose Staffelfinale der ersten Staffel der grandiosen BBC-Sherlock-Holmes-Serie „Sherlock: Das große Spiel“ um 23.30 Uhr im Ersten läuft, gibt es dieses Mal sozusagen einen prominent besetzten Anti-Tipp
Pro 7, 23.00
Entgleist (USA 2005, R.: Mikael Häfström)
Drehbuch: Stuart Beattie
LV: James Siegel: Derailed, 2003 (Entgleist)
Der Plot ist klassisch: ein biederer, glücklich verheirateter Angestellter lernt in der U-Bahn eine Frau kennen. Sie hüpfen ins Bett, werden erwischt, erpresst und plötzlich steht die Existenz des Mannes auf dem Spiel.
Die Ausführung ist, trotz der vielen bekannten Namen, eine einzige Enttäuschung, die nur in einem Punkt nicht vorhersehbar ist: dass der Angestellte sich wirklich so strunzdämlich verhält.
Es könnte inzwischen der gar nicht so falsche Eindruck entstehen, dass Steven Soderbergh den Herren Allen und Eastwood in punkto Produktivität nacheifert. Denn kaum hat man den einen Film gesehen, wird schon der nächste angekündigt. Dabei sieht Soderbergs neuester Film oft wie die Negation des vorherigen aus. Er wagt dabei immer wieder stilistische Experimente und er probiert der Reihe nach die Filmgenres aus.
Während „Haywire“ ein actionreicher Agententhriller war, dessen Handlung sich über den halben Globus erstreckte und seine Heldin sich von den Männern nichts vormachen ließ, wenn sie sie nicht gerade als Punchingball oder Zielscheibe benutzte, spielt „Magic Mike“ in Tampa, Florida, und dort die halbe Zeit in einer Bar, in der Männer vor Frauen strippen.
Das heißeste Pferd im Stall von Dallas (Matthew McConaughey, der sich schamlos zum Affen macht) ist der Dreißigjährige Mike (Channing Tatum, der selbst als 18/19-jähriger acht Monate Stripper war), der noch den Traum von einer eigenen Möbelschreinerei hat. Aber das Nachtleben mit Drogen und Frauen ist reizvoller. Während seiner Tagesarbeit lernt er den 19-jährigen, bei seiner älteren Schwester lebenden Slacker Adam (Alex Pettyfer) kennen, den er auch gleich in die Welt der Stripper einführt.
Adams bodenständige Schwester Brooke (Cody Horn) ist davon absolut nicht begeistert. Dennoch, oder gerade weil Brooke nicht sofort mit ihm ins Bett steigen will, verliebt Mike sich in sie und er verspricht ihr, auf ihren Bruder aufzupassen.
Steven Soderbergh inszenierte seine Variante der Geschichte vom amerikanischen Traum im semidokumentarischen New-Hollywood-Stil, bei dem die Charaktere und ihr Leben im Mittelpunkt stehen. Dabei driften die Stripper alle mehr oder weniger ziellos durch ihr Leben und ihre Komfortzonen mit den kleinen Träumen von einem eigenen kleinen Geschäft, einem Stripclub in Miami oder einfach nur etwas mühelos erworbenem Geld durch Kleindealerei und einer heißen Tanznummer. Diese zahlreichen, knallig-glamourös inszenierten Tänze zu pointiert ausgewählten Hits wie „Like a Virgin“, beim ersten Auftritt von Adam, oder „It’s raining Men“ gehören zu den optischen Höhepunkten des Films. Allerdings fällt bei dem Blick hinter die Kulissen des Striplokals auf, wie wenig glamourös, oft sogar bieder, das Leben der Stripper ist. In diesen Szenen werden die männlichen Sexsymbole dann zu Menschen mit Sorgen, Gefühlen und Ängsten.
Diesen Widerspruch zwischen Schein und Sein unterstreicht Soderbergh auch indem er die Auftritte der Stripper und deren Leben abseits des Rampenlichts verschieden inszeniert: ersteres fast schon in edler Werbefilmästhetik, letzteres schmuddelig dokumentarisch mit warmen, ausgewaschenen Farben.
Und es fällt immer wieder auf, wie prüde Hollywood inzwischen ist. Denn obwohl die ganze Geschichte im Stripper-Milieu spielt, sehen wir – was die deutsche „ab 12 Jahre“-Freigabe erklärt – nie mehr als bei einem gewöhnlichen Schwimmbadbesuch. In den USA reichte es trotzdem für ein R-Rating und die IMDB listete die schockierenden „Nacktszenen“ akribisch auf:
Magic Mike does include a lot of nudity, both male and female, however, it does not include any direct shots of genitalia, male or female. There are two shots where penis shown, but in both scenes, the penis is difficult to make out. There is quite a bit of female nudity, but only breasts and buttocks. The film also contains it’s fair share of male buttocks. (This is the main portion of the nudity section.)
Well, well, einmal habe ich sogar eine unverhüllte weibliche Brust gesehen…
Allerdings kann diese eklatante Kluft zwischen dem Versprechen auf hemmungslosen Sex und dem konsequenten Vorenthalten von entsprechenden Bildern auch ein subtiler Kommentar von Steven Soderbergh zur US-amerikanischen Bigotterie sein. Dann hätte diese züchtig erzählte Geschichte sogar einen sehr gemeinen Subtext.
Magic Mike – Die ganze Nacht (Magic Mike, USA 2012)
Regie: Steven Soderbergh
Drehbuch: Reid Carolin
mit Channing Tatum, Alex Pettyfer, Matthew McConaughey, Cody Horn, Olivia Munn, Matt Bomer, Riley Keough, Joe Manganiello, Kevin Nash, Adam Rodriguez, Gabriel Iglesias
Music Box – Die ganze Wahrheit (USA 1989, R.: Constantin Costa-Gavras)
Drehbuch: Joe Eszterhas
Die renommierte Chicagoer Anwältin Ann Talbot verteidigt ihren Vater Mike Laszlo. Er soll nach Ungarn ausgeliefert werden, weil er im Zweiten Weltkrieg zahlreiche, grauenvolle Kriegsverbrechen begangen soll. Sie glaubt ihrem Vater und beginnt vor Gericht für ihn zu kämpfen.
Spannendes Gerichtsdrama, das moralische Fragen stellt und zum Nachdenken bewegt.
Polit-Filmer Costa-Gavras („Z“) erhielt auf der Berlinale, zu recht, einen Goldenen Bären für den Film.
Eszterhas schrieb auch die Drehbücher für „Flashdance“, „Das Messer“, „Basic Instinct“, „Sliver“ und „Showgirls“.
mit Jessica Lange, Armin Mueller-Stahl, Frederic Forrest, Donald Muffat, Lukas Haas, Michael Rooker
Für „Rampart“ hat Oren Moverman, der Regisseur des allgemein abgefeierten Dramas „The Messenger – Die letzte Nachricht“ (unter anderem der Silberner Bär für das Drehbuch auf der Berlinale, eine Golden-Globe- und zwei Oscar-Nominierungen), neben den „The Messenger“-Hauptdarstellern Woody Harrelson und Ben Foster, eine beeindruckende Schauspielerriege versammelt: Sigourney Weaver, Robin Wright, Anne Heche, Cynthia Nixon (ähem „Sex & the City“), Steve Buscemi (leider nur in einer Szene), Ice Cube, Ned Beatty (zuletzt „In the electric Mist“ und „The Killer inside me“) und, eher unbekannter, Jon Bernthal („The Walking Dead“) und sie heben mit ihrem Spiel das Drama über einen selbstgerechten Streifenpolizisten als Charakterstudie eines Mannes am Abgrund auf ein sehr hohes Level.
Die 1999 in Los Angeles, kurz nach dem titelgebenden Rampart-Skandal, bei dem polizeiinterne Korruption und andere Verbrechen von Polizisten bekannt und anschließend kräftig im Los Angeles Police Department aufgeräumt wurde, spielende, kaum vorhandene Geschichte zerflettert dagegen in unzähligen Subplots aus dem Leben des Streifenpolizisten Dave Brown (Woody Harrelson), in denen es um einen gewalttätigen, auf Video dokumentierten Einsatz von ihm, seine seltsame Beziehung zu seinen beiden Ex-Frauen, die auch Schwestern sind, und zu seinen Kindern, sein unermüdlicher Sextrieb, sein überbordender Drogenkonsum, den Mord an einem Dieb, seine Freundschaft zu seinem mit allen Wassern gewaschenen Mentor und die Ermittlungen eines internen Ermittlers gegen ihn geht. Nach gut zwei Stunden endet der Film so offen, dass er wie eine Skizze über einen Mann, der sich immer mehr in Schuld und Paranoia verstrickt, wirkt.
Woody Harrelson hält diesen Film zusammen und als erstklassig besetzte Charakterstudie überzeugt „Rampart“, der eindeutig vom US-amerikanischen New Hollywood der siebziger Jahre, als der „Taxi Driver“ und „Der Pate“ das Publikum mit komplexen und wenig vorbildlichen Charakteren konfrontierte, und dem europäischen Kino inspiriert ist.
Weil Moverman in seinem Film die Geschichte eines selbstverschuldeten Abstiegs erzählt, der von Harrelson gespielte Officer Dave Brown keinen eindeutigen Antagonisten hat (eher schon eine Handvoll Antagonisten, die sich gegenseitig neutralisieren und teilweise auch keine klassischen Antagonisten sind) und Polizeikorruption und Polizeigewalt nur nebenbei gestreift werden, ist dieses Cop-Drama auch ungleich schwächer als die Cop-Thriller „Dark Blue“ und „Street Kings“, die letztendlich auch vor dem Hintergrund des Rampart-Skandals spielten, bei denen James Ellroy als Ideenlieferant und Drehbuchautor involviert war und in denen im Film (vor allem wenn man die Vorgeschichte in der Entwicklungshölle kennt) erstaunlich viel von Ellroys Themen und Obsessionen enthalten ist. In „Rampart“ ist dagegen eher wenig James Ellroy enthalten, was auch daran liegen kann, dass während der Dreharbeiten der Fokus stärker auf Officer Dave Brown gelegt wurde, während Ellroys ursprüngliches Skript einen stärkeren Fokus auf den Rampart-Skandal hatte.
Als Bonusmaterial gibt es ein „Making of“, in dem James Ellroy sich dennoch sehr zufrieden mit der Verfilmung zeigt, es gibt Interviewschnipsel mit Woody Harrelson, Ben Foster, Robin Wright, Brie Larson und Oren Moverman und einen kleinen Zusammenschnitt der besten Sprüche des von Woody Harrelson gespielten Officer Dave Brown. Das ist ein informativ unauffälliges Paket, in dem immer wieder Hauptdarsteller Woody Harrelson, das Drehbuch von James Ellroy und Oren Moverman und Regisseur Oren Moverman, der seinen Schauspielern viel Raum für Improvisationen gibt, gelobt wird.
Rampart – Cop außer Kontrolle (Rampart, USA 2011)
Regie: Oren Moverman
Drehbuch: James Ellroy, Oren Moverman
mit Woody Harrelson, Robin Wright, Anne Heche, Cynthia Nixon, Steve Buscemi, Ice Cube, Sigourney Weaver, Ben Foster, Ned Beatty, Jon Bernthal, Brie Larson
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DVD
Ascot Elite
Bild: 1:,35 (16:9)
Ton: Deutsch (DTS 5.1, Dolby Digital 5.1), Englisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch
Bonusmaterial: Making of, Sh*t Dave Brown says, Interviews mit Cast und Crew, Originaltrailer, Deutscher Trailer, Wendecover
Der Knochenmann (Aus 2009, R.: Wolfgang Murnberger)
Drehbuch: Josef Hader, Wolfgang Murnberger, Wolf Haas
LV: Wolf Haas: Der Knochenmann, 1997
Brenner fährt auf’s Land. Eigentlich soll er ein geleastes Auto zurückholen. Aber dann gefällt’s ihm im Wirtshaus von Löschenkohl zu gut, er verliebt sich in die Schwiegertochter des Wirts und stolpert in eine veritable Mordgeschichte. Denn der Löschenkohl wird erpresst, beseitigt seine Erpresser und muss auch auf seinen blöden, aber ambitionierten Sohn aufpassen.
Die dritte Auflage der Ösi-Variante eines Action-Films, eines Whodunit und einer Krimikomödie hat weniger bekannte Namen und weniger Lacher als „Komm, süßer Tod“ und „Silentium“. Dafür ist „Der Knochenmann“ noch desillusioniert-gemeiner in seinem Blick auf die Menschen und Josef Hader hat im Privatdetektiv Brenner die Rolle seines Lebens gefunden.
Mit Josef Hader, Josef Bierbichler, Simon Schwarz, Birgit Minichmayr, Stipe Erceg, Christoph Luser, Dorka Gryllus
LV: Steve Lopez: The Soloist: A Lost Dream, an Unlikely Friendship, and the Redemptive Power of Music, 2008 (Der Solist)
„Los Angeles Times“-Journalist Steve Lopez trifft während einer Recherche den Obdachlosen Nathaniel Ayers, einen hochbegabten Straßenmusiker, der vor einer großen Karriere stand, und der an paranoider Schizophrenie leidet. Die beiden befreunden sich.
Die TV-Premiere der Woche, grandios besetzt mit Robert Downey Jr. und Jamie Foxx in den Hauptrollen, inszeniert von Joe Wright („Abbitte“, „Stolz und Vorurteil“, „Wer ist Hanna?“), nach einem Drehbuch der „Erin Brokovich“-Autorin Susannah Grant, und zu einer Zeit, die sprachlos macht. Denn auch wenn die Kritiken gemischt waren (bei Rotten Tomatoes kommt der Film auf 56 Grad Frische), wäre sicher ein publikumsfreundlichere Zeit drin gewesen.
mit Robert Downey Jr., Jamie Foxx, Catherine Keener, Tom Hollander, Octavia Spencer
Neulich, im ICE fiel mir dieser Flyer der DB in die Hand
Und dabei hält der BER-Flughafen-Aufsichtsrat noch an einem Eröffnungstermin fest (aber eigentlich glaubt niemand, dass am 17. März 2013 die Eröffnung ist) und das Abgeordnetenhaus (also unser Halbtagsparlament) bereitet sich auf einen Untersuchungsausschuss vor. Den Vorsitz hat die Piratenfraktion.
Ich befürchte, die DB trifft dieses Mal mit der Angabe „auf unbestimmte Zeit“ ins Schwarze.
Alfred Hitchcock (13. August 1899, London – 29. April 1980, Los Angeles)
Und anstatt uns wieder einmal einen oder zwei seiner Klassiker anzusehen, könnten wir auch mal einen Blick auf sein Frühwerk (nicht immer unbedingt Krimis) werfen:
Downhill (GB 1927, Bergab)
The Ring (GB 1927, Der Ring)
The Manxman (GB 1929, Der Mann von der Insel Man)
Die drei Stummfilme werden von YouTube leider ohne Ton präsentiert. Denn ein Stummfilm war niemals stumm.
Mary (GB 1929, Alfred Hitchcock drehte die deutschsprachige Version von „Murder“/“Sir John greift ein“ parallel zum englischen Original. Einer seiner ersten Tonfilme.)
Die Filme sind Teil des neuen YouTube-Kanals „Movies“ (englisch, deutsch). Die Auswahl ist noch nicht so toll, aber mit etwas Findigkeit findet man auf YouTube auch viele weitere Filme.
Tatort: Platt gemacht (D 2009, R.: Buddy Giovinazzo)
Drehbuch: Stefan Cantz, Jan Hinter
In Köln wird ein Obdachloser mit Frostschutzmittel vergiftet. Die Kommissare Ballauf und Schenk ermitteln im Milieu.
Sehr unterhaltsamer Kölner-Tatort, der erfrischend undidaktisch (Wir reden vom Kölner Tatort) daherkommt und Udo Kier als Penner ist auch die halbe Miete.
mit Klaus J. Behrendt, Dietmar Bär, Joe Bausch, Udo Kier, Christian M. Goebel, Michael Schenk, Catherine Flemming, Peter Millowitsch
LV: S. E. Hinton: The Outsiders, 1967 (Die Outsider)
Tulsa, 1966: Die „Greasers“ und die „Socs“ sind zwei verfeindete Jugendgangs. Eines Tages bringt einer der Greasers den Anführer der Socs um. Die wollen Rache.
TV-Premiere von Francis Ford Coppolas 22 Minuten längerem, 2005 veröffentlichten Director’s Cut von „Die Outsider“, einem Jugenddrama mit einem, rückblickend, beeindruckendem Cast von damals aufstrebenden Jungschauspielern.
„Francis Coppola hat einen handwerklich und schauspielerisch guten, aber sehr konventionellen Film (…) gemacht. Obwohl er in den Mittsechzigern spielt, sieht der Film wie ein Fünfziger-Jahre-Drama über Problemkinder aus, wie sie von Nicholas Ray und Elia Kazan gedreht worden sind, ohne allerdings jemals deren Tiefe und Spannung zu erreichen.“ (Variety)
Danach drehte Coppola, ebenfalls nach einem Roman von S. E. Hinton, das deutlich experimentellere „Rumblefish“ und hangelte sich ab dann mehr schlecht als recht durch seine weiteren Filme, die alle, aus verschiedenen Gründen, nicht an sein grandioses Frühwerk (Der Pate, Der Dialog, Der Pate II, Apocalypse Now) anschließen konnten.
mit C. Thomas Howell, Matt Dillon, Ralph Macchio, Patrick Swayze, Rob Lowe, Diane Lane, Emilio Estevez, Tom Cruise, Leif Garrett, Glenn Withrow, Tom Waits, S. E. Hinton
auch bekannt als „Coppola’s The Outsiders – Rebellen ohne Grund“ (Kinotitel)
Die zwölf Geschworenen (USA 1957, R.: Sidney Lumet)
Drehbuch: Reginald Rose
LV: Reginald Rose (Story, Bühnenstück)
Hat der angeklagte Puertoricaner seinen Vater ermordet? Die Geschworenen beraten.
Lumets erster Spielfilm ist ein Klassiker des Gerichtsfilms: ein Raum, zwölf Personen, die eine Entscheidung fällen müssen: unerträgliche Spannung. Ausgangspunkt für den Spielfilm war ein einstündiges Fernsehspiel von Reginald Rose, der dafür von eigenen Erfahrungen als Geschworener inspiriert wurde. Beim Start wurde der Film von der Kritik gelobt, für zahlreiche Preise nominiert und floppte – trotz des niedrigen Budgets – an der Kasse. „Sidney Lumets Erstlingsfilm verleiht dem Geschehen durch die Begrenzung des Ortes und der Personen eine große Dichte und Spannung. Die Wahrheitsfindung entsteht aus dem Zusammenspiel unterschiedlicher Menschentypen, Ideologien und Interessen – ein Modellfall ´demokratischer´ Aufklärungsarbeit. Hervorragend besetzt, gespielt und fotografiert (Preis der OCIC in Berlin)“ (Lexikon des Internationalen Films)
Mit Henry Fonda, L. J. Cobb, Ed Begley, E. G. Marshall, Jack Warden, Martin Balsam, Jack Klugman, Joseph Sweeney