Neu im Kino/Filmkritik: „Red Dawn“ ist nur noch der feuchte Traum der Tea-Party

Wie sich die Zeiten ändern sieht man an „Die rote Flut“ (Red Dawn, USA 1984) und dem heute im Kino startendem Remake „Red Dawn“.

1984 war „Die rote Flut“ ein Skandalfilm, gegen den die Menschen auf die Straße gingen und Vorführungen blockierten. Regisseur und Autor John Milius („Apocalypse Now“, „Conan, der Barbar“) erzählte von einer Invasion der Russen in die USA und dem Kampf einer Gruppe Jugendlicher gegen sie. Ideologisch reflektierte der konservative Waffennarr, vollkommen ironiefrei, das damalige Klima in den USA unter Präsident Ronald Reagan und der allgemeinen Angst vor dem Weltuntergang. Neben den ganzen rechtslastigen „Rambo“- und „Missing in Action“-Filmen wurde hier am deutlichsten politische Propaganda betrieben.

Daher ist „Die rote Flut“ auch heute noch als zeithistorisches Dokument interessant. Filmisch ist die Wehrertüchtigung dagegen banal, aber mit einem aufsehenerregendem Cast. Denn die damals angesagten und kommenden Jungstars spielten mit: Patrick Swayze, C. Thomas Howell, Lea Thompson, Charlie Sheen, Darren Dalton, Jennifer Grey, Brad Savage und Doug Toby. Einige wurden danach vergessen oder zogen sich vom Filmgeschäft zurück. Die anderen kennen wir noch heute.

Ergänzt wurde der Cast um einige bewährte Schauspieler, wie Ben Johnson, Harry Dean Stanton, Ron O’Neal, William Smith, Vladek Sheybal und Powers Boothe.

2009 wurde dann ein Remake des Kalter-Kriegs-Paranoia-Werkes „Die rote Flut“ gedreht, das sich weitgehend an das Original hält und, wenn schon damals die Grundidee ziemlich idiotisch war, ist heute die Idee einer Invasion einer fremden Macht in die USA (trotz Afghanistan und Irak) vollkommen bescheuert. Und dabei ist es egal, ob die Invasoren Chinesen (wie ursprünglich geplant) oder Nordkoreaner (wie jetzt, aufgrund der – höhö – geänderten weltpolitischen Lage) sind. Die würden in der Realität die USA ganz anders in die Kniee zwingen.

Aber um Politik, verstanden als auch nur halbwegs nachvollziehbare Analyse einer realen Bedrohung, geht es in „Red Dawn“, das genauso ironiefrei und witzlos wie das Original ist, auch nicht.

Red Dawn“ ist der feuchte Traum der Tea Party – und als solcher wirklich nur von begrenztem Interesse.

Immerhin zeigt das überflüssige Remake, was passiert, wenn man aus einem ideologischem Bollwerk eben jene ideologische Komponente entfernt und den Rest (okay, der Schlusskampf findet in „Red Dawn“ im Hauptquartier des erstaunlich blassen Bösewichts statt und es geht um einen Koffer, der einen Superdupercode enthält) beibehält: aus einem politischen Ärgernis wird ein Ärgernis.

Denn „Red Dawn“ ist absurd unpolitisches, sich manchmal politisch gebendes Actionkino, das außer den doch eher durchschnittlichen Actionszenen nichts zu bieten hat. Nie hat man den Eindruck, einen Post-9/11-Film zu sehen. Stattdessen glaubt man, in jeder Beziehung, einen dreißig Jahre alten Film, den man damals im Kino verpasst hat, zu sehen. Das führt immerhin dazu, dass die Actionszenen nicht in einem Schnittgewitter untergehen.

P. S.: Tony Gilroy, die Bourne-Filme, „Michael Clayton“ und „Duplicity – Gemeinsame Geheimsache“, wurde 2009, kurz vor dem Beginn des Drehs, für ein Rewrite engagiert und anscheinend änderte er nicht viel an dem Buch. In den Credits taucht er jedenfalls nicht auf und die Nationalität des Bösewichts wurde erst nachträglich geändert.

Red Dawn - Plakat 4

Red Dawn (Red Dawn, USA 2012)

Regie: Dan Bradley

Drehbuch: Carl Ellsworth, Jeremy Passmore, Tony Gilroy (ungenannt) (nach dem Drehbuch „Red Dawn“ von Kevin Reynolds und John Milius)

mit Chris Helmsworth, Josh Peck, Adrianne Palicki, Josh Hutcherson, Connor Cruise, Will Yun Lee, Jeffrey Dean Morgan, Brett Cullen, Isabel Lucas, Edwin Hodge, Alyssa Diaz, Julian Alcaraz, Michael Beach, Fernando Funan Chien

Länge: 93 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Deutsche Facebook-Seite zum Film

Film-Zeit über „Red Dawn“

Metacritic über „Red Dawn“

Rotten Tomatoes über „Red Dawn“

Wikipedia über „Red Dawn“ (deutsch, englisch)

Und so sah die Invasion damals aus:

 

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