Nachdem der New Yorker Polizist John McClane in der Vergangenheit mehrmals zur falschen Zeit am falschen Ort war und er dann innerhalb weniger Stunden seine Frau (in „Stirb langsam“ und „Stirb langsam 2“) oder seine Tochter (in „Stirb langsam 4.0“) retten musste und dabei die Pläne von Terroristen und Gangstern gründlich vermasselte, ist er jetzt, im fünften „Stirb langsam“-Film, der fast schon banal „Stirb langsam – Ein guter Tag zum Sterben“ (A good day to die hard) heißt, der Mann, der wirklich den Ärger sucht und dafür um die halbe Welt von New York nach Moskau reist. Dort ist sein Sohn Jack (Jai Courtney) gerade als Verbrecher angeklagt und John McClane (Bruce Willis fast im Autopilot-Modus) will ihm, nachdem er ihn seit Ewigkeiten nicht gesehen hat, helfen.
Kaum ist McClane in Moskau angekommen, mischt er sich unter die Masse, die vor dem Gericht auf die Verhandlung gegen Komarov (Sebastian Koch) wartet. Komarov soll in einem Schauprozess verurteilt werden und er hat ein superwichtiges Dossier (aka der MacGuffin) irgendwo versteckt. Bevor die Gerichtsverhandlung beginnt, überfallen Verbrecher das Gericht und in dem Kuddelmuddel können Jack McClane und Komarov entkommen. Auf ihrer Flucht treffen sie auf John McClane. Die folgende atemberaubende Autoverfolgungsjagd quer durch Moskau, gedreht an 82 Tagen mit einem 190-köpfigem Stuntteam und, unter anderem, einer großzügigen Fahrzeugspende von Mercedes Benz im Wert von mehreren Millionen Dollar, hat sich schon jetzt einen Platz in den Analen der großen Autoverfolgungsjagden gesichert.
Danach erfahren wir, dass Jack McClane ein CIA-Agent ist und er Komarov befreien sollte. Das sichert dem „007 aus Plainfield, New Jersey“ (Daddy McClane über seinen Sohn) immerhin einen Platz bei den Guten. Aber in der atemlosen Abfolge von einem Action-Set-Piece zum nächsten wurde dann sowieso auf jegliches Drehbuch und eine auch nur irgendwie nachvollziehbare Geschichte (das ist der Teil eines Films, der die Action-Szenen in eine sinnvolle Reihenfolge bringt und für Spannung sorgt) verzichtet. Auf einen Bösewicht mit einem nachvollziehbarem Motiv und einem auch nur irgendwie logischem Plan, wie er sein Ziel erreicht, ebenso.
Stattdessen gibt es eine Schießerei in einem CIA-Versteck mit Flucht, eine Schießerei in einem verlassenen Ballsaal mit Flucht und in Tschernobyl einen epischen Kampf, bei dem sozialistische Betonbauten ihre Widerstandsfähigkeit gegen alle möglichen Waffen beweisen können. Außerdem erfahren wir dann, dass Komarov doch ein Bösewicht ist. Aber so überraschend kommt das nicht. Denn in „Stirb langsam – Ein guter Tag zum Sterben“ sind alle Russen schrecklich böse und schießwütig.
Es wurde auch auf alles verzichtet, was zur „Stirb langsam“-Formel gehört. Außer natürlich der Action. Aber alles andere fehlt in diesem spannungs- und ironiefreiem Murks. John McClane ist nicht mehr der Mann, der zufällig in ein Verbrechen hineinstolpert. Jetzt sucht er den Ärger. Er ist nicht mehr der Normalo, der über sich hinauswächst. Jetzt ist er eine unkaputtbare Kampfmaschine, die Charme durch dicke Wummen und Blei ersetzt. Er ist nicht mehr der Mann, der den Menschen, die er liebt, helfen muss. Jetzt hat er einen Sohn, der ganz gut allein zurecht kommt und die Beziehung zu ihm ist mehr behauptet als nachvollziehbar. Vor allem in den ersten beiden „Stirb langsam“-Filmen gab es eine spannungsfördernde Einheit von Ort (einmal ein Hochhaus, einmal ein Flugplatz) und Zeit. Schon im dritten, deutlich schwächeren Teil „Stirb langsam: Jetzt erst recht“, der auch im Sommer spielte, spielte die Action im gesamten Staat New York. Das war ein guter Action-Film. Aber ein „Stirb langsam“-Film? In „Stirb langsam 4.0“ spielte die Geschichte an der halben Ostküste und der Gegner schien aus einem James-Bond-Film gefallen zu sein. Jetzt spielt die „Geschichte“ in Moskau und im gut tausend Kilometer entferntem Tschernobyl. Aber die McClanes legen die Entfernung in wenigen Stunden im Auto zurück. Und Drehbuchautor Skip Woods (Passwort: Swordfisch; Hitman – Jeder stirbt alleine; Das A-Team – Der Film) und Regisseur John Moore, im gruseligen „Max Payne“-Modus, versuchen sich an einer Spionagegeschichte, die etwas bei James Bond und Jason Bourne abschauen möchte, aber noch nicht einmal ein auch nur halbwegs ordentliches B-Picture-Niveau erreicht.
Da ist es fast schon erfreulich, dass „Stirb langsam – Ein guter Tag zum Sterben“ mit 97 Minuten über eine gute halbe Stunde kürzer als die anderen „Stirb langsam“-Filme ist.
Und genau wie „Ein Quantum Trost“ der kürzeste und schlechteste James-Bond-Film aller Zeiten war, ist „Stirb langsam – Ein guter Tag zum Sterben“ definitiv der schlechteste „Stirb langsam“-Film und auch als Action-Film eine riesige Enttäuschung. Jedenfalls wenn man von einem Action-Film mehr als eine sinnlos-ohrenbetäubende Abfolge von Action-Set-Pieces erwartet, in denen mit Autos und großkalibrigen Waffen möglichst viel zerstört wird.
Stirb langsam – Ein guter Tag zum Sterben (A good day to die hard, USA 2012)
Regie: John Moore
Drehbuch: Skip Woods
mit Bruce Willis, Jai Courtney, Sebastian Koch, Yulia Snigier, Rasha Bukvic, Cole Hauser, Amaury Nolasco, Sergey Kolesnikov, Mary Elizabeth Winstead
Länge: 97 Minuten
FSK: ab 16 Jahre
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Hinweise
Amerikanische Homepage zum Film
Deutsche Facebook-Seite zum Film
Film-Zeit über „Stirb langsam – Ein guter Tag zum Sterben“
Metacritic über „Stirb langsam – Ein guter Tag zum Sterben“
Rotten Tomatoes über „Stirb langsam – Ein guter Tag zum Sterben“
Wikipedia über „Stirb langsam – Ein guter Tag zum Sterben“ (deutsch, englisch)
Meine Besprechung von “Set Up” (Setup, USA 2011, mit Bruce Willis)
Meine Besprechung von “Lady Vegas” (Lay the Favorite, USA/GB 2012, mit Bruce Willis)
Meine Besprechung von “The Expendables 2” (The Expendables 2, USA 2012, mit Bruce Willis)
Meine Besprechung von “Looper” (Looper, USA 2012, mit Bruce Willis)