Ende 2007 endeten in Kenia die Präsidentschaftswahlen, nachdem massive Manipulationen vermutet wurden, in landesweiten Unruhen. Wütende Jugendgangs marodierten durch das Land. 1200 Menschen starben, 300.000 wurden vertrieben.
In „Something Necessary“ konzentriert Judy Kibinge sich auf das Schicksal von zwei Menschen: Anne, die ihren Mann und ihr Haus verlor, und Joseph, der zu den jugendlichen Tätern gehört.
Die Krankenschwester Anne lebte glücklich mit ihrem Mann und ihrem Sohn Kitur auf einer abgelegenen Farm „The Haven“, als eine Bande Jugendlicher die Farm stürmte, sie vergewaltigte, ihren Sohn ins Koma prügelte, ihren Mann umbrachte und die Farm plünderte und abbrannte. Anne fällt auch ins Koma und als sie schwerverletzt im Krankenhaus erwacht, muss sie zuerst mit der neuen Situation zurecht kommen. Sie entschließt sich, gegen die guten Ratschläge ihrer Schwester und ihres Mannes, die Farm wieder aufzubauen.
Joseph ist einer der Jugendlichen, der in der Nacht dabei war. Nachdem seine Mutter das Schulgeld nicht mehr bezahlen konnte, musste er die Schule verlassen. Seitdem nimmt er Jobs an, für die er eigentlich zu intelligent ist, hängt mit einer Jugendgang ab, will sie verlassen, bekommt Ärger mit ihnen und verliebt sich in Chebet. Einer seiner Jobs führt ihn zu Annes Farm, die gerade wieder aufgebaut wird.
Kibinge erzählt zwar beide Schicksale parallel, aber Anne, das Opfer und ihre Versuche, die Ereignisse der Nacht zu bewältigen, stehen im Mittelpunkt des Films, der seine Geschichte, dialogarm in einfachen, einprägsamen, metaphernreichen Bildern erzählt. Es geht um die Annes Psyche. So ist der Wiederaufbau der Farm auch ein Versuch, die Vergangenheit wieder aufzubauen und den sicheren Hafen, den die Farm für sie verkörperte, den sie jetzt vielleicht auch als Paradies verklärt, wieder zu finden. Dass ihre Familie und auch ihr Sohn dieses fast schon krankhafte Festhalten an der Vergangenheit nicht wollen, dass sie dafür ihre Ersparnisse aufs Spiel setzt, dass sie sich zunehmend isoliert, kümmert sie nicht. Sie kann und will die Vergangenheit nicht vergessen. Aber sie weiß noch nicht, wie sie die Nacht verarbeiten soll.
Gleichzeitig geht es in „Something Necessary“ um die Frage, wie man mit Unrecht umgehen soll, wenn Täter und Opfer sich täglich begegnen.
Zum Glück verknüpft Kibinge die Geschichte von Anne und Joseph und Kenias nicht platt didaktisch im bieder-trübsinnigen Stil des TV-Films der Woche, sondern sehr kunstvoll in präzise beobachtenden Szenen, die immer auch auf die größeren Themen hinweisen und Anne verlässt nie der Mut. Wie der ganze Film trotz des düsteren Themas eine enorm positive, lebensbejahende Stimmung verbreitet.
„Something Necessary“ wurde, wie „Soul Boy“ und der Gangsterthriller „Nairobi Half Life“, von One Fine Day Films (Tom Tykwer ist Teilhaber) und Ginger Ink Films, in Kooperation mit der DW Akademie, produziert und entstand aus einem Workshop in dem erfahrene Filmemacher mit jungen, afrikanischen Filmemachern Filmstoffe entwickelten, die ihre und damit die aktuelle afrikanische Wirklichkeit reflektieren.
Something Necessary – Forgive. But never Forget (Kenia/Deutschland, 2013)
Regie: Judy Kibinge
Drehbuch: Mungai Kiroga, JC Niala, Judy Kibinge (Adaption) (nach einer Idee und Geschichte von Mungai Kiroga)
mit Susan Wanjiru, Walter Kipchumba Lagat, David Koprotich Mutai, Anne Kimani, Carolyne Chebiwott Kibet, Benjamin Nyagaka, Chomba Njeru,Hildy Jepkoech, Kipng’Eno Kirui Duncan
Länge: 85 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
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Verleih-/Vorführhinweis
Weil „Something Necessary“ jetzt nur in viel wenigen Kinos läuft, er aber als gutes Drama ein großes Publikum verdient hat, verrate ich euch jetzt, wo ihr für eine Vorführung im Uni-Kino oder im Kommunalen Kino (vielleicht mit einem anschließendem Filmgespräch) eine Kopie des Films bekommen könnt. Nämlich bei One Fine Day Films. Der Film kann als DCP und Blu-Ray gezeigt werden und das geht inzwischen ja in jedem guten Kino.
Die Kinotour mit Regisseurin Judy Kibinge und Hauptdarstellerin Susan Wanjiru
Mittwoch, 20. Februar: BERLIN, Babylon (Rosa-Luxemburg-Straße 30), 19:30, mit Judy Kibinge (Regisseurin), Tom Tykwer (Produzent ONE FINE DAY FILMS) und Muthoni Wanyeki (ehemalige Vorsitzende der Kenya Human Rights Commission, Nairobi/Paris)
Donnerstag, 21. Februar: LEIPZIG, Passage Kinos 19:30 Uhr
Freitag, 22. Februar: NÜRNBERG, Cinecitta 19:30 Uhr
Samstag, 23. Februar: WÜRZBURG, Central Programmkino 20:00 Uhr
Sonntag, 24. Februar: MÜNCHEN, City Kinos 11:00 Uhr
Montag, 25. Februar: HEILBRONN, Universum Arthaus-Kinos 20:00 Uhr
Dienstag, 26. Februar: STUTTGART, Metropol 19:00 Uhr
Mittwoch, 27. Februar: FRANKFURT, Kino im Filmmuseum 20:15 Uhr
Donnerstag, 28. Februar: BONN, Haus der Geschichte 19:00 Uhr
Freitag, 1. März:BIELEFELD, Kamera Filmkunsttheater 19:00 Uhr
Samstag, 2. März: BREMEN, City 46 19:30 Uhr
Sonntag, 3. März: HAMBURG, Abaton 20:00 Uhr
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Hinweise
Wikipedia über „Something Necessary“
Homepage von One Fine Day Films
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Bonus
Einige Bilder von den Dreharbeiten

Regisseurin Judy Kibinge mit Hauptdarstellerin Susan Wanjiru (Anne) bei den Dreharbeiten (Foto: One Fine Day Films)
- Walter Kipchumba Lagat bei den Dreharbeiten (Foto: One Fine Day Films)
und aus dem Film
- Susan Wanjiru als Anne mit einer befreundeten Kollegin am Krankenbett ihres Sohnes Kitur (Benjamin Nyagaka) (Foto: One Fine Day Films)

Walter Kipchumba Lagat arbeitet als Joseph an dem für die Filmgeschichte wichtigen Zaun (Foto: One Fine Day Films)








