Schläft der gute Mann eigentlich nie? Robert Kirkman schreibt nicht nur die grandiose monatliche Comicserie „The Walking Dead“, sondern ist auch in die sehr erfolgreiche TV-Serie involviert und wacht über das expandierende „The Walking Dead“-Universum. Dann erfand er mit Todd McFarlane („Spawn“) „Haunt“ und schrieb und schreibt in anderen Serien mit.
Aber das scheint ihm nicht zu reichen.
Denn im Februar 2012 erschien in den USA das erste Heft von „Thief of Thieves“. Der erste „Thief of Thieves“-Story-Arc umfasste sieben Hefte, die jetzt liegt als „Dieb der Diebe: ‚Ich steige aus’“ auf Deutsch vorliegen. Held der Kriminalgeschichte ist, – wir ahnen es -, ein Dieb. Ein besonders guter Dieb, der sich Redmond nennt und als Conrad Paulson ein bürgerliches Leben führt. Jetzt will er sein Leben als Verbrecher beenden, aber sein Sohn landet nach einem schlecht geplanten Diebstahl im Gefängnis, eine FBI-Agentin macht ihm ein Angebot, das er nicht ablehnen sollte und seine alten Verbündeten planen einen neuen, großen Diebeszug.
Und mehr will ich nicht verraten, weil „Dieb der Diebe“ zwar zunächst etwas verwirrend zwischen den verschiedenen Handlungssträngen hin- und herspringt und die Diebe und Polizisten sich emsig in der Disziplin Verrat, Doppelverrat und Trippelverrat (mindestens!) üben und normalerweise gleich mehrere Ablenkungsmanöver planen. Am Ende wird alles hübsch aufgedröselt und fügt sich schön zusammen.
Mit „Ich steige aus“ hat eine neue, gute Gangsterkrimiserie die Comicwelt betreten. Denn selbstverständlich steigt Redmond nicht endgültig aus. Dann wäre ja die Serie vorbei, bevor sie richtig beginnt.
Außerdem nähert sich „The Walking Dead“ langsam auch in Deutschland der Nummer 100. In dem neuesten „The Walking Dead“-Sammelband „Eine größere Welt“ sind die Hefte 91 bis 96 enthalten. In den USA ist bereits Heft 107 erschienen.
Inzwischen haben Rick Grimes und seine Gefährten sich in Alexandria häuslich niedergelassen. Aber sie fragen sich, wie es weitergehen soll. Da taucht ein Fremder auf, der sich Jesus nennt. Rick Grimes ist misstrauisch, aber nachdem der sich betont sanftmütig gebende, aber kampferprobte Jesus einige Chancen für Angriffe auf ihn und die Gemeinschaft verstreichen ließ und die Lebensmittel in Alexandria nur für eine überschaubare Zeit reichen, beschließt er, trotz der schlechten Erfahrungen, die sie vor längerer Zeit mit dem Governeur von Woodbury gemacht hatten (siehe die Sammelbände 5 bis 8), seinem Angebot zu folgen. Denn Jesus ist der Kundschafter für eine Gemeinschaft, in der zweihundert Menschen leben und die sich einfach, nach ihrer Lage, die Anhöhe nennt, und die gerne auch mit ihnen zusammenarbeiten würde. Inzwischen treibt die Anhöhe schon mit einigen anderen Enklaven Handel und das könnte der Nukleus für eine neue, größere Welt, für eine neue Gesellschaft, sein.
Rick Grimes, Andrea, Michonne, Glenn und Carl Grimes (der sich im Auto versteckt) mache sich auf den Weg zu einem ersten Besuch der Anhöhe.
Nachdem Rick Grimes und seine Gefährten in den vergangenen „The Walking Dead“-Bänden immer am eigenen Überleben interessiert waren und daher auch immer in einer entsprechend verschworenen Gemeinschaft lebten, hatte sich mit dem Eintreffen in Alexandria bereits ein Wechsel abgezeichnet. Dort konnten sie in einer größeren Gemeinschaft überleben. In „Eine bessere Welt“ zeichnet sich der Beginn einer neuen Gesellschaft ab.
Das ist einerseits eine neue Wendung in der „The Walking Dead“-Geschichte (immerhin wird vom Wunsch nach Überleben in den Wunsch nach dem Aufbau einer Gemeinschaft und damit Gesellschaft gewechselt), andererseits folgt das auch dem schon in den vorherigen Büchern angedachtem großen Handlungsbogen, der eine Siedlergeschichte erzählt. Vom Überleben in einer feindlichen Umwelt (ersetzt die Zombies durch Indianer) über Rückzüge in Forts, gute und schlechte Erfahrungen mit anderen Gruppen und der Erkenntnis, dass letztendlich der Mensch des Menschen größter Feind ist, hin zu einer viele Menschen umfassenden Gesellschaft. Von einem Recht des Stärkeren hin, oder wieder zurück, zu einem Recht des Gesetzes.
Ob und wie Robert Kirkman diesem Pfad folgt, wird in den nächsten „The Walking Dead“-Bänden erzählt.
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Robert Kirkman/Nick Spencer (Autoren)/Shawn Martinbrough (Zeichner): Dieb der Diebe: „Ich steige aus“ (Band 1)
(übersetzt von Marc-Oliver Frisch)
Panini, 2013
156 Seiten
16, 95 Euro
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Originalausgabe
Thief of Thieves # 1 – 7
Skybound/Image, Februar – August 2012
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Robert Kirkman/Charlie Adlard/Cliff Rathburn: The Walking Dead: Eine größere Welt (Band 16)
(übersetzt von Marc-Oliver Frisch)
Cross Cult, 2012
144 Seiten
16 Euro
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Originalausgabe
The Walking Dead, Vol. 16: A larger world
Image 2012
(enthält # 91 – 96)
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Hinweise
Offizielle „The Walking Dead“-Seite
Wikipedia über „The Walking Dead“ (deutsch, englisch)
AMC-Blog zu „The Walking Dead“
Spiegel Online: Interview mit Charlie Adlard (21. Oktober 2011)
Kriminalakte: Meine Gesamtbesprechung der ersten zehn „The Walking Dead“-Bände
Meine Besprechung der TV-Serie „The Walking Dead – Staffel 1“ (USA 2010)
Meine Besprechung der TV-Serie „The Walking Dead – Staffel 2“ (USA 2011/2012)
Kriminalakte: das Comic-Con-Panel zur TV-Serie
“The Walking Dead” in der Kriminalakte