„Göttliche Lage“ – was für ein Filmtitel, der sofort Assoziationen weckt und dann ist die Dokumentation nur eine nette Chronik, die genau die Zuspitzungen und Konflikte vermissen lässt, die ich erwartet hätte und die es in Berlin mit Sicherheit gegeben hätte. Denn Ulrike Franke und Michael Loeken zeigen in einer Langzeitbeobachtung, wie in Dortmund-Hörde auf dem Gelände einer Zeche ein Nobelwohngebiet mit künstlichem See errichtet wird, das unbestritten die Lebensqualität verbessert, aber auch zu einer massiven Gentrifizierung führen wird. Denn die Mieten in den Wohnungen um die stillgelelgte Zeche des Stahlwerkes Phoenix-Ost sind niedrig. Die Mieter leben eher von Hartz IV als von Chefarztgehältern. Sehenswürdigkeiten gibt es keine. Das Viertel ist ziemlich heruntergekommen und von der Welt vergessen. Da wird das Projekt auch im Umfeld zu steigenden Mieten führen.
Gegen solche Bauprojekte gibt es in Berlin, zum Beispiel in Kreuzberg, massive Proteste, die es teilweise in die „Tagesschau“ schaffen, wie der legendäre Besuch von „Looking for Freedom“-Sänger David Hasselhoff an der East Side Gallery (einem Teil der Berliner Mauer), die ein Investor zugunsten von Wohnungen für solvente Mieter abreißen wollte.
In Dortmund-Hörde scheint es, wie „Göttliche Lage“ zeigt, dagegen keine Proteste und keine nennenswerten Konflikte gegeben zu haben. Einige Anwohner sind skeptisch, einige befürchten steigende Mieten, aber die meisten denken, dass das halt der Lauf der Dinge ist. Es gibt nur einige kleinere Konflikte mit Gänsen, die sich – entgegen der Planung – in dem künstlich errichteten Phoenix-See ansiedeln. Die Phoenix See Entwicklungsgesellschaft würde gerne etwas dagegen tun, aber die Belange des Naturschutzes stehen dem entgegen. Und nachdem die Siedlung errichtet ist, gibt es kleinere Probleme mit ortsansässigen Jugendlichen, die – verständlich – halt gerne am See sitzen und ein Bier trinken. Aber dafür gibt es den Wachschutz und eine schon fast satirisch anmutende Liste von Verboten, die alle, fein säuberlich, auf einem Schild den Besuchern verkündet werden.
Diese wenigen, kleinen Konflikte trüben allerdings nicht das entstehende Bild eines rundum positiv aufgenommenen und akzeptierten 300-Millionen-Euro-Bauprojektes, das schnell und problemlos vollendet wurde.
Der Film selbst wirkt daher einfach nur wie eine Mischung aus Hofberichterstattung (ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass alles so harmonisch und problemlos ablief) und langer TV-Reportage für den WDR.
Göttliche Lage (Deutschland 2014)
Regie: Ulrike Franke, Michael Loeken
Drehbuch: Ulrike Franke, Michael Loeken
mit Ursula Klischan, Heinz Hüppe, Ludger Schürholz, Frank A. Kirsch, Willi Garth, Joachim Wegner
Länge: 104 Minuten
FSK: ab 0 Jahre
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Hinweise
Film-Zeit über „Göttliche Lage“
Moviepilot über „Göttliche Lage“
