Nachdem die letzten Filme von Ridley Scott aus verschiedenen Gründen nicht überzeugten, obwohl „The Counselor“ einige fanatische Fans hat, kehrt Ridley Scott mit „Der Marsianer – Rettet Mark Watney“ wieder in die Welt zurück, die ihm seine größten Erfolge bescherte: den Weltraum. Dieses Mal mit einem Science-Fiction-Film, der die Betonung auf „Science“ legt.
In naher Zukunft wird die bemannte Mission „Ares III“ auf den Mars geschickt. Am achtzehnten Tag der Mission gibt es einen Sturm (das ist der Fiction-Part des Films). Die sechs Astronauten verlassen Hals über Kopf den Planeten. Mark Watney (Matt Damon) wird dabei verletzt und, weil Captain Melissa Lewis (Jessica Chastain) von ihm keine Lebenszeichen mehr erhält, lässt sie Watneys Leiche zurück.
Aber er ist nicht tot.
Er kehrt in das Habitat zurück und macht dann das, was jeder gute Amerikaner tut: er kämpft. Er rationiert seine Lebensmittel, er beginnt Kartoffeln anzubauen (was gar nicht so einfach ist, aber Watney ist ein Botaniker) und er nimmt Kontakt zur NASA auf. Was auch nicht so einfach ist. Denn es gibt keine Funkverbindung.
„Der Marsianer“ basiert auf dem Überraschungserfolg von Andy Weir. Er veröffentlichte den faktenversessenen Science-Fiction-Roman, vor einer steigenden Leserschar, zuerst als Fortsetzungsroman im Internet. Dann bei Amazon als E-Book und, weil es sich phänomenal verkaufte, bei dem großen Verlag Crown Publishing als gedrucktes Buch. Hollywood kaufte, wie wahrscheinlich bei jedem Bestseller, die Verfilmungsrechte und, über einige im Filmgeschäft normale Umwege, gelangte das Drehbuch in die Hände von Ridley Scott, dem Regisseur von „Alien“ und „Blade Runner“, der mit „Der Marsianer“ eine klassische Abenteuergeschichte erzählt. Robinson Crusoe auf dem Mars, nur ohne Affen und Außerirdische, aber dafür mit vielen Fakten.
Neben Watneys Kampf gegen den lebensfeindlichen Planeten gibt es zwei weitere Erzählstränge. Der eine spielt auf der Erde und erzählt wie die NASA, nachdem sie erfahren hat, dass Watney noch lebt, versucht, ihn zu retten, was angesichts der riesigen Entfernungen und der Zeit, die eine Rettungsmission benötigt, ein ziemlich aussichtsloses Unterfangen ist. Der andere spielt im Raumschiff und erzählt, wie Lewis und die anderen Astronauten reagieren, als sie erfahren, dass ihr Kamerad Watney noch lebt. Dieser Erzählstrang wird allerdings lange vernachlässigt und er wirkt, weil wir nur erfahren, was Astronauten während des langen Flugs in ihrem Schiff machen, über weite Strecken etwas forciert.
Mit 144 Minuten ist „Der Marsianer“ auch zu lang geraten. Immerhin hat die Geschichte, trotz der zahlreichen Hindernisse, die der zupackende und grundoptimistischen Watney überwinden muss, keine großen Überraschungen oder Wendungen. Scott hätte die Geschichte problemlos in zwei Stunden erzählen können. Trotzdem plant er, wie auch bei einigen seiner anderen Filme, für die DVD-Auswertung eine um zwanzig Minuten längere Fassung.
Das gesagt ist „Der Marsianer“ einer der gelungensten und schönsten Science-Fiction-Filme der vergangenen Jahre. Das liegt an den nur sparsam eingesetzten Spezialeffekte, der glaubwürdigen Geschichte und dem sorgfältigen Umgang mit Fakten. Im Gegensatz zu Christopher Nolans „Interstellar“, der letztes Jahr ja mit seiner Faktentreue hausieren ging und am Ende nur eine verquere Familienzusammenführung aus dem Reich der Phantasie erzählte, bleibt Ridley Scott bis zum Ende bei den Fakten. Die sind ja auch dramatisch genug.
Der Marsianer – Rettet Mark Watney (The Martian, USA 2015)
Regie: Ridley Scott
Drehbuch: Drew Goddard
LV: Andy Weir: The Martian, 2011/2014 (Der Marsianer)
mit Matt Damon, Jessica Chastain, Kristen Wig, Jeff Daniels, Michael Pena, Kate Mara, Sean Bean, Sebastian Stan, Aksel Hennie, Chiwetel Ejiofor, Donald Glover, Benedict Wong, Mackenzie Davis
Länge: 144 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
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Hinweise
Deutsche Homepage zum Film
Englische Homepage zum Film
Film-Zeit über „Der Marsianer“
Moviepilot über „Der Marsianer“
Metacritic über „Der Marsianer“
Rotten Tomatoes über „Der Marsianer“
Wikipedia über „Der Marsianer“ (deutsch, englisch)
Homepage von Andy Weir
Meine Besprechung von Ridley Scotts “Prometheus” (Prometheus, USA 2012)
Meine Besprechung von Ridley Scotts “Exodus – Götter und Könige (Exodus – Gods and Kings, USA 2014)
Ridley Scott in der Kriminalakte
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Nachtrag 1 (10. Oktober 2015)
In „Das Science Fiction Jahr 2015“, herausgegeben von Hannes Riffel (neu dabei) und Sascha Mamczak (schon länger dabei), erstmals im Golkonda Verlag (nachdem es fast dreißig Jahre bei Heyne erschien), ohne große Veränderungen – und, ja, die Tage, wenn ich mehrere Texte gelesen habe, gibt es eine ausführliche Besprechung –, aber schon jetzt will ich auf einen lesenswerten Text hinweisen.
In dem Sammelband ist ein 13-seitiges, interessantes Interview mit Andy Weir, dem Autor von „Der Marsianer“ über seinen Roman und alles, was damit zusammen hängt. Also wie er recherchierte, wie er sein Debüt schrieb, was er von Marsmissionen hält, wie sie möglich sind und welche Herausforderungen und Gefahren es gibt, wer seine schriftstellerischen Vorbilder sind, wer sein Lieblings-Doctor-Who ist und wie er in die Verfilmung involviert war.
Lesenswert!
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Hannes Riffel/Sascha Mamczak (Hrsg.): Das Science Fiction Jahr 2015
Golkonda, 2015
648 Seiten
29,90 Euro
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Nachtrag 2 (10. Oktober 2015)
Eigentlich wollte ich den für den John W Campbell Memorial Award nominierten Roman ja vor dem Filmstart lesen, aber er ist eben erst bei mir eingetroffen und der dringliche Hauptlesegrund hat sich ja am Donnerstag erledigt.
Für den Filmstart hat Heyne dem Bestseller eine Filmausgabe spendiert, die sich nur durch das Cover von der vorherigen Ausgabe unterscheidet.
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Andy Weir: Der Marsianer – Rettet Mark Watney
(übersetzt von Jürgen Langowski)
Heyne, 2015
512 Seiten
999 Euro
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Deutsche Erstausgabe
Heyne, 2014
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Originalausgabe
The Martian
2011 (online)
(gedruckt 2014 bei Crown und Del Rey)
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Nachtrag 3 (15. Oktober 2015)
DP/30 unterhält sich mit Ridley Scott über „Der Marsianer“ und den ganzen Rest