„Die Ballade von Halo Jones“ geht weiter

Am Ende des ersten Sammelbandes verließ Halo Jones ihre Welt, den Ring. Die in diesem Moment in jeder Hinsicht unbedeutende, junge Frau wollte das Weltall kennen lernen. Dort konnte es nur besser sein. Denn der Ring ist, in den Worten eines Jahrhunderte nach ihrem Tod lebenden Wissenschaftlers, „eine riesige Müllkippe, auf der Amerika seine Arbeitslosen ablud. Der Ring war eine vom Verbrechen verseuchte Welt mit einer ineffizienten Polizei.“

Im zweiten „Die Ballade von Halo Jones“-Sammelband erzählen Alan Moore (Text), Ian Gibson (Zeichnungen) und Barbara Nosenzo (Farben) ihre Geschichte weiter. In der Clara Pandy, einem Raumschiff, arbeitet Halo Jones als Stewardess. Sie umsorgt die reichen Passagiere, redet mit einem Delphin, trifft Geiselnehmer, bringt Essen vor die Präsidentensuite, wird von dem Bewohner der Suite, dem Rattenkönig, beauftragt, eine Ratte zu finden und muss sich gegen einen liebestollen Robothund wehren. Ihr ständiger Begleiter ist dabei ein Mensch, der so oft sein Geschlecht wechselte, dass er von niemand mehr wahrgenommen wird. Auch Halo übersieht Wiehiessienoch fast immer.

Nach einem Jahr in der Clara Pandy landet sie auf Charlemagne, Dort will sie sich mit ihrer Ring-Freundin Rodice treffen. Rodice versetzt sie.

Im dritten „Halo Jones“-Sammelband heuert sie beim Militär an. Als kleiner Soldat wird sie, mit denkbar geringen Überlebenschancen, quer durch die Kriegsgebiete geschickt. Schon bei ihrem ersten Einsatz auf einem Dschungelplaneten sterben viele ihrer Kameradinnen. Bei ihren nächsten Einsätzen sieht es nicht viel anders aus. Weil sie nicht auch sterben will, verlässt sie das Militär. Allerdings findet sie keine andere Arbeit und ist kurz darauf wieder in der Armee in einem selbstmörderischen Einsatz auf einem Planeten mit einer extremen Schwerkraft.

Halo Jones ist eine frühe Erfindung von Alan Moore, der inzwischen auch weit über die Comicszene hinaus als Autor von „Watchmen“, „From Hell“, „V wie Vendetta“ und der „Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“ bekannt ist. Das sind backsteindicke Werke voller Anspielungen und Verweise, die Moore dann auch mal in langen Anhängen erklärt.

Dagegen ist „Die Ballade von Halo Jones“ ein episodisches Abenteuer, das einfach Erlebnisse aus dem Leben einer jungen, normalen Frau in einer unnormalen Welt schildert. Es ist eine düstere Cyberpunk-Welt, die selbstverständlich eine grotesk übersteigerte, in die ferne Zukunft verlegte Vision der britischen Klassengesellschaft, des Thatcherismus und des Kalten Kriegs mit seinen Stellvertreterkriegen in verschiedenen Dritte-Welt-Ländern ist.

Die schwarzhumorigen Geschichten erschienen nämlich erstmals zwischen 1984 und 1986 in dem britischen Comicmagazin „2000 AD“ als einer Serie fünf- bis sechsseitiger Episoden. Danach brachen Alan Moore, Ian Gibson und Barbara Nosenzo die auf neun Bände angelegte Serie wegen eines Rechtestreits ab. Bis jetzt wurde sie, trotz des Wunsches der Fans, nicht fortgesetzt. Damit bleibt auch unklar, wie Halo Jones zu einer wichtigen Person wurde. In den ersten drei „Halo Jones“-Bänden steht sie noch vor dem Anfang ihrer Karriere. Sie hat noch nicht einmal die erste Sprosse der Leiter erklommen, die sie bekannt machen soll.

Aber sie hat einige sehr interessante Welten kennen gelernt.

Alan Moore/Ian Gibson/Barbara Nosenzo: Die Ballade von Halo Jones – Band 2

(übersetzt von Timothy Stahl)

Panini Comics, 2021

64 Seiten

17 Euro

Originalausgabe

The Ballad of Halo Jones

2000 AD Progs 376 – 385, 1984

Alan Moore/Ian Gibson/Barbara Nosenzo: Die Ballade von Halo Jones – Band 3

(übersetzt von Timothy Stahl)

Panini Comics, 2021

96 Seiten

23 Euro

Originalausgabe

The Ballad of Halo Jones

2000 AD Progs 452 – 466, 1986

Hinweise

Comic Book Database über Alan Moore

Alan-Moore-Fanseite (etwas veraltet)

Wikipedia über Alan Moore (deutsch, englisch) und über „Die Ballade von Halo Jones“ 

Meine Besprechung von Alan Moore/Dave Gibbons’ „Watchmen” (Watchmen, 1986/1987)

Meine Besprechung von Alan Moore/Eddie Campbells “From Hell” (From Hell, 1999)

Meine Besprechung von Alan Moore (Manuskript, Original-Drehbuch)/Malcolm McLaren (Original-Drehbuch)/Antony Johnston (Comic-Skript)/Facundo Percio (Zeichnungen) „Fashion Beast: Gefeuert (Band 1)“ (Fashion Beast # 1 – 5, 2012/2013)

Meine Besprechung von Alan Moore/Kevin O’Neills „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen: 2009“ (The League of Extraordinary Gentlemen #3: 2009, 2011)

Meine Besprechung von Alan Moore/Kevin O’Neills „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen: Das schwarze Dossier“ (The League of Extraordinary Gentlemen: Black Dossier, 2007)

Meine Besprechung von Alan Moore/Jacen Burrows’ „Neonomicon“ (The Courtyard, 2003; Neonomicon #1 – 4, 2010/2011)

Meine Besprechung von Alan Moore/Gabriel Andrades „Crossed + Einhundert (Band 1)“ (Crossed plus one hundred # 1 – 6, 2015)

Meine Besprechung von Alan Moore/Kevin O’Neills „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen – Band 3: Century“ (The League of extraordinary Gentlemen, Volume III: Century # 1: 1910, #2: 1969, #3: 2009; 2009/2011/2012)

Meine Besprechung von Alan Moore/Tony S. Daniel/Kevin Conrads „Spawn: Bloodfeud – Blutfehde“ (Spawn: Blood Feud, 1995)

Meine Besprechung von Alan Moore/Kevin O’Neills „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen: Nemo – Fluss der Geister“ (Nemo: River of Ghosts, 2015)

Meine Besprechung von Alan Moore/Jacen Burrows‘ „Providence – Band 1“ (Providence, #1 – 4, 2015)

Meine Besprechung von Alan Moore/Ian Gibson/Barbara Nosenzos „Die Ballade von Halo Jones – Band 1“ (The Ballad of Halo Jones, 1984)

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