Neu im Kino/Filmkritik: „Kleine schmutzige Briefe“, vorgelesen von gottesfürchtigen Damen

Es ist schon der 19. Brief voller Profanitäten, Vulgaritäten und Beleidigungen, den die gottesfürchtige Edith Swan (Olivia Colman) erhält. Sie lebt in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts in der kleinen südostenglischen Küstenstadt Littlehampton bei ihren strengen Eltern. Die Polizei hat keine Ahnung, von wem die Briefe sind.

Edith verdächtigt ihre aus Irland kommende Nachbarin Rose Gooding (Jessie Buckley). Sie ist das Gegenteil von Edith und wenn sie, garniert mit einigen Schimpfworten, behauptet, dass sie keine Briefe mit Schimpfworten schreibe, sondern es ihr direkt ins Gesicht sagen würde, dann hört sich das sehr glaubwürdig an.

Während die Feindschaft zwischen den beiden Nachbarinnen immer größer wird, beginnt die junge Polizistin Glady Moss (Anjana Vasan) zu ermitteln. Sie tut das vor allem in ihrer Freizeit und ohne die Erlaubnis ihrer Vorgesetzten. Denn als erste Polizeibeamtin in der Polizeistation und in Sussex wird sie von ihren Kollegin ständig als Kuriosität geduldet, die höchstens Hilfstätigkeiten ausüben kann. Entsprechend verächtlich reagieren sie auf Gladys Hinweis, dass die Handschriften des unbekannten Briefschreibers und von Rose verschieden sind.

Genervt von der Ignoranz ihrer Kollegen und Vorgesetzten verbündet Gladys sich mit einigen Frauen aus dem Dorf, die ebenfalls nicht an die Schuld von Rose glauben. Gemeinsam suchen sie den Briefschreiber. Und wer den in puncto Story arg irreführenden Trailer nicht gesehen hat, dürfte mit seinem Verdacht richtig liegen.

Denn für den anfangs angedeuteten Rätselplot interessieren sich Drehbuchautor Jonny Sweet und Regisseurin Thea Sharrock kaum. Ihr Film „Kleine schmutzige Briefe“ ist eine auf einer wahren Geschichte basierende britische Komödie, die von ihrem spielfreudigem Ensemble und dem Witz lebt, dass scheinbar ehrbare und gottesfürchtige Frauen obszöne Worte sagen und sich diebisch darüber freuen.

Davon abgesehen plätschert die Geschichte teils arg vorhersehbar und durchgehend erstaunlich harmlos vor sich hin zwischen leicht klamaukiger Komödie, Sittengemälde, luschtigem Krimi und Gerichtsposse. Aufgrund der Hauptdarstellerinnen und der damit verbundenen Geschichte, in der Männer Nebenfiguren sind, läuft das altbekannte Komödienprogramm dieses Mal feministisch konnotiert ab. Das ist nie furchtbar schlecht – eine Olivia Colman, die schmutzige Briefe vorliest, ist schon die halbe Miete -, aber auch nie so gut, wie es hätte sein können.

Kleine schmutzige Briefe (Wicked little Letters, Großbritannien 2023)

Regie: Thea Sharrock

Drehbuch: Jonny Sweet

mit Olivia Colman, Jessie Buckley, Anjana Vasan, Timothy Spall, Joanna Scanlan, Hugh Skinner, Malachi Kirby, Gemma Jones, Lolly Adefope, Eileen Atkins, Alisha Weir

Länge: 101 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Moviepilot über „Kleine schmutzige Briefe“

Metacritic über „Kleine schmutzige Briefe“

Rotten Tomatoes über „Kleine schmutzige Briefe“

Wikipedia über „Kleine schmutzige Briefe“ (deutsch, englisch)

History vs. Hollywood listet die Flunkereien auf

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