Glauser-nominiert als bester Debütroman 2025: Stefan Grebe: Die Übermacht

Das Syndikat, der Verein für deutschsprachige Kriminalliteratur, hat für den diesjährigen Friedrich-Glauser-Preis, der am Samstag, den 12. April, auf der Criminale in Schwetzingen verliehen wird, in der Kategorie Bester Debütroman folgende Krimis nominiert:

Stefan Grebe: Die Übermacht (Bastei Lübbe)

Roland Muller: Eisrausch (Aufbau Taschenbuch)

Turid Müller: Im Schatten der Insel (Piper)

Susanne Tägder: Das Schweigen des Wassers (Klett-Cotta)

Ana Wetherall-Grujić: Blutsschwestern (Kremayr & Scheriau)

Weiter geht es mit Stefan Grebes „Die Übermacht“, einem auf den ersten Blick zügig beginnendem Polit-Thriller der alten Tradition.

Auf der ersten Seite meldet sich Jun Ji Bao, jüngstes Mitglied der Chinesischen Akademie der Wissenschaften, in Berlin bei einem TV-Sender. Sie will in einer Live-Sendung das größte Geheimnis der chinesischen Regierung enthüllen und anschließend Asyl beantragen.

Kurz bevor sie spektakulär vor Millionen TV-Zuschauern das Geheimnis enthüllen kann, wechselt Grebe den Schauplatz. Auf den nächsten Seiten führt er mehrere, an verschiedenen Orten in Berlin, Wuhan und Shanghai lebende Figuren ein. Sie alle haben irgendetwas mit dem Tod der von Jun Ji Bao zu tun.

Besonders wichtig sind Robert Forster, ein ehemaliger Agent des Bundesnachrichtendienst, der von seinem früheren Arbeitgeber beauftragt wird, herauszufinden, was die in dem Moment schon tote Wissenschaftlerin verraten wollte, Maria Lin, die sich selten systemkonform verhaltende Nichte und Alleinerbin der verstorbenen Jun Ji Bao, und Tom Lee, ein hochstehender Unternehmer, der in der Gunst des chinesischen Präsidenten aufsteigen möchte.

Wie diese Handlungsstränge zusammenhängen, was Chinas die Welt bedrohendes Geheimnis ist und wie die Wissenschaftlerin im TV-Studio starb, sind Fragen, die auf den ersten Seiten des Romans eine große Spannung entwickeln. Schließlich sind wir neugierig auf die Antwort.

In diesem Fall ist es auch ein billiger, zunehmend nervender und unglaubwürdiger Taschenspielertrick. Während die handelnden Personen mehr oder weniger die Antworten kennen, enthält er sie dem Leser vor. So ist es kein großes Geheimnis, wie Jun Ji Bao starb, aber während Forster sich ein Video von der Sendung auf Seite 26 ansieht, verrät Grebe erst auf Seite 47 bis 49, wie sie starb: während der Live-TV-Sendung legt sie sich in eine Computertomografen. Dann geschieht etwas und aus allen Körperöffnungen in ihrem Gesicht sickert Blut. Warum sie in dem Computertomografen starb bleibt ungeklärt. Ebenso wie sie mit dem Gerät der Welt Chinas größtes Geheimnis zeigen wollte. Warum sie vor der doch eigentlich vollkommen ungefährlichen Untersuchung nichts über das größte Geheimnis der chinesischen Regierung verriet ebenso.

Einige dieser Fragen beantwortet Grebe nicht. Einige in mehreren Etappen. Das größte Geheimnis der chinesischen Regierung wird gegen Ende des Romans enthüllt.

Bis dahin täuschen die ständigen Ortswechsel und die damit verbundenen Wechsel zwischen den verschiedenen Handlungssträngen eine nicht vorhandene Dynamik vor. Es passiert zwar ständig etwas, aber vieles davon ist nicht besonders vernünftig. So geht die Wissenschaftlerin in eine TV-Sendung, anstatt zu einem investigativem Journalistem, einem Wissenschaftler oder der Polizei zu gehen. So macht Maria sich auf den Weg nach Berlin, weil ihre verstorbene Tante, zu der sie keinen Kontakt hatte, das wünscht. Immerhin gestaltet sich ihre Ausreise aus China so schwierig, dass das für reichlich Action und einige Tote sorgt. Wichtige Informationen werden auf einem USB-Stick gespeichert. Kopien auf weiteren USB-Sticks oder in einer Cloud gibt es nicht.

Das ist dann deutlich näher bei den trashigen Edgar-Wallace-Filmen als an spannend-aufklärerischen angloamerikanischen Polit-Thrillern. Der gegen Ende enthüllte perfide Plan des Bösewichts ist in seinem Größenwahn der Plan eines James-Bond-Bösewichts. Die gesamte Geschichte ist reinster Pulp, der so ähnlich, allerdings unterhaltsamer, auch schon zu Zeiten des Kalten Kriegs geschrieben wurde.

Stefan Grebe: Die Übermacht

Bastei-Lübbe, 2024

448 Seiten

22 Euro

Hinweise

Bastei-Lübbe über den Roman

Instagram-Account von Stefan Grebe

 

4 Responses to Glauser-nominiert als bester Debütroman 2025: Stefan Grebe: Die Übermacht

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