„Furcht“ – Manga-Horror aus dem modernen Japan von Juoku Kawakami

Wer jetzt wegen dem Wort „Manga“ und der damit verbundenen Befürchtung, dass jetzt eines dieser sich auf viele Bände erstreckendes Epos vorgestellt wird, desinteressiert abwinken will, sollte unbedingt weiter lesen.

Denn Juoku Kawakami erzählt in „Furcht“, wie der Untertitel verrät, „Horrorgeschichten aus dem modernen Japan“. Es sind voneinander unabhängige, in sich abgeschlossene Kurzgeschichten, die meistens nur wenige Seiten umfassen. Die längste hat fast sechzig Seiten. Die kürzesten keine zehn Seiten. Normalerweise sind sie so um die zwanzig Seiten und sie leben von der dichten Verbindung zwischen Text und Bild.

Die Protagonisten sind junge Menschen. Die Geschichten spielen, wie die auf der Straße getragenen Masken zeigen, während der Corona-Pandemie. Und es wird viel Zeit in der eigenen Wohnung und vor verschiedenen Bildschirmen verbracht. Aus ihnen und via Apps schleicht sich dann das Grauen in die Wohnung und in das Leben der jungen Menschen.

Immer wieder entwickelt in Juoku Kawakamis fantastischen Geschichten die Technik ein bedrohliches Eigenleben. Geister und Monster sind sehr real.

In „Sugardaddy“, der längsten Geschichte und gleichzeitig die erste Geschichte des ersten „Furcht“-Bandes, lernt ein Mädchen via App einen Sugardaddy kennen, der ihr Geld gibt, um ihr seine Geschichte zu erzählen. Nicht einmal oder zweimal, sondern immer wieder und, wie ein Geist, wird sie ihn nicht los. Er kommt immer wieder.

In einer anderen Geschichte entdeckt eine Schülerin in einer App, die sie beim Tanzen aufnimmt, im Hintergrund einen seltsamen tanzenden Schatten. Dieser Schatten ist allerdings keine Fehlprogrammierung, sondern etwas viel bedrohlicheres.

Bei einer Online-Party für die neue Kollegin ist das Bild eines Teilnehmenden nicht erkennbar. Auf den ersten Blick handelt es sich um ein normales technisches Problem, aber Shinada-San ist nur auf dem Bildschirm der neuen Kollegin zu sehen und keiner ihren neuen Kollegen kennt ihn.

Ein anderes Mal fragen sich zwei Mädchen, woran sie einen Geist erkennen können: daran, dass er keine Maske trägt – oder an etwas anderem?

In „Retro“ entdeckt ein Geschwisterpaar im Haus ihres verstorbenen Großvaters eine alte Kamera, einen Film in der Kamera und, versteckt im Dachboden, eine menschenähnliche Puppe.

In mit einem KI-Bildgenerator erzeugten Bildern taucht immer wieder ein seltsam grinsender Mann auf. Einige Freunde wollen herausfinden, wie es dazu kommt.

In weiteren Horrorgeschichten geht es um eine Einschlaf-App mit furchtbaren Nebenwirkungen, eine Dating-App, die sich nicht löschen lässt und um einen wie eine deformierte Halloween-Maske aussehender Neujahrs-Sticker. Er sollte nicht gekauft werden. Die sich in verschiedenen Wohnungen aufhaltenden Freunde tun es in der Silvesternacht dennoch.

Und einmal entwickelt ein Staubsaugerroboter ein gruseliges Eigenleben.

Inzwischen sind die ersten beiden Bände des von Juoku Kawakami geschriebenen und gezeichneten Manga auf Deutsch erschienen. Der erste Band enthält sechs Geschichten. Der zweite Band letztendlich elf Geschichten, weil die als „Kurzgeschichte“ und „Reportage“ betitelten Comics zwei weitere, jeweils fünfseitige Horrorgeschichten sind.

Der dritte Band ist für August angekündigt.

Es sind zwar nur Horrorkurzgeschichten, aber am Ende könnte dann doch ein mangatypisches vielbändiges Werk im Regal stehen. Denn warum sollte Kawakami nach drei Bänden aufhören?

Juoku Kawakami: Furcht – Horrorgeschichten aus dem modernen Japan – Band 1

(übersetzt von Gregor Wakounig)

Panini Manga, 2025

200 Seiten

8,99 Euro

Originalausgabe

Osore – Reiwa Kaidan – Vol. 1

Shogakukan, 2025

Juoku Kawakami: Furcht – Horrorgeschichten aus dem modernen Japan – Band 2

(übersetzt von Gregor Wakounig)

Panini Manga, 2025

192 Seiten

8,99 Euro

Originalausgabe

Osore – Reiwa Kaidan – Vol. 2

Shogakukan, 2025

 

One Response to „Furcht“ – Manga-Horror aus dem modernen Japan von Juoku Kawakami

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