Die Unbeugsamen 2 – Guten Morgen, ihr Schönen!(Deutschland 2024)
Regie: Torsten Körner
Drehbuch: Torsten Körner
TV-Premiere. Sehenswerter spielfilmlanger Dokumentarfilm über Frauen in der DDR. Auf dem Papier waren dort die Frauen gleichberechtigt. Die Realität sah anders aus. Mit historischen Aufnahmen und aktuellen Interviews.
2021 war „Die Unbeugsamen“ ein lange in den Kinos laufender Erfolg beim Publikum und der Kritik. Torsten Körner hatte sich durch die TV-Archive gewühlt und Interviews mit Politikerinnen geführt, die die Bonner Republik prägten. Er erzählte von den Widerständen, gegen die sie kämpfen mussten, von ihren Erfolgen und er erzählte, wie viel sich in den Jahren von der Gründung der Bundesrepublik Deutschland bis zum Umzug der Hauptstadt von Bonn nach Berlin veränderte. „Die Unbeugsamen“ war einer der Filme, die ich schon in den Monaten vor dem Kinostart (der sich wegen der Coronavirus-Pandemie mehrmals verschob) allen überschwänglich empfahl. Und das tue ich jetzt wieder. Ihr müsst euch „Die Unbeugsamen“ unbedingt ansehen!
Schon damals stellte sich die Frage, wie in der DDR die Situation für die Frauen war. Denn darüber verlor Körner in seinem Film kein Wort.
Diesen Film hat Torsten Körner jetzt gemacht und er ist enttäuschend.
Das erste Problem ist der Titel. „Die Unbeugsamen 2 – Guten Morgen, ihr Schönen!“. Er suggeriert, dass dieser Film eine unmittelbare Fortsetzung des ersten Film ist. Also dass es wieder um Frauen in der Politik geht. Nur dass dieses Mal die Situation in der DDR im Mittelpunkt steht. Aber so „gleichberechtigt“ die Frauen in der Produktion waren (weil ihre Arbeitskraft gebraucht wurde), so erfolgreich wurden ihnen Führungsposten verwehrt. In der Politik hatten sie nichts zu sagen. Die wenigen Ausnahmen, die im Film erwähnt werden – eigentlch nur Brunhilde Hanke, die von 1961 bis 1984 Oberbürgermeisterin von Potsdam war – taugen noch nicht einmal als Alibi. Ein direktes filmisches Gegenstück zu „Die Unbeugsamen“ wäre also nach einer halben Minute mit einem lapidaren „es gab sie nicht“ zu Ende.
Körner zeigt andere Teile der DDR-Realität. Er zeigt, wie Frauen in der Produktion arbeiteten. Diese Bilder und die extra für den Film gemachten Interviews geben einen guten Einblick in das Leben im Arbeiter- und Bauernstaat. Wieder hat Körner eine beeindruckende Menge historischer Aufnahmen und Interviews gefunden, sie um aktuelle Interviews ergänzt und in eine überzeugende filmische Struktur gebracht.
Das historische Material ist das zweite große Problem des Films. Im Westen konnten die Politikerinnen frei reden. Im Osten war das anders. Es handelt sich immer, ohne dass das im Film thematisiert wird, um Propagandaaufnahmen mit dem Ziel, die DDR in einem möglichst guten Licht erscheinen zu lassen. Entsprechend viel wird verschwiegen und geschönt. Damals waren die Frauen mit ihrer Arbeit sehr zufrieden. Sie freuten sich, wenn sie in der Produktion schwerere Gegenstände als die Männer heben konnten. Aber Chefin wollten sie nie werden. Den Vorsitz übernahmen sie, wenn sich kein Mann fand. Die Machtfrage, die von den in „Die Unbeugsamen“ porträtierten Frauen und westdeutschen Feministinnen gestellt wurde, stellten sie im Osten nicht. Rückblickend hat sich an diesem Stolz auf die Arbeit in Fabriken und LPGs (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft) wenig bis nichts geändert.
Neben den Arbeiterinnen interviewte Körner auch viele Künstlerinnen. Im Umgang mit vom Staat vorgegebenen Strukturen waren sie schon immer freier.
„Die Unbeugsamen 2“ ist ein gut gemachter, informativer Dokumentarfilm, der nicht den Neuigkeitswert von „Die Unbeugsamen“ hat. Das gesagt muss ich auch sagen, dass Menschen, die die DDR erlebt haben, den Film mit ganz anderen Augen sehen werden. Ihnen muss auch nicht gesagt werden, dass der Filmuntertitel „Guten Morgen, ihr Schönen!“ auf Maxie Wanders 1977 erschienenes Kultbuch „Guten Morgen, Du Schöne“ über Frauen in der DDR anspielt. Dieser Titel wäre auch ein besserer Filmtitel gewesen, weil er die Eigenständigkeit des Films betont hätte und er nicht sofort Vergleiche mit „Die Unbeugsamen“ provozieren würde.
P. S.: Ja, das war jetzt eine Kritik, die sich auf die Verpackung und weniger auf den Inhalt konzentrierte, aber die Verpackung ist wichtig. Sie soll das Werk verkaufen.
Die Unbeugsamen 2 – Guten Morgen, ihr Schönen!(Deutschland 2024)
Regie: Torsten Körner
Drehbuch: Torsten Körner
mit Amrei Bauer, Kerstin Bienert, Anke Feuchtenberger, Marina Grasse, Brunhilde Hanke, Katja Lange-Müller, Annette Leo, Solveig Leo, Barbara Mädler, Ulrike Poppe, Tina Powileit, Katrin Sass, Katrin Seyfarth, Gabriele Stötzer, Doris Ziegler