Diese Behinderten nerven.
Zum Glück!
Denn es sind Menschen, die in „Vielen Dank für Nichts“ auch ohne falsche Scheuklappen gezeigt werden. Im Mittelpunkt steht Valentin, eine Sportskanone, die wahrscheinlich in der Schule auch der arrogante Mädchenschwarm war, bis er beim Snowboarden einen Unfall hatte und seitdem querschnittgelähmt ist. Seine alten Freunde kennen ihn nicht mehr und die neuen, die er jetzt während eines mehrwöchigen Theaterprojekts mit Übernachtungsmöglichkeit, in das er von seiner Mutter gesteckt wurde, kennen lernt, will er nicht kennen. Spastiker und Bekloppte, die keinen Satz sagen können. Erwachsene, die Windeln tragen. Nein, sein Leben hat er sich definitiv anders vorgestellt.
Aber sein Zimmernachbar Titus und Lukas, der nur mit einem Sprachcomputer normal reden kann, lassen nicht locker. Die das Haus leitende Sozialpädagogin weist ihn für sein arrogantes Auftreten gegenüber den Anderen zurecht. Der italienische Theaterregisseur, der kein Wort deutsch spricht und „Hamlet“ ohne Worte inszenieren will, ist konstant euphorisch über die Leistungen der Behinderten. Und dann ist da auch noch Mira, eine junge Pflegerin. Sie kann Valentin aus seiner welthassenden Verbitterung holen. Allerdings verliebt er sich auch in sie und sie bestärkt ihn mit ihrem ungezwungenem Verhalten in seinen Gefühlen.
Als Titus ihm sagt, dass Mira einen Freund hat, beschließt Valentin die Tankstelle, in der er arbeitet, zu überfallen.
Und allein schon der Tankstellenüberfall der Rollstuhlfahrer Valentin und Lukas, die nicht den Hauch einer Fluchtchance haben, ist den Kinobesuch wert.
Davor zeigen die Filmemacher Stefan Hillebrand und Oliver Paulus, die die Filmgeschichte mit den behinderten Darstellern entwickelten, vor allem das Leben der Behinderten in all seinen Facetten und wir lernen sie alle lieben, weil wir ihnen auf Augenhöhe begegnen und wir sehen, wo sie Probleme haben, aber auch, wie sie mit ihren Behinderungen umgehen, sie teilweise zu ihrem Vorteil ausnutzen und sich auf ihre Art ausdrücken.
Dass dabei die Geschichte vom Überfall, der zuerst eine spinnerte Idee ist, zur bei den Vorbereitungen immer wieder umwerfend komischen Nebensache gerät, und der Flirt zwischen Valentin und Mira teilweise einen zu großen Raum einnimmt, ist kein Problem. Denn gerade die Abschweifungen, Beobachtungen und kleinen Szenen gefallen.
Vielen Dank für Nichts (Schweiz/Deutschland 2013)
Regie: Stefan Hillebrand, Oliver Paulus
Drehbuch: Stefan Hillebrand, Oliver Paulus
mit Joel Basman, Nikki Rappl, Bastian Wurbs, Anna Unterberger, Isolde Fischer, Antonio Viganò, Georg Kaser
Länge: 98 Minuten
FSK: ab 6 Jahre
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Hinweise
Deutsche Homepage zum Film
Film-Zeit über „Vielen Dank für Nichts“
Moviepilot über „Vielen Dank für Nichts“

Veröffentlicht von AxelB