Im Film ist seit den Ereignissen von „Enkel für Anfänger“ ein Jahr vergangen. In der Realität lief der Film bereits vor drei Jahren im Kino. Damals verbrachten die rüstigen Rentner Karin (Maren Kroymann), Gerhard (Heiner Lauterbach), Philippa (Barbara Sukowa) und Karins Mann Harald (Günther Maria Halmer) ihre Zeit, mehr oder weniger freiwillig, als Leihoma und -opa für fremde Kinder. Das unterhielt im Kino durchaus kurzweilig in seiner humorvollen Mischung aus vorhersehbarer Geschichte, oberflächlicher Behandlung wichtiger Themen und Feelgood-Humor.
Die große Entdeckung im Ensemble war Barbara Sukowa. Bislang war sie für ihre ernsten Rollen in Fassbinder-Filmen und als Rosa Luxemburg und Hannah Arendt bekannt. Hier spielt sie eine freigeistige, in einer Kommune in einem Bauwagen lebende Hippie-Oma, die für jeden Unfug zu haben ist und die Verantwortung ausschließlich als Ignorieren von Regeln versteht. Sie war kindischer als die Kinder.
Inzwischen lebt sie bei ihrer Tochter Annika (Marie Burchard). Annika betreibt in Essen einen Schülerladen, dessen Existenz bedroht ist. Aufgrund ihrer Schwangerschaft verdonnert ihr Arzt sie zu absoluter Bettruhe. Aufregung soll sie auch vermeiden. Einen Ersatz-Chef für ihren Schülerladen findet sie nicht. Da bietet Philippa ihr an, dass sie den Laden für einige Tage führen wird.
Kurz darauf sind Philippa, Karin, die einige Tage früher als geplant aus ihrem Neuseeland-Sabbatical zurückkam und ihren Mann mit ihrer Nachbarin in einem etwas zu vertrautem Umgang erwischte, und der schwule, pedantische Internist Gerhard, der gerade einen Kleinkrieg mit seinem Zeitungszusteller über die Pünktlichkeit der Zustellung austrägt, im Schülerladen verantwortlich für die Aufsicht und Förderung der Jugendlichen, die ihre Nachmittage in dem Schülerladen verbringen müssen, weil sie sonst nirgends hinkönnen.
Dieses Zusammentreffen der Generationen, Lebensansichten und Mentalitäten sorgt natürlich für einige witzige Szenen. Auch der Kleinkrieg zwischen Gerhard und dem Zeitungszusteller Aydin (Ercan Durmaz), dessen Nichte ebenfalls im Schülerladen ist und der ebenfalls schwul ist, amüsiert.
Amüsant ist auch, immerhin will ich nicht einfach meine Besprechung von „Enkel für Anfänger“ kopieren, die perfekte Beschreibung für „Enkel für Fortgeschrittene“. Denn anstatt die angesprochenen Probleme zu vertiefen, bewegt sich die gesamte Geschichte in den sattsam bekannten Bahnen eines harmoniesüchtigen Wohlfühl-Films für die gesamte Familie, der niemand verletzten will. Entsprechend absehbar sind die Verwicklungen und die Witze.
Aber dank des lustvoll aufspielenden Ensembles ist „Enkel für Fortgeschrittene“ eine unterhaltsame, nicht weiter aufregende Komödie, die ihr Herz auf dem rechten Fleck hat. Und, ja, wem „Enkel für Anfänger“ gefallen hat, dem wird die Fortsetzungswiederholung „Enkel für Fortgeschrittene“ gefallen.

Enkel für Fortgeschrittene (Deutschland 2023)
Regie: Wolfgang Groos
Drehbuch: Robert Löhr
mit Maren Kroymann, Heiner Lauterbach, Barbara Sukowa, Günther Maria Halmer, Ercan Durmaz, Marie Burchard, Johannes Allmayer, Bruno Grüner, Kayra Efe, Imogen Kogge
Länge: 110 Minuten
FSK: ab 6 Jahre
–
Hinweise
Filmportal über „Enkel für Fortgeschrittene“
Moviepilot über „Enkel für Fortgeschrittene“
Meine Besprechung von Wolfgang Groos‘ „Kalte Füße“ (Deutschland 2018)
Meine Besprechung von Wolfgang Groos‘ „Enkel für Anfänger“ (Deutschland 2020)
Veröffentlicht von AxelB