Mit seinem zwölfjährigem Sohn Esteban zieht Luis (Sergi López) von einem Rave zum nächsten. In Südmarokko suchen sie zwischen Bergen und Wüste nach seiner Tochter Mar. Sie verschwand vor mehreren Monaten bei einem dieser Wüstenraves; mehr oder weniger illegale Tanzveranstaltungen in der Wüste mit bewusstseinserweiternden Erfahrungen. Luis stolpert, mit einem Bild seiner Tochter in der Hand, über das Festivalgelände.
Von einer Gruppe Raver erfährt er von einem besonderen, selbstverständlich geheimen Rave irgendwo in der Wüste. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg.
Regisseur Oliver Laxe sagt über seinen neuen Film „Sirat“, der diese Jahr in Cannes den Preis der Jury erhielt: „Der Film zerfällt im Laufe seiner Handlung.“
Er meint es positiv. Für mich beschreibt er allerdings ziemlich genau mein Problem mit dem Film. Der Anfang, wenn Luis seine Tochter sucht und dabei durch die aus Aussteigern bestehende Rave-Szene taumelt, ist stark. Wenn sie danach in ihren wüstentauglichen Wohnmobilen, deren beste Zeit schon vor Jahrzehnten war, musikalisch kongenial unterlegt, durch die Wüste donnern, sieht das nach Outtakes aus einem „Mad Max“-Film aus. Aber dann passiert auf einer schmalen Gebirgsstraße ein Unglück. „Sirat“ vergisst seine Prämisse – sie spielt einfach keine Rolle mehr – und auch das ‚Ereignis‘ wird vollkommen verdrängt. In diesem Moment verliert „Sirat“ seinen Plot zugunsten einem surreal-absurden Geflecht von sich wiederholenden „Mad Max“-Wüstenimpressionen und der Entdeckung eines Minenfeldes.
Dieser Bruch ungefähr in der Mitte des Films macht aus „Sitar“, trotz starker Prämisse, Schauspieler, Bilder und Sound, ein enttäuschendes Werk.
Das größte Problem ist dabei die Prämisse: ein Vater sucht sein verschwundenes Kind und setzt dafür seine gesamte bürgerliche Existenz aufs Spiel. Diese Prämisse verlangt nach einer Antwort. Diese Antwort kann auch, wie in Friedrich Dürrenmatts „Das Versprechen – Requiem auf den Kriminalroman“ (seiner düsteren Romanfassung von „Es geschah am hellichten Tag [Deutschland 1958]) oder David Finchers „Zodiac – Die Spur des Killers“ (USA 2007), sein, dass der Ermittler den Mörder nicht fängt. Trotzdem wird am Ende die Ausgangsfrage beantwortet und nicht in der Mitte der Geschichte zugunsten von etwas vollkommen anderem links liegen gelassen.
Hätte Laxe eine schwächere Prämisse gewählt, beispielsweise indem sein Protagonist einfach nach dem nächsten Rave sucht, hätte mir der Film deutlich besser gefallen. Diese Frage wird auch am Filmende beantwortet.

Sirat (Sirāt, Spanien/Frankreich 2025)
Regie: Oliver Laxe
Drehbuch: Santiago Fillol, Oliver Laxe
mit Sergi López, Brúno Nunez, Stefania Gadda, Joshua Liam Henderson, Tonin Janvier, Jade Oukid, Richard Bellamy
Länge: 115 Minuten
FSK: ab 16 Jahre
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Hinweise
Wikipedia über “Sirat” (deutsch, englisch, französisch)
Veröffentlicht von AxelB