Neu im Kino/Filmkritik: Wehe, wenn der „Bagman“ kommt

Dezember 5, 2024

Patrick McKee ist mit seiner Frau und seinem Sohn aus Brooklyn, New York, nach New Jersey zurückgekehrt. Sie wohnen in seinem am Wald gelegenem Elternhaus. Er arbeitet im Holzlager, das von seinem vor einem halben Jahr verstorbenem Vater aufgebaut wurde. Inzwischen hat sein Bruder das Geschäft übernommen. Das ist vielleicht nicht das Leben, das Patrick sich wünschte, aber es ist auch kein schlechtes Leben. Wenn es nicht die seltsamen Geräusche aus dem Wald gäbe.

Er glaubt, und jetzt verrate ich etwas, das im Film erst relativ spät, aber von den Machern auch schon im Trailer verraten wird, dass diese Geräusche aus dem Wald von einem Wesen verursacht werden, das anscheinend schon seit Ewigkeiten in einer Schlucht in einer verlassenen Kupfermine haust und ihn als Jugendlichen ängstigte. Er glaubt außerdem, dass dieses Monster, jetzt seinen Sohn und auch ihn holen will.

Dieses Monster, Bagman genannt, ängstigt auch andere Kinder. Es tötet sie auch. Aber bis das deutlich wird, vergeht viel Filmzeit. Und das ist ein Problem von „Bagman“. Colm McCarthy („The Girl with All the Gifts“) erzählt die Geschichte nicht chronologisch. So vergeht, wie in dem vorige Woche gestartetem Horrorfilm „Caddo Lake“, einige Zeit, bis die verschiedenen Erzählstränge vom Zuschauer in die richtige zeitliche Reihenfolge gebracht werden können. McCarthy erzählt, teils parallel, von drei Kindern, die vom Bagman bedroht werden.

Es vergeht noch mehr Zeit, bis er die Hintergrundgeschichte vom Bagman erzählt. In dem Moment ist das Interesse an der umständlich und spannungsfrei erzählten Geschichte schon vollkommen erlahmt. Diese wiederholt, mit einem Minimum an Horrormomenten und sich immer wieder dumm verhaltenden Menschen, nur die sattsam bekannten Genreklischees.

Im Gegensatz zu dem bereits erwähnten „Caddo Lake“ fehlt „Bagman“ außerdem jedes Gefühl für den Handlungsort. Es wirkt immer so, als ob „Bagman“ an einem Ort spielen soll und an einem gänzlich anderem Ort gedreht wurde. Und so war es auch. Die Geschichte spielt in einem US-Provinzdorf mit Wald, Mine und Vergangenheit. Gedreht wurde in Bulgarien in den Nu Boyana Studios. Außerdem wurden für die Hauptrollen britische Schauspieler engagiert.

Bagman (Bagman, USA 2024)

Regie: Colm McCarthy

Drehbuch: John Hulme

mit Sam Claflin, Antonia Thomas, Sharon D. Clarke, Steven Cree, William Hope, Adelle Leonce, Peter McDonald, Henry Pettigrew

Länge: 94 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Moviepilot über „Bagman“

Metacritic über „Bagman“

Rotten Tomatoes über „Bagman“

Wikipedia über „Bagman“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Colm McCarthy M.-R.-Carey-Verfilmung „The Girl with All the Gifts“ (The Girls with All the Gifts, Großbritannien/USA 2016)


Neu im Kino/Filmkritik: „The Girl with All the Gifts“ und dem Zombie-Gen

Februar 9, 2017

Glenn Close in einem Zombiefilm? Das macht neugierig. Die ersten geheimnisvollen Minuten des Films ebenso. Sie basieren auf einer mit dem Edgar ausgezeichneten Kurzgeschichte, die Mike Carey später zu einem Roman und einem Drehbuch ausbaute. Danach, wenn eine Gruppe Überlebender die auf dem Land gelegene Militärstation verlassen und sich Richtung London zu anderen Überlebenden durchschlagen müssen, gehorcht die Handlung von „The Girl with All the Gifts“ den bekannten Genrekonventionen. Auch wenn hier die Zombies Hungries genannt werden, sie reglos herumstehen, bis sie Nahrung wittern und sie durch eine Pilzinfektion zu Zombies wurden.

Die ersten Filmminuten spielen in den Kellern einer Kaserne (was wir erst später erfahren). In Zellen werden Kinder gefangen gehalten. Die schwerbewaffneten Soldaten scheinen sich vor ihnen zu fürchten und sie werden, mit Gesichtsmasken, an Rollstühle gefesselt durch das Gebäude transportiert. Zum Schulunterricht, der ebenfalls von bewaffneten Soldaten überwacht wird und den die Gefesselten in ihren Rollstühlen erhalten. Wobei unklar ist, warum Helen Justineau (Gemma Arterton) diese Bestien unterrichtet. Als sie sich dem titelgebenden „Girl with All the Gifts“ Melanie (Sennia Nanua), die ihre intelligenteste Schülerin ist, zu sehr nähert, reibt Sergeant Eddie Parks (Paddy Considine) etwas Schutzgel von seiner Haut ab. Plötzlich werden all die Schüler, die sich bis jetzt vollkommen normal verhielten, zu schreienden, triebgesteuerten Bestien.

Dritte Hauptperson ist Dr. Caroline Caldwell. Gespielt wird sie von Glenn Close, die eine der Hauptrollen hat und bis zum Schluss dabei ist. Das muss man ja sagen, weil sonst Stars in kleinen Filmen oft nur eine kleine Rolle haben, die auf dem Plakat groß beworben wird. Als Wissenschaftlerin sucht sie nach einem Gegenmittel. Dafür experimentiert sie mit den Zombies.

Diese drei Menschen machen sich, mit einigen weiteren Soldaten, nach einem Zombieüberfall auf das Militärlager auf den Weg nach London. Dort hoffen sie auf andere Überlebende zu treffen. Begleitet werden sie, weil Caldwell Melanie für weitere Experimente benötigt, von Melanie. Sie behandeln die gefährliche Gefangene wie ein Tier. Als weiblicher, intelligenter Kaspar Hauser entdeckt Melanie erstmals die seit Jahren von Zombies beherrschte Welt außerhalb des Gefängnisses, in dem sie bis jetzt lebte. Außerdem steht sie – theoretisch -, wie in einem Western, vor die Wahl, ob sie den weißen Siedlern oder ihren Stammesgenossen hilft. Dummerweise sind die eine desorganisierte, primitiven Trieben gehorchende Horde.

Colm McCarthy arbeitete bislang vor allem für das Fernsehen für Serien wie „Sherlock“, „Peaky Blinders“, „Doctor Who“ und „Injustice“. Mit „The Girl with All the Gifts“ inszenierte er einen Zombiefilm, den ich als DVD- oder TV-Film wahrscheinlich ziemlich uneingeschränkt loben würde. Die Schauspieler sind gut. Die Geschichte ist ordentlich entwickelt. Die Suspense-Momente ebenso. Die Action überzeugt. Schauwerte zwischen Stadt und Land und verfallenen Gebäuden sind reichlich vorhanden. Immer knüpft die Geschichte an eine erkennbare Realität an.

Im Kino ist dann alles eine Nummer zu klein und zu gewöhnlich geraten. Da fallen dann die durchgehend etwas zu farblosen Bilder negativ auf. Die Story, auch wenn es eine Reisegeschichte ist, plätschert oft zu sehr vor sich hin. Und, gerade im Hinblick auf das überraschende Ende, fallen einige Drehbuchschwächen auf. Da werden Dinge, wie das geruchshemmende Gel, das die Menschen zum Schutz gegen die Zombies auftragen müssen, anfangs immer wieder penetrant häufig erwähnt, später überhaupt nicht mehr. Andere Dinge, die für das Finale wichtig sind und eine ausführliche Diskussion lohnen würden, werden dagegen überhaupt nicht vorbereitet. Dafür wird Zeit verschwendet, um eher unwichtige Dinge so ausführlich zu erklären, dass auch der dümmste Zuschauer sie versteht. Und einiges ist unlogisch. Wenn auch nicht unlogischer als in anderen Zombiefilmen.

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The Girl with All the Gifts (The Girls with All the Gifts, Großbritannien/USA 2016)

Regie: Colm McCarthy

Drehbuch: Mike Carey

LV: M. R. Carey (das ist Mike Carey): The Girl with All the Gifts, 2014 (Die Berufene)

mit Gemma Arterton, Sennia Nanua, Glenn Close, Paddy Considine, Anamaria Marinca, Dominique Tipper, Fisayo Akinade, Anthony Welsh

Länge: 112 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Moviepilot über „The Girl with All the Gifts“

Metacritic über „The Girl with All the Gifts“

Rotten Tomatoes über „The Girl with All the Gifts“

Wikipedia über „The Girl with All the Gifts“ (deutsch, englisch)


DVD-Kritik: Über die Special Edition von „Sherlock – Staffel 3“

April 10, 2015

Schon die reguläre DVD-Ausgabe von „Sherlock – Staffel 3“ hatte einiges an Bonusmaterial enthalten. Aber für die jetzt erschienene Special Edition legte Polyband noch einmal eine ordentliche Schippe drauf. „ca. 220 Minuten mit deutschen Untertiteln“ steht auf dem Cover und dann gibt es noch zwei Audiokommentare, die auf der ersten Ausgabe der dritten „Sherlock“-Staffel nicht enthalten waren. Dabei waren die Audiokommentare immer informative Highlights und Musterbeispiele für gelungene Audiokommentare.
Es gibt die von der Erstauflage der dritten „Sherlock“-Staffel bekannten Making of „Fans, Villains & Speculation“, „Shooting Sherlock“ und „The Fall“, die insgesamt knapp 45 Minuten dauern.
Einen kleinen Teil des restlichen Bonusmaterials dürften langjährige „Sherlock“-Fans schon kennen. Aber bis jetzt war es nur im Netz zu finden, wie das siebenminütige Prequel „Many Happy Returns“ zur dritten Staffel und die 2010 in verschiedenen BBC-Sendungen im Umfeld der ersten „Sherlock“-Staffel geführten, jeweils etwa achtminütigen Interviews mit Benedict Cumberbatch, Benedict Cumberbatch und Martin Freeman, Steven Moffat und Dramatiker Mark Ravenhill und, nach der Ausstrahlung der ersten Staffel, Steven Moffat und Sue Vertue. Das letzte Interview ist das uninteressanteste.
Neu sind, neben den beiden Audiokommentaren mit den Autoren Steven Moffat und Mark Gatiss, „Mrs. Hudson“-Darstellerin Una Stubbs und Produzentin Sue Vertue, eine geschnittene Szene (aus „Sein letzter Schwur“), einige Outtakes und „Unlocking Sherlock“ und „Sherlock uncoverd“, die nicht mit den gleichnamigen Making ofs zur ersten und zweiten Staffel verwechselt werden sollten. „Unlocking Sherlock“ dauert 55 Minuten und „Sherlock uncovered“ besteht aus drei Teilen: „The Return“ (26 Minuten), „The Women“ (26 Minuten) und „The Villains“ (23 Minuten).
Alle Extras sind untertitelt.
So umfangreich und informativ die Special Edition ausgefallen ist, so dünn sind dieses Mal die Fälle für Sherlock Holmes (Benedict Cumberbatch) und seinen Begleiter Dr. John Watson (Martin Freeman) ausgefallen. In „Der leere Sarg“ kehrt Sherlock Holmes von den Toten zurück und er soll einen Anschlag auf das Parlament verhindern. Aber vor allem werden uns verschiedene Theorien über den Tod von Sherlock Holmes präsentiert, ohne dass am Ende wirklich geklärt ist, wie er seinen Tod inszenierte.
In „Im Zeichen der Drei“ geht es vor allem um die Hochzeit von Dr. Watson und Mary Morstan, bei der Sherlock Holmes den Trauzeugen spielen soll und er gleichzeitig einige Verbrechen aufklärt.
In „Sein letzter Schwur“ kämpfen Sherlock Holmes und Dr. John Watson gegen Charles Augustus Magnussen (Lars Mikkelsen), einen Zeitungsmogul, der seinen Status vor allem Erpressungen verdankt. Denn er kennt die Geheimnisse der britischen Oberschicht, die er gegen gewisse Gefälligkeiten nicht veröffentlicht.
Vor allem in den ersten beiden Filmen sind die Fälle erschreckend dünn und so nebensächlich, dass sie schon nicht mehr nacherzählbar sind. „Sein letzter Schwur“ ist zwar besser, aber Magnussen ist mehr ein James-Bond- als ein Sherlock-Holmes-Bösewicht. In allen drei Filmen stehen in der dritten „Sherlock“-Staffel die Hauptcharaktere mit ihren Marotten im Mittelpunkt. Das ist zwar unterhaltsam, rasant, witzig und erschreckend selbstgenügsam.
Es ist zu hoffen, dass die Macher Stefen Moffat und Mark Gatiss in der vierten Staffel sich wieder mehr auf die Fälle konzentrieren. Schließlich ist „Sherlock“ ein Krimi, und keine Soap mit vernachlässigbarer kriminalistischer Beigabe.

Sherlock - Staffel 3 - Special Edition - DVD-Cover - 4

Sherlock – Staffel Drei – Special Edition
Erfinder: Steven Moffat, Mark Gatiss
mit Benedict Cumberbatch (Sherlock Holmes), Martin Freeman (Dr. John Watson), Amanda Abbington (Mary Morstan), Una Stubbs (Mrs. Hudson), Rupert Graves (Detective Inspector Lestrade), Mark Gatiss (Mycroft Holmes), Louise Brealey (Molly Hooper)

DVD
Polyband
Bild: 1,78:1 (16:9)
Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch, Englisch
Bonusmaterial: Audiokommentar zu „Der leere Sarg“ und „Sein letzter Schwur“, Serie Three Prequel „Many Happy Returns“, Unlocking Sherlock, Sherlock Uncovered, Deleted Scene, Outtakes, TV Interviews from 2010, Fans, Villains & Speculation, Shooting Sherlock, The Fall, 16-seitiges Booklet, 3-teiliges Postkartenset
Länge: 261 Minuten (3 x 87 Minuten), 220 Minuten (Bonusmaterial) (3 DVDs)
FSK: ab 12 Jahre

Die Ermittlungen
Der leere Sarg (The Empty Hearse, Großbritannien 2014)
Regie: Jeremy Lovering
Drehbuch: Mark Gatiss

Im Zeichen der Drei (The Sign of Three, Großbritannien 2014)
Regie: Colm McCarthy
Drehbuch: Steve Thompson, Steven Moffat, Mark Gatiss

Sein letzter Schwur (His Last Vow, Großbritannien 2014)
Regie: Colm McCarthy
Drehbuch: Steven Moffat

Hinweise

The Science of Deduction (Homepage von Sherlock Holmes)

John Watson’s Blog

Molly Hooper’s Diary

BBC über „Sherlock“

BBC Germany über „Sherlock“

ARD über „Sherlock“

Hartswood Film über „Sherlock“

YouTube-Kanal „Sherlock“

Wikipedia über „Sherlock“ (deutsch, englisch)

Homepage von Sir Arthur Conan Doyle (Erben)

Krimi-Couch über Sir Arthur Conan Doyle

Kirjasto über Sir Arthur Conan Doyle

Wikipedia über Sir Arthur Conan Doyle (deutsch, englisch)

Sherlockian.net (Einstiegsseite mit vielen Links)

Facebook-Seite der deutschen Sherlock-Holmes-Gesellschaft

Thrilling Detective über Sherlock Holmes

Meine Besprechung von Arthur Conan Doyles “Sherlock Holmes Geschichten”, “Sherlock Holmes Kriminalgeschichten” und “The Adventures of Sherlock Holmes” (und hier eine Auflistung der in diesen Werken enthaltenen Geschichten)

Meine Besprechung von Anthony Horowitzs „Das Geheimnis des weißen Bandes“ (The House of Silk, 2011)

Meine Besprechung von Ian Edginton (Autor)/Davide Fabbris (Zeichner): Victorian Undead: Sherlock Holmes vs. Zombies! (Victorian Undead: Sherlock Holmes vs. Zombies, 2010)

Meine Besprechung von Ian Edginton (Autor)/Horacio Domingues/Davide Fabbris (Zeichner) „Victorian Undead: Sherlock Holmes vs. Dracula“ (Victorian Undead: Sherlock Holmes vs. Jekyll/Hyde; Victorian Undead: Sherlock Holmes vs. Dracula, 2010/2011)

Meine Besprechung von „Sherlock: Ein Fall von Pink“ (A Study in Pink, GB 2010)

Meine Besprechung von „Sherlock: Eine Legende kehrt zurück – Staffel 1“ (Sherlock, GB 2010)

Meine Besprechung von “Sherlock: Eine Legende kehrt zurück -Staffel 2″ (GB 2012)

Meine Besprechung von “Sherlock: Ein Skandal in Belgravia” (A Scandal in Belgravia, GB 2012)

Meine Besprechung von Guy Ritchies „Sherlock Holmes: Spiel im Schatten“ (Sherlock Holmes: A Game of Shadows, USA 2011)

Sherlock Holmes in der Kriminalakte