Neu im Kino/Filmkritik: „Hectors Reise oder Die Suche nach dem Glück“ oder Die Suche nach tiefschürenden Erkenntnissen

August 14, 2014

Hector ist ein erfolgreicher Psychiater in London, glücklich verheiratet und in einer ausgewachsenen Sinnkrise. Denn er glaubt, dass er seine Patienten nicht wirklich glücklich macht. Aber was ist „Glück“? Um das Herauszufinden, macht sich Hector auf den Weg um den Globus. Seine Gattin lässt er in London zurück. Seine Erkenntnisse notiert er in einer Kladde. Gerne mit einer niedlichen Zeichnung.

Na, das ist doch eine hübsche Idee, die schon als Roman ein Bestseller war und als Feelgood-Movie nur dann funktioniert, wenn man keine Fragen stellt, sich naiver als ein Fünfjähriger gibt und sich nicht an den Klischees und Kalendersprüchen stört, die noch nicht einmal ein vulgärphilosophisches Niveau erreichen. Denn Hectors ekletische Erkenntnisse über das Glück passen auf alles und nichts, regen höchstens zum zustimmenden Nicken, aber nie zum Nachdenken, geschweige denn zum Widerspruch oder zu einer Diskussion über den Begriff „Glück“ ein.

Und die Erlebnisse, die der für einen erfolgreichen Psychiater arg naive Hector hat und die ihn zu Glückskeks-Erkenntnissen wie „Unglück vermeiden ist nicht der Weg zum Glück“ oder „Glück ist, wenn man sich rundum lebendig fühlt“ führen, sind keine netten kleine Episoden, sondern eine einzige Klischeeparade, die man sich aus banalen Komödien der fünfziger und sechziger Jahre zusammensuchte und die wohlig vertraut, aber doch ziemlich antiquiert sind.

So trifft der vollkommen lebensuntüchtig wirkende Hector (Simon Pegg, liebenswert) auf dem Flug nach Shanghai Edward, einen Investmentbanker, der nur ans Geldverdienen denkt und Hector (was im wirklichen Leben nie passiert) großmütig durch das pulsierende Nachtleben führt. In der Nacht bandelt Hector mit Ying Li an, verliebt sich sofort in diese junge, überaus willige Schönheit und muss am nächsten Tag – Überraschung! – feststellen, dass sie eine Prostituierte ist. Seine Erkenntnis aus diesem Erlebnis: „Manchmal bedeutet Glück, etwas nicht zu wissen.“

Dann wandert Hector zu tibetanischen Mönchen, die den Errungenschaften der Moderne nicht abgeneigt sind. In Südafrika trifft er einem befreundeten Arzt, der jetzt Bedürftigen hilft und mit seinem Freund zusammen lebt. Unser Hans im Glück gerät in typisch afrikanische Kriegswirren und er befreundet sich mit einem gefürchteten kolumbianischen Drogenhändler. Auf seiner letzten Reisestation, in Los Angeles, trifft Hector seine großer Liebe wieder, zu der er seit Ewigkeiten keinen Kontakt mehr hatte und die jetzt eine glücklich verheiratete Mutter ist.

Aber diese Ortswechsel führen nie zu tieferen Erkenntnissen oder einer sich auf ein bestimmtes Ende hin bewegenden Geschichte. Sie sind nur die weitgehend austauschbare Kulisse für die Auftritte bekannter Schauspieler wie Veronica Ferres (im Original mit einem schönen deutsch-englischem Sprachmischmasch), Stellan Skarsgard, Jean Reno, Toni Colette und Christopher Plummer.

Man kann dem Film nicht wirklich böse sein, weil er so harmlos, nett und gefällig wie ein Heinz-Erhardt-Film ist. Aber gerade diese durchaus gut präsentierte durchgehende Ambitionslosigkeit verärgert auch. Immerhin drehte Regisseur Peter Chelsom unter anderem „Hear my Song“ und „Funny Bones“.

Dagegen ist „Hectors Reise oder Die Suche nach dem Glück“ nur das filmische Äquivalent zu einem Buch, das man jemand schenkt, den man nicht kennt.

Mein Tipp: Besser noch einmal Ben Stillers fantastisches „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“ über dessen Suche nach der Essenz des Lebens ansehen.

Hectors Reise - Plakat

 

Hectors Reise oder Die Suche nach dem Glück (Hector and the Search for Happiness, Kanada/Deutschland 2014)

Regie: Peter Chelsom

Drehbuch: Maria von Heland, Peter Chelsom, Tinker Lindsay

LV: Francois Lelord: Le voyage d’Hector ou la recherche du bonheur, 2002 (Hectors Reise oder Die Suche nach dem Glück)

mit Simon Pegg, Toni Collette, Rosamund Pike, Stellan Skarsgard, Jean Reno, Veronica Ferres, Christopher Plummer, Ming Zhao, Barry Atsma

Länge: 119 Minuten

FSK: ab 12 Jahre (keine Ahnung warum es keine FSK-6 wurde)

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Hectors Reise“

Moviepilot über „Hectors Reise“

Metacritic über „Hectors Reise“

Rotten Tomatoes über „Hectors Reise“

Wikipedia über „Hectors Reise“ 

Perlentaucher über den Roman „Hectors Reise“