Glauser-nominiert als bester Krimi 2025: Jakob Nolte: Die Frau mit den vier Armen

April 10, 2025

Das Syndikat, der Verein für deutschsprachige Kriminalliteratur, hat für den diesjährigen Glauser-Preis, der am Samstag, den 12. April, auf der Criminale in Schwetzingen verliehen wird, in der Kategorie Bester Roman folgende Krimis nominiert:

Nicole Eick: Wenn der Engel kommt (Edition Tingeltangel)

Henri Faber: Gestehe (dtv)

Thomas Knüwer: Das Haus in dem Gudelia stirbt (Pendragon)

Jakob Nolte: Die Frau mit den vier Armen (Suhrkamp Nova)

Till Raether: Danowski: Sturmkehre (Rowohlt Polaris)

Der erste Niedersachsen Noir“ (darüber könnte diskutiert werden, aber es liest sich gut) steht auf der Buchrückseite dieses Romans, der „voller schräger Figuren“ sein soll und „mit unwiderstehlichem Witz“ erzählt wird. Das sind jetzt erst einmal alles wohlklingende Werbeversprechen, die eine Botschaft aussenden: Jakob Noltes „Die Frau mit den vier Armen“ ist kein normaler Kriminalroman.

Das kann ich nach der Lektüre vollumfänglich bestätigen.

In Hannover wird die Leiche des 22-jährigen Studenten Sebastian Thamm im Ihmepark gefunden. Die Kommissarinnen Rita Aitzinger und Ilia Schuster vermuten bei ihren Ermittlungen schnell eine Verbindung zu einem älteren Fall, der einige wenige, weit hergeholte Ähnlichkeiten mit ihrem aktuellen Mordfall hat. Trotzdem gehen sie von einer Serienmörderin aus und ermitteln in alle Richtungen. Denn sie haben „keinen Verdächtigen, keine Beweise, keine Richtung“, aber so Rita Aitzinger, ungefähr in der Buchmitte bei einer Fallbesprechung: „Wir werden sie finden. Und wir werden sie richten. All ihre Verbrechen der Sehnsucht werden sie überführen.“

Deshalb wird eine Datingapp-Taskforce gegründet, die in einem Desaster endet. Die in der Taskforce ermittelnden Beamten verlieben sich teilweise in ihre Dates. Die Partnerinnen der Polizisten befürchten, dass ihre Männer sie betrügen. Hinweise auf die Täterin gibt es nicht. Dabei ist sie, wie Jakob Nolte in dem Moment schon verraten hat, Mitglied der Datingapp und einer der in der Datingapp ermittelnden Polizisten hat Kontakt zu ihr.

Jakob Nolte gewann für seine vorherigen Romane den Kunstpreis Literatur, war für den Deutschen Buchpreis nominiert und nahm am Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb teil. Sein neuer, angenehm kurzer Roman „Die Frau mit den vier Armen“ liest sich dann auch weniger wie ein richtiger Kriminalroman, sondern wie die besserwisserische Parodie auf einen Kriminalroman. Es werden einige Krimiversatzstücke genommen und ausgestellt, als ob man zeigen wolle, wie schlecht in jeder Beziehung bestimmte „Tatorte“, Vorabend-, Regio- und Serienkillerkrimis sind.

Schnell geht es in der „Frau mit den vier Armen“ nicht mehr um die Mordermittlung, sondern, aus verschiedenen Perspektiven, um Liebe und Einsamkeit in der heutigen Großstadt.

Die sich permanent in den Vordergrund drängende Sprache ist gewöhnungsbedürftig und bewusst künstlich. Das funktioniert mal besser, mal schlechter. So haben einige verknappte Dialoge durch ihre Verknappungen und Abschweifungen einen mehr als parodistischen Touch. Einige Beobachtungen sind witzig. Vieles ist eher ‚meh‘.

Natürlich muss nicht jeder Krimi nach Schema F erzählt werden und es ist nichts gegen Hochliteratur oder eine gelungene Dekonstruktion einzuwenden. In „Die Frau mit den vier Armen“ funktioniert das nicht.

Jakob Nolte: Die Frau mit den vier Armen

Suhrkamp Nova, 2024

240 Seiten

20 Euro

Hinweise

Suhrkamp über das Buch

Perlentaucher über Jakob Noltes „Die Frau mit den vier Armen“ (jaaa, die Damen und Herren Literaturkritiker sind besoffen vor Begeisterung)

Wikipedia über Jakob Nolte