Seine Bilder von ziemlich nackten, muskelbepackten Männern in Leder und Uniform dürften immer noch allgemein bekannt sein. Aber wer zeichnete diese homoerotischen Bilder? Dome Karukoski erzählt in seinem inszenatorich konventionellem, dennoch sehr, sehr sehenswertem Biopic die Geschichte von Tom of Finland, bürgerlich Touku Laaksonen (1920 – 1991).
TV-Premiere. Seine Bilder von ziemlich nackten, muskelbepackten Männern in Leder und Uniform dürften immer noch allgemein bekannt sein. Aber wer zeichnete diese homoerotischen Bilder? Dome Karukoski erzählt in seinem inszenatorich konventionellem, dennoch sehr, sehr sehenswertem Biopic die Geschichte von Tom of Finland, bürgerlich Touku Laaksonen (1920 – 1991).
Seine SW-Bilder von muskelbepackten Männern in Lederjacken und Uniformen mit riesigen – – – Dingern kenne ich seit Ewigkeiten. Wahrscheinlich von den zahlreichen Taschen-Bücher über Tom of Finland und aus verschiedenen Zeitschriften, die irgendetwas mit Jugendkultur und Subkultur zu tun haben. Aber besonders interessierten sie mich nicht und auch der Mann hinter den Zeichnungen war mir egal. Außerdem war seine wahre Identität lange unbekannt, es gab keine ausführlichen Reportagen über ihn und er trat nicht, wie Andy Warhol, in der Öffentlichkeit auf.
Dabei ist seine Geschichte, wie Dome Karukoski in seinem Biopic „Tom of Finland“ über Touku Laaksonen (1920 – 1991) zeigt, durchaus erzählenswert. Als Künstlerbiographie und auch als Sittengemälde der Nachkriegsjahrzehnte.
Karukoskis Film beginnt im zweiten Weltkrieg. Touku Laaksonen kämpft als Soldat gegen sowjetische Soldaten. Er erhält das Freiheitsabzeichen Vierter Klasse und er zweifelt nicht an seiner Homosexualität. Nachts in Parks lebt er sie aus. Tagsüber ist er Soldat und, nach dem Krieg, Zeichner in einer Werbeagentur in Helsinki. Er lebt mit seiner Schwester Kaija zusammen. Heimlich zeichnet er Bilder von seinen Traummännern, die er auch veröffentlichen möchte. Ebenso heimlich sucht er sich seine Sexualpartner für meist flüchtigen Sex. In Finnland wurden damals, wie in Deutschland, Homosexuelle verfolgt und drakonisch bestraft.
Ein Ausflug nach Berlin endet in einem Desaster. Seine Bilder ist er los. Aber anders als erhofft.
1953 trifft er Veli ‚Nipa‘ Mäkinen, die Liebe seines Lebens. Nipa zieht bei Touku als ‚Mitbewohner‘ ein. Toukus Schwester ahnt, obwohl sie mit ihnen zusammenlebt, nichts von deren Beziehung.
1957 werden Toukus Zeichnungen in den USA in dem Magazin „Physique Pictorial“ veröffentlicht. In dem Moment erhält er von dem Herausgeber der Zeitschrift, im Einklang mit der üblichen Namenspraxis des Heftes, auch das Pseudonym „Tom of Finland“, unter dem er zuerst in der Schwulenszene und später darüber hinaus bekannt wurde.
Während Dome Karukoski („Helden des Polarkreises“) die Geschichte bis dahin als bedrückendes Sittengemälde einer repressiven und verklemmten Zeit ausführlich erzählt, macht er jetzt mehrere große Zeitsprünge zu Toukus erstem USA-Besuch in den Siebzigern (wo er ein in der Schwulenszene gefeierter und stilbildender Künstler ist), zu die ersten Jahre nach der Entdeckung von AIDS und zu Toukus letzten Tagen. In diesen Momenten ist unübersehbar, dass „Tom of Finland“ mit den typischen Biopic-Problemen zu kämpfen hat. Anstatt sich auf einen Moment in Toukus Leben zu konzentrieren oder zu zeigen, warum Toukus Leben heute noch relevant ist, wird einmal durch sein Leben gehetzt, vieles angesprochen, aber nichts wirklich vertieft.
„Tom of Finland“ ist das filmische Äquivalent zum Lexikonartikel über Touku Laaksonen, der brav die Fakten aneinanderreiht, ohne irgendjemand zu verstören. In dem konventionellen Biopic wird Touku Laaksonen zu einer unumstrittenen Ikone Finnlands. Der Film ist der Vorschlag Finnlands für den Oscar als bester ausländischer Film und er ist Teil der Feierlichkeiten zur hundertjährigen Unabhängigkeit Finnlands.
Tom of Finland(Tom of Finland, Finnland 2017)
Regie: Dome Karukoski
Drehbuch: Aleksi Bardy
mit Pekka Strang, Lauri Tilkanen, Jessica Grabowsky, Seumas Sargent, Jakob Oftebro
Die Pubertät ist die Hölle und in einem Fischerdorf auf Jütland, auf dem die Freizeitgestaltung zwischen Abhängen an der Bushaltestelle (falls es eine gibt) und abendlichem Fernsehprogramm schwankt, ist es noch eine Spur schlimmer. Denn wer sich nicht anpasst, ist in so einem Dorf schnell der Außenseiter. Die schüchterne Marie (Debütantin Sonia Suhl) bekommt das zu spüren. In einer Fischfabrik wird sie zuerst einem unappetitlichem Begrüßungsrituale unterzogen und ein Kollege stichelt sie. Immer genug, damit sie sich unwohl fühlt, aber nie genug, um zum Chef zu gehen. Ihre Mutter sitzt gelähmt in einem Rollstuhl, liebevoll gepflegt von ihrem Vater (Lars Mikkelsen). Warum sie gelähmt ist, erfährt Marie nicht.
Da spürt sie, wie sich ihr Körper verändert. Der Hausarzt verschreibt ihr gegen diese Veränderungen eine Medizin.
Jonas Alexander Arnby führt in seinem Debütfilm „When Animals dream“ den Horrorfilm von CGI-Spektakeln und Blutbädern wieder zu seinen Ursprüngen zurück, indem er eine Geschichte über verdrängte Sexualität erzählt. Im Film verwandelt Marie sich in einen Werwolf. Wie ihre Mutter. Diese Transformation ist auch eine Metapher für die Verwandlung vom Kind zur Frau – und sie steht auch für Maries Emanzipation von der Dorfgemeinschaft, einer in sich verschworenen Gruppe, die wissend schweigt, und keine Fremden und keine Abweichler duldet.
Das ist durchaus faszinierend. Vor allem weil Arnby die Geschichte angenehm ruhig und mit vielen Andeutungen inszeniert. Allerdings erzählt er diese etwas andere Coming-of-Age-Geschichte für meinen Geschmack etwas zu minimalistisch und zu langsam. Denn während die schweigsamen Dorfbewohner wissen, was geschah, erfährt Marie es nicht von ihnen. Sie scheinen auch zu wissen, was mit Marie geschehen wird und sie sind bereit, etwas dagegen zu unternehmen.
So bleibt der Film, der keine Erklärungen gibt, was vor allem gegen Ende stört, sehr offen für verschiedene Interpretationen.
When Animals dream (Når dyrene drømmer, Dänemark 2014)
Regie: Jonas Alexander Arnby
Drehbuch: Rasmus Birch
mit Sonia Suhl, Lars Mikkelsen, Sonja Richter, Jakob Oftebro, Mads Riisom, Gustav Dyekjaer Giese