The Broken Circle (The Broken Circle Breakdown, Belgien/Niederlande 2012)
Regie: Felix van Groeningen
Drehbuch: Carl Joos, Felix van Groeningen (nach dem Theaterstück von Johan Heldenbergh)
Die mit viel Bluegrass-Musik gewürzte Liebesgeschichte zwischen Didier und Elise, die gegensätzlicher kaum sein könnten, erlebt heute seine TV-Premiere.
Die ersten Minuten von „Suicide Tourist“ machen neugierig. Der äußert bieder und durchschnittlich wirkende Versicherungsagent Max Isaksen (Nikokaj Coster-Waldau) spricht in eine Videokamera und kündigt seinen nahen Tod an. Die folgenden Minuten, wenn Regisseur Jonas Alexander Arnby zwischen verschiedenen Zeitebenen hin und herspringt und einige Fährten auslegt, steigern diese Neugierde auf den Fortgang der Geschichte.
Wenn man die Geschichte dann, und ohne das Ende zu verraten, in eine rudimentäre chronologische Ordnung bringt, wird es recht banal. Max ist unheilbar erkrankt. In den nächsten Monaten wird der Tumor in seinem Gehirn seine Persönlichkeit radikal verändern. Später wird er daran sterben. Max will seine Frau Lærke nicht mit seiner Leidensgeschichte belasten. Im Zusammenhang mit einem seiner Versicherungsfälle erfährt er vom Hotel Aurora und seiner besonderen Dienstleistung. Diese ist, das wird im Film nahe gelegt, mindestens im legalen Graubereich, falls nicht sogar illegal. Die Betreiber des abgelegenen Luxusressort helfen ihren Gästen beim Suizid.
Wenn ein Kunde mit dem Hotel Aurora einen Vertrag über einen begleiteten Suizid abschließt, gibt es auch eine seltsame Klausel, die dem Kunden einen Rücktritt verweigert. Der Vertrag wird in jedem Fall erfüllt.
Gestandene Thrillerfans vermuten in dem Moment schon das Schlimmste. Denn warum sollte jemand, der unbedingt sterben möchte und dafür ein einsam gelegenes Hotel aufsucht, nicht mehr sterben wollen? Und warum sollte Max, der an einer tödlichen Krankheit leidet, seine Meinung ändern wollen?
Regisseur Arnby deutet während des Films immer wieder an, dass die Hotelbetreiber ihre Kunden regelmäßig gegen ihren Willen töten. Diese Andeutungen führen am Ende nicht zur Aufdeckung einer großen Verschwörung. Sie zeigen, wie Max in dem Moment die Welt wahrnimmt.
In seinem meditativ erzähltem Film „Suicide Tourist“ setzt sich „When Animals dream“-Regisseur Jonas Alexander Arnby unglücklich zwischen die Stühle. Sein Film ist kein Thriller (und will es auch nicht sein), kein Horrorfilm und auch kein Drama über die Probleme der umstrittenen kommerziellen Suizidbeihilfe. Sie dient hier nur als Aufhänger für eine reichlich dröge und, aufgrund seiner Struktur, äußerst umständlich erzählte Geschichte eines introvertierten Mannes, der sich, nach der tödlichen Diagnose, fragt, ob sein Leben noch einen Sinn hat. Nach neunzig Minuten und einer enttäuschenden Pointe wissen wir es.
The Broken Circle (The Broken Circle Breakdown, Belgien/Niederlande 2012)
Regie: Felix van Groeningen
Drehbuch: Carl Joos, Felix van Groeningen (nach dem Theaterstück von Johan Heldenbergh)
Die mit viel Bluegrass-Musik gewürzte Liebesgeschichte zwischen Didier und Elise, die gegensätzlicher kaum sein könnten, erlebt heute seine TV-Premiere.
Danach, um 22.05 Uhr, zeigt Arte „Feuerwerk am helllichten Tag“ (erhielt 2014 auf der Berlinale den Goldenen Bären). Ebenfalls sehenswert, aber halt nicht so gut wie „The Broken Circle“, der 2013 den Berlinale-Publikumspreis erhielt.
Schon die ersten Minuten von „Borgman“ zeigen, das dieser Film vielleicht in den Niederlanden gedreht wurde, er aber mit Sicherheit in keinem Land spielt, das wir kennen. Denn drei Männer, angeführt von einem Priester, jagen Borgman und seine Freunde, die im Wald in unterirdischen Verstecken und Wohnungen, die sie einfach so in den Boden gegraben haben, leben. Im Gegensatz zu normalen Obdachlosen haben sie alle einen erstaunlich saubere Anzüge an (Hey, sie leben in der Erde!) und sie besitzen Handys. Eigentlich sind sie, abgesehen vom Ort ihrer Wohnung, ganz normal.
Auf ihrer Flucht trennen sie sich. Borgman sieht in einer anonymen Vorortsiedlung ein Haus, das seinen Bedürfnissen entspricht. Er klingelt, begehrt Einlass, behauptet ein alter Bekannter von Marina zu sein. Ihr Ehemann Richard verprügelt ihn. Als Richard weg ist, klingelt er wieder. Marina lässt ihn herein – und ab diesem Moment ist Borgman wie ein Hausgeist überall und nirgends in dem Haus. Später stoßen noch einige seiner Freunde, die keinen Respekt vor dem Leben ihrer Mitmenschen haben, dazu und auf eine seltsam verquere Weise wird das Leben der Hausbesitzer zu einer Hölle, aus der sie zwar jederzeit ausbrechen könnten, aber es nicht tun. Sie lassen die Eindringlinge gewähren. Bis es zu spät ist.
Regisseur und Drehbuchautor Alex van Warmerdam („Die letzten Tate der Emma Blank“) benutzt in seinem neuesten Film die Genrekonventionen, die er immer wieder unterläuft und mit absurden Momenten anreichert (wie einer umfassenden Verschönerung des Geländes, das dieses zuerst einmal vollkommen zerstört), um auf der visuellen Ebene über verdrängte Gefühle zu reden. Dabei gelingt es ihm, die Spannung zu halten und gleichzeitig viele Interpretationsmöglichkeiten für seine Geschichte anzubieten. „Borgman“ ist eine Metapher. Aber für was?
Eben diese Offenheit für viele verschiedene Interpretationen ist die große Stärke des Films über das Eindringen des Bösen und/oder des Unheimlichen und/oder des Verdrängten in eine normale Mittelstandsfamilie. Der schwarzhumorige Film erinnert daher mehr an die Werke von Luis Bunuel als an einen US-amerikanischen Home-Invasion-Thriller.
In Cannes lief „Borgman“ im Wettbewerb und, neben zahlreichen anderen Preisen, gewann er in Sitges die Maria.
Borgman (Borgman, Niederlande/Belgien 2013)
Reige: Alex van Warmerdam
Drehbuch: Alex van Warmerdam
mit Jan Bijvoet, Hadewych Minis, Jeroen Perceval, Alex van Warmerdam, Tom Dewispelaere
– DVD
Pandastorm
Bild: 2,40:1 (16:9)
Ton: Deutsch (DTS 5.1, DD 5.1), Niederländisch, Englisch (DD 5.1)
Untertitel: Deutsch, Englisch
Bonusmaterial: Trailer, Deleted Scenes, Wendecover
Länge: 109 Minuten
FSK: ab 16 Jahre
– Hinweise
Homepage zum Film Film-Zeit über „Borgman“ Moviepilot über „Borgman“ Metacritic über „Borgman“ Rotten Tomatoes über „Borgman“
Wikipedia über „Borgman“ (deutsch,englisch)