Neu im Kino/Filmkritik: Erst ein Schuh, jetzt „Das Kanu des Manitu“

August 14, 2025

Dieses Mal müssen Abahachi, der edle Häuptling der Apachen (Michael Bully Herbig), und sein Blutsbruder Ranger (Christian Tramitz) das Kanu des Manitu finden. Einige Banditen und ein Ölbaron wollen es ebenfalls haben. Weil „Das Kanu des Manitu“ eine Komödie von Michael Bully Herbig ist, die gedanklich in der Tradition der „Bullyparade“ (1997 – 2002) und der daraus entstandenen, überaus erfolgreichen und ziemlich klamaukigen Komödie „Der Schuh des Manitu“ (2001) steht, ist diese Filmgeschichte nur der Aufhänger für allerei Albernheiten, Blödeleien und Sketche. Der gemeinsame Nenner dieser Parodie sind dabei die erfolgreichen Karl-May-Western aus den sechziger Jahren. Ob heutige Jugendliche diese Filme noch so gut kennen wie die Jugendlichen der achtziger und neunziger Jahren, die diese Western regelmäßig im TV sehen konnten, werden die kommenden Tage zeigen.

Unabhängig von dem möglichen Kassenerfolg – „Der Schuh des Manitu“ ist mit knapp 12 Millionen Kinobesucher in Deutschland die erfolgreichste deutsche Komödie; Herbigs Nachfolgefilm „(T)Raumschiff Surprise – Periode 1“ (2004) folgt mit über 9 Millionen Besuchern auf dem zweiten Platz, „Bullyparade – Der Film“ (2017) konnte mit knapp 1,9 Millionen Besuchern nicht an die vorherigen Erfolge anknüpfen – stellt sich natürlich die Frage, ob der Film nötig ist. Schließlich sind Michael Herbig, Christian Tramitz, Rick Kavanian und die anderen Mitwirkenden, die schon beim ersten Film dabei waren, an anderen Punkten in ihrer Karriere.

Jetzt kehren sie also zu den Anfängen ihrer Karriere und ihrem erfolgreichsten Werk zurück. Damit die Angelegenheit mehr als ein Aufwärmen altbekannter Gags für die Fans, eine Art Klassentreffen des damaligen Teams (und einiger Neuzugänge, von denen vor allem ein „Komparse“ im Gedächtnis bleibt) und eine Spekulation auf einen positiven Effekt auf das eigene Bankkonto ist, sollte es natürlich einen künstlerischen Grund geben, um sich wieder in die Welt von Winnetou, Karl May und den erfolgreichen Verfilmungen in den sechziger Jahren zu begeben.

Denn schon 2001 demontierte, parodierte und verschwulte Herbig die Karl-May-Western so sehr, dass danach alles dazu gesagt war. Entsprechend unnötig ist „Das Kanu des Manitu“.

Gelungen ist die Komödie so halbwegs. Sie ist technisch überzeugend, liebevoll ausgestattet und mit vielen Nebenbei-Gags. Sowieso ist die Gagdichte ziemlich hoch. Die Qualität ist durchwachsen und etliche der guten Gags werden bereits im Trailer präsentiert.

Die Aktualisierungen beziehen sich auf das gefahrlose Gebiet des Umgangs mit dem Wort „Indianer“ und einer durchaus berührenden Szene am Filmende. In ihr nehmen echte Apachen und Natives weiterer Stämme Abahachi/Herbig in ihren Kreis auf und bezeichnen ihn als einen der ihren, weil es nicht auf das Blut, sondern die inneren Werte ankomme.

In dem Moment sagt Bully Herbig auch, mit dem sprichwörtlichen Zaunpfahl, etwas über echte und falsche kulturelle Aneignung. Dass damals „Der Schuh des Manitu“ und heute „Das Kanu des Manitu“ keine Auseinandersetzung mit dem echten Wilden Westen ist, wusste schon damals jeder, der nicht vollkommen verblödet ist. Sie sind eine liebevolle Parodie der fantastischen Karl-May-Western, die unzählige Jugendliche durch die Kindheit und Jugend begleiteten.

Deshalb gibt es auch keine weiteren Aktualisierungen oder neue Themen für die Witze. Der Rassismus der aus Europa kommenden weißen Siedler, deren Glaube, ungezügelter Kapitalismus und die damit verbundene rücksichtslos betriebene Eroberung des Wilden Westens wären dankbare Objekte für neue Witze gewesen. Solche Gags würden das sichere Gebiet der Karl-May-Westernfilmparodie verlassen und sich mehr mit dem echten Wilden Westen und der Gegenwart beschäftigen. Das wollten die Macher nicht. Sie wollten einfach ihr altes Programm wieder präsentieren, etwas entstaubt und garniert mit zu vielen von Stefan Raab komponierten Songs und damit verbundenen Gesangseinlagen.

Das Kanu des Manitu“ ist ein unnötiger Film mit Albernheiten, Klamauk und kindgerechtem Humor (beispielsweise wenn sie in einer Höhle das Kanu des Manitu suchen und finden), der in der Welt dreißig Jahre alter Sketche lebt.

Das Kanu des Manitu (Deutschland 2025)

Regie: Michael Bully Herbig

Drehbuch: Michael Bully Herbig, Christian Tramitz, Rick Kavanian

mit Michael Bully Herbig, Christian Tramitz, Rick Kavanian, Jasmin Schwiers, Jessica Schwarz, Friedrich Mücke, Daniel Zillmann, Tobias van Dieken, Pit Bukowski, Akeem van Flodrop, Tutty Tran, Merlin Sandmeyer, Waldemar Kobus, Jan van Weyde, Sky du Mont

Länge: 88 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Das Kanu des Manitu“

Moviepilot über „Das Kanu des Manitu“

Wikipedia über „Das Kanu des Manitu“

Meine Besprechung von Michael Bully Herbigs „Ballon“ (Deutschland 2018)

Meine Besprechung von Michael Bully Herbigs „Tausend Zeilen“ (Deutschland 2022)


Neu im Kino/Filmkritik: Nur Jungs im „Männerhort“

Oktober 2, 2014

Die Jungs brauchen ihre Freiräume. Einen „Männerhort“ eben. Früher war das Vereinsheim, das Wohnzimmer (Samstags beim Fußball) oder eben der liebevoll ausgebaute Keller ein solches Refugium. Heute, so behauptet Franziska Meyer Price in ihrer Boulevard-Komödie „Männerhort“, gibt es diesen von den inzwischen so furchtbar anspruchsvollen Frauen geduldeten Ort des reinen und wahren Mannseins nicht mehr. Also müssen die Männer sich konspirativ in einem verdächtig gut geputztem Heizungskeller treffen, den sie mit einigen Sperrmüllmöbeln, Kühlschrank, Playboy-Bildern und einem Dixi-Klo wohnlich einrichteten. Es gibt sogar einige Zimmerplanzen. Dort sehen sich der ziemlich entspannte Software-Entwickler Eroll (Elyas M’Barek), der dauergeile Dixi-Klo-Vertreter Lars („Stromberg“ Christoph Maria Herbst) und der arbeitslose Berufspilot Helmut (Detlev Buck) Fußballspiele an und spielen Computerspiele, während ihre Frauen das tun, was Frauen halt so tun. Nämlich einkaufen.
Als der neue Hausmeister Aykut (Serkan Cetinkaya) das pubertäre Pennälerparadies in der Vorstadtsiedlung entdeckt, will er es gleich auf der nächsten Müllkippe entsorgen. Obwohl er Türke ist, benimmt er sich wie der typische deutsche Hausmeister in einer klischeetriefenden Komödie. Sowieso wechselt Aykut ganz nach Belieben zwischen typisch türkischer und typisch deutscher Identität, was ihn vor allem gegen die Bestechungsversuche der drei Heizungskellerbesetzer immun macht.
Die drei Musketiere Eroll, Lars und Helmut müssen jetzt um ihren mietfreien Rückzugsort kämpfen. Gleichzeitig haben sie noch einige Probleme mit ihren Frauen. Neben Kaufrausch und Selbstfindung sind es Schwangerschaft und Seitensprung. Halt das Programm für einen boulevardesken Schwank, dessen Humor primär unter die Gürtellinie zielt.
Und Helmut ist mit einem Mann verheiratet, was aber seine Saufkumpanen, die alle in der gleichen langweiligen, sich noch im Bau befindlichen Reihenhausvorstadtsiedlung wohnen, nicht wissen.
„Männerhort“ basiert auf einem erfolgreichem Boulevard-Theaterstück von Kristof Magnussen und während in einem Theaterstück, wenn es nur schnell genug gespielt wird und das Publikum ämusierwillig jeden Auftritt beklatscht, die Klischees für Lacher sorgen, fallen in einem Film eben diese unreflektiert wiedergekäuten Uralt-Klischees negativ auf. „Männerhort“ spielt zwar in der Gegenwart, aber es versprüht den Muff der fünfziger Jahre.
Eine irgendwie erinnerungswürdige Geschichte hat die substanzlose Nummernrevue nicht. Sie pendelt unentschlossen zwischen wenig engagiertem Kampf um den Kellerraum und vorhersehbarem Beziehungsgedöns. Auch die Klischees von den ewig pubertierenden Männern, die Witzeleien gegen „emanzipierte“ und „moderne“ Frauen (shoppen, Kinder kriegen, ständig Sex haben wollen, weil der Mann das doch so will, und auf den Beruf des Uniform-tragenden Mannes fliegen sind nicht gerade das, was sich der Feminismus auf die Agenda geschrieben hat) und die weinerliche Selbstvergewisserung von Eroll (am wenigsten), Lars (am großmäuligsten) und Helmut (am feigsten), dass wir Männer doch unbedingt einen Raum brauchen, in dem wir uns entfalten können, fischen einfach nur beifallheischend nach der erstbesten Pointe, ohne dass bei den Machern jemals eine eigene Position, eine durchgehende erzählerische Haltung erkennbar wird. Außer die von Larmoyanz und Pantoffelheldentum; was wir ja aus gut abgehangenen Boulevard-Komödien, in denen Frauen schon vor Jahrzehnten die Hosen anhatten, kennen.

Männerhort - Plakat
Männerhort (Deutschland 2014)
Regie: Franziska Meyer Price
Drehbuch: Rainer Ewerrien, David Ungureit
LV: Kristof Magnusson: Männerhort, 2003 (Theaterstück)
mit Elyas M’Barek, Christoph Maria Herbst, Detlev Buck, Serkan Cetinkaya, Cosma Shiva Hagen, Lisa Maria Potthoff, Jasmin Schwiers, Dominic Boeer, Michael Gwisdek
Länge: 98 Minuten
FSK: ab 12 Jahre

Hinweise
Facebook-Seite zum Film
Film-Zeit über „Männerhort“
Moviepilot über „Männerhort“
Wikipedia über Kristof Magnusson
Homepage von Kristof Magnusson