Neu im Kino/Filmkritik: Über Tony Goldwyns „Ezra – Eine Familiengeschichte“

September 18, 2024

Ezra (William A. Fitzgerald, Debüt) ist ein elfjähriger Junge mit einer Autismus-Spektrum-Störung. Nachdem er wieder den gesamten Schulbetrieb stört, soll er auf eine spezielle Förderschule geschickt werden. Seine Mutter ist einverstanden. Sein Vater, der finanziell klamme New Yorker Stand-up-Komiker Max Brandel (Bobby Cannavale), lehnt das vehement ab. Bislang kümmert er sich nicht um seinen Sohn und in Zukunft hat er das auch nicht wirklich vor. Schließlich arbeitet er als Komiker und hofft immer noch auf den Durchbruch. Bis es soweit ist, lebt er seit der Scheidung bei seinem sturen Vater Stan (Robert De Niro).

Als seine Managerin ihm einen Auftritt in der TV-Show von Jimmy Kimmel besorgt, könnte das für ihn ein großer Schritt in seiner Karriere sein. Die Kimmel-Show wird in Los Angeles aufgezeichnet. Er lebt auf der anderen Seite des Kontinents.

In einer Verzweiflungstat entführt er seinen Sohn und macht sich mit ihm auf einen Roadtrip nach Los Angeles.

Tony Goldwyn erzählt eine herzige Vater-Sohn-Geschichte, wobei Max sich noch kindischer und unverantwortlicher verhält als sein Sohn. Das von Tony Spiridakis auf eigenen Erfahrungen mit seinem autistischen Sohn basierende Drehbuch erzählt die Vater-Sohn-Geschichte humorvoll in den erwartbaren Bahnen mit den erwartbaren, weidlich ausgenutzten Taschentuch-Momenten.

Die Besetzung ist mit Bobby Cannavale, Rose Byrne, Vera Farmiga, Rainn Wilson, Whoopi Goldberg (telefonierend), Robert De Niro (deutlich mehr als ein Cameo)und, nur kurz, Jimmy Kimmel für einen so kleinen Film erstaunlich hochkarätig. Das liegt teilweise an der persönlichen Betroffenheit der Beteiligten und ihrem Wunsch, Verständnis für Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen zu wecken. Gleichzeitig sagen sie den betroffenen Eltern, dass sie nicht allein sind.

Ezra – Eine Familiengeschichte“ ist ein Feelgood-Movie, das als Road Movie erstaunlich wenig ‚on the road‘ ist.

Ezra – Eine Familiengeschichte (Ezra, USA 2023)

Regie: Tony Goldwyn

Drehbuch: Tony Spiridakis

mit Bobby Cannavale, William A. Fitzgerald, Rose Byrne, Whoopi Goldberg, Rainn Wilson, Tony Goldwyn, Vera Farmiga, Robert De Niro, Jimmy Kimmel

Länge: 102 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Moviepilot über „Ezra – Eine Familiengeschichte“

Metacritic über „Ezra – Eine Familiengeschichte“

Rotten Tomatoes über „Ezra – Eine Familiengeschichte“

Wikipedia über „Ezra – Eine Familiengeschichte“ (deutsch, englisch)


Neu im Kino/Filmkritik: „Boss Baby – Schluss mit Kindergarten“, jetzt geht es in die Schule

Oktober 15, 2021

Fünf Jahre nach dem an der Kinokasse sehr erfolgreichem Animationsfilm„Boss Baby“ erzählt „Boss Baby – Schluss mit Kindergarten“ eine weitere Geschichte aus dem Leben der Familie Templeton. Die damaligen Babys sind inzwischen erwachsen. Ted ist der erzkapititalistische Chef einer riesigen Firma und vor allem an Weihnachten spendabel. Sein Bruder Tim ist glücklich verheiratet und liebevoller Vater von zwei Mädchen, für die er immer Zeit hat. Tina ist noch ein Baby. Ihre siebenjährige Schwester Tabitha ist überaus ehrgeizig, bewundert Ted und will so schnell wie möglich wie er werden. Wir können sie uns als eine 150-prozentige weibliche Version von Christian Lindner vorstellen. Selbstverständlich ist sie die Klassenbeste. Sie besucht das Acorn Center for Advanced Childhood. Auf dieser Eliteschule bahnt sich eine Katastrophe an. Denn der Schuldirekter Dr. Erwin Armstrong will mit seinen Schülern die Welt beherrschen. Er ist, salopp gesagt, der typische größenwahnsinnige James-Bond-Bösewicht mit einem teuflischen Plan.

Verhindern können den nur die Templetons. Die Baby Corp., hier vertreten durch Baby Tina, verjüngt dafür die Brüder Tim und Ted auf Baby-/Kleinkindalter und gemeinsam mit Tabitha, die nichts davon weiß, betreten sie die Schule.

Boss Baby – Schluss mit Kindergarten“ ist ein rätselhafter Film. Nicht wegen der Handlung. Die ist, auch wenn sie in unzählige unzusammenhängende Episoden und Nebenstränge zerfällt, ziemlich simpel.

Vollkommen unklar ist dagegen das von Regisseur Tom McGrath und Drehbuchbautor Michael McCullers, die bereits gemeinsam „Boss Baby“ erzählten, anvisierte Zielpublikum. Ihr Animationsfilm ist einerseits eine Abfolge von Gags, die einer rein episodischen Dramaturgie gehorchen und immer wieder in lärmend-anspruchslosem, oft auch nervigem Klamauk enden. Das kann sogar ein unaufmerksames Kind verfolgen. Ihm wird auch die fehlende erzählerische Kohärenz nicht auffallen. Stattdessen geschieht ständig irgendetwas. Es ist laut. Es ist bunt.

Andererseits ist die von Baby Corp. und den anderen Figuren verfolgte Ideologie und auch die Konflikte der einzelnen Figuren (soweit vorhanden) für Erwachsene gedacht. Denn welches Kind interessiert sich schon für den Konflikt des Vaters zwischen Beruf und Familie, seinen Ambitionen und der Realität? Welches Kind versteht die hier verfochtene erzkapititalistische Ideologie? Welches Kind fragt sich, welche Probleme Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder haben? Das sind durchaus wichtige Fragen. Es sind allerdings Fragen und Probleme, für die sich kein Kind (und auch kein Teenager) interessiert. Es sind Fragen für Erwachsene, die auf ihre erste Midlife-Crisis zusteuern. Für dieses Publikum werden diese Fragen allerdings, zwischen plattem Klamauk, viel zu platt behandelt.

Boss Baby – Schluss mit Kindergarten“ ist wie ein umgedrehter Pixar-Film. Während es den Pixar-Filmen gelingt, gleichzeitig Kinder und Erwachsene auf einem hohen Niveau anzusprechen, gelingt das dem zweiten „Boss Baby“-Film nie. Dieser Animationsfilm ist das Negativ eines Pixar-Films.

Boss Baby – Schluss mit Kindergarten (The Boss Baby: Family Business, USA 2021)

Regie: Tom McGrath

Drehbuch: Michael McCullers (nach einer Geschichte von Tom McGrath und Michael McCullers)

mit (im Original den Stimmen von) Alec Baldwin, James Marsden, Amy Sedaris, Ariana Greenblatt, Jeff Goldblum, Eva Longoria, Jimmy Kimmel, Lisa Kurdrow, Tom McGrath

(in der deutschen Fassung den Stimmen von) K. Dieter Klebsch, Timmo Niesner, Irina Bentheim, Samira Özcan, Hans Bayer, Sally Öczan, Karlo Hackenberger, Ulrike Stürzbecher

Länge: 107 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Boss Baby – Schluss mit Kindergarten“

Metacritic über „Boss Baby – Schluss mit Kindergarten“

Rotten Tomatoes über „Boss Baby – Schluss mit Kindergarten“

Wikipedia über „Boss Baby – Schluss mit Kindergarten“