In „Rich Flu“ bricht ein Virus aus, der die reichsten und einflussreichsten Menschen der Welt tötet. Plötzlich ist Reichtum tödlich.
In „Die geschützten Männer“ verwandelt ein Virus Männer in rasende Sexbestien, die kurz darauf, im Zustand höchster sexueller Ekstase, sterben.
Dummerweise machen „Rich Flu“-Regisseur Galder Gaztelu-Urrutia und „Die geschützten Männer“-Regisseurin Irene von Alberti viel zu wenig aus ihren vielversprechenden Prämissen.
„Rich Flu“ beginnt als bitterböse antikapitalistische Satire, in der die reichen Menschen in Panik geraten und arm sein wollen, weil sie nur so überleben können. Also jedenfalls wollen sie ärmer als der reichste Mensch der Erde sein. Dafür verschenken sie auch mal große Aktienpakete an verdiente Mitarbeiter.
Anstatt jetzt der ‚Ersten Welt‘ genüsslich bei ihrer Selbstzerstörung zuzusehen und sich zu überlegen, welches Gegenmittel es gegen das Virus geben könnte, lässt Galcer Gaztelu-Urrutia („Der Schacht“) das satirische Potential seiner Geschichte links liegen zugunsten einer umgekehrten Migrationsgeschichte. Während im Moment Afrikaner aus ihren Heimatländern in Richtung Europa flüchten, flüchten in „Rich Flu“ Europäer in Richtung Afrika und in Richtung Armut. Die Bilder, die Gaztelu-Urrutia dafür findet, sind die Bilder, die aus zahlreichen anderen Migrationsdramen und den Nachrichten bekannt sind. Nur die Marschrichtung und die Hautfarbe der Flüchtenden sind anders. Gleichzeitig konzentriert Gaztelu-Urrutia sich auf eine ziemlich unsympathisch egoistische und oberflächliche Flüchtende, die in Afrika in einer am Strand lebenden Hippie-Kommune aufgenommen wird.
In „Die geschützten Männer“ führt ein Virus dazu, dass alle sexuell potenten Männer mehr oder weniger schnell zu Sexbestien mutieren und sterben. Für Anita Martinelli und Sarah Bedford, die Vorsitzenden der kleinen Frauenpartei, ist das Männersterben die Gelegenheit, an die Macht zu kommen. Während einige Männer in einem abgeschiedenem Labor an einem Gegenmittel forschen, bauen die Frauen ihre Macht aus. Und sie wiederholen die Machtspiele und Intrigen der Männer. Aus der Herrschaft der Männer wird eine Herrschaft der Frauen. Mehr ändert sich nicht.
So ist Irene von Albertis Verfilmung von Robert Merles 1974 erschienenem Roman „Die geschützten Männer“ nicht mehr als eine siebziger Jahre-Agitprop-Satire. Durchaus liebevoll ausgestattet und engagiert gespielt, aber nicht mehr als eine in der Vergangenheit verhaftete Satire.
Beide Satiren bleiben sträflich unter dem Potential ihrer Ausgangsidee. „Rich Flu“ erzählt nach einem vielversprechendem Beginn nur eine weitere Migrationsgeschichte. Mit einer veränderten Marschroute. Dieses Mal wird vom reichen Norden in den armen Süden (solange er noch arm ist) geflüchtet wird. „Die geschützten Männer“ belässt es bei altmodischen Agitprop-Theater, das immerhin gut für einige, eher anspruchslose Lacher ist.

Rich Flu (Rich Flu, Spanien 2024)
Regie: Galder Gaztelu-Urrutia
Drehbuch: Pedro Rivero, Galder Gatzelu-Urrutia, Sam Steiner, David Desola (nach einer Idee von David Desola und Galder Gaztelu-Urrutia)
mit Mary Elizabeth Winstead, Rafe Spall, Lorraine Bracco, Dixie Egerickx, César Domboy, Timothy Spall, Jonah Hauer-King, Dayana Esebe
Länge: 117 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
–
Hinweise
Wikipedia über „Rich Flu“ (deutsch, englisch)
–

Die geschützten Männer (Deutschland 2024)
Regie: Irene von Alberti
Drehbuch: Irene von Alberti
LV: Robert Merle: Les hommes protégés, 1974 (Die geschützten Männer)
mit Britta Hammelstein, Mavie Hörbiger, Yousef Sweid, Bibiana Beglau, Godehard Giese, Julika Jenkins, Michaela Caspar, Johanna Polley, Sina Martens
Länge: 104 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
–
Hinweise
Filmportal über „Die geschützten Männer“
Veröffentlicht von AxelB