Seit zwanzig Jahren wartet Penelope (Juliette Binoche) auf die Rückkehr ihres Mannes Odysseus. Er machte sich damals auf eine heute noch, wenigstens bei dem Bildungsbürgetum, bekannte kriegerische Reise. Inzwischen ist sein Reich heruntergekommen. Das Land ist verödet. Dutzende Freier, mehr Gewalt suchende Halbstarke als künftige edle Anführer, lungern vor Penelopes Haus herum. Sie hoffen, dass sie einen von ihnen als ihren Gemahl und und künftigen König wählt. Odysseus‘ Reich verharrt zwischen betäubendem Stillstand und langsamem Untergang.
Eines Tages kehrt Odysseus (Ralph Fiennes) zurück. Aber anstatt sofort zu Penelope zu eilen, beobachtet der von zahllosen Kämpfen gezeichnete müde alte Mann, der nicht mehr töten will, das ihm fremde Treiben auf der Insel.
Uberto Pasolinis „Rückkehr nach Ithaka“ ist top besetzt und farbenprächtig unter südlicher Sonne inszeniert. Aber seine Noir-Interpretation eines Teils der in einer Welt ohne Götter und mythische Wesen spielenden deprimierenden Zustandsbeschreibung ist auch ein etwas monothematisch geratener Sandalenfilm.
Rückkehr nach Ithaka(The Return, Italien/Griechenland/Großbritannien/Frankreich 2024)
Regie: Uberto Pasolini
Drehbuch: John Collee, Edward Bond, Uberto Pasolini
mit Ralph Fiennes, Juliette Binoche, Charlie Plummer, Marwan Kenzari, Claudio Santamaria, Angela Molina
Die Geschichte ist einfach: ein Mann will den Mörder seiner Mutter, den Chef der Polizei, töten. Und weil es sich um einen Actionfilm handelt, geschieht dies nicht mittels eines perfiden Plans oder einer langen Gerichtsverhandlung, sondern mit Gewalt. Es wird gekämpft und getötet, bis der Bösewicht und seine Schergen tot sind. Auch das ist nicht furchtbar kompliziert. Schließlich muss die Story nur die Actionszenen zusammenhalten.
Trotzdem gelingt es dem bekannten Schauspieler Dev Patel, der hier auch die Idee für die Story hatte, am Drehbuch mitschrieb, die Regie und auch gleich noch die Hauptrolle übernahm, die Geschichte so umständlich zu erzählen, dass es Ewigkeiten dauert, bis die simple Prämisse erklärt ist. In den ersten fünfundvierzig Minuten wird uns das Leben des Protagonisten, der nur Kid (Dev Patel) heißt, zwischen Schaukämpfen in einem illegalem Kampfclub und seinem Leben im Slum gezeigt. Dass das Teil eines größeren Plans sein könnte, ahnen wir nicht aus der gezeigten Filmgeschichte. Nach fünfundvierzig Minuten gibt es in einem Club eine größere Actionszene. Kid will in dem Moment einen bis dahin unbekannten Mann aus unbekannten Motiven umbringen. Erst eine halbe Stunde später verrät uns der Film, dass dieser Mann ein hochrangiger Polizist ist und dass er, wie wir in diesem Moment erfahren, vor Jahren Kids Mutter ermordete. Kid will ihren Tod rächen.
Nach zwei Kurzfilmen benutzt Dev Patel in seinem Spielfilmdebüt die „John Wick“-Formel, aber ohne Sinn und Verstand. Bei den „John Wick“-Filmen ist immer klar, um was es geht. Das gilt für die Geschichte und die Absichten der einzelnen Figuren. Die Farbdramaturgie ist abwechslungsreich und durchgehend überzeugend. Bei den Actionszenen wird so wenig wie möglich geschnitten. Die Kämpfe und die Leistungen der Schauspieler und Stuntleute können also genau nachverfolgt werden.
In „Monkey Man“ ist das anders. Die Farbpalette besteht weitgehend aus Schwarz und Gelb. Budgetschonend werden die Szenen meistens aus dem Hintergrund heraus beleuchtet. Aufgrund vieler Schnitte, Wackelkamera, Nah- und Detailaufnahmen kann die Action über weite Strecken bestenfalls erahnt werden. Die wenigen Szenen, in denen nicht im Sekundentakt geschnitten wird, fallen umso mehr auf. Die Geschichte wird, aus keinem nachvollziebarem Grund, grotesk umständlich erzählt. Die kaum eindimensionalen Figuren sind einem durchgehend egal.
„Monkey Man“ ist ein im Schneideraum angerichtetes Desaster.
Monkey Man(Monkey Man, USA 2024)
Regie: Dev Patel
Drehbuch: Dev Patel, Paul Angunawela, John Collee (basierend auf einer Story von Dev Patel)
mit Dev Patel, Sharlto Copley, Pitobash, Vipin Sharma, Sikandar Kher, Adithi Kalkunte, Sobhita Dhulipala
Mahana – Eine Maori-Saga (Mahana, Neuseeland/Australien 2016)
Regie: Lee Tamahori
Drehbuch: John Collee
LV: Witi Ihimaera: Bulibasha: King of the Gypsies, 1994
Neuseeland, fünfziger Jahre: der Maori-Clan der Mahanas hat es zu einem gewissen Wohlstand gebracht. Oberhaupt Tamihana herrscht diktatorisch über die Schafschererfamilie. Da begehrt der vierzehnjährige Simeon gegen seinen Großvater auf.
„Mahana“ ist ein bittersüßer Film, der geduldig sein reichhaltiges Personal entfaltet und einen guten Eindruck von dem damaligen Leben in Neuseeland in der Provinz in festgefügten Familienstrukturen vermittelt. Es ist aber auch ein Film, der letztendlich keinen zentralen Konflikt, sondern viele kleine und große, mehr oder weniger wichtige Konflikte hat und wie ein Puzzle Erinnerungen zusammenfügt. Das funktioniert in einem Roman dann besser als in einem Film.
Neuseeland, die Ostküste in den frühen sechziger Jahre: Tamihana Mahana herrscht mit eiserner Hand über seine große Familie, einen traditionellen Maori-Clan, der mit Schafen sein Geld verdient. Seit Ewigkeiten sind die Mahanas mit dem Poeta-Clan verfeindet.
Diese Feindschaft zeigt Lee Tamahoris in den ersten Minuten seines neuen Films „Mahana – Eine Maori-Saga“ in einem rasanten, gefährlichen und auch leicht-humoristisch-absurden Autorennen. Auf dem Weg zu einer Beerdigung versucht jeder Clan so schnell wie möglich zu einer Brücke und damit als erster zur Beerdigung zu kommen. Die Mahanas gewinnen das Rennen und Tamihana Mahana kann mit den Erben des Verstorbenen über einen neuen, wirtschaftlich bedeutenden Scher-Vertrag für Schafe verhandeln.
Diese ersten Minuten von „Mahana“, die ihr kurzes Vorspiel in dem Einsteigen der Mahanas in ihre Autos und der Tadel des Oberhaupts über eine kurze Verspätung haben, präsentieren elegant die wichtigsten Charaktere, reißen schon einmal die wichtigsten Konflikte des Films an und bereiten auf die kommende Geschichte vor.
Im Mittelpunkt steht der vierzehnjährige Simeon. Seine Talente liegen weniger in der praktischen Arbeit. Er hinterfragt Dinge und er widerspricht Großvater Tamihana, der das nicht gewohnt ist und auch nicht duldet. Dass Simeon sich dann auch noch in seine schöne Klassenkameradin Poppy Poeta verguckt, trägt nicht zum Frieden im Mahana-Clan bei.
Während eines Abendessens, bei dem, wie üblich, der gesamte Clan anwesend ist (für den Film wurde er verkleinert), kommt es zum Eklat zwischen Tamihana und Simeon, der auf seiner eigenen Meinung beharrt. Tamihana verbannt Simeons Familie aus seinem Haus und enterbt sie.
Zum Glück schenkt Tamihanas Frau Ramona ihnen ihr Land und ihr altes Haus. Die mittellose Familie zieht in die Bruchbude ein – und neben dem Streit zwischen dem Mahana- und Poeta-Clan gibt es jetzt auch Streit im Mahana-Clan.
Mit „Mahana – Eine Maori-Saga“ kehrt „James Bond: Stirb an einem anderen Tag“-Regisseur Lee Tamahori nach über zwanzig Jahren wieder zurück nach Neuseeland und er knüpft an sein weltweit erfolgreiches Kinodebüt „Die letzte Kriegerin“ (Once were Warriors) an. Damals erzählte er vom Leben der Maori in der Gegenwart in der Stadt und wie der Traum von der Flucht aus der Enge familiärer Clan-Strukturen fehlschlug. Jetzt erzählt er quasi die Vorgeschichte. Durch die Brille eigener Erlebnisse und Erinnerungen. Denn Tamahori ist Maori. Wie Witi Ihimaera, der Autor der Vorlage für diesen Film. Er schrieb auch die Romanvorlagen für „Whale Rider“ und „White Lies“.
„Mahana“ ist ein bittersüßer Film, der geduldig sein reichhaltiges Personal entfaltet und einen guten Eindruck von dem damaligen Leben in Neuseeland in der Provinz in festgefügten Familienstrukturen vermittelt. Es ist aber auch ein Film, der letztendlich keinen zentralen Konflikt, sondern viele kleine und große, mehr oder weniger wichtige Konflikte hat und wie ein Puzzle Erinnerungen zusammenfügt. Das funktioniert in einem Roman dann besser als in einem Film.
Tamahori inszeniertes dieses Puzzle kleiner Episoden wie ein großes, archaisches Hollywooddrama, wie beispielsweise „Giganten“, oder einen klassischen Western, in dem Söhne sich gegen ihre patriarchalischen Väter auflehnen. Die Western-Inspiration, die eigentlich in jedem Bild und jedem Konflikt erkennbar ist, wird besonders deutlich, wenn Simeon sich mit Poppy in einem Kinobesuch „Zähl bis drei und bete“ (3:10 to Yuma, USA 1956) ansieht und ein Mitglied des Poeta-Clans auf einem Pferd die Vorstellung des Westerns unterbricht. Diese Episode, die wie eine für den Film erfundene Episode wirkt, ist in Ihimaeras Roman nicht zu finden. Sie basiert auf einem wahren Erlebnis von Lee Tamhori, der seinen Film als eine Hommage an den Western versteht.
„Mahana“ ist ein guter und in jeder Beziehung sehenswerter Film, der ein noch besserer Film hätte werden können.
Mahana – Eine Maori-Saga (Mahana, Neuseeland/Australien 2016)
Regie: Lee Tamahori
Drehbuch: John Collee
LV: Witi Ihimaera: Bulibasha: King of the Gypsies, 1994
mit Temuera Morrison, Akuhata Keefe, Nancy Brunning, Jim Moriarty, Regan Taylor, Maria Walker, Yvonne Porter